IKB-Kapitalmarkt-News – Konjunkturausblick stabil: Geldpolitik der

IKB-Kapitalmarkt-News – Konjunkturausblick stabil: Geldpolitik der EZB
dennoch richtig
13. April 2016
Dr. Klaus Bauknecht
[email protected]
Im Dezember 2015 sowie im März 2016 hat die EZB ihre geldpolitische Lockerung fortgesetzt. So hat sie das
Aufkaufprogramm ausgeweitet und den Einlagenzins deutlich ins Negative bzw. den Leitzins auf 0 % gesenkt. Gründe für die
schon seit September erwarteten Maßnahmen waren die Befürchtungen, die Inflationsrate könnte weiter sinken und die Sorge
um die konjunkturelle Erholung in der Euro-Zone. Die Erwartungen für die globale Konjunktur waren, vor allem aufgrund der
Entwicklungen in China, ebenfalls eingetrübt. Zwar deutete der weiter fallende Ölpreis auf eine steigende reale Kaufkraft in
den Industrieländern; doch für viele Schwellenländer wurde der Preisverfall zur ernsthaften Bedrohung ihrer
binnenwirtschaftlichen Stabilität. Dies wiederum belastet die Exportnachfrage vieler Industrieländer. So hat das
makroökonomische Umfeld die EZB zu einer deutlichen Ausweitung ihrer bereits schon damals expansiven Geldpolitik
genötigt.
Welche der skizzierten Erwartungen haben sich erfüllt? Richtig ist, dass die Inflationsrate - allerdings nur die allgemeine erneut deutlich gesunken ist. Die Kerninflationsrate ist in der Euro-Zone und in den USA relativ stabil geblieben.
Inflationserwartungen scheinen allerdings eher auf die allgemeine Inflation zu reagieren. Mit der sich abzeichnenden
Stabilisierung des Ölpreises sollte die allgemeine Inflationsrate im Jahresverlauf aufgrund von Basiseffekten und einer
grundsätzlich stabilen Kerninflationsrate ansteigen. Die Deflationsrisiken haben sich somit trotz der kurzfristig sinkenden
Inflationsrate nicht erhöht. Die IKB erwartet Ende 2016 eine Inflationsrate in der Euro-Zone von rund 1 %, während die
Kerninflationsrate dann bei 1,4 % liegen sollte. Die unerwartet hohe Inflationsrate im März hat bereits dazu geführt, dass die
Inflationsprognosen der EZB für 2016 wohl eher eine Revidierung nach oben als nach unten benötigen könnten.
Abb. 1: Kerninflationsrate in den USA und in der Euro-Zone
in % ggü. Vorjahr
3,0
2,5
2,0
1,5
1,0
0,5
0,0
2007
2008
2009
2010
USA
2011
2012
2013
2014
2015
2016
Euro-Zone
Quellen: Bloomberg; Eurostat; IKB
Öl-, wie auch andere Rohstoffpreise scheinen ihren Tiefpunkt erreicht zu haben. Die Zahl der Marktbeobachter, die dauerhaft
einen Ölpreis von rund oder sogar unter US-$ 20 erwarten, nimmt ab. Der US-$ hat zudem seit Jahresanfang gegenüber den
Währungen vieler Schwellenländer an Wert verloren, sodass sich deren Kaufkraft in US-$ stabilisieren bzw. erholen sollte.
Allerdings bleiben die Rohstoffpreise sowie die internationale Kaufkraft vieler rohstoffexportierender Länder auf einem
niedrigen Niveau. Für viele Schwellenländer, deren Bevölkerung ihren Lebensstandard nach unten anpassen muss, ist es
auch weiterhin eine schwierige Phase.
