IKB-Kapitalmarkt-News – Spanien: auf gutem Weg 27. Mai 2015 Dr. Klaus Bauknecht [email protected] Oleksiy Artin [email protected] Spaniens Wirtschaft kann weiterhin überzeugen. So ist das BIP im ersten Quartal um 0,9 % gewachsen, nachdem es bereits in den vorigen Quartalen deutlich zulegen konnte. Damit befindet sich Spanien seit 7 Quartalen auf Erholungskurs. Für 2015 und 2016 wird ein BIP-Wachstum von jeweils rund 2,5 % erwartet. Dies sind solide Wachstumszahlen, allerdings auf niedrigem Niveau. Denn der Umfang der Industrieproduktion Spaniens liegt immer noch rund 30 % unter dem Vorkrisenniveau von 2007, und die Arbeitslosenquote hat sich von 26,3 % nur moderat auf 23 % verbessert. Dies ist allerdings nicht verwunderlich, da der Arbeitsmarkt ein Nachzügler der konjunkturellen Erholung ist. Es bedarf nachhaltigen Wachstums, um die Arbeitslosenquote nennenswert zu reduzieren. Deshalb ist es unwahrscheinlich, dass sich die Arbeitslosenquote bis Ende 2015 soweit reduzieren wird, dass die aktuelle spanische Regierung mit Zuversicht in die Parlamentswahlen gehen kann. Dies bestätigen auch die Ergebnisse der Regionalwahlen vom vergangenen Wochenende. Vor allem die kleineren Parteien (Podemos, Ciudadanos) konnten deutlich zulegen, und so muss davon ausgegangen werden, dass sie Einfluss auf die nächste Regierungsbildung haben. Für die beiden Volksparteien (PP und Sozialistische Partei PSOE) endeten die Wahlen mit einem Rückgang ihrer Stimmenanteile von rund 65 % im Jahr 2011 auf 53 %, immerhin noch eine absolute Mehrheit. Obwohl die beiden großen Parteien deutliche Verluste hinnehmen mussten, zeigt das Ergebnis, dass eine Regierungsbildung ohne die beiden etablierten Parteien nach der Parlamentswahl unwahrscheinlich ist – vor allem wenn sich das Konjunkturbild weiter festigt. Ein Einfluss der sich aufhellenden Konjunktur auf die Umfragewerte ist bereits ersichtlich. Die linksorientierte Podemos büßte bereits seit Ende 2014 an Zustimmung ein: Ihre Umfragewerte sind von 26 % auf unter 20 % gefallen. Damit bestätigen die Regionalwahlen vom letzten Wochenende zwar den Unmut über die aktuelle politische Richtung. Doch sie signalisieren auch ein überschaubares Risiko eines unerwarteten und radikalen Wahlausgangs bei den bevorstehenden Parlamentswahlen. Abb. 1: Volumen der gesamten Warenausfuhren Index (2010=100) 125 115 105 95 85 75 2000 2002 2004 Spanien 2006 2008 Frankreich 2010 2012 2014 Italien Quellen: Eurostat; IKB Doch zurück zur Konjunktur: Das EZB-Aufkaufprogramm wird aufgrund des schwachen Wechselkurses kurzfristige Wachstumsimpulse (in 2015/16) für die Euro-Zone liefern. Sicherlich ist das Absenken des Außenwertes einer nationalen Währung kein universelles Heilmittel, denn langfristig können sich nur dann positive Beschäftigungseffekte ergeben, wenn die Abwertung des Euro nicht zu lokalen Preiserhöhungen führt. Auch wird mittelfristiges Wachstum durch Produktivität bestimmt und nicht durch Geldmengenausweitung. Doch deutliche Wechselkursänderungen können zumindest kurzfristig relative Preisveränderungen und damit preisliche Wettbewerbsvorteile generieren. Hiervon wird auch Spanien profitieren. Denn über 50 % der spanischen Exporte sind nicht für die Euro-Zone bestimmt und reagieren somit sensitiv auf Wechselkursveränderungen – Tendenz steigend. Spanien wird von der aktuellen Abwertung besonders profitieren, da deutliche Fortschritte in der Umsetzung notwendiger Arbeitsmarktreformen erzielt wurden, die den Lohndruck als Folge der Abwertung dämpfen sollten. Denn die bereits in 2012 eingeführten Arbeitsmarktreformen zeigen erste Erfolge. Im Gegensatz Kapitalmarkt News zu Frankreich und Italien konnte Spanien deutliche Fortschritte bei der Eindämmung der Lohnkosten erreichen und damit seine internationale Wettbewerbsfähigkeit grundsätzlich verbessern – was sich im spanischen Exportwachstum niederschlägt. Die Ausfuhren sind relativ zum spanischen BIP von rund 25 % vor der Finanzkrise auf 32 % in 2014 gestiegen. Abb. 2: Nominale Lohnstückkosten* (auf Basis von