Gesellschaft So schön ist Deutschland 50 Orte zum Schwärmen, 50 Orte, die zum Verweilen laden: Empfehlungen der stern-Redaktion von Sylt bis Füssen 1 HAUSSEE Ein Bild von einem See Foto: Imke Lass Mit Getöse vom Steg springen? Geht natürlich. Noch schöner: hineingleiten in den Haussee, eins werden mit der Natur. Der Schriftsteller Hans Fallada nannte die Feldberger Seenlandschaft „einen der schönsten, stillsten Erdenflecken“. www.feldberger-seenlandschaft.de Da geht’s lang! 21.5.2015 37 Stadt oder Strand, Wald oder Wiese, Stahlbau oder Dorfidyll: Deutschland kann alles Republik. Und die Metropolen: Paris, London, Los Angeles. Projektionsflächen unseres Fernwehs, alle mit dem Flugzeug erreichbar. Dabei muss man nur wenige Kilometer fahren, um neue Welten zu entdecken. Dass das Gute so nah liegt, weiß das Volk, und es verhält sich auch so: Mit einem Marktanteil von 31 Prozent bleibt Deutschland das mit Abstand beliebteste Reiseziel der deutschsprachigen Bevölkerung, gefolgt von Spanien mit 13 Prozent. Die Vorteile? Wir sind oft schnell am Ziel, belasten die Umwelt weniger als bei den meisten Auslandsreisen, von Fernreisen ganz zu schweigen. Und dann wäre da noch die Vielfalt: Meere, Seen und Flüsse, Wälder, Täler und Berge, Dörfer und Großstädte, das alles kann Deutschland, unsere Heimat ist die Welt im Kleinen. Man muss nur losziehen, um sie zu entdecken, und sie ganz neu betrachten. Genauso wie früher. In der Redaktion des stern arbeiten Menschen aus allen Teilen des Landes. Wir haben uns nach unseren Lieblingsorten in Deutschland gefragt. Nach verborgenen Schätzen, die mitunter abseits der Touristenpfade liegen, die uns magisch anziehen und die wir auch mit unseren Freunden teilen würden. Aus den Vorschlägen haben wir 50 ausgewählt – nach dem, was wir vermitteln wollen: Lust und Laune. Der Sommer kommt, die Wochenenden werden warm. Machen Sie sich auf den Weg, schauen Sie vor die Haustür. Oder fahren Sie immer weiter. Auch wenn wir es manchmal vergessen, weil es so nahe liegt: Wir leben in einem Land, das reich ist an Sehnsuchtsorten. 2 WARDER Mehr als ein Tierpark Kein Streichelzoo, kein Safaripark, sondern ein nachhaltiges landwirtschaftliches Projekt: Die Arche Warder widmet sich der Erhaltung alter Hausund Nutztierrassen. Mehr als 1200 teilweise kaum noch bekannte Tiere aus über 80 Rassen finden hier eine Heimat. Besucher können das 40 Hektar große Gelände auf eigene Faust erkunden oder bei Führungen Poitou-Esel (Bild), Angler Sattelschweine oder Skudden, kleine Heideschafe, treffen. www.arche-warder.de In Deutschland reist Gunnar Herbst am liebsten ins Wendland, nach Potsdam und nach Föhr. Doch dafür wird er in Zukunft kaum noch Zeit haben: Er hat sich vorgenommen, möglichst viele der Orte zu besuchen, die auf den folgenden Seiten vorgestellt werden. 4 38 21.5.2015 Fotos: Carsten Rehder/DPA; Martin Kirchner/DPA; F erienzeit, früher. Der VW Passat war voll beladen, belegte Brote und hart gekochte Eier füllten die Tupperdosen, kalter Früchtetee die Flaschen. Mutter hatte den ADAC-Reiseatlas Deutschland auf den Knien und erwartete mal gespannt, mal angespannt die Fragen vom Vater, der stolz das Lenkrad in den Händen hielt. Und wir Kinder? Wir freuten uns auf die Fahrt in die große weite Welt: nach Sylt oder zum Timmendorfer Strand, in die Eifel, an die Mosel oder in den Schwarzwald. Damals erschienen uns