Kapitalmarkt News
Tabelle 1: Änderung des Außenwertes der Währung zum US-Dollar, in %
Januar bis Dezember 2015
Seit Januar 2016
Brasilien
-47,0
13,6
Südafrika
-32,5
6,1
Türkei
-24,4
4,7
Malaysia
-22,1
10,8
Russland
-24,0
9,5
Mexiko
-16,1
-1,3
Argentinien
-51,2
-10,1
Indonesien
-9,9
5,9
China
-4,4
1,5
Indien
-4,5
0,2
Quellen: B lo o mberg; IKB
Die Sorge um die chinesische Konjunktur hatte im September 2015 eine Korrektur auf den Aktienmärkten eingeleitet. Seitdem
haben globale Institutionen wie IWF und OECD ihre Prognosen für das Weltwachstum nach unten angepasst. Immer wieder
wurde in den letzten Monaten betont, dass sich die Weltwirtschaft abkühlt. Als Beweis hierfür wurde unter anderem der
Welthandel genannt, dessen Wachstum sich deutlich verlangsamt hat. Auch wenn ein nachlassender Welthandel nicht
unbedingt nur aus der konjunkturellen Entwicklung resultiert, sondern ebenso mit der Globalisierung von
Produktionsprozessen zu tun hat, so lässt ein rückläufiges Handelsvolumen eine sicherlich legitime Sorge über die globalen
Konjunkturperspektiven aufkommen. Gemessen an der Anzahl von Containerabwicklungen in den 80 größten Häfen der Welt
ist solch eine Abkühlung bereits seit Anfang 2015 deutlich zu erkennen. Der Index hat sich in jüngster Zeit erholt und liegt
aktuell rund 1,5 % über seinem Tiefstand von Oktober 2015. Diese Erholung mag sich als eher überschaubar erweisen; doch
ist die aktuelle Befürchtung einer globalen Abkühlung im Handel im Vergleich zu September oder Dezember 2015 wenig
nachvollziehbar.
Abb. 2: Containerumschlagindex
Index (2010 = 100)
125
120
115
110
105
2012
2013
2014
2015
2016
Quellen: RWI/ISL; IKB
Zusammenfassend lässt sich feststellen:

Die chinesische Wirtschaft zeigt sich weiterhin robust. Der PMI für das Verarbeitende Gewerbe konnte im März
2016 das erste Mal seit Mitte 2015 wieder über die 50-Punkte-Schwelle ansteigen, während der Caixian-PMI-Index im
März das höchste Niveau seit April 2015 erreicht hat. Auch die Pkw-Neuzulassungen haben sich seit dem Einbruch
Mitte 2015 wieder gefangen. Zahlen für die ersten beiden Monate von 2016 deuten im Jahresvergleich auf ein
Wachstum von fast 5 % hin. Zwar mag die chinesische Industrie langsamer wachsen, doch aufgrund der strukturellen
Veränderungen der Wirtschaft sollte dies niemanden überraschen.
Kapitalmarkt News



Die US-Wirtschaft gewinnt erneut an Fahrt und der ISM-Index konnte seit Dezember, vor allem aber in jüngster Zeit,
ebenfalls zulegen. Der US-Arbeitsmarkt zeigt verlässlich solide Zahlen, der US-Häusermarkt bleibt robust . Allerdings
zeigt der NFIB-Index immer noch keine nachhaltige Erholung bei der Stimmungslage mittelgroßer US-Firmen.
Die PMIs in der Euro-Zone haben sich als überraschend stabil erwiesen, auch wenn sie sich nicht deutlich verbessert
haben. Die Industrieproduktion sollte trotz eines Rückgangs im Februar zum BIP-Wachstum im ersten Quartal 2016
beitragen. Die Kreditvergabe zeigt weiterhin eine stabile, wenn auch moderate Erholung.
Der ifo Index für Deutschland deutet weiterhin auf ein relativ stabiles, wenn auch moderates Wachstum hin. Der
Index konnte im März das erste Mal seit November 2015 wieder zulegen.
