Stern - Gut Panker

 Gesellschaft
So schön ist
Deutschland
50
Orte zum Schwärmen, 50 Orte, die zum
Verweilen laden: Empfehlungen
der stern-Redaktion von Sylt bis Füssen
1
HAUSSEE
Ein Bild von
einem See
Foto: Imke Lass
Mit Getöse vom Steg springen?
Geht natürlich. Noch schöner:
hineingleiten in den Haussee,
eins werden mit der Natur.
Der Schriftsteller Hans Fallada
nannte die Feldberger Seenlandschaft „einen der schönsten,
stillsten Erdenflecken“.
www.feldberger-seenlandschaft.de
Da geht’s lang!
21.5.2015
37
Stadt oder Strand, Wald oder
Wiese, Stahlbau oder Dorfidyll:
Deutschland kann alles
Republik. Und die Metropolen: Paris, London, Los Angeles. Projektionsflächen unseres Fernwehs, alle
mit dem Flugzeug erreichbar.
Dabei muss man nur wenige
Kilometer fahren, um neue Welten
zu entdecken. Dass das Gute so nah
liegt, weiß das Volk, und es verhält
sich auch so: Mit einem Marktanteil von 31 Prozent bleibt Deutschland das mit Abstand beliebteste
Reiseziel der deutschsprachigen Bevölkerung, gefolgt von Spanien mit
13 Prozent. Die Vorteile? Wir sind
oft schnell am Ziel, belasten die
Umwelt weniger als bei den meisten Auslandsreisen, von Fernreisen
ganz zu schweigen. Und dann wäre
da noch die Vielfalt: Meere, Seen
und Flüsse, Wälder, Täler und Berge, Dörfer und Großstädte, das alles
kann Deutschland, unsere Heimat
ist die Welt im Kleinen. Man muss
nur losziehen, um sie zu entdecken,
und sie ganz neu betrachten. Genauso wie früher.
In der Redaktion des stern arbeiten Menschen aus allen Teilen des
Landes. Wir haben uns nach unseren Lieblingsorten in Deutschland
gefragt. Nach verborgenen Schätzen,
die mitunter abseits der Touristenpfade liegen, die uns magisch anziehen und die wir auch mit unseren
Freunden teilen würden. Aus den
Vorschlägen haben wir 50 ausgewählt – nach dem, was wir vermitteln wollen: Lust und Laune.
Der Sommer kommt, die Wochenenden werden warm. Machen Sie
sich auf den Weg, schauen Sie vor
die Haustür. Oder fahren Sie immer
weiter. Auch wenn wir es manchmal
vergessen, weil es so nahe liegt:
Wir leben in einem Land, das reich
ist an Sehnsuchtsorten.
2
WARDER
Mehr als ein
Tierpark
Kein Streichelzoo, kein
Safaripark, sondern ein
nachhaltiges landwirtschaftliches Projekt:
Die Arche Warder
widmet sich der
Erhaltung alter Hausund Nutztierrassen.
Mehr als 1200 teilweise
kaum noch bekannte
Tiere aus über 80
Rassen finden hier eine
Heimat. Besucher
können das 40 Hektar
große Gelände auf
eigene Faust erkunden
oder bei Führungen
Poitou-Esel (Bild),
Angler Sattelschweine
oder Skudden, kleine
Heideschafe, treffen.
www.arche-warder.de
In Deutschland reist Gunnar Herbst am liebsten ins Wendland, nach
Potsdam und nach Föhr. Doch dafür wird er in Zukunft kaum noch Zeit
haben: Er hat sich vorgenommen, möglichst viele der Orte zu besuchen,
die auf den folgenden Seiten vorgestellt werden.
4
38
21.5.2015
Fotos: Carsten Rehder/DPA; Martin Kirchner/DPA;
F
erienzeit, früher. Der VW Passat war voll beladen, belegte
Brote und hart gekochte Eier
füllten die Tupperdosen,
kalter Früchtetee die Flaschen. Mutter hatte den
ADAC-­Reiseatlas Deutschland auf
den Knien und erwartete mal gespannt, mal angespannt die Fragen
vom Vater, der stolz das Lenkrad in
den Händen hielt. Und wir Kinder?
Wir freuten uns auf die Fahrt in die
große weite Welt: nach Sylt oder
zum Timmendorfer Strand, in die
Eifel, an die Mosel oder in den
Schwarzwald. Damals erschienen
uns diese Ferienziele so exotisch
und fern wie Amerika, Afrika, Indien. Dabei dauerte die Fahrt oft nur
wenige Stunden.