diese Ferienziele so exotisch und fern wie Amerika, Afrika, Indien. Dabei dauerte die Fahrt oft nur wenige Stunden. Später richtete sich der Blick in die Ferne. Statt nach Amrum oder an den Bodensee reisten wir in die Toskana und die Bretagne. Als wir mutiger wurden, flogen wir nach New York und Bangkok, zur Garden Route in Südafrika und dem Great Barrier Reef in Australien. So weit, so gut, so schön. Deutschland hatten wir damals aus den Augen verloren. Es ist schon bezeichnend: Wir kennen Fernweh und Heimweh, aber ein Wort für „Nahweh“ haben wir nicht. Vermutlich, weil die Sehnsucht, Orte in der Heimat zu entdecken, vergleichsweise gering ausgeprägt ist. Unsere Traumziele liegen traditionell in der Ferne, jenseits der großen Meere und der Alpen. Wenn die Deutschen in den 50er Jahren „’O sole mio!“ hörten, träumten sie von Capri, von Sonne statt Regen und Dolce Vita statt Maloche. Danach kamen andere Inseln, zuerst Mallorca, Ibiza oder Kreta, später die Malediven und die Dominikanische 3 WEIL AM RHEIN Häuser wie Freunde Wer ganz tief in den Süden des Landes reist, erlebt viele tolle Häuser auf wenig Raum: Der Möbelhersteller Vitra hat auf seinem Firmengelände Gebäude von Architekten-Stars versammelt. Mit dabei: Zaha Hadid, Herzog & de Meuron (Bild) und Frank Gehry. Die Bauten, Ausdrücke sehr großer Egos, fügen sich zusammen, als seien sie gute Freunde. www.vitra.com/campus 4 POTSDAM Auf dem Sprung Wenn es heiß wird, zieht es die Menschen in Potsdam ans Wasser, zum Beispiel an den Tiefen See (Bild). Dort kann man baden und vom Steg ins Wasser springen. Ruhiger geht es nebenan zu, am Heiligen See. Am Westufer verbrachte Friedrich Wilhelm II. Ende des 18. Jahrhunderts seine Sommermonate im Marmorpalais. Auf der Ostseite wohnen die Royals von heute: Günther Jauch, Wolfgang Joop, Friede Springer. In jeder Hinsicht unerreichbar, aber gucken darf man ja mal. 7 NIENHAGEN Gespenster und Hühnergötter Kommen Sie in der Dämmerung! Kurz bevor die rote Sonne im Meer versinkt, beginnt der Spuk. An der Steilküste, dort, wo der Buchenwald ins Meer zu stürzen scheint, werfen verschlungene Stämme mit sturmgeföhnten Kronen schaurig schöne Schatten. Gespensterwald nennen die Einheimischen das alte urwüchsige Gehölz westlich von Nienhagen, geformt von bis zu 170 Jahre alten Eichen, Buchen und Eschen. Caspar-David-Friedrich-Feeling ganz ohne Kreidefelsen. Wanderwege schlängeln sich durch verwunschenes Dickicht, um schließlich zu gleißenden Meeresweiten zu führen. Gen Westen fallen die Wege ab zu verlassenem Kieselstrand. Dort kann man abseits der Strandkorbstrände baden oder versuchen, zwischen profanem Geröll wundersame Hühnergötter zu finden – Feuersteinknollen mit herausgewitterten Kreideeinlagerungen, die vor Geistern schützen sollen. Sogar die Steine sind hier verzaubert. www.ostseebad-nienhagen.de 5 MECHERNICH WiesenWunder Ein Feld in der Nordeifel, nah bei der A1, ist Schauplatz eines kleinen Wunders: Ein frommer Landwirt überredete den eigensinnigen Schweizer Architekten Peter Zumthor, eine Kapelle zu erbauen. Der schuf einen Ort für Menschen, die staunen wollen: über die Kraft, die von Raum, Licht und Stille ausgehen kann. www.feldkapelle.de 6 Fotos: GabschPOP-EYE; mauritius images; dpa; YourPhotoToday/PM; Jens-Ulrich Koch/ddp images KÖLN So heiter Glas an Glas, Tisch an Tisch, klassenund schrankenlos ausschweifend, so ist es am Rhein. Niemand sterbe, ohne einmal im Brauhaus „Päffgen“ gezecht zu haben, im Epizentrum der Heiterkeit. Man bestellt kein Bier, man wird versorgt mit, zack, Kölsch Nr. 1. Geht das zur Neige, steht, zack, Kölsch Nr. 2 da und so weiter. Selbst Kieler werden hier rasch Kölner. www.paeffgenkoelsch.de 8 ILKAHÖHE Wandern mit Weitsicht „Es muss ein Sonntag g’wesen sein, ein Tag voll hellem Sonnenschein! Es war ein Glückstag, ganz gewiss, wie unser Bayernland entstanden ist.