Bayern 2 - Bayerischer Rundfunk

Manuskript
Der Bayernkommentar
Flüchtlingsverteilung: ungleich heißt nicht ungerecht
Von Regina Kirschner
Redaktion Landespolitik
Samstag, 2. April 2016
11.50 Uhr in der Bayernchronik
Dieses Manuskript wird ohne Endkorrektur versandt und darf nur zum privaten Gebrauch verwendet werden.
Jede andere Verwendung oder Veröffentlichung ist nur in Absprache mit dem Bayerischen Rundfunk möglich!
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Eine 100-prozentige, gleichmäßige Verteilung der Flüchtlinge in Bayern wird und kann es
nicht geben. Die BR-Recherche hat ergeben: Im Freistaat sind überdurchschnittlich viele
Asylbewerber in kreisfreien Städten untergebracht – mehr als in den Landkreisen
drumherum. Wer sich die Verteilung in Bayern mal näher anschaut, merkt: Nicht die, die am
lautesten nach Hilfe schreien und über Überforderung klagen, tragen auch immer die größte
Last. Einige Landkreise und Städte – aus denen bisher kaum Klagen und Gejammere zu
hören waren – engagieren sich extrem und nehmen sogar mehr Flüchtlinge auf, als sie
müssten. Der Landkreis Roth zum Beispiel oder die Stadt Hof. Das ist gut und muss auch
mal so gesagt werden.
Dahinter steckt DAS Stichwort schlechthin und das heißt: genügend Wohnraum. Vor allem in
Ballungsräumen wurde das Thema verschlafen. Erst die Flüchtlingsfrage hat das Problem an
die Öffentlichkeit gezerrt und Diskussionen entfacht. Das war längst überfällig. Das gilt auch
für andere, kulturelle Diskussionsthemen - für Frauenrechte, die Religionsfreiheit und die
Integration insgesamt. Immer noch wird Integration oft mit Gleichmacherei verwechselt
anstatt die ganz normalen, alltäglichen Unterschiede auch mal positiv zu sehen. Natürlich
muss es einen rechtlichen Rahmen geben und sicher auch Konsequenzen für
Integrationsverweigerer. Aber jetzt groß nach Sanktionen zu rufen, ist überflüssig. Vieles gibt
es bereits, was die bayerische Staatsregierung und auch der Bundesinnenminister in ihren
Gesetzentwürfen nun lautstark und medienwirksam fordern. Wer bei uns auf Dauer leben
will, ist schon jetzt an strenge Auflagen gebunden. Bestimmte Sprachkenntnisse etwa sind
Grundvoraussetzung, ebenso, dass sich der Migrant seinen Lebensunterhalt selbst verdient.
Und den Asylbewerbern drohen bereits Leistungskürzungen, wenn sie z.B. Integrationskurse
nicht wahrnehmen.
Schlüssel einer gelungenen Integration ist und bleibt aber immer, dass sich der Flüchtling
auch integrieren will. Diesen Willen gilt es zu fördern. „Kleine Geschenke erhalten die
Freundschaft“, sagt der Integrationsbeauftragte der Staatsregierung Neumeyer dazu. Zu
Recht kommt damit von ihm, von einem CSUler, Kritik an dem Integrationskonzept der
Staatsregierung, das vor Sanktionen und Forderungen nur so strotzt. CSU, viele Journalisten
und natürlich AfD, Pegida und Co schüren derzeit viel zu viel Angst davor, die Integration
könnte nicht gelingen und unsere bayerische, weiß-blaue Wertegemeinschaft damit vor die
Hunde gehen.
Bayern ist schon lange Einwanderungsland und bei der Integration stehen wir - und ganz
Deutschland - besser da als viele unserer europäischen Nachbarn. Besonders bewährt hat
sich die wichtige Rolle der Gemeinden. Dort, vor Ort, wird schließlich Integration gelebt.
Insofern ist auch gegen eine vorübergehende Wohnsitzauflage nichts einzuwenden – im
Gegenteil. Sie ist sogar sehr sinnvoll – für die kleineren Gemeinden und Städte, aber auch
für die Flüchtlinge selbst. Denn im kleinen, überschaubaren Umfeld leben sich die Menschen
sicher besser ein, als in ganzen Flüchtlingsvierteln in der Großstadt. Das haben SPD und
Grüne in Bayern nun auch erkannt. Die Befürchtung, dass alle Asylbewerber sofort in die
Städte drängen, bewahrheitet sich momentan sowieso nicht. Laut bayerischem Gemeindetag
bleiben etwa zwei Drittel erst einmal dort, wo sie zunächst vom Freistaat untergebracht
wurden. Natürlich ist es für die Integration auch wichtig, einen Job zu haben. Aber es ist ja
nicht so, dass es auf dem Land in Bayern keine Arbeit gäbe – gerade bei der momentanen
Wirtschaftslage. Und – praktischer Nebeneffekt – so verteilt der Staat sicher noch viele Jahre
lang weiterhin staatliche Fördergelder in die strukturschwachen Regionen.
Dass das alles kostet, ist klar. Man kann das auch, wie Finanzminister Söder und CSUFraktionschef Kreuzer, bei jeder Gelegenheit erwähnen und warnend auf die sinkenden
Rücklagen hinweisen. Das bringt aber nichts. Es gibt keine Alternative. Wer eine schnelle
Integration verschläft, zahlt am Ende drauf.
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