Später richtete sich der Blick in
die Ferne. Statt nach Amrum oder an
den Bodensee reisten wir in die Toskana und die Bretagne. Als wir mutiger wurden, flogen wir nach New
York und Bangkok, zur Garden Route in Südafrika und dem Great Barrier Reef in Australien. So weit, so
gut, so schön. Deutschland hatten
wir damals aus den Augen verloren.
Es ist schon bezeichnend: Wir
kennen Fernweh und Heimweh,
aber ein Wort für „Nahweh“ haben
wir nicht. Vermutlich, weil die Sehnsucht, Orte in der Heimat zu entdecken, vergleichsweise gering ausgeprägt ist. Unsere Traumziele liegen
traditionell in der Ferne, jenseits der
großen Meere und der Alpen. Wenn
die Deutschen in den 50er Jahren
„’O sole mio!“ hörten, träumten sie
von Capri, von Sonne statt Regen
und Dolce Vita statt Maloche. Danach kamen andere Inseln, zuerst
Mallorca, Ibiza oder Kreta, später die
Malediven und die Dominikanische
3
WEIL AM RHEIN
Häuser wie Freunde
Wer ganz tief in den Süden des Landes reist,
erlebt viele tolle Häuser auf wenig Raum:
Der Möbelhersteller Vitra hat auf seinem
Firmengelände Gebäude von Architekten-Stars
versammelt. Mit dabei: Zaha Hadid, Herzog &
de Meuron (Bild) und Frank Gehry. Die Bauten,
Ausdrücke sehr großer Egos, fügen
sich zusammen, als seien sie gute Freunde.
www.vitra.com/campus
4
POTSDAM
Auf dem Sprung
Wenn es heiß wird, zieht es
die Menschen in Potsdam
ans Wasser, zum Beispiel an den
Tiefen See (Bild). Dort kann
man baden und vom Steg ins
Wasser springen. Ruhiger geht
es nebenan zu, am Heiligen See.
Am Westufer verbrachte
Friedrich Wilhelm II. Ende des
18. Jahrhunderts seine Sommermonate im Marmorpalais. Auf
der Ostseite wohnen die Royals
von heute: Günther Jauch,
Wolfgang Joop, Friede Springer.
In jeder Hinsicht unerreichbar,
aber gucken darf man ja mal.
7 NIENHAGEN
Gespenster und Hühnergötter
Kommen Sie in der Dämmerung! Kurz bevor die
rote Sonne im Meer versinkt, beginnt der Spuk.
An der Steilküste, dort, wo der Buchenwald ins Meer
zu stürzen scheint, werfen verschlungene Stämme
mit sturmgeföhnten Kronen schaurig schöne
Schatten. Gespensterwald nennen die Einheimischen
das alte urwüchsige Gehölz westlich von Nienhagen,
geformt von bis zu 170 Jahre alten Eichen, Buchen und
Eschen. Caspar-David-Friedrich-Feeling ganz ohne
Kreidefelsen. Wanderwege schlängeln sich durch
verwunschenes Dickicht, um schließlich zu gleißenden Meeresweiten zu führen. Gen Westen fallen die
Wege ab zu verlassenem Kieselstrand. Dort kann man
abseits der Strandkorbstrände baden oder versuchen,
zwischen profanem Geröll wundersame Hühnergötter zu finden – Feuersteinknollen mit herausgewitterten Kreideeinlagerungen, die vor Geistern
schützen sollen. Sogar die Steine sind hier verzaubert.
www.ostseebad-nienhagen.de
5
MECHERNICH
WiesenWunder
Ein Feld in der
Nordeifel, nah bei
der A1, ist Schauplatz eines kleinen
Wunders: Ein
frommer Landwirt
überredete den
eigensinnigen
Schweizer Architekten Peter
Zumthor, eine
Kapelle zu erbauen.
Der schuf einen
Ort für Menschen,
die staunen wollen:
über die Kraft,
die von Raum,
Licht und Stille
ausgehen kann.
www.feldkapelle.de
6
Fotos: GabschPOP-EYE; mauritius images; dpa; YourPhotoToday/PM; Jens-Ulrich Koch/ddp images
KÖLN
So heiter
Glas an Glas, Tisch
an Tisch, klassenund schrankenlos
ausschweifend, so
ist es am Rhein.