“ Das sang der Kraudn Sepp vor fast 100 Jahren, und mal ehrlich: Wer auf die Ilkahöhe wandert, eine Erhebung südwestlich von Tutzing, und den Blick erst aufs Kirchlein und dann hinunter schweifen lässt über den Starnberger See, das hügelige Voralpenland, der kann nicht anders als glücklich und demütig schweigen vor so viel Schönheit. Ab Ende Juni gibt’s dazu ein kaltes Helles, einen Obatzdn, Brezen, Schweinsbraten. Dann eröffnet das Forsthaus Ilkahöhe wieder, und das bayerische Sinneserlebnis ist perfekt. 9 MERKERS Abenteuer unter Tage Im Erlebnisbergwerk Merkers sitzen die Besucher, verpackt in Bergmannskittel und Helm, auf Pritschenwagen, die in 500 bis 800 Meter Tiefe mit Tempo 30 bis 35 durch ein Labyrinth brettern. In den Engen der Stollen, die einst dem Salzabbau dienten, fühlt es sich verdammt schnell an. Und einem Nazi-Schatz kann man auch hinterherspüren: Im „Goldraum“ lagerten bis Kriegsende die Goldreserven der Reichsbank. www.erlebnisbergwerk.de www.restaurant-ilkahoehe.de 4 21.5.2015 41 10 LYCHEN Freiheit, ganz groß Die Uckermark, die Toskana des Nordens: noch leerer. Noch verwunschener. Bisschen älter, bisschen kälter. Dafür lockt die Freiheit. Eingebettet zwischen sieben Seen und Wäldern liegt Lychen. Seit 1720 wurden hier Holzstämme zu Flößen verbunden und auf dem Wasserweg in die Sägewerke nach Hamburg und Berlin transportiert. Früher war die Flößerei Schwerstarbeit, heute ist sie – Urlaubsbeschäftigung. www.tourismus-lychen.de 11 BODENSEE Ein Hauch von Italien Der Ausblick macht still: ringsum der Wein, vor einem der Weißburgunder, eiskübelkühl perlend. Über den Bodensee ziehen Segelboote, der leise Wind weht über sie hinweg ins Schweizer Hügelland. Man horcht: kein Auto, nur Vögel. Von der Terrasse des Weinguts Aufricht zum Seeufer geht der Blick über Rebland. Kaum zu glauben: Dies ist nicht Italien. www.aufricht.de 13 SCHLOSS WÖRLITZ Klassisch schön Kultur für die Generation Schöner Wohnen: Im Premierenbau des deutschen Klassizismus steht noch das Mobiliar von damals. Trotzdem auch nach draußen schauen! Hier ist das Gartenreich DessauWörlitz, ein Ensemble aus Landschaftsparks, Schlössern und Kirchen, am schönsten. Die Unesco weiß schon, was sie zum Welterbe erklärt. www.gartenreich.com 12 BOCHUM-WATTENSCHEID Pommes mit Stern Früher war Raimund Ostendorp Koch im Drei-Sterne-Restaurant. Seit Jahren führt er seine Imbissbude, die wohl beste Deutschlands. Ohne Schnickschnack. Pommes kosten 1,20, die Currywurst 2,20 Euro. Die Leute kommen vor allem wegen der Wurst – immer frisch vom Metzger. 