IKB-Kapitalmarkt-News – Deutsche Konjunktur: Exporte und Konsum überzeugen, aber wo bleibt das Wachstum? 28. Mai 2015 Dr. Klaus Bauknecht [email protected] Die deutsche Wirtschaft ist bekannt für ihre Exportstärke. Allein in 2014 wurden Waren im Wert von rund 1,3 Billionen € ins Ausland verkauft. Vor allem zu Zeiten als der private Konsum relativ mau war, hat die Exportwirtschaft einen wichtigen Beitrag zum deutschen BIP-Wachstum geleistet. So betrug das Exportwachstum zwischen 2002 und 2004 im Schnitt 5,5 %, während der private Konsum als Folge sinkender Reallöhne eher stagnierte (durchschnittliches Wachstum von -0,05 %). In den letzten Jahren hat sich die Dynamik des privaten Konsums jedoch erholt. Solide Lohnsteigerungen und ein robuster Arbeitsmarkt sorgen für nennenswerte Anstiege im preisbereinigten verfügbaren Einkommen. Zusammen mit einer guten Konsumlaune sorgt dies für Zuwächse im privaten Konsum. So hat sich das jährliche Wachstum des privaten Konsums seit 2012 moderat aber kontinuierlich erhöht und lag in 2014 bei 1,2 %. Der GfK-Konsumklima-Index deutet weiterhin auf eine gute Kauflaune hin. Er ist im Mai auf 10,2 angestiegen und zeigt seit 2009 einen fast ungebrochenen Aufwärtstrend. Auf Grundlage der guten Konsumlaune sowie der preisbereinigten deutlichen Einkommenssteigerung – auch dank niedriger Inflation – geht die IKB von einem Wachstum des privaten Konsums in 2015 von über 2,3 % aus. Dies wäre das höchste Wachstum des privaten Konsums seit 2011. Abb. 1: GfK-Konsumklima-Index 11 9 7 5 3 1 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Quelle: GfK Dank globaler Konjunkturerholung und soliden Exportwachstums sowie robuster Einkommensentwicklung und Konsumlaune kann sich das deutsche Wachstumsmodel schon in den letzten Jahren auf zwei Säulen stützen. Exporte sollten in 2015 mit rund 4 % zulegen, nachdem sie im ersten Quartal bereits mit 0.8 % gewachsen sind. Seit 2012 liegt das durchschnittliche Wachstum der deutschen Exporte bei 3,6 % pro Jahr. Doch trotz dieser dualen Wachstumsstützen Export und Konsum ist das eigentliche BIP-Wachstum eher verhalten. Für 2015 wird ein Wachstum von nur 1,6 % erwartet, ein ähnlicher Wert wie in 2014. Warum ist das Wachstum so niedrig? Immerhin machen privater Konsum und Exporte 56 % bzw. 48 % des BIP aus. Oftmals werden die geringen Investitionsvolumina als Ursache für das geringe Wirtschaftswachstum genannt. Und in der Tat sind Investitionen eine entscheidende Größe für Wachstum, stellt Kapital doch neben Arbeit den wichtigsten Produktionsfaktor dar, der insbesondere technologische Fortschritte fördert. Doch Investitionen, gemessen an der Nachfrage, machten in den letzten Jahren durchschnittlich nur rund 20 % des BIP. Für 2015 erwartet die IKB eine Zunahme der Ausrüstungsinvestitionen um knapp unter 3 % sowie Zuwächse bei den Bauinvestitionen von ca. 2 %. Dies mag keine signifikante Wachstumsbeschleunigung bedeuten, deutet aber auch nicht auf eine Wachstumsbremse hin. Eine weitere Einflussgröße auf das BIP ist die Entwicklung der Importe. Ein höherer Konsum führt nicht zu Wachstum, wenn dieser durch steigende Importe bedient wird. Gleiches gilt für Investitionen, wenn die Wertschöpfung ins Ausland verlegt wird. Abb. 2 zeigt die Importe