Niemand sterbe,
ohne einmal im
Brauhaus „Päffgen“
gezecht zu haben,
im Epizentrum der
Heiterkeit. Man
bestellt kein Bier,
man wird versorgt
mit, zack, Kölsch
Nr. 1. Geht das zur
Neige, steht, zack,
Kölsch Nr. 2 da und
so weiter. Selbst
Kieler werden hier
rasch Kölner.
www.paeffgenkoelsch.de
8 ILKAHÖHE
Wandern mit Weitsicht
„Es muss ein Sonntag g’wesen sein, ein Tag voll
hellem Sonnenschein! Es war ein Glückstag, ganz
gewiss, wie unser Bayernland entstanden ist.“
Das sang der Kraudn Sepp vor fast 100 Jahren,
und mal ehrlich: Wer auf die Ilkahöhe wandert, eine
Erhebung südwestlich von Tutzing, und den Blick
erst aufs Kirchlein und dann hinunter schweifen
lässt über den Starnberger See, das
hügelige Voralpenland, der kann nicht
anders als glücklich und demütig
schweigen vor so viel Schönheit.
Ab Ende Juni gibt’s dazu ein kaltes
Helles, einen Obatzdn, Brezen,
Schweinsbraten. Dann eröffnet das
Forsthaus Ilkahöhe wieder, und das
bayerische Sinneserlebnis ist perfekt.
9 MERKERS
Abenteuer unter Tage
Im Erlebnisbergwerk Merkers sitzen die Besucher,
verpackt in Bergmannskittel und Helm, auf
Pritschenwagen, die in 500 bis 800 Meter Tiefe mit
Tempo 30 bis 35 durch ein Labyrinth brettern.
In den Engen der Stollen, die einst dem Salzabbau
dienten, fühlt es sich verdammt schnell an.
Und einem Nazi-Schatz kann man auch hinterherspüren: Im „Goldraum“ lagerten bis Kriegsende
die Goldreserven der Reichsbank.
www.erlebnisbergwerk.de
www.restaurant-ilkahoehe.de
4
21.5.2015
41
10 LYCHEN
Freiheit, ganz groß
Die Uckermark, die Toskana des
Nordens: noch leerer. Noch verwunschener. Bisschen älter, bisschen kälter.
Dafür lockt die Freiheit. Eingebettet
zwischen sieben Seen und Wäldern
liegt Lychen. Seit 1720 wurden hier
Holzstämme zu Flößen verbunden und
auf dem Wasserweg in die Sägewerke
nach Hamburg und Berlin transportiert.
Früher war die Flößerei Schwerstarbeit,
heute ist sie – Urlaubsbeschäftigung.
www.tourismus-lychen.de
11 BODENSEE
Ein Hauch von Italien
Der Ausblick macht still: ringsum der
Wein, vor einem der Weißburgunder,
eiskübelkühl perlend. Über den Bodensee
ziehen Segelboote, der leise Wind weht
über sie hinweg ins Schweizer Hügelland.
Man horcht: kein Auto, nur Vögel. Von der
Terrasse des Weinguts Aufricht zum
Seeufer geht der Blick über Rebland.
Kaum zu glauben: Dies ist nicht Italien.
www.aufricht.de
13
SCHLOSS WÖRLITZ
Klassisch schön
Kultur für die Generation
Schöner Wohnen: Im
Premierenbau des
deutschen Klassizismus
steht noch das Mobiliar
von damals. Trotzdem
auch nach draußen
schauen! Hier ist das
Gartenreich DessauWörlitz, ein Ensemble aus
Landschaftsparks,
Schlössern und Kirchen,
am schönsten. Die Unesco
weiß schon, was sie zum
Welterbe erklärt.
www.gartenreich.com
12 BOCHUM-WATTENSCHEID
Pommes mit Stern
Früher war Raimund Ostendorp
Koch im Drei-Sterne-Restaurant.
Seit Jahren führt er seine Imbissbude,
die wohl beste Deutschlands.
Ohne Schnickschnack. Pommes kosten
1,20, die Currywurst 2,20 Euro.
Die Leute kommen vor allem wegen der
Wurst – immer frisch vom Metzger.
14 SCHWERINER SEE
15 FÜSSEN
Wie im Wimmelbuch
Kreuzweg des Märchenkönigs
Wenn’s um Urlaub in Meck-Pomm geht,
heißt es: Du musst auf die Seenplatte,
die Müritz, du weißt schon, zweitgrößter See Deutschlands! Das ist ungerecht.
Nehmen Sie doch mal den viertgrößten,
den Schweriner See. Boot fahren, Körper
und Seele entspannen, und rundherum
sind noch mehr Seen und Schlösser und
Fischotter und Eisvögel und … Ferien,
wie von Ali Mitgutsch gezeichnet.
www.schwerinersee.de
www.fuessen.de
Nicht einfach zu finden, der Aufstieg: Gegenüber
der Füssener Altstadt geht’s gleich neben der
Landstraße Richtung Österreich ab ins Gebüsch.