14 SCHWERINER SEE 15 FÜSSEN Wie im Wimmelbuch Kreuzweg des Märchenkönigs Wenn’s um Urlaub in Meck-Pomm geht, heißt es: Du musst auf die Seenplatte, die Müritz, du weißt schon, zweitgrößter See Deutschlands! Das ist ungerecht. Nehmen Sie doch mal den viertgrößten, den Schweriner See. Boot fahren, Körper und Seele entspannen, und rundherum sind noch mehr Seen und Schlösser und Fischotter und Eisvögel und … Ferien, wie von Ali Mitgutsch gezeichnet. www.schwerinersee.de www.fuessen.de Nicht einfach zu finden, der Aufstieg: Gegenüber der Füssener Altstadt geht’s gleich neben der Landstraße Richtung Österreich ab ins Gebüsch. Ein steiler Kreuzweg führt den 933 Meter hohen Kalvarienberg hinauf. Vom Gipfel hat man ein einmaliges Rundumpanorama über Alpen und Alpenvorland, die gemusterten Dächer der Füssener Altstadt und Neuschwanstein. Sicher der schönste Ort, um das Märchenschloss samt Kulisse zu bestaunen. König Ludwig II. wusste das – er ging oft bei der Karfreitagsprozession mit. Fotos: dpa; Krauskopf/Strandperle; Steffen Eichner/ Fotolia; Rainer Eder/VISUAL IMPACT; R. Schmid/Bildagentur Huber; Dieter Klein/laif www.profi-grill.de 18 HIDDENSEE Beste Aussichten Am Dornbusch, der höchsten Erhebung der kleinen Ostseeinsel Hiddensee, nah am Leuchtturm, versteckt sich zwischen Tannen und Buchen das Ausflugslokal „Zum Klausner“. Es erscheint in Lutz Seilers Roman „Kruso“. Man kann dort übernachten. Oder das Häuschen „Klaus“ an der Steilküste mieten. 15 www.klausnerhiddensee.de 17 HÖLLENTAL Erst klettern, dann gondeln Gute Kondition? Schwindelfrei? Klettersteigset, Helm und genug zu trinken eingepackt? Dann geht es frühmorgens los: 2200 Höhenmeter zum höchsten Berg Deutschlands (2962 Meter). Von Hammersbach führt ein wildromantischer Wanderweg durch die enge, nasse Höllentalschlucht. Es folgt lange Kletterei im Kalkfelsen. Der Gipfel kommt früh in Sicht. Nicht täuschen lassen, der Steig zieht sich. Am späten Mittag ist das Gipfelkreuz erreicht. Auch Besucher in Sandalen genießen hier das Alpenpanorama. Sie sind mit der EibseeSeilbahn heraufgefahren. Bei der Talfahrt (37,50 Euro) sind wir dabei. www.zugspitze.de 19 ALTENBERG Gotteshaus Der Altenberger Dom im Bergischen Land ist der kleine Bruder des dunklen, bunten Kölner Doms. Da die Zisterzienser keine farbigen Kirchenfenster duldeten, schufen sie fantastische Ornamente in Grau und Schwarz. Nur das Westfenster ist golden erleuchtet. Wer nur einen Funken Spiritualität in sich hat – hier flackert er auf. www.altenbergerdom.de DUISBURG 16 Arbeit? Freizeit! Geschwitzt wurde im Landschaftspark Duisburg-Nord früher schon. Heute tun es die Besucher freiwillig. Es fühlt sich so herrlich verboten und nach Jugendstreich an, im stillgelegten Hüttenwerk an Industriebauten hochzuklettern, einen 70 Meter hohen Aussichtspunkt zu erklimmen oder im Gasometer in 21 Millionen Litern Regenwasser abzutauchen. In den ehemaligen Werkshallen und Hochöfen gibt’s auch Kino und Konzerte. Für die Braven. www.landschaftspark.de 4 21.5.2015 43 21 BAD MÜNSTER/ STEIN 20 ST. GOAR Ein Felsen voller Musik Zwei deutsche Mythen treffen aufeinander, und beide haben etwas mit Liedern zu tun: die Loreley, jener 132 Meter aufragende Felsen am Rhein, besungen von Heinrich Heine („Ich weiß nicht, was soll es bedeuten“), und der Rockpalast, jene öffentlich-rechtliche Musikshow, die seit Jahrzehnten Konzerte ans Sofa liefert. In den 80er Jahren spielten auf der Freilichtbühne herausragende Künstler wie Joe Cocker, BAP, U2 und Rory Gallagher; heute noch trägt der Ort Spuren dieser Auftritte in sich. Einmal sollte man dabei gewesen sein, wenn „der Gipfel des Berges funkelt im Abendsonnenschein“ (Heine), auch wenn längst nicht mehr alle Bands