IKB-Kapitalmarkt-News – Südafrikanischer Rand: Das Kap der schwindenden Hoffnung 15. Dezember 2015 Dr. Klaus Bauknecht [email protected] Grundsätzliches Wenn Südafrika Schlagzeilen produziert, dann leider oft negative: Auch über 20 Jahre nach der Abschaffung der Apartheid kann das Land keine bedeutenden Verbesserungen in den strukturellen Problemen wie Armut, Arbeitslosigkeit, Kriminalität, Korruption oder beim chronisch niedrigen Wachstum aufweisen. Auch das Schulsystem, und damit die Grundlage für nachhaltiges Wachstum, hat sich nicht verbessert. So erlangen nur rund 40 % aller Schüler einen erfolgreichen Schulabschluss. Anstatt Bildung, Recht und Ordnung als Grundlage von Wohlstand zu fördern, wird der Grund für die Armut weiterhin oft auf die seit über 20 Jahren beendete Apartheidpolitik geschoben. Die durch den Afrikanischen Nationalkongress (ANC) gestellte Regierung reagiert nicht mit entsprechenden Reformen, die die grundsätzlichen Probleme lösen könnten. So werden, anstatt in die Bildung vor allem der ärmeren Bevölkerungsgruppen zu investieren, Quoten zugunsten der schwarzen Bevölkerung eingeführt. Doch solche Quotenregelungen wirken sich in der Regel negativ auf die konjunkturelle Entwicklung eines Landes aus: das potenzielle Wachstum sinkt und Korruption sowie Vetternwirtschaft nehmen zu. Zum Teil verlässt die oft gut ausgebildete weiße Bevölkerung das Land aufgrund mangelnder Karrieremöglichkeiten, zudem liefert das schwache Schulsystem nicht ausreichend ausgebildete Schwarze, um Wachstum sicherzustellen. Die Unsicherheit über die Eigentumsrechte belastet obendrein das Investitionsvorhaben vieler Unternehmen, von oftmals gewalttätigen Streikaktivitäten ganz zu schweigen. Diese Entwicklung ist in weiten Teilen hausgemacht, denn während der Regierungszeit Nelson Mandelas herrschte eine regelrechte Aufbruchsstimmung unter allen Bevölkerungsschichten. Die Vision vom neuen Südafrika, von der Regenbogennation, hielt allerdings nicht lange an; bereits unter seinem Nachfolger Thabo Mbeki wurde die Versöhnungspolitik in dem Land am Kap durch eine aufgeheizte Stimmung verdrängt, die die wirtschaftliche Prosperität untergräbt. Auch der aktuelle Präsident Jacob Zuma, der als volksnah galt und mit dem große Hoffnungen verbunden waren, konnte die Probleme des Landes bisher nicht lösen: Die Armut ist noch immer hoch, die Jugendarbeitslosigkeit liegt bei über 50 % und auch bei der Kriminalitätsrate gab es keine Verbesserung. Zudem fehlt eine stringente wirtschaftspolitische Strategie, wie die Personalrochade im Finanzministerium verdeutlicht. Doch da der ANC in weiten Teilen der Bevölkerung immer noch einen großen Rückhalt genießt, sollten grundlegende Veränderungen nicht zu erwarten sein. Konjunktur und aktuelle Entwicklungen Südafrika leidet nun schon seit mehreren Dekaden unter einem chronischen Leistungsbilanzdefizit, das primär über kurzfristige und damit nicht nachhaltige Kapitalströme finanziert wird, während Direktinvestitionen keine bedeutende Finanzierungsquelle darstellen. Eine Reduzierung des Leistungsbilanzdefizits ist in Anbetracht der Unsicherheiten über die Eigentumsrechte, aber auch der Quotenregelungen unwahrscheinlich. Abb. 1: Leistungsbilanz, in % des BIP 2,0 0,0 -2,0 -4,0 -6,0 -8,0 -10,0 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Quellen: Bloomberg; IKB Kapitalmarkt News Zwar mag es Phasen gegeben haben, in denen die Finanzierung eines nachhaltigen Defizits wegen eines globalen Interesses an hohen Renditen der Schwellenländer relativ einfach war; doch grundsätzlich benötigt die Finanzierung eines Defizits durch kurzfristige und oftmals spekulative Kapitalbewegungen relativ hohe Zinsen und eine anhaltend positive Risikoeinschätzung über das Land. Innenpolitische Unruhen führen hingegen relativ schnell zu einem Exodus an Kapital und damit einer deutlichen Abwertung der Währung. Diese Entwicklung charakterisiert den südafrikanischen Rand seit Jahrzehnten. Doch ist diese nicht nur ein Phänomen der südafrikanischen Währung, wie jüngst das Beispiel Türkei