Manuskript Der Bayernkommentar Die Wirklichkeit passt nicht in eine Schlagzeile Von Eva Lell Redaktion Landespolitik Samstag, 12. März 2016 11.50 Uhr in der Bayernchronik Dieses Manuskript wird ohne Endkorrektur versandt und darf nur zum privaten Gebrauch verwendet werden. Jede andere Verwendung oder Veröffentlichung ist nur in Absprache mit dem Bayerischen Rundfunk möglich! © Bayerischer Rundfunk 2016 Bayern 2-Hörerservice Bayerischer Rundfunk, 80300 München; Service-Nr.: 0800 / 5900 222 Fax: 089/5900-46258 [email protected]; www.bayern2.de Viele Nicht-Bayern sahen am Anfang der Woche genüsslich ihr Klischee bestätigt, dass diese hinterwälderische bayerische Landbevölkerung mit rassistischer Hetze einen aus dem Kongo stammenden Pfarrer zum Rücktritt zwingt. Die Wirklichkeit aber passt selten in eine Schlagzeile. Das gilt auch für Zorneding. Manche Mitglieder der Kirchengremien waren vom Versetzungsgesuch von Pfarrer Ndjimbi Tshiende nicht überrascht, wunderten sich allerdings über die Begründung. Denn schon länger gab es Probleme zwischen Pfarrer und Kirchenverwaltung und in der Zusammenarbeit mit dem Pfarrgemeinderat. Das gehört zur Wahrheit dazu. Es relativiert aber nicht, dass der tatsächliche Rücktrittsgrund, den Pfarrer Ndjimbi Tshiende genannt hat, heftige rassistische Anfeindungen und Morddrohungen waren. Den Anfang nahm der Konflikt im Herbst: die damalige CSU-Ortsvorsitzende hetzte im örtlichen CSU-Mitteilungsblatt gegen Flüchtlinge, der Pfarrer stellte sich dagegen. Dass der Konflikt eskalierte und in anonymen Morddrohungen endete, zeigt, dass auch Lokalpolitiker große Verantwortung haben. Sie dürfen Konflikte nicht noch befeuern, sondern müssen Probleme deutlich, aber sachlich benennen. Es ist gut, dass jetzt viele aufstehen und ihre Solidarität mit dem Pfarrer ausdrücken. Kardinal Marx versucht, den Konflikt nicht weiter zu verschärfen. Für ihn ist Zorneding ein Einzelfall. Er hat erklärt, dass die ausländischen Pfarrer in seinem Bistum München-Freising keiner besonderen Bedrohung ausgesetzt seien. Marx plädiert für Gelassenheit und hat Recht damit. Es gilt aber auch: Die Politik muss Lösungen in der Flüchtlingskrise finden und die Gesellschaft muss zu einer respektvollen Form der Auseinandersetzung zurückfinden. Im Großen wie im Kleinen. Die Kirche hat als Teil der Gesellschaft die Funktion, auf Frieden und Verständigung zu setzen. Zum Teil ist das im Kleinen gelungen: Pfarrer Ndjimbi Tshiende ließ mitteilen, er habe sich mit den CSU-Lokalpolitikern ausgesprochen und versöhnt. Und die Kirche als Ganzes? Sie hat keine Wahl: Was sollen Kirchenleute und Christen denn in der Flüchtlingskrise anderes machen, als die christlichen Werte verteidigen? Barmherzigkeit, Nächstenliebe und das Einstehen für die Schwachen sind der Kern der Botschaft Jesu. Wenn anonyme Hetzer, die angeblich den Untergang des christlichen Abendlandes befürchten, genau die Kirchenleute angehen, die für die christlichen Grundwerte eintreten, entlarven sie sich selbst. Dieses Manuskript wird ohne Endkorrektur versandt und darf nur zum privaten Gebrauch verwendet werden. Jede andere Verwendung oder Veröffentlichung ist nur in Absprache mit dem Bayerischen Rundfunk möglich! © Bayerischer Rundfunk 2016 Bayern 2-Hörerservice Bayerischer Rundfunk, 80300 München; Service-Nr.: 0800 / 5900 222 Fax: 089/5900-46258 [email protected]; www.bayern2.de
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