Ein steiler Kreuzweg führt den 933 Meter hohen
Kalvarienberg hinauf. Vom Gipfel hat man ein
einmaliges Rundumpanorama über Alpen und
Alpenvorland, die gemusterten Dächer der
Füssener Altstadt und Neuschwanstein. Sicher
der schönste Ort, um das Märchenschloss samt
Kulisse zu bestaunen. König Ludwig II. wusste
das – er ging oft bei der Karfreitagsprozession mit.
Fotos: dpa; Krauskopf/Strandperle; Steffen Eichner/
Fotolia; Rainer Eder/VISUAL IMPACT; R. Schmid/Bildagentur
Huber; Dieter Klein/laif
www.profi-grill.de
18
HIDDENSEE
Beste
Aussichten
Am Dornbusch, der
höchsten Erhebung der kleinen
Ostseeinsel
Hiddensee, nah
am Leuchtturm,
versteckt sich
zwischen Tannen
und Buchen das
Ausflugslokal
„Zum Klausner“.
Es erscheint in Lutz
Seilers Roman
„Kruso“. Man kann
dort übernachten.
Oder das Häuschen
„Klaus“ an der
Steilküste mieten.
15
www.klausnerhiddensee.de
17
HÖLLENTAL
Erst klettern, dann
gondeln
Gute Kondition? Schwindelfrei?
Klettersteigset, Helm und genug zu
trinken eingepackt? Dann geht es
frühmorgens los: 2200 Höhenmeter
zum höchsten Berg Deutschlands (2962
Meter). Von Hammersbach führt ein
wildromantischer Wanderweg durch
die enge, nasse Höllentalschlucht.
Es folgt lange Kletterei im Kalkfelsen.
Der Gipfel kommt früh in Sicht.
Nicht täuschen lassen, der Steig zieht
sich. Am späten Mittag ist das Gipfelkreuz erreicht. Auch Besucher in
Sandalen genießen hier das Alpenpanorama. Sie sind mit der EibseeSeilbahn heraufgefahren. Bei der
Talfahrt (37,50 Euro) sind wir dabei.
www.zugspitze.de
19
ALTENBERG
Gotteshaus
Der Altenberger
Dom im Bergischen
Land ist der kleine
Bruder des
dunklen, bunten
Kölner Doms.
Da die Zisterzienser keine farbigen
Kirchenfenster
duldeten, schufen
sie fantastische
Ornamente in Grau
und Schwarz. Nur
das Westfenster ist
golden erleuchtet.
Wer nur einen
Funken Spiritualität in sich hat –
hier flackert er auf.
www.altenbergerdom.de
DUISBURG 16
Arbeit? Freizeit!
Geschwitzt wurde im Landschaftspark
Duisburg-Nord früher schon. Heute tun es
die Besucher freiwillig. Es fühlt sich so
herrlich verboten und nach Jugendstreich
an, im stillgelegten Hüttenwerk an
Industriebauten hochzuklettern, einen 70
Meter hohen Aussichtspunkt zu erklimmen
oder im Gasometer in 21 Millionen Litern
Regenwasser abzutauchen. In den ehemaligen Werkshallen und Hochöfen gibt’s auch
Kino und Konzerte. Für die Braven.
www.landschaftspark.de
4
21.5.2015
43
21
BAD MÜNSTER/
STEIN
20 ST. GOAR
Ein Felsen voller Musik
Zwei deutsche Mythen treffen aufeinander, und beide
haben etwas mit Liedern zu tun: die Loreley, jener
132 Meter aufragende Felsen am Rhein, besungen von
Heinrich Heine („Ich weiß nicht, was soll es bedeuten“),
und der Rockpalast, jene öffentlich-rechtliche Musikshow, die seit Jahrzehnten Konzerte ans Sofa liefert.
In den 80er Jahren spielten auf der Freilichtbühne
herausragende Künstler wie Joe Cocker, BAP,
U2 und Rory Gallagher; heute noch trägt der
Ort Spuren dieser Auftritte in sich. Einmal sollte
man dabei gewesen sein, wenn „der Gipfel
des Berges funkelt im Abendsonnenschein“
(Heine), auch wenn längst nicht mehr
alle Bands weltberühmt und aufregend sind.
www.loreley-freilichtbuehne.de
Der kolossale
Rotenfels scheint
neugierig herüberzublicken auf seine
kleineren Artgenossen aus aller Welt:
Die haben sich,
vom Künstlerpaar
Kubach-Wilmsen
zu Steinskulpturen
veredelt, in einem
Museum versammelt. Nicht nur die
Bücher aus Marmor
bergen Geschichten,
die erst im Kopf
lebendig werden.
