IKB-Kapitalmarkt-News – Perspektiven der Weltkonjunktur: Chinas

IKB-Kapitalmarkt-News – Perspektiven der Weltkonjunktur: Chinas Beitrag
kurzfristig stabil
11. August 2015
Dr. Klaus Bauknecht
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Die Entwicklung der Weltkonjunktur bleibt unberechenbar. Zwar kam die Konjunktur in den USA im zweiten Quartal etwas in
Gang, doch positiv überraschen konnte sie nicht. Und auch wenn die Euro-Zone eine Wachstumsbeschleunigung im zweiten
Quartal erfahren haben sollte, ist das Wachstum bestenfalls ein Zeichen moderater Erholung. Unter den BRIC-Ländern scheint
nur Indien aktuell zu überzeugen, das mit über 7 % in 2014 das höchste Wachstum seit 2010 verzeichnete. Russland steckt
konjunkturell wie politisch in der Krise und Brasilien verharrt in einer Rezession, während China Sorgen bereitet. Ursache dafür
sind eine mögliche Immobilienblase, die Aktienmarktkorrektur (siehe Kapitalmarkt-News vom 10. Juli 2015) und Diskussionen
über notwendige Strukturreformen. Die Sorge wächst, dass selbst ein Wachstum von 7 % nicht mehr haltbar ist und sich das
chinesische Wachstum unter anderem wegen schwacher Industrieproduktion und Exporte weiter abkühlt. So kann auch die
jüngste Herabsenkung der chinesischen Währung um 1,9 % als Reaktion auf den drohenden Exportrückgang gewertet
werden.
Mit rund 7 % der deutschen Exporte ist das Reich der Mitte keine zu vernachlässigende Größe für die deutsche Wirtschaft.
Dies ist auch deshalb der Fall, weil die Exportzahlen nach China die eigentliche Abhängigkeit deutscher Industrieunternehmer
zur chinesischen Wirtschaft nicht hinreichend spiegeln. Denn deutsche Firmen haben sich nicht nur durch Handel mit China
vernetzt, sondern auch vermehrt durch Investitionen. Die Notwendigkeit einer Präsenz vor Ort hat die Globalisierung der
deutschen Industrie weg vom reinen Handel hin zu lokaler Produktion vorangetrieben. Dies ist eine notwendige Konsequenz
aus der zunehmenden ökonomischen Bedeutung Chinas und seines bisher rasanten Wirtschaftswachstums. So kann die
Nachfrage Chinas nur durch vermehrte Nutzung lokaler Produktionsfaktoren bedient werden. Allerdings ist der Bestand
deutscher Direktinvestitionen in China immer noch überschaubar. Bis 2013 summierte sich der chinesische Anteil aller
deutschen Unternehmensbeteiligungen im Ausland auf gerade einmal 5 %, in der EU lag dieser bei 50 % und bei immerhin
rund 14 % in den USA. Für das verarbeitende Gewerbe liegt die chinesische Quote allerdings bei 12 %, für den Automobilbau
bei 13 % (USA rund 9,5 %), für die Elektroindustrie bei 15 % und für den Maschinenbau sogar bei 17 % (USA rund 9,5 %). So
ist vor allem für Unternehmen des verarbeitende Gewerbe das Wachstumspotenzial Chinas von Bedeutung.
Abb. 1: Deutsche Kapitalbeteiligungen ausgewählter Sektoren in China
in % der w eltweiten Kapitalbeteiligungen
18,0
16,0
14,0
12,0
10,0
8,0
6,0
4,0
2,0
0,0
Insgesamt
Verarbeitendes
Gewerbe
Chemie
Maschinenbau
Automobile
Elektorindustrie
Quellen: Deutsche Bundesbank; IKB
Doch welche Rolle spielt China in der globalen Wachstumsdynamik und in welchem Maße ist die globale Konjunktur von China
und anderen Staaten abhängig? Basierend auf der Kaufkraftparität hat sich das Wachstum der Weltwirtschaft von
durchschnittlich 4,1 % vor der Krise (2001 bis 2008) auf 3,8 % zwischen 2010 und 2014 reduziert, was ein überschaubarer
Rückgang ist. Allerdings verharrt das Wachstum der Weltwirtschaft seit 2011 relativ stabil auf einem Niveau von nur rund 3,4
% und damit 0,7 Prozentpunkte unter dem durchschnittlichen Vorkrisenniveau. Doch von weltwirtschaftlicher Stagnation
geschweige denn anhaltender Rezession seit der Finanzkrise kann keine Rede sein.