zeigt. Eine wirtschaftspolitische Ausrichtung Südafrikas ist nicht erkennbar, und daher sind die heftigen Reaktionen des Rand wenig verwunderlich – wie das jüngste Beispiel zeigt. Die Absetzung des Finanzministers hat im Kontext der oftmals zweifelhaften Politik des ANC zu einer hohen Unsicherheit über die weitere Fiskalpolitik geführt, was den Rand in den letzten Tagen deutlich hat abwerten lassen. Durch die erneute Ernennung des ehemaligen Finanzministers Pravin Gordhan scheint jedoch die Sorge eines worst case beseitigt zu sein. Zwar ist Kritik an der Wirtschaftspolitik des ANC angebracht, Sorge wegen populistischer Fiskalpolitik und eskalierender Schuldenquoten besteht aber kurz- bis mittelfristig auch weiterhin eher nicht. Da Industrialisierung und Exportwachstum von Gütern mit einer hohen Wertschöpfung bis auf den Automobilsektor nur begrenzt stattfindet, bleiben Rohstoffe eine wichtige Devisenquelle des Landes. Konjunktursensitive Rohstoffe wie Eisenerz, Stahl und Kohle machen gut ein Viertel der Exporte aus, weniger sensitive Rohstoffe wie Platin, Diamanten und Gold grob ein weiteres Viertel (wobei Platin den größten Exportanteil ausweist), sodass anhaltend sinkende Rohstoffpreise den Ausblick für den Rand sicherlich nicht stützen. Allerdings ist die Bedeutung von Rohstoffpreisen für die Staatskasse sowie für die Realwirtschaft (Anzahl der Beschäftigten) überschaubar. Der Minensektor macht nur einen zu vernachlässigenden Anteil an den gesamten Staatseinnahmen aus. Die Sorge rund um den fiskalischen Break-even-Preis von Rohstoffen, die bei Ölexportierenden Ländern vorherrscht, ist im Falle Südafrikas von geringer Bedeutung. Wechselkurserwartungen EUR/ZAR Die Regierung sieht einen schwachen Rand als grundsätzlich positiv an, da dies die Exporte fördern sollte. Dieser Gedanke war bereits in der Wirtschaftspolitik der 1990er-Jahre zu erkennen. Das Problem ist allerdings, dass eine Abwertung nur kurzfristig einen Wettbewerbsvorteil liefert, während steigende Löhne und Inflation der realen Abwertung entgegenwirken. So kann eine Abwertung kurzfristige Wachstumsimpulse liefern, aber nicht den grundlegenden Konflikt in einer Gesellschaft zwischen hoher Nachfrage und stockendem Wachstumspotenzial lösen. Abb. 2: Fundamentaler Ausblick EUR/ZAR*, tatsächlicher Wert * Sim ulation aus Septmeber 2015 20 18 16 14 12 Simulation 10 8 6 2006 2007 2008 2009 2010 Fundamentalwert 2011 2012 Obergrenze 2013 2014 2015 Untergrenze 2016 2017 Tatsächlicher Wert Quellen: Bloomberg; IKB Eine relativ hohe Inflation und anhaltende politische Unsicherheit deuten auf eine tendenzielle Abwertung des Rand hin. Derzeit ist sogar eine gewisse Überreaktion ersichtlich (Abb. 2), die auch in früheren Krisen beobachtet werden konnte. Kurzfristig ist daher eine Korrektur bzw. Aufwertung zu erwarten, vor allem gegenüber dem schwachen Euro. Allerdings zeigt die Historie auch, dass der Rand nur schwer zu seinen Vorkrisenniveaus zurückkehrt. In Anbetracht des politischen wie auch Kapitalmarkt News wirtschaftlichen Umfelds gibt es aktuell keinen Grund, solch eine Aufwertung zu erwarten. Dies wird auch durch die sich verändernden Erwartungen über den zukünftigen Verlauf des Rand gestützt. Fazit: Die Abwertung des Rand wurde durch eine Neubesetzung des Postens des Finanzministers eingeleitet. Diese Maßnahme hat die fragwürdige Wirtschaftspolitik verdeutlicht. Ein chronisches Leistungsbilanzdefizit, niedriges Wachstum, Korruption und relativ hohe Inflation belasten den grundsätzlichen Ausblick für den südafrikanischen Rand und das Land am Kap. So ist zwar wegen der für Devisenmärkte typischen Überreaktion und durch die erneute Ernennung des ehemaligen Finanzministers Pravin Gordhan eine Gegenbewegung des Rand zu erwarten; doch Niveaus wie vor der eskalierenden Abwertung sollten nachhaltig nur schwer erreichbar sein, auch weil Erwartungen über den zukünftigen Verlauf des Wechselkurses durch das gegenwärtig schwierige konjunkturelle Umfeld negativ beeinflusst werden. 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