Der ganze Ort
lässt die Fantasie
erblühen.
www.fondationkubach-wilmsen.de
Fotos: Emmanuel Berthier/laif; Michael Wissing; HP Huber/Schapowalow
Sprechende
Steine
SULZBURG 22
Gourmet-Dorf
Kurz hinter dem „Hotel Restaurant Hirschen“, wo Douce Steiner
– die einzige Zwei-Sterne-Köchin Deutschlands
– regiert, endet die Straße, und man ist
mitten im Schwarzwald. Für Gourmets
ist Sulzburg ein Wallfahrtsort.
Wer trunken von seiner Anbetung
den Heimweg nicht findet, bleibt
über Nacht. Dazu braucht man nur
die Straße zu überqueren, muss
ja nicht gleich auf den Knien sein.
www.douce-steiner.de
24
CHIEMSEE
Insel des Schweigens
Die Benediktinerinnen auf der Fraueninsel
im Chiemsee – 12 Hektar groß, 300 Einwohner –
leben einen dörflichen, bayerischen Katholizismus.
Dass im Refektorium Ayurveda-Gerichte aus den
Töpfen eines indischen Kochs aufgetragen werden,
ist kein Widerspruch. In Sichtweite des Eilands:
die Herreninsel, wo der spinnerte Bayernkönig Ludwig
einen Versailles-Nachbau errichtete.
Auf der Fähre zur Insel summen viele Sprachen.
Nach dem Anlegen ist Ruhe. Schnell in die Kapelle.
Sitzen, lesen, schweigen. Danke, Schwestern.
www.frauenwoerth.de
23 SYLT
Seelen-Ruhe
Es gibt im Sylter Sommer
den Ort, wo das rasende
Ich zum Stillstand kommt:
in der Kirche St. Severin,
„auf der Grenze zwischen Land
und Meer, Himmel und Erde“.
So beschreibt die Pastorin
Susanne Zingel den Punkt,
an dem die Sucht des Sehnens
und die Suche nach dem
Selbst ineinanderfließen.
Hier kann die Seele ankommen.
www.st-severin.de
4
25 SAALFELD
26 LINDAU
Fahrt zur Höhle
Schwimmen mit Stil
www.feengrotten.de
Der Eintritt ist nicht ganz günstig: Erwachsene
zahlen am Wochenende 14 Euro. Dafür bietet
das Parkstrandbad Bad Schachen bei Lindau
gepflegte Kunstgeschichte. Es wurde 1924 vom
Star-Architekten Max Littmann im Jugendstil
konzipiert, der auch das Hofbräuhaus in
München entwarf. Auch ohne zu schwimmen,
lässt es sich hier wunderbar aushalten, Kaffee
wird in verschnörkelten Kännchen serviert, und
das Alpenpanorama ist umwerfend.
www.badschachen.de
Am Rande des Thüringer Schiefergebirges
machten sich vor 500 Jahren Bergleute an den
Abbau von Alaunschiefer. Es entstanden riesige
unterirdische Hohlräume, die später sich selbst
überlassen wurden. Die Natur verwandelte die
Räume in farbenprächtige Tropfsteinhöhlen und
Bergseen. Allerdings taugen die Feengrotten
nicht für Klaustrophobe: Die Gänge sind schmal
und an manchen Stellen gerade mal 1,70 Meter
hoch. Wer sich nicht fürchtet, bekommt eine bizarre
unterirdische Märchenwelt zu sehen.
27
29
EIFEL
GUT PANKER
Nicht ausrutschen!
Eines sollte man
auf dem Lieserpfad
nicht: vom Weg
abkommen. Es geht
oft steil hinab ins
Bachtal. Beachtet
man diesen Rat,
liegen zwischen der
Üdersdorfer Mühle
und Manderscheid
zehn Wanderkilometer, die es in sich
haben. Rauf und
runter durch eine
Gegend fern der
Zivilisation, mitten
in Deutschland.