Tabelle 2: Entwicklung ausgesuchter Konjunkturindikatoren
Land
Index
Dezember 15
März 16
Jüngste monatliche Veränderung
USA
ISM Index
48,2
51,8
+
China
Caixin PMI
49,4
51,3
+
Eurozone
Markit-PMI
54,3
53,7
+
Ifo Index
108,7
106,7
+
Deutschland
Quellen: B lo o mberg; ISM ; M arkit; Ifo ; IKB
Einschätzung
Insgesamt deuten im Vergleich zu Ende 2015 wichtige realwirtschaftliche Konjunkturindikatoren auf eine konjunkturelle
Erholung hin. Die Befürchtungen der Notenbanken und insbesondere die der EZB, die noch einmal deutlich nachgelegt hat,
haben sich bisher nicht bestätigt. Die globale Konjunktur mag weiterhin anfällig sein, doch ein globaler Konjunktureinbruch ist
heute weniger wahrscheinlich als im Dezember letzten Jahres. Und auch der Rückgang der Inflation sollte sich als eher
kurzfristig erweisen. Einzig enttäuschend für die globale Konjunktur verlief die Entwicklung in Japan, dessen Volkswirtschaft
allerdings schon lange nicht mehr als bedeutender globaler Wachstumstreiber angesehen wird.
Aufgrund dieser Ausgangssituation ist es nicht überraschend, dass sich die EZB aktuell nicht zu einer Diskussion über
Helikopter-Geld hinreißen lässt. Sicherlich ist das Konjunkturbild der Euro-Zone alles andere als überzeugend, um kurzfristig
einen entscheidenden Rückgang in der Arbeitslosenquote sicherzustellen; doch gibt es auch weiterhin keine Anzeichen dafür,
dass die Konjunktur vor einem erneuten Einbruch steht. Das Licht am Horizont ist jedoch weniger der jüngsten EZB-Politik zu
verdanken; denn sie alleine ist nicht ausreichend, um die Konjunktur entsprechend zu stimulieren. Die Effektivität vor allem
ihrer jüngsten Maßnahmen ist – isoliert betrachtet – anzuzweifeln.
Benötigt wird kurzfristig eine Nachfragestimulierung durch die Fiskalpolitik, um den Raum für Reformen auf der Angebotsseite
sicherzustellen. Beides kommt – wenn überhaupt – nur schleppend voran und das, obwohl die EZB durch ihre
Niedrigzinspolitik seit Jahren die Schuldentragfähigkeit vieler Euro-Länder sicherstellt. Die EZB-Maßnahmen mögen im
Kontext ihres Einflusses und der aktuellen Konjunkturentwicklung womöglich als übertrieben angesehen werden. Sind Geldund Fiskalpolitik jedoch insgesamt zu beurteilen, so ist eher die Passivität der Fiskalpolitik in Frage zu stellen (siehe auch IKB
Kapitalmarkt News vom 17. März 2016). Ursache der niedrigen Zinsen ist weiterhin die Passivität der Fiskalpolitik und nicht der
„Aktionismus“ der EZB.
Fazit
Die globalen wie regionalen Konjunktursorgen von Notenbanken und Institutionen wie IWF und OECD haben sich bis dato nur
eingeschränkt bestätigt. Aktuelle Konjunkturindikatoren deuten eher auf eine Erholung in den letzten Monaten hin. Auch viele
Schwellenländer scheinen sich aufgrund steigender Rohstoffpreise und aufwertender Wechselkurse zumindest zu
stabilisieren. Die Inflationsrate in der Euro-Zone ist zwar erneut gesunken, doch dies ist nur temporär, während die
Kerninflationsrate in den USA und in der Euro-Zone stabil ist oder sogar nach oben tendiert. Hat die EZB also überreagiert?
Eher nicht, da ihr Einfluss ohne fiskalische Unterstützung begrenzt ist. Die Lösung für ein steigendes bzw. auf Sicht normales
Zinsniveau liegt in einer aktiveren Fiskal- wie auch Reformpolitik in der Euro-Zone, um das Wachstum kurz- wie langfristig
anzuheben. Hier scheint sich jedoch weiterhin wenig zu bewegen.
Kapitalmarkt News
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13. April 2016
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