weltberühmt und aufregend sind. www.loreley-freilichtbuehne.de Der kolossale Rotenfels scheint neugierig herüberzublicken auf seine kleineren Artgenossen aus aller Welt: Die haben sich, vom Künstlerpaar Kubach-Wilmsen zu Steinskulpturen veredelt, in einem Museum versammelt. Nicht nur die Bücher aus Marmor bergen Geschichten, die erst im Kopf lebendig werden. Der ganze Ort lässt die Fantasie erblühen. www.fondationkubach-wilmsen.de Fotos: Emmanuel Berthier/laif; Michael Wissing; HP Huber/Schapowalow Sprechende Steine SULZBURG 22 Gourmet-Dorf Kurz hinter dem „Hotel Restaurant Hirschen“, wo Douce Steiner – die einzige Zwei-Sterne-Köchin Deutschlands – regiert, endet die Straße, und man ist mitten im Schwarzwald. Für Gourmets ist Sulzburg ein Wallfahrtsort. Wer trunken von seiner Anbetung den Heimweg nicht findet, bleibt über Nacht. Dazu braucht man nur die Straße zu überqueren, muss ja nicht gleich auf den Knien sein. www.douce-steiner.de 24 CHIEMSEE Insel des Schweigens Die Benediktinerinnen auf der Fraueninsel im Chiemsee – 12 Hektar groß, 300 Einwohner – leben einen dörflichen, bayerischen Katholizismus. Dass im Refektorium Ayurveda-Gerichte aus den Töpfen eines indischen Kochs aufgetragen werden, ist kein Widerspruch. In Sichtweite des Eilands: die Herreninsel, wo der spinnerte Bayernkönig Ludwig einen Versailles-Nachbau errichtete. Auf der Fähre zur Insel summen viele Sprachen. Nach dem Anlegen ist Ruhe. Schnell in die Kapelle. Sitzen, lesen, schweigen. Danke, Schwestern. www.frauenwoerth.de 23 SYLT Seelen-Ruhe Es gibt im Sylter Sommer den Ort, wo das rasende Ich zum Stillstand kommt: in der Kirche St. Severin, „auf der Grenze zwischen Land und Meer, Himmel und Erde“. So beschreibt die Pastorin Susanne Zingel den Punkt, an dem die Sucht des Sehnens und die Suche nach dem Selbst ineinanderfließen. Hier kann die Seele ankommen. www.st-severin.de 4 25 SAALFELD 26 LINDAU Fahrt zur Höhle Schwimmen mit Stil www.feengrotten.de Der Eintritt ist nicht ganz günstig: Erwachsene zahlen am Wochenende 14 Euro. Dafür bietet das Parkstrandbad Bad Schachen bei Lindau gepflegte Kunstgeschichte. Es wurde 1924 vom Star-Architekten Max Littmann im Jugendstil konzipiert, der auch das Hofbräuhaus in München entwarf. Auch ohne zu schwimmen, lässt es sich hier wunderbar aushalten, Kaffee wird in verschnörkelten Kännchen serviert, und das Alpenpanorama ist umwerfend. www.badschachen.de Am Rande des Thüringer Schiefergebirges machten sich vor 500 Jahren Bergleute an den Abbau von Alaunschiefer. Es entstanden riesige unterirdische Hohlräume, die später sich selbst überlassen wurden. Die Natur verwandelte die Räume in farbenprächtige Tropfsteinhöhlen und Bergseen. Allerdings taugen die Feengrotten nicht für Klaustrophobe: Die Gänge sind schmal und an manchen Stellen gerade mal 1,70 Meter hoch. Wer sich nicht fürchtet, bekommt eine bizarre unterirdische Märchenwelt zu sehen. 