Man möchte vor
Freude singen.
www.lieserpfad.de
28
HANNOVER
Sinneserfahrung
Seit der Expo im Jahr
2000 ist der „Park
der Sinne“ in
Laatzen mit seinen
Stationen fürs
Sehen, Fühlen,
Hören, Schmecken,
Riechen etwas aus
dem Fokus. Aber
in unserer Drehdich-immer-schneller-Welt sollte man
erst recht hin. Und
reinhorchen, nicht
nur in den Summstein, sondern auch
in sich selbst.
www.verein-parkder-sinne.de
46
21.5.2015
www.gutpanker.de
30 SCHLEI
Auf und zu, und bald vorbei
Ein Segelschiff passiert die hochgezogene
Lindaunis-Brücke, die die Halbinseln Schwansen
und Angeln an der Schlei verbindet. Die
schmucke Klappbrücke, 1927 erbaut, ist eine
morbide Schönheit. Oft fällt sie aus, der Renovierungsbedarf ist enorm. Bis Anfang 2019 soll
die Brücke durch etwas Modernes ersetzt werden.
Dann ist es vorbei mit der Schiffer-Romantik.
www.naturparkschlei.de
31 DESSAU-ROSSLAU
Kunst des Schlichten
Das „Haus Gropius“ ist nicht nur nach dem genialen
Bauhaus-Architekten Walter Gropius benannt –
hier wohnte er auch von 1926 bis 1928. Es zählt zum
Ensemble der Meisterhäuser, die im Krieg zum Teil
zerstört wurden und nun wieder aufgebaut worden
sind. In den Doppelbauten lebten Künstler wie
Wassily Kandinsky und Paul Klee.
www.meisterhaeuser.de
Fotos: dpa (2); Ingo Wandmacher; Achim Multhaupt/laif; Hans P. Szyszka/Picture Press; G. Lacz/WILDLIFE
Dorfleben
Ein Idyll inmitten von
Weiden und Feldern,
mit einem Herrenhaus im Barockstil,
einer Kapelle,
Wirtschaftsgebäuden
und Pferdeställen für
die Aufzucht edler
Trakehner. Das 500
Jahre alte Gut ist
aber „kein Museumsdorf“, betonen die
Betreiber, „sondern
eine aktive Gutsbeziehungsweise
Dorfgemeinschaft“.
Es gibt auch Galerien
– und das Hotel
„Ole Liese“.
32
FÖHR
Meer, wo bist du?
Die Nordsee ist oft weg. Aber wenn
man ihr, etwa vom Strand von
Nieblum aus, über den Meeresboden
hinterherwandert und auf einer
Sandbank steht, wenn das
kühle Nass die Füße umspült, wenn
die Kinder Vergnügungsschreie
ausstoßen und mit dem Wasser
um die Wette laufen, dann ist
mitten im platten Watt der Gipfel
des Glücks erreicht.
www.foehr.de
33 EISENACH
Wo die wilden Drachen wohnen
Unterhalb der Wartburg bei Eisenach wachsen die bemoosten Felsen
über dem Wanderer zusammen. Der zauberhafte Weg führt teilweise auf
Stegen über einen Bach und so eng durch die Schlucht, dass man fürchtet,
stecken zu bleiben. Dunkel, feucht und selbst im Hochsommer kühl,
ranken sich nicht nur viele Sagen und Gruselgeschichten um die Schlucht.
Hier leben auch seltene Pflanzen und Tiere – zum Beispiel Drachen.
Wer kurz nach oben schaut, sieht jedes Mal, wie sie die Köpfe schnell
einziehen. Nach etwa 2,5 Kilometern und einer knappen Stunde
(von der Wartburg bergab) gibt die Schlucht den Himmel wieder frei.
www.eisenach.info
34 AHRENSHOOP
Meeres-Juwelen
Schwarz-Rot-Gold: Der Ostseeort ist so deutsch,
dass man im „Räucherhaus“ nationalfarbig sitzt.
Dort wird mit alten Rauchschränken gearbeitet,
die von Teerglanz schillern und Aal, Forelle und
Makrele bergen, die wie Juwelen leuchten.
Und während man dazu sein Bier am Holztisch
trinkt und in den roten Abendhimmel
schaut, macht einen das froh.
www.raeucherhaus.net
4
21.5.2015
47
38
35
HAVEL
OESTRICH-WINKEL
Sommerfrieden
Das Auge trinkt mit
Das Gutsrestaurant Schloss Vollrads
besticht mit einem grandiosen Ausblick
auf das Rheintal und jene Hänge,
die den Grundstoff für einige der
weltbesten Weißweine liefern.
Der Küchenchef setzt auf regionale
Produkte, und die Auswahl des
Getränks fällt hier nicht schwer.
Schollene, ein
winziger Ort, eine
winzige Straße
und ein dunkel
schillernder Fluss.
Die Havel in ihrem
ureigenen Bett.
