SWR2 DIE BUCHKRITIK

SWR2 MANUSKRIPT
ESSAYS FEATURES KOMMENTARE VORTRÄGE,
SWR2 DIE BUCHKRITIK
Ulrich Beck: Die Metamorphose der Welt
Aus dem Englischen von Frank Jakubzik
Suhrkamp Verlag
267 Seiten
25 Euro
Rezension von Conrad Lay
Montag, 27. Februar 2017 (14:55 – 15:00 Uhr)
Bitte beachten Sie:
Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere
Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR.
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Spr.
Elisabeth Beck-Gernsheim erinnert sich in der Vorbemerkung des Buches an den
1.Januar 2015, als sie zusammen mit ihrem Mann Ulrich Beck in
München einen Spaziergang durch den Englischen Garten machte.
Die beiden sprachen über sein Buch „Die Metamorphose der Welt“,
das demnächst herauskommen sollte. Spielerisch habe ihr Mann
nach Argumenten gesucht, um Gedanken zu präzisieren, so
berichtet sie. Dann plötzlich das Ende, Herzinfarkt, Ulrich Beck
starb noch im Englischen Garten.
Wenig später sprach Becks Kollege Anthony Giddens bei der Gedenkfeier zu Ehren
des Verstorbenen davon, die „Metamorphose der Welt“ sei ein
„unvollendetes Buch“ geblieben. Und in der Tat ist es dies, obwohl
Elisabeth Beck-Gernsheim zusammen mit Freunden versucht hat,
den englisch geschriebenen und von Frank Jakubzik übersetzten
Text zu vervollständigen. Doch vieles hat den Charakter
methodologischer Vorarbeiten, vieles bleibt auf der Ebene von
Definitionen stecken und wirkt über weite Strecken tautologisch,
ohne die Argumente wirklich auszuführen und durchzuformulieren.
Natürlich versteht Ulrich Beck die Skizze „Metamorphose der Welt“ als eine
Fortsetzung seiner 1986 geschriebenen Studie „Risikogesellschaft“.
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Wieder geht es um die von Technik und Wissenschaft
hervorgerufenen Nebenfolgen der industriellen Moderne, um die
Neuordnung der Machtverhältnisse jenseits der offiziellen
politischen Ebene, um Klimawandel und globale Risiken sowie die
inadäquate Reaktion politischer Institutionen darauf.
Erfreulicherweise nimmt Beck aber gegenüber dem vor 30 Jahren
geschriebenen Text einige sehr deutliche Präzisierungen vor: Hatte
Beck in der „Risikogesellschaft“ noch formuliert, „Smog ist
demokratisch, Armut ist hierarchisch“, als ob jeder von der
Umweltverschmutzung in gleicher Weise betroffen sei, so spricht er
jetzt von einer „Risikoklasse“, die in besonderer Weise unter den
globalen Risiken zu leiden habe. Am Beispiel des Hurrikans Katrina
erläutert der Soziologe den „unauflöslichen Zusammenhang von
Klimawandel und sozialer Gerechtigkeit“. Das sind dann doch
ziemlich andere Töne als vor 30 Jahren.
„Metamorphose der Welt“, das meint nach dem Verständnis Ulrich Becks eine
„epochale Veränderung der Weltbilder“. Aus der Sicht des
„methodologischen Kosmopolitismus“, den er vertritt, erscheint das
„nationalstaatszentrische Weltbild“ als überholt. „Das Klimarisiko
sagt uns“, so formuliert Beck, „dass der Nationalstaat nicht der
Mittelpunkt der Welt sein kann.“
Ulrich Beck hält sich mit Wertungen zurück: der Begriff „Metamorphose der Welt“ sage
nichts darüber aus, ob die Transformation zum Guten oder zum
Schlechten führe. Doch im Grunde wirbt er dafür, dass die
Metamorphose zu einer „reflexiven Modernisierung“, zu einer sich
selbst gewahr werdenden „Zweiten Moderne“ führen möge. Beck
führt dafür den etwas missverständlichen Begriff einer
„emanzipatorischen Katastrophe“ ein, will sagen: man kann nur
hoffen, dass Katastrophen zu gemeinwohlfördernden
Lernprozessen führen, so wie Fukushima zur Energiewende
geführt hat.
Schade, dass Ulrich Becks Skizze an verschiedenen Stellen noch sehr holzschnittartig
formuliert ist, so etwa wenn er allen Ernstes behauptet, der Schutz
der Menschenwürde sei eine „nationalstaatliche“ Wertvorstellung.
Aber erfreulich bleibt, dass Beck seine Theorie der
„Weltrisikogesellschaft“ in der Nähe von Ernst Blochs „Prinzip
Hoffnung“ verortet, dass die „Metamorphose der Welt“ für ihn einen
„Raum der Moralität“ begründet, in dem sich eine zivile
Verantwortungskultur entwickeln könne. Schade, daß er das nicht
mehr näher ausführen konnte. Dennoch bleibt dieses
nachgelassene Buch des großen Soziologen eine lohnenswerte
Lektüre.
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