Der große Bruder reagiert genervt - und die Koalition gereizt

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2. Bundesliga
«Geiles Gefühl»:
Darmstadt gelingt
der Durchmarsch Aue steigt ab
Seite 8
Langeweile
stirbt aus:
Verlernen wir das
Warten?
Fußball
Seiten
7&8
Seite 5
NACHRICHTEN - Kompakt
Anonyme Drohungen gegen
transatlantische Flüge in die USA
Washington (dpa) - Ein unbekannter Anrufer hat am
Montag mit anonymen Drohungen gegen mindestens
vier Transatlantikflieger auf dem Weg in die USA für
Aufregung gesorgt. Die Passagierflugzeuge wurden
in New York und Newark im Bundesstaat New Jersey
durchsucht, dabei wurden nach Angaben der Polizei
weder Sprengsätze noch andere gefährliche Substanzen gefunden. Wie die FBI weiter mitteilte, hatte in allen
Fällen offenkundig ein und der selbe Mann angerufen.
In
einem Fall seien sogar US-Kampfjets aufgestiegen, um
die aus Paris kommende Maschine der Air France nach
New York zu eskortieren.
Erneut mehr Firmengründungen in
Deutschland
Frankfurt/Main (dpa) - In Deutschland haben 2014
wieder mehr Menschen den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt. Die Zahl der Gründungen stieg um etwa
47 000 auf 915 000, wie die staatliche Förderbank KfW
bei der Vorlage ihres Gründungsmonitors 2015 berichtet. Das lag an einem kräftigen Plus in freiberuflichen
Bereichen wie Unternehmensberatung, Coaching oder
Softwareengineering. Im gewerblichen Bereich gingen
weniger neue Firmen an den Start.
CDU-Konservative gegen Öffnung der
Ehe für Schwule und Lesben
Berlin (dpa). Mit Verweis auf den Koalitionsvertrag hat
CDU-Vize Thomas Strobl Forderungen auch aus der
eigenen Partei nach einer Gleichstellung Homosexueller
abgelehnt. «Wir sollten uns an unsere Verabredungen
halten», sagte Strobl der «Frankfurter Rundschau».
Nach dem Ja der katholisch geprägten Iren für die völlige
Gleichstellung homosexueller Paare mit der klassischen
Ehe von Mann und Frau melden sich auch in der Union
Befürworter einer Reform zu Wort. Im Koalitionsvertrag
von Union und SPD heißt es, bestehende Diskriminierungen sollten beendet werden.
Kritik an Schweizer Internetveröffentlichung von Steuer-Verdächtigen
Berlin (dpa) - Die Veröffentlichung von Namen möglicher
Steuerbetrüger aus Deutschland und anderen Ländern
durch die Schweizer Behörden sorgt für Kritik. Die Finanzminister von Baden-Württemberg und NordrheinWestfalen betonten am Montag, eine Nennung einzelner
Steuerpflichtiger sei nicht mit dem Steuergeheimnis zu
vereinbaren. In Deutschland sollen die Namen geheim
bleiben. Die Schweizer Steuerverwaltung veröffentlicht
die Namen verdächtiger ausländischer Bankkunden im
Portal des Schweizer Bundesblatts. Dort sind auch Fälle
aus den vergangenen Jahren zu finden.
Duda siegt bei Präsidentenwahl in Polen
Warschau (dpa) - Polens nationalkonservative Opposition sieht sich auf halbem Weg zurück zur Macht: Bei
der Präsidenten-Stichwahl hat ihr Kandidat Andrzej Duda
nach den bisherigen Auszählungen klar gewonnen. Der
deutschfreundliche Amtsinhaber Bronislaw Komorowski
wurde nach einem blutleeren Wahlkampf auch Opfer der
Unzufriedenheit der Bürger mit der Regierung. Duda versprach am Wahlabend, er wolle der Präsident aller Polen
sein. Noch bis vor kurzem war der 43 Jahre alte Jurist den
meisten Polen weitgehend unbekannt. Die Wahl Dudas gilt
als wichtiges Signal für die Parlamentswahlen im Herbst.
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Haller Salzsiederfest Traditionelles
Heimatfest
In einer historischen Marktszene werden am 24.05.2015 beim Salzsiederfest in Schwäbisch-Hall (BadenWürttemberg) auf dem Marktplatz Tauben freigelassen. Über Jahrhunderte produzierten die Salzsieder Salz
- das “weiße Gold des Mittelalters”. Durch den damit verbundenen Handel wurde die Stadt wohlhabend. Seit
dem 14. Jahrhundert ist in Schwäbisch Hall das Salzsiederfest überliefert. Foto: dpa
Der große Bruder reagiert genervt und die Koalition gereizt
Von Werner Herpell
Berlin (dpa) - Ja, was denn
nun? Ist Deutschland für
US-Ausspäher «ab sofort
verstärkt Operationsgebiet»,
wie am Sonntag aus amerikanischen Geheimdienstkreisen zitiert wurde - also
fast schon Gegner? Oder
arbeiten die USA «in allen
internationalen Fragen eng
mit Deutschland zusammen,
und die Deutschen sind
unersetzliche Partner», wie
es ebenfalls am Pfingstwochenende aus der Regierung
in Washington hieß?