Es riecht nach
sonnenwarmem
Sand. Man läuft
bis zum nächsten
Wäldchen, steigt
dort ins Wasser
und lässt sich
treiben. Bäume
ziehen vorbei,
ein Kranich auf
dem Feld. Herrlich,
diese Ruhe.
www.schlossvollrads.com
www.scholleneland.de
39
SCHENKLENGSFELD
Und ewig
rauscht
die Linde
www.schenklengsfeld.info
36 KERPEN
Auf die Piste
Das „Michael Schumacher Kart & Event-Center“
ist etwas für Jungs – auch für große. Auf
Indoor- und Outdoor-Kursen fährt man hier
um die Wette. Anschließend
ist der Besuch der alten Kartbahn
in Kerpen-Manheim Pflicht. Dort
betrieb einst Elisabeth Schumacher
die Imbissbude, während ihre
Söhne Michael und Ralf
draußen Runden drehten.
www.ms-kartcenter.de
BAMBERG 37
Frei! Luft! Bier!
Lassen Sie sich nicht verwirren:
Wer in Bamberg gutes Bier und
großartige Ausblicke über die
Altstadt sucht, landet früher oder
später „auf dem Keller“ –
viele Biergärten sind über
Gewölben entstanden, in denen
das selbst gebraute Getränk
lagert. Schöner als auf der
Terrasse des Spezial-Kellers
kann man kaum sitzen.
www.spezial-keller.de
48
21.5.2015
Fotos: Hendrik Holler/LOOK; DPA; David Ebener/dpa/picture alliance
Glaubt man dem
Stein, der zwischen
den vier Stammteilen liegt, ist die
Linde in Schenklengsfeld in Hessen
bereits 1255 Jahre
alt. Seitdem wurde
unter ihr Gericht
gehalten, gefeiert,
getanzt. An kaum
einem Ort kann man
besser über
Vergänglichkeit
sinnieren als hier.
40
BERLIN
Ganz oben, ganz fein
Man muss ja nicht gleich eine der Suiten
für 1000 Euro die Nacht buchen:
Ein Besuch auf der Terrasse des „Hotel
De Rome“ ist auch für Normalsterbliche
einigermaßen erschwinglich. Von der
„Rooftop Terrace“ kann man entspannt
auf die pulsierende Mitte Berlins schauen.
In der Open-Air-Saison gibt es Jazznächte
oder italienische und kubanische Abende
mit Barbecue und Livemusik. Und
wenn man viel Glück hat, schaut auch der
eine oder andere Showbiz-Star vorbei.
www.roccofortehotels.com
42
QUEDLINBURG
Unter Dach
und Fach
41
LANGENESS
Schwimmender Traum
Manche Halliglüüd schauen einem tief in die Augen
und sagen: „Bei klarem Wetter siehst du England.“
Ist natürlich geflunkert. Hooge sieht man, und
Nordstrand, Amrum und Föhr. Das war es, und das reicht
auch: Wer auf die nordfriesische Hallig Langeneß
kommt, hat einen Blick für das Watt und ein Ohr für
das Meer. In der Nase die Melange aus See und Tang,
Salz und Strandhafer. „Schwimmende Träume“
nannte einst Theodor Storm die Halligen. Und des
Dichters Wort gilt für Langeneß noch immer.
www.langeness.de
Hier ist Deutschland so, wie es
sich die Amerikaner
vorstellen:
mittelalterlich.
Holprige Gassen,
Burgen, Kirchen,
500 Jahre alte
Fachwerkhäuschen
mit liebevollen
Schnitzereien.
Jedes dieser uralten
Häuser erzählt
Geschichten von
Aufstieg und Fall,
Wohlstand
und Armut, von
Hochzeiten,
Feind- und Erbschaften und so manche
Familiensaga.
www.quedlinburg.de
4
43
VÖLKLINGEN
Schrottkultur
Ein Riese aus Stahlträgern,
Rohren, Türmen: Wer durch
die Völklinger Hütte spaziert,
fühlt sich wie ein Zwerg
auf Zeitreise. Alles sieht aus,
als rückten die Kumpel gleich
zur Schicht an. Heute ist
die Eisenhütte ein Industriedenkmal und eine Kulturwerkstatt mit Ausstellungen und
Konzerten. Und: ein wunderbarer Abenteuerspielplatz.
www.voelklinger-huette.org
46 MÜRITZ
Wie im Märchen
Über edel knarrendes Intarsienparkett schreiten, sich im Ordenssaal
in der prachtvollen Trompe-l’ŒilMalerei verlieren oder im blühenden Barockgarten lustwandeln wie
einst Wilhelm I. von Württemberg:
Im Residenzschloss Ludwigsburg
wird Adelsgeschichte lebendig.