27 29 EIFEL GUT PANKER Nicht ausrutschen! Eines sollte man auf dem Lieserpfad nicht: vom Weg abkommen. Es geht oft steil hinab ins Bachtal. Beachtet man diesen Rat, liegen zwischen der Üdersdorfer Mühle und Manderscheid zehn Wanderkilometer, die es in sich haben. Rauf und runter durch eine Gegend fern der Zivilisation, mitten in Deutschland. Man möchte vor Freude singen. www.lieserpfad.de 28 HANNOVER Sinneserfahrung Seit der Expo im Jahr 2000 ist der „Park der Sinne“ in Laatzen mit seinen Stationen fürs Sehen, Fühlen, Hören, Schmecken, Riechen etwas aus dem Fokus. Aber in unserer Drehdich-immer-schneller-Welt sollte man erst recht hin. Und reinhorchen, nicht nur in den Summstein, sondern auch in sich selbst. www.verein-parkder-sinne.de 46 21.5.2015 www.gutpanker.de 30 SCHLEI Auf und zu, und bald vorbei Ein Segelschiff passiert die hochgezogene Lindaunis-Brücke, die die Halbinseln Schwansen und Angeln an der Schlei verbindet. Die schmucke Klappbrücke, 1927 erbaut, ist eine morbide Schönheit. Oft fällt sie aus, der Renovierungsbedarf ist enorm. Bis Anfang 2019 soll die Brücke durch etwas Modernes ersetzt werden. Dann ist es vorbei mit der Schiffer-Romantik. www.naturparkschlei.de 31 DESSAU-ROSSLAU Kunst des Schlichten Das „Haus Gropius“ ist nicht nur nach dem genialen Bauhaus-Architekten Walter Gropius benannt – hier wohnte er auch von 1926 bis 1928. Es zählt zum Ensemble der Meisterhäuser, die im Krieg zum Teil zerstört wurden und nun wieder aufgebaut worden sind. In den Doppelbauten lebten Künstler wie Wassily Kandinsky und Paul Klee. www.meisterhaeuser.de Fotos: dpa (2); Ingo Wandmacher; Achim Multhaupt/laif; Hans P. Szyszka/Picture Press; G. Lacz/WILDLIFE Dorfleben Ein Idyll inmitten von Weiden und Feldern, mit einem Herrenhaus im Barockstil, einer Kapelle, Wirtschaftsgebäuden und Pferdeställen für die Aufzucht edler Trakehner. Das 500 Jahre alte Gut ist aber „kein Museumsdorf“, betonen die Betreiber, „sondern eine aktive Gutsbeziehungsweise Dorfgemeinschaft“. Es gibt auch Galerien – und das Hotel „Ole Liese“. 32 FÖHR Meer, wo bist du? Die Nordsee ist oft weg. Aber wenn man ihr, etwa vom Strand von Nieblum aus, über den Meeresboden hinterherwandert und auf einer Sandbank steht, wenn das kühle Nass die Füße umspült, wenn die Kinder Vergnügungsschreie ausstoßen und mit dem Wasser um die Wette laufen, dann ist mitten im platten Watt der Gipfel des Glücks erreicht. www.foehr.de 33 EISENACH Wo die wilden Drachen wohnen Unterhalb der Wartburg bei Eisenach wachsen die bemoosten Felsen über dem Wanderer zusammen. Der zauberhafte Weg führt teilweise auf Stegen über einen Bach und so eng durch die Schlucht, dass man fürchtet, stecken zu bleiben. Dunkel, feucht und selbst im Hochsommer kühl, ranken sich nicht nur viele Sagen und Gruselgeschichten um die Schlucht. Hier leben auch seltene Pflanzen und Tiere – zum Beispiel Drachen. Wer kurz nach oben schaut, sieht jedes Mal, wie sie die Köpfe schnell einziehen. Nach etwa 2,5 Kilometern und einer knappen Stunde (von der Wartburg bergab) gibt die Schlucht den Himmel wieder frei. www.eisenach.info 34 AHRENSHOOP Meeres-Juwelen Schwarz-Rot-Gold: Der Ostseeort ist so deutsch, dass man im „Räucherhaus“ nationalfarbig sitzt. Dort wird mit alten Rauchschränken gearbeitet, die von Teerglanz schillern und Aal, Forelle und Makrele bergen, die wie Juwelen leuchten. Und während man dazu sein Bier am Holztisch trinkt und in den roten Abendhimmel schaut, macht einen das froh. www.raeucherhaus.net 4 21.5.2015 47 38 35 HAVEL OESTRICH-WINKEL Sommerfrieden Das Auge trinkt mit Das Gutsrestaurant Schloss Vollrads besticht mit einem grandiosen Ausblick auf das Rheintal und jene Hänge, die den Grundstoff für einige der weltbesten Weißweine liefern. Der Küchenchef setzt auf regionale Produkte, und die Auswahl des Getränks fällt hier nicht schwer. Schollene, ein