Wenn man den von interessierter Seite verbreiteten Informationen über
das deutsch-amerikanische
Spannungs-Verhältnis glauben darf, wird der Ton in der
neuen Geheimdienstaffäre
rauer. Washington nervt
es, dass mit der SPD eine
deutsche Regierungspartei
seit Wochen von den Geheimdiensten beider Länder verlangt, in punkto Ausspähung
die Hosen herunterzulassen.
Konkret geht es darum,
ob eine brisante Liste mit
E-Mail-Adressen und Telefonnummern auch gegen USWünsche vom Bundestag
geprüft werden kann. Diese
Selektoren-Aufstellung, mit
deren Hilfe auch Europäer
und sogar Deutsche ausgeforscht werden sollten, hatte
die National Security Agency
(NSA) dem Bundesnachrichtendienst (BND) übermittelt.
Nach SPD und Opposition
erhöhen offenkundig auch
die USA den Druck aufs
Kanzleramt, mit - logisch
- völlig entgegengesetzten
Zielen. Geheimdienstdirektor James Clapper soll
laut «Bild» vor Wochen die
Weisung erteilt haben, die
Zusammenarbeit mit dem
BND zu prüfen, gegebenenfalls auch einzustellen - weil
auf die Deutschen beim
Schutz geheimer Dokumente
kein Verlass mehr sei. Die
Amerikaner hätten schon
gemeinsame Projekte und
geplante Kooperationen
gestoppt.
«Was die deutsche Regierung da veranstaltet, ist
gefährlicher als die Snowden-Enthüllungen», soll ein
US-Geheimdienstmitarbeiter gesagt haben. Dass
geheime US-Dokumente aus
dem NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestags
ständig an Medien gereicht
würden, schade den Interessen seines Landes, beklagt
Clapper den Berichten zufolge.
Ein Berliner Regierungssprecher zog sich auf die
übliche Ausweichformel zurück: «Die Bundesregierung
misst der nachrichtendienstlichen Zusammenarbeit mit
den USA im Interesse der
Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger große
Bedeutung bei.» Über Details
äußere man sich «nicht öf-
fentlich, sondern gegenüber
den zuständigen parlamentarischen Gremien». Zum
großen Ärger nicht nur der
Opposition ist dies schon seit
Wochen Regierungslinie.
Die stellvertretende Leiterin des Bundespresseamtes,
Christiane Wirtz, brachte
am Freitag nach bohrenden
Journalistenfragen den Zielkonflikt auf den Punkt. Es
gehe darum, «dass wir in
Deutschland auf Geheimdienste nicht verzichten können, dass es darum geht, 80
Millionen Bundesbürger zu
schützen, und dazu Geheimdienste notwendig sind. (...)
Insofern ist auch die Zusammenarbeit mit befreundeten
Diensten notwendig.» Das
sei die Devise von Kanzlerin Angela Merkel (CDU),
die seit Wochen mit einem
Zitat vom Oktober 2013 konfrontiert wird: «Ausspähen
unter Freunden - das geht
gar nicht.»
In diesem «Spannungsfeld» (Wirtz) mit widerstreitenden Interessen - Schutz
vor Terror versus Datenschutz und Privatsphäre sind die Spitzenpolitiker in
Merkels Koalition gefangen.
SPD-Fraktionschef Thomas
Oppermann sagte der «Welt
am Sonntag»: «Wir können
und wollen es uns nicht leisten, die Zusammenarbeit
mit den amerikanischen
Diensten zu kündigen. Die
Welt ist in den letzten Jah-
ren doch nicht sicherer geworden. (...) Wir verdanken
den Amerikanern wichtige
Hinweise.» Sicherheitsexperten verweisen darauf,
dass Deutschland trotz Gefährdung bisher von großen
Anschlägen verschont blieb.
Trotz solch pragmatischer Argumente liefert
die Spähaffäre auch weiter
willkommenen Stoff für Profilierung im Koalitionsstreit.
SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi setzte dem Kanzleramt via «Bild am Sonntag»
eine Art Frist bis zum 8. Juni
für die Offenlegung der NSASpähliste - notfalls auch
gegen den Willen der USA.
Ihr CSU-Kollege Andreas
Scheuer reagierte mit einer
Gegenforderung an den SPDChef und Vizekanzler: «Sigmar Gabriel muss jetzt den
Wirrwarr in seiner Partei
beenden und sich klar auf die
Seite der Regierungsverantwortung stellen.» Auch der
Parlamentarische UnionsGeschäftsführer Michael
Grosse-Brömer zeigte sich
verwundert über die Kakofonie in der Führung des
Koalitionspartners.
Typische schwarz-rote
Scharmützel also. Spannender dürfte es werden,
wenn Merkel und US-Präsident Barack Obama in zwei
Wochen beim G7-Gipfel in
Oberbayern womöglich über
die NSA/BND-Spähaffäre
reden.