relativ zum BIP. Über die Jahre ist die Importquote des deutschen BIP von unter 30 % in 2002 auf inzwischen über 40 % angestiegen. Die Importe sind im ersten Quartal 2015 um rund 1,5 % angestiegen. Auch wenn sich Kapitalmarkt News dieses Wachstum in den folgenden Quartalen verlangsamt, sollten die Importe in 2015 dennoch schneller wachsen als die Exporte. Dies ist auch aufgrund des erwarteten hohen Konsumwachstums nicht überraschend. Abb. 2: Importe, in % des BIP Index (2010=100) 45 41 37 33 29 25 2002 2003 2005 2006 2008 2009 2011 2012 2014 Quelle: Eurostat So hat sich über die Jahre zwar die Exportquote der deutschen Wirtschaft als Folge der Globalisierung deutlich erhöht. Doch Globalisierung hat nicht nur mehr Exporte durch höhere Nachfrage zur Folge, sondern auch eine Veränderung der Angebotsseite. Dies ist an einer über die Jahre ansteigenden Importquote relativ zur deutschen Wertschöpfung ersichtlich. Anders gesagt: Die deutsche Wirtschaft braucht immer mehr Importe pro BIP-Einheit. Dies ist anhand des im Vergleich zu Deutschland deutlich höheren globalen Wachstums ebenfalls nicht überraschend. Denn um die wachsende Nachfrage sicherzustellen, verlagern mehr und mehr Unternehmen ihre Produktion global und vertrauen in Deutschland auf eine höhere Wertschöpfung der eingesetzten Produktionsfaktoren. Zunehmende Export- und Importquoten sind Teil einer sich globalisierenden Wirtschaft. Eine Stabilisierung des in Abb. 2 dargestellten Trends könnte wachstumsfördernd sein, vor allem wenn die Exporte weiter ansteigen. Hierfür wäre allerdings ein höheres potenzielles Wachstum notwendig, das darauf deuten würde, dass Deutschland seine globalen Absatzmärkte mehr und mehr durch eigene Produktionsfaktoren bedienen kann. Solch eine Entwicklung ist unter anderem wegen des Fachkräftemangels in Kürze nicht zu erwarten, sodass der Trend in Abb. 2 weiter anhalten sollte. Deutschland wird weiterhin ein hohes Export- und Konsumwachstum erfahren, dass eigentliche BIPWachstum wird allerdings aufgrund des geringen potenziellen Wachstums eher gering ausfallen. Dies bedeutet allerdings nicht, das konjunkturell getriebenes Wachstum von über 2 % kurzfristig nicht zu erreichen ist. Die Erwartungen für 2016 sind hoch. Tabelle 1: Deutsche BIP-Komponeten - Prognose für 2015 und 2016 Mrd. € 2014 Reale Veränderung in % zum Vorjahr (kalenderbereinigt) 2013 2014 2903,8 0,2 1,6 1,6 2,1 1604,7 0,9 1,2 2,3 1,9 Staatsverbrauch 561,5 0,7 1,2 1,6 1,0 Ausrüstungsinvestitionen 185,6 -2,1 4,3 2,8 4,5 Bauinvestitionen 293,4 0,1 3,4 2,1 2,5 Exporte 1326,2 1,8 3,7 4,1 4,8 Importe 1136,7 3,2 3,4 5,0 5,1 BIP Privater Verbrauch 2015p 2016p Quellen: Statistische Bundesamt; IKB Fazit: In Deutschland sollten im Jahr 2015 der Konsum um mehr als 2 % und die Exporte um rund 4 % zulegen. Dennoch deutet die BIP-Wachstumsprognose von 1,6 % auf ein eher überschaubares Wachstum hin. Ursache hierfür ist vor allem die Globalisierung, die eine ansteigende Importquote Deutschlands mit sich bringt. Für ein Land, das im globalen Vergleich ein eher niedriges potenzielles Wachstum ausweist, ist dies allerdings eine notwendige Entwicklung, um die weltweiten Marktanteile der deutschen Unternehmen zu sichern. 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