winziger Ort, eine winzige Straße und ein dunkel schillernder Fluss. Die Havel in ihrem ureigenen Bett. Es riecht nach sonnenwarmem Sand. Man läuft bis zum nächsten Wäldchen, steigt dort ins Wasser und lässt sich treiben. Bäume ziehen vorbei, ein Kranich auf dem Feld. Herrlich, diese Ruhe. www.schlossvollrads.com www.scholleneland.de 39 SCHENKLENGSFELD Und ewig rauscht die Linde www.schenklengsfeld.info 36 KERPEN Auf die Piste Das „Michael Schumacher Kart & Event-Center“ ist etwas für Jungs – auch für große. Auf Indoor- und Outdoor-Kursen fährt man hier um die Wette. Anschließend ist der Besuch der alten Kartbahn in Kerpen-Manheim Pflicht. Dort betrieb einst Elisabeth Schumacher die Imbissbude, während ihre Söhne Michael und Ralf draußen Runden drehten. www.ms-kartcenter.de BAMBERG 37 Frei! Luft! Bier! Lassen Sie sich nicht verwirren: Wer in Bamberg gutes Bier und großartige Ausblicke über die Altstadt sucht, landet früher oder später „auf dem Keller“ – viele Biergärten sind über Gewölben entstanden, in denen das selbst gebraute Getränk lagert. Schöner als auf der Terrasse des Spezial-Kellers kann man kaum sitzen. www.spezial-keller.de 48 21.5.2015 Fotos: Hendrik Holler/LOOK; DPA; David Ebener/dpa/picture alliance Glaubt man dem Stein, der zwischen den vier Stammteilen liegt, ist die Linde in Schenklengsfeld in Hessen bereits 1255 Jahre alt. Seitdem wurde unter ihr Gericht gehalten, gefeiert, getanzt. An kaum einem Ort kann man besser über Vergänglichkeit sinnieren als hier. 40 BERLIN Ganz oben, ganz fein Man muss ja nicht gleich eine der Suiten für 1000 Euro die Nacht buchen: Ein Besuch auf der Terrasse des „Hotel De Rome“ ist auch für Normalsterbliche einigermaßen erschwinglich. Von der „Rooftop Terrace“ kann man entspannt auf die pulsierende Mitte Berlins schauen. In der Open-Air-Saison gibt es Jazznächte oder italienische und kubanische Abende mit Barbecue und Livemusik. Und wenn man viel Glück hat, schaut auch der eine oder andere Showbiz-Star vorbei. www.roccofortehotels.com 42 QUEDLINBURG Unter Dach und Fach 41 LANGENESS Schwimmender Traum Manche Halliglüüd schauen einem tief in die Augen und sagen: „Bei klarem Wetter siehst du England.“ Ist natürlich geflunkert. Hooge sieht man, und Nordstrand, Amrum und Föhr. Das war es, und das reicht auch: Wer auf die nordfriesische Hallig Langeneß kommt, hat einen Blick für das Watt und ein Ohr für das Meer. In der Nase die Melange aus See und Tang, Salz und Strandhafer. „Schwimmende Träume“ nannte einst Theodor Storm die Halligen. Und des Dichters Wort gilt für Langeneß noch immer. www.langeness.de Hier ist Deutschland so, wie es sich die Amerikaner vorstellen: mittelalterlich. Holprige Gassen, Burgen, Kirchen, 500 Jahre alte Fachwerkhäuschen mit liebevollen Schnitzereien. Jedes dieser uralten Häuser erzählt Geschichten von Aufstieg und Fall, Wohlstand und Armut, von Hochzeiten, Feind- und Erbschaften und so manche Familiensaga. www.quedlinburg.de 4 43 VÖLKLINGEN Schrottkultur Ein Riese aus Stahlträgern, Rohren, Türmen: Wer durch die Völklinger Hütte spaziert, fühlt sich wie ein Zwerg auf Zeitreise. Alles sieht aus, als rückten die Kumpel gleich zur Schicht an. Heute ist die Eisenhütte ein Industriedenkmal und eine Kulturwerkstatt mit Ausstellungen und Konzerten. Und: ein wunderbarer Abenteuerspielplatz. www.voelklinger-huette.org 46 MÜRITZ Wie im Märchen