SWR2 MANUSKRIPT ESSAYS FEATURES KOMMENTARE VORTRÄGE, SWR2 DIE BUCHKRITIK Branko Milanovic: Die Ungleiche Welt Migration, das Eine Prozent und die Zukunft der Mittelschicht Suhrkamp Verlag Berlin 311 Seiten 25 Euro Rezension von Friedrich Pohlmann Mittwoch, 15. Februar 2017 (14:55 – 15:00 Uhr) Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR. SWR2 MANUSKRIPT Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR Kennen Sie schon das Serviceangebot des Kulturradios SWR2? Mit der kostenlosen SWR2 Kulturkarte können Sie zu ermäßigten Eintrittspreisen Veranstaltungen des SWR2 und seiner vielen Kulturpartner im Sendegebiet besuchen. Mit dem Infoheft SWR2 Kulturservice sind Sie stets über SWR2 und die zahlreichen Veranstaltungen im SWR2-Kulturpartner-Netz informiert. Jetzt anmelden unter 07221/300 200 oder swr2.de Der Autor dieses vollmundig vom Verlag unter Berufung auf Thomas Piketty als Gewährsmann zur „absoluten Pflichtlektüre“ erklärten Buches ist ein anerkannter Experte für die statistische Analyse von Einkommensentwicklungen, dem man wie dem berühmten Schuster hätte raten sollen, bei seinen „Leisten“ zu bleiben statt sich mit dem begrenzten Wissen seines Faches an Deutungen über ein so umfassendes Objekt zu versuchen, das im Buchtitel die merkwürdige Bezeichnung „ungleiche Welt“ trägt. Natürlich ahnt man, was gemeint ist, und nach einigen Seiten der Lektüre begreift man auch, was der Autor vorhat nämlich nicht mehr und nicht weniger als eine empirisch fundierte Analyse der Entwicklungstrends von sozialer Ungleichheit im Weltmaßstab -, aber man erkennt doch auch sehr schnell, dass mittels der Fach-Perspektive des Autors sich nur recht Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR. SWR2 MANUSKRIPT bescheidene Ergebnisse zu Tage fördern lassen, die einmal mehr die Fragwürdigkeit „globalistisch“ orientierter ökonomischer Zeitdeutungen offenbaren. Immerhin hat der Autor mit einem enormen Aufwand Daten über die weltweite Enkommensentwicklung in den letzten Jahrzehnten zusammengetragen und vergleichbar gemacht und dabei einen Trend erkannt, der erhärtet, was das Alltagswissen schon lange vermutete: Dass die Einkommen der Mittelschichten in den westlichen Gesellschaften seit Jahrzehnten stagnieren und zurückgehen, während sie in den aufstrebenden asiatischen Ländern kontinuierlich angewachsen sind. Zugleich hat es eine nochmalige enorme Reichtumskonzentration in den Händen der Reichsten gegeben, in jenem Einen Prozent der Weltbevölkerung, deren Hälfte Amerikaner sind. Diese Reichtumskonzentration wertet der Autor als Entstehung einer „globalen Plutokratie“ und die asiatischen Mittelschichten bezeichnet er als neue „globale Mittelschicht“, und bereits an diesen Benennungen lässt sich die ganze Problematik seines Gesellschaftsverständnisses ablesen: Der Autor arbeitet, wie heutzutage freilich weitverbreitet, mit theoretisch vollkommen ungefüllten Begriffen der „Globalisierung“ und der „Weltgesellschaft“, die voraussetzen, was tatsächlich der empirischen Evidenz entbehrt, nämlich die nur noch periphere Bedeutung kultureller und einzelstaatlicher Strukturen. Freilich versteht er sich keineswegs als ein Apologet der „Globalisierung“, und er betrachtet die „westlichen“ Bevölkerungen sogar in ihrer großen Mehrheit als „Globalisierungsverlierer“, aber da sein Globalisierungsbegriff nur auf unhinterfragten ökonomischen Kategorien einfachster Art fußt, schleppt er sozusagen, ohne es selbst zu merken, den ganzen ideologischen Ballast, der dem Begriff in seiner massenmedial-politischen Verwendung anhaftet, mit sich fort und deutet als quasi naturgesetzliche Geschehnisse, was tatsächlich auf Bündel ökonomisch-politischer Machtentscheidungen zurückgeht, die keineswegs „alternativlos“ sind. Das ließe sich besonders an den weltweiten Migrationsprozessen verdeutlichen, denen der Autor große analytische Aufmerksamkeit schenkt und zu deren Regulierung sich bei ihm auch einige vernünftige Überlegungen finden. Aber auch Migration wird von ihm im Prinzip begrüßt, weil sie ihm wie ein Naturgesetz der Globalisierung erscheint. Tatsächlich aber ist sie auch das Ergebnis von Prämissen einer neoliberalen Ideologie, die ein ungehindertes Strömen der Migration aus kurzfristigen Profitkalkülen fördert. Selbst im Rahmen der Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR. SWR2 MANUSKRIPT kapitalistischen Globalisierung ist das Credo der bedingungslosen grenzüberschreitenden Mobilität der Ware Arbeitskraft aber kein zwingendes Postulat. Das enge ökonomistische Kategorienkorsett des Autors ermöglicht auch keine angemessene Deutung der vielen kulturalistischen Gegenströmungen zur neoliberalen Globalisierung, so dass Gewinn aus der Lektüre nur ein Leser mit einem auf Daten zur Einkommensentwicklung begrenzten Erkenntnisinteresse zu ziehen vermag. Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. 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