In diesem Heft Türkei Der schwierige Partner – wie 14 22 Deutschland Leitartikel Donald Trump und die Verwahr- losung der politischen Kultur Meinung Kolumne: Im Zweifel links / So gesehen: Narzissmus in Zeiten des Terrors Opposition will VW-Untersuchungsausschuss / Drachenflieger in Angst vor Drohnen / Entlastung für deutsche Fluggesellschaften Karrieren Bundespräsident Joachim Gauck ist äußerst beliebt – die beste Gelegenheit aufzuhören Geheimdienste Europas Spione sollen besser kooperieren – doch der BND misstraut EU-Partnern seit Jahren Linke Die marxistische MLPD profitiert vom Vermögen ergrauter Revolutionäre Union CSU-Veteran Edmund Stoiber kritisiert im SPIEGEL-Gespräch den Linksruck der CDU und verlangt, auf AfD-Wähler zuzugehen Glauben Warum ein Pfarrer an seiner Gemeinde verzweifelte Bundeswehr Wie ein Soldat und seine Frau mit den Folgen seines Afghanistaneinsatzes ringen Grüne Hessens Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir erklärt, warum ein Bündnis mit der CDU manchmal einfacher ist als mit der SPD Verkehr Wenn Autofahrer ihrem Navi blind vertrauen, kann das böse enden Strafjustiz Ein Trio nutzte Beerdigungen, um in die Häuser der Toten oder der Angehörigen einzubrechen 8 10 24 28 32 37 74 80 84 87 88 Ausland Joachim Gauck Aung San Suu Kyi baut in der neu ernannten Regierung Burmas ihre Machtposition aus / Vom Ungeschick des François Hollande 90 Terrrorismus Bosnien wird zu einem neuen Rückzugsraum für IS-Kämpfer 92 China Die neue Mittelschicht strebt nach Individualisierung durch Mode – und nach einer offeneren Gesellschaft? 96 Brasilien Wie die Ermittlungen eines Richters zur Staatskrise führten 102 Global Village Das Experiment von Utrecht – ein Minimaleinkommen für jeden 105 Er ist seit vier Jahren im Amt, die Deutschen lieben ihn, und die Bundeskanzlerin würde ihn gern für eine zweite Amtszeit behalten. Gauck muss sich fragen: Lohnt es sich noch? Seite 28 38 42 44 48 51 52 Wissenschaft Schmetterlingsschwund durch Klimawandel / Wo sich der Australopithecus tummelte / Kommentar: Lasst Ärzten die Fachliteratur! 106 Medizin Schwer herzkrank kam die kleine Reehana aus Afghanistan nach Hamburg, gesund kehrte sie heim – die Geschichte einer Rettung 108 Russland Wie ein autoritärer Staat Erfindergeist und Forscherdrang abtöten kann 112 Archäologie Der Palmyra-Experte Udo Hartmann über den Wiederaufbau der antiken Stätten nach dem Terror des IS 116 Gesellschaft Früher war alles schlechter: Kinderarbeit geht zurück / Spargel aus Bodenheizung 54 Eine Meldung und ihre Geschichte Cádiz lacht über Don José und seinen Dienstschwänzer 55 Zeitgeschichte In einem Klima des Misstrauens geht den Amerikanern der Sinn für eine gemeinsame Historie verloren 56 Beziehungen Der schönste Tag des Lebens ist der heutigen Bräute liebster Sport 62 Homestory Park dich doch selber! 64 Sport Wie der 80-Millionen-Euro-Transfer von James Rodríguez vom AS Monaco zu Real Madrid abgewickelt wird / Marc Meilleur, Fahrer eines Begleitmotorrads bei Radrennen, über die Gefahr von Kollisionen mit dem Peloton Springreiten Der Weltklassereiter Rolf-Göran Bengtsson und sein dubioser Mäzen vom deutschen Gestüt Eichenhain Fußball Warum die englische Premier League an ihrer Dekadenz erstickt 65 Lego-Bastelbuch für Erwachsene / „Gestrandet“ – eine Doku über Flüchtlinge in Ostfriesland / Kolumne: Besser weiß ich es nicht 118 Helden Der Rheinländer Carl Schurz war Mitgründer der Republikaner, seine Geschichte ist die Geschichte deutschamerikanischen Freiheitsdrangs 120 Beziehungen Martin Walser und Thekla Chabbi – ein SPIEGEL-Gespräch über gemeinsames Schreiben, Lesen und Leben 124 Literatur Eine Verneigung vor Herrn Ömer, dem türkischen Buchhändler um die Ecke – von Navid Kermani 128 Pop Xavier Naidoo als Sänger eines sich verändernden Landes 130 Filmkritik „Unter dem Sand“ zeigt deutsche Kindersoldaten als Minenräumer 131 Sie war herzkrank und musste operiert werden. Aber in ihrer Heimat Afghanistan war das nicht möglich. So kam sie nach Hamburg, wohnte bei einer Gastfamilie – und verzauberte sie. Dann musste Reehana zurück. Seite 108 Carl Schurz 69 Bestseller Impressum, Leserservice Nachrufe Personalien Briefe Hohlspiegel / Rückspiegel 71 Wegweiser für Informanten: www.spiegel.de/investigativ 66 Wirtschaft US-Fonds verklagt deutschen Fiskus / Susanne Klatten plant Großspende / Sind Dividenden die neuen Zinsen? Kultur Reehana Zakhelwal SAMMLUNG RAUCH / INTERFOTO Präsident Erdoğan mit dem Westen spielt Essay Ein Land auf dem Weg in die Isolation Management Die alte Befehlskultur hat ausgedient, die deutschen Unternehmen müssen sich wandeln Energie Der Ausbau der Windkraft spaltet die Umweltverbände Unterhaltung Die besten Computerspieler erreichen ein Millionenpublikum Unternehmen Der deutsche und der amerikanische Merck-Konzern streiten sich um die Rechte am gemeinsamen Namen Geldanlage Neue Produkte sollen die traditionelle Lebensversicherung ersetzen DOMINIK BUTZMANN / LAIF Titel 127 132 133 134 136 138 Er kämpfte gleich zweimal für die Freiheit, bei der deutschen Revolution 1848/49 und im Bürgerkrieg der USA. Als Mitgründer der Republikanischen Partei wäre er wohl entsetzt über Donald Trumps Wahlkampf. Seite 120 DER SPIEGEL 14 / 2016 7 Das deutsche Nachrichten-Magazin Leitartikel Die amerikanische Schande Der Vorwahlkampf in den USA offenbart eine tiefe Verwahrlosung der politischen Kultur. 8 DER SPIEGEL 14 / 2016 gefurzt. Was Amerika in diesen Tagen erlebt, ist nicht nur ein politischer, sondern auch ein moralischer Bankrott. Schmutzige Tricks sind keine Neuheit in US-Wahlkämpfen, dieser totale Niveauverlust hingegen ist es schon. Schuld daran sind nicht nur die beiden Rüpel an der Spitze. Möglich wurde ihr