Arbeitsstunden) Index (2010=100) 110 105 100 95 90 85 80 75 70 2000 2002 2004 Spanien Quellen: Eurostat; IKB 2006 2008 Frankreich 2010 2012 2014 Italien *4-Qartale gleitender Durchsachnitt Spaniens Schuldenquote hat als Folge des schwachen Wachstums deutlich zugelegt. Lag die Quote 2007 noch bei 36 %, so ist sie auf geschätzte 97,7 % in 2014 angestiegen und sollte die 100 %-Marke in 2015 knapp überschreiten. Doch die positiven Konjunkturaussichten wie auch die Niedrig-Zinspolitik der EZB schaffen eine gute Grundlage für die mittelfristige Stabilisierung sowie Reduzierung der Schuldenquote. Das Haushaltsdefizit hat sich allerdings nur moderat reduziert, sollte sich aber nach 5,4 % in 2014 in diesem und im kommenden Jahr deutlich reduzieren. Entscheidend für eine mittel- bis langfristig stabile oder rückläufige Schuldenquote ist allerdings Wachstum, und hier kann Spanien, wie oben erläutert, mehr und mehr überzeugen. Dies sollte auch die Rating-Agenturen mehr und mehr überzeugen, sodass von einem positiven Ausblick für 2016 auszugehen ist, insbesondere bei stabilen Mehrheitsverhältnissen nach den Parlamentswahlen. Aktuell hat Spanien ein Rating von Baa2 bei Moody’s und BBB bei S&P. Irland hat noch eine bessere Bonität als Spanien (Baa1 bei Moody’s; single-A bei S&P), die größtenteils auf die gute konjunkturelle Entwicklung zurückzuführen ist und Irland damit auch eine schnelle Reduzierung des Haushaltsdefizits sowie der Schuldenquote erlaubte. Lag die Schuldenquote in 2013 noch bei rund 123 %, so hat sie sich in 2014 bereits auf 109,7 % gesenkt. Auch in Spanien ist anhand der Wachstumserwartung mindestens von einer Stabilisierung der Schuldenquote in 2016 auszugehen, wenn nicht sogar von einer Reduzierung. Fazit: Angesichts der europäischen Einheitswährung und fehlender Abwertungsmöglichkeiten nationaler Währungen ist es notwendig, die Anpassungsfähigkeit der Ökonomien in der Euro-Zone durch Strukturreformen zu stärken. Spanien hat im Vergleich zu Italien und Frankreich eine deutlich höhere Reformbereitschaft gezeigt, vor allem was den Arbeitsmarkt betrifft. Diese Reformen sind jedoch einfacher umzusetzen, wenn die konjunkturelle Erholung Raum für Arbeitnehmer und Unternehmen schafft, sich neu auszurichten. In diesem Sinne wird die Abwertung des Euro den sich abzeichnenden Wachstumspfad Spaniens zusätzlich stützen, denn die Exportquote in Länder außerhalb der Euro-Zone ist relativ hoch. Auch signalisieren die Ergebnisse der jüngsten Regionalwahlen, dass die Parlamentswahlen Ende 2015 keinen radikalen Umbruch in der Parteienlandschaft mit sich bringen sollten. Denn auch wenn die beiden Volksparteien bei der aktuellen Wahl deutliche Stimmeinbußen zu verzeichnen hatten, so bleiben sie zusammen dennoch stärkste Kraft, während die linksradikalen Parteien (u.a. Podemos) ihren Zenit bereits überschritten haben. Die IKB sieht Spanien deshalb auf gutem Weg der kurz- wie auch mittelfristigen konjunkturellen Erholung und erwartet ein BIP-Wachstum von rund 2,5 % in diesem und im nächsten Jahr. Ein positiver Ausblick der Rating-Agenturen für Spanien nach den Parlamentswahlen wäre nicht überraschend. Kapitalmarkt News Disclaimer: Diese Unterlage und die darin enthaltenen Informationen begründen weder einen Vertrag noch irgendeine Verpflichtung und sind von der IKB Deutsche Industriebank AG ausschließlich für (potenzielle) Kunden mit Sitz und Aufenthaltsort in Deutschland bestimmt, die auf Grund ihres Berufes/ Aufgabenstellung mit Finanzinstrumenten vertraut sind und über gewisse Erfahrungen, Kenntnisse und Sachverstand verfügen, um unter Berücksichtigung der Informationen der IKB Deutsche Industriebank AG ihre Anlage- und Wertpapier(neben)dienstleistungsentscheidungen zu treffen und die damit verbundenen Risiken unter Berücksichtigung der Hinweise der IKB Deutsche Industriebank AG angemessen beurteilen zu können. Außerhalb Deutschlands ist eine Verbreitung untersagt und kann gesetzlich eingeschränkt oder verboten sein. 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