Kapitalmarkt News
Diagrammtitel
Abb. 2: Globale Wachstumsbeiträge von China,
der USA und Euro-Zone
in Prozentpunkten; basierend auf der Kaufkraftparität
2,0
1,5
1,0
0,5
0,0
-0,5
-1,0
2001
2002
2003
2004
2005
Quellen: EIU; IKB
2006
China
2007
2008
USA
2009
2010
2011
2012
2013
2014
Euro-Zone
Welche Staaten sind für die weltwirtschaftliche Wachstumsdynamik primär verantwortlich? Tabelle 1 zeigt den
weltwirtschaftlichen Beitrag ausgesuchter Länder und der Euro-Zone. Der chinesische Wachstumsbeitrag hat sich im Schnitt
von rund 1 Prozentpunkt vor der Krise auf rund 1,2 Prozentpunkte angehoben. Grundsätzlich ist der Wachstumsbeitrag Chinas
stabil, wie auch Abb. 2 zeigt. Zwar hat sich das Wachstum von einer durchschnittlichen Rate von rund 10 % zwischen 2001
und 2011 auf um die 7,5 % zwischen 2012 und 2014 reduziert. Chinas Gewichtung in der Weltwirtschaft hat sich allerdings seit
2001 mehr als verdoppelt (von rund 8 % auf 17 % in 2014). Der Wachstumsbeitrag der USA ist mit rund 0,4 % pro Jahr in den
letzten 3 Jahren ebenfalls relativ stabil. Basierend auf der Kaufkraftparität ist China seit 2014 die größte Volkswirtschaft und
liefert, auch aufgrund des relativ hohen Wachstums, bei weitem den wichtigsten Wachstumsbeitrag zur Weltwirtschaft. Die
Euro-Zone war einer der großen Verlierer der letzten Jahre. Ihr Wachstumsbeitrag ist von 0,3 Prozentpunkten vor der
Finanzkrise in den Jahren 2012 und 2013 ins Negative abgerutscht. Allerdings sollte der Wachstumsbeitrag in 2015 erneut
positiv sein, wie bereits 2014. Der Beitrag der Euro-Zone zur Weltwirtschaft hat sich von rund 17 % in 2001 auf 12 % in 2014
reduziert, Tendenz weiter fallend wegen geringen Wachstums.
Tabelle 1: Weltwirtschaftlicher Beitrag* ausgesuchter Länder und Regionen
2001- 2008
2011-2014
0.43
0.30
0.12
0.17
0.35
1.02
0.07
1.68
4.13
0.36
0.05
0.07
0.06
0.37
1.22
0.03
1.27
3.44
USA
Euro-Zone
Brasilien
Russland
Indien
China
Japan
Rest der Welt
Globales Wachstum
2014
0.40
0.11
0.00
0.02
0.48
1.21
-0.01
1.19
3.40
* basierend auf der Kaufkraftparität
Quellen: EIU; IKB
Während der Wachstumsbeitrag von USA und Euro-Zone mit zusammen rund 0,6 Prozentpunkten in 2001 etwa dem von
China entsprach, war er in 2014 nur halb so groß wie der Beitrag Chinas. Wegen des schwachen Wachstums in der EuroZone, aber auch aufgrund der hohen Wachstumsraten Chinas wird das Weltwirtschaftswachstum seit einigen Jahren primär
von China geprägt, während Indien dank solidem Wachstum in 2014 einen Beitrag von rund 0,5 Prozentpunkte liefern konnte.
Die BRIC-Länder insgesamt haben damit die Hälfte des Weltwachstums in 2014 ausgemacht.
Kapitalmarkt News
Fazit: Die globale Konjunktur wird maßgeblich durch Chinas beeinflusst. Der Beitrag des Reiches der Mitte zum Wachstum
der Weltwirtschaft ist mehr als doppelt so groß wie der von USA und Euro-Zone zusammen. Bis jetzt hat sich dieser
Wachstumsbeitrag Chinas als relativ stabil herausgestellt, da die sinkende Wachstumsrate durch eine zunehmende
Gewichtung des Landes in der Weltwirtschaft kompensiert wurde. Außerdem könnte eine unerwartete Reduzierung des
chinesischen Wachstums von 7 % auf 6 % durch eine weitere Erholung in der Euro-Zone und den USA in 2015/16
kompensiert werden. Trotz moderat schwächeren Wachstums in China kann somit das Wachstum der Weltwirtschaft in
2015/16 aktuell als relativ stabil eingeschätzt werden. Dies würde sich ändern, sollte China größere Wachstumseinbrüche
erleiden. Allerdings müsste das chinesische Wachstum von 7 % auf 4 % fallen, um die Weltwirtschaft mit 0,5 Prozentpunkten
zu belasten. Dies ist auf Basis aktueller Daten aus China nicht zu erwarten, auch wenn die Zahlen eher enttäuschen. Dennoch
bleiben Indien und vor allem China entscheidende Treiber der globalen Wachstumsdynamik. Und mit einem relativ hohen
Anteil an Direktinvestitionen deutscher Maschinenbauer und der Automobilindustrie bleibt China ein wichtiger Markt für den
erfolgreichen deutschen Mittelstand. Die IKB erwartet in 2015 ein BIP-Wachstum in China von rund 7 %, ein globales
Wirtschaftswachstum von ca. 3,5 % und ein deutsches Wachstum von 1,6 %.
Kapitalmarkt News
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