Kinder fahren mit dem Boot auf
dem Märchenbach, besuchen den
Froschkönig oder lernen Dornröschen kennen – als analoge Alternative zur Smartphone-Bespaßung.
www.schloss-ludwigsburg.de
45
BERLIN
Cooler
Berserker
Abends in Wilmersdorf versammeln
sich oft junge Leute,
die sich vorfreuen,
als träte ein Popstar
auf. Doch an der
Schaubühne singt
niemand. Es spielt:
Lars Eidinger.
Den Hamlet etwa
oder Richard III.
(Foto) – mit Muskeln,
Herz und Hirn.
www.schaubuehne.de
Kleinod überm See
Nie wird man hier von Busladungen kuchengeiler Ausflügler
belästigt: Der Müritzhof bei Waren an der Müritz ist nur zu Fuß
oder per Fahrrad zu erreichen. 30 Minuten radelt man von
Waren durch die Natur, dann taucht auf einer Anhöhe der Landschaftspflegehof auf. Betrieben wird er von einem Lebenshilfswerk,
wo auch Behinderte wohnen und mitarbeiten. Der Blick vom
Hofcafé auf die Müritz ist wunderbar. Und der Kuchen erst recht.
www.lebenshilfswerk-waren.de
47 HAINICH
In der Krone
Schon mal davon geträumt,
in einen Baumwipfel zu
steigen und zu hören, wie
der Wind durch die Blätter
rauscht? Auf dem Baumkronenpfad im thüringischen
Nationalpark Hainich
schlängeln sich in 44 Meter
Höhe Stege und Hängebrücken durch den Buchenwald. Ein Ort der Ruhe
und des Zwielichts, belebt
von allerlei Getier.
www.baumkronen-pfad.de
4
50
21.5.2015
Fotos: Bredel Becker; DDP; Polaris/laif; THOMAS STEPHAN
44 LUDWIGSBURG
48 NIEDERFINOW
Stahlkraft
Von Sylt bis zur Zugspitze
Was macht ein Schiff am Berg?
Es nimmt den Lift. Schippert hinein
in den 85 Meter langen Trog und
lässt sich dann, gehalten von
256 Stahlseilen, 36 Meter in die Höhe
ziehen. Klingt simpel, sieht gigantisch
aus. Die Menge an Stahl, die der Bau
des Wunderwerks vor 81 Jahren
verschlang, hätte für fast zwei
Eiffeltürme gereicht: 13 800 Tonnen.
23
32
41
18
30
29
2
7
Rostock
14
Hamburg 49
46
1
Elb
e
Bremen
10
48
38
www.schiffshebewerk-niederfinow.info
Hannover
Berlin
31 13
16 12
Leipzig
47
33
9
25
5
20
sel
Frankfurt a. M.
35
Main 37
43
Rhe
i
n
Saarbrücken
44
Neckar
21
Mo
Stuttgart
u
na
Do
München
22
3
Dresden
e
39
Saal
19
Köln
36 6
27
45
Magdeburg
42
Autos mit Seele
40
4
28
49 HAMBURG
In einem Fabrikgebäude von 1904 in der Hamburger
Hafencity trifft Vergangenheit auf Zukunft.
Gegründet wurde das Automuseum Prototyp von
Porsche-Enthusiasten, die eine weltweit
einmalige Sammlung wertvoller Einzelstücke
zusammentrugen. Autos sind hier
„Kulturgüter, Kunstwerke,
Lustobjekte und
Geschichtenerzähler“, wie die
Gründer sagen.
www.prototyphamburg.de
34
11
8
26
24
15 17 50
50
ELMAU
Lage,
Lage, Lage
www.daskranzbach.de
Welches sind ihre Traumziele?
Zeigen Sie uns Ihre persönlichen Lieblingsorte und entdecken Sie weitere Tipps auf der Karte der Lokalpatrioten: www.stern.de/lokalpatrioten
52
21.5.2015
Foto: Rainer Weisflog
Wenn sie wieder weg
sind, die Merkel, die
19 000 Polizisten und
der Maschendrahtzaun, dann fahren Sie
mal ins Elmautal.
Am besten ins Hotel
„Das Kranzbach“.
Ein Vier-SterneSuperior-Haus, das
so wirbt: „Keine
Reisegruppen, keine
Festveranstaltungen,
keine Kinder unter
10“. Gemein? Schön!