Über edel knarrendes Intarsienparkett schreiten, sich im Ordenssaal in der prachtvollen Trompe-l’ŒilMalerei verlieren oder im blühenden Barockgarten lustwandeln wie einst Wilhelm I. von Württemberg: Im Residenzschloss Ludwigsburg wird Adelsgeschichte lebendig. Kinder fahren mit dem Boot auf dem Märchenbach, besuchen den Froschkönig oder lernen Dornröschen kennen – als analoge Alternative zur Smartphone-Bespaßung. www.schloss-ludwigsburg.de 45 BERLIN Cooler Berserker Abends in Wilmersdorf versammeln sich oft junge Leute, die sich vorfreuen, als träte ein Popstar auf. Doch an der Schaubühne singt niemand. Es spielt: Lars Eidinger. Den Hamlet etwa oder Richard III. (Foto) – mit Muskeln, Herz und Hirn. www.schaubuehne.de Kleinod überm See Nie wird man hier von Busladungen kuchengeiler Ausflügler belästigt: Der Müritzhof bei Waren an der Müritz ist nur zu Fuß oder per Fahrrad zu erreichen. 30 Minuten radelt man von Waren durch die Natur, dann taucht auf einer Anhöhe der Landschaftspflegehof auf. Betrieben wird er von einem Lebenshilfswerk, wo auch Behinderte wohnen und mitarbeiten. Der Blick vom Hofcafé auf die Müritz ist wunderbar. Und der Kuchen erst recht. www.lebenshilfswerk-waren.de 47 HAINICH In der Krone Schon mal davon geträumt, in einen Baumwipfel zu steigen und zu hören, wie der Wind durch die Blätter rauscht? Auf dem Baumkronenpfad im thüringischen Nationalpark Hainich schlängeln sich in 44 Meter Höhe Stege und Hängebrücken durch den Buchenwald. Ein Ort der Ruhe und des Zwielichts, belebt von allerlei Getier. www.baumkronen-pfad.de 4 50 21.5.2015 Fotos: Bredel Becker; DDP; Polaris/laif; THOMAS STEPHAN 44 LUDWIGSBURG 48 NIEDERFINOW Stahlkraft Von Sylt bis zur Zugspitze Was macht ein Schiff am Berg? Es nimmt den Lift. Schippert hinein in den 85 Meter langen Trog und lässt sich dann, gehalten von 256 Stahlseilen, 36 Meter in die Höhe ziehen. Klingt simpel, sieht gigantisch aus. Die Menge an Stahl, die der Bau des Wunderwerks vor 81 Jahren verschlang, hätte für fast zwei Eiffeltürme gereicht: 13 800 Tonnen. 23 32 41 18 30 29 2 7 Rostock 14 Hamburg 49 46 1 Elb e Bremen 10 48 38 www.schiffshebewerk-niederfinow.info Hannover Berlin 31 13 16 12 Leipzig 47 33 9 25 5 20 sel Frankfurt a. M. 35 Main 37 43 Rhe i n Saarbrücken 44 Neckar 21 Mo Stuttgart u na Do München 22 3 Dresden e 39 Saal 19 Köln 36 6 27 45 Magdeburg 42 Autos mit Seele 40 4 28 49 HAMBURG In einem Fabrikgebäude von 1904 in der Hamburger Hafencity trifft Vergangenheit auf Zukunft. Gegründet wurde das Automuseum Prototyp von Porsche-Enthusiasten, die eine weltweit einmalige Sammlung wertvoller Einzelstücke zusammentrugen. Autos sind hier „Kulturgüter, Kunstwerke, Lustobjekte und Geschichtenerzähler“, wie die Gründer sagen. www.prototyphamburg.de 34 11 8 26 24 15 17 50 50 ELMAU Lage, Lage, Lage www.daskranzbach.de Welches sind ihre Traumziele? Zeigen Sie uns Ihre persönlichen Lieblingsorte und entdecken Sie weitere Tipps auf der Karte der Lokalpatrioten: www.stern.de/lokalpatrioten 52 21.5.2015 Foto: Rainer Weisflog Wenn sie wieder weg sind, die Merkel, die 19 000 Polizisten und der Maschendrahtzaun, dann fahren Sie mal ins Elmautal. Am besten ins Hotel „Das Kranzbach“. Ein Vier-SterneSuperior-Haus, das so wirbt: „Keine Reisegruppen, keine Festveranstaltungen, keine Kinder unter 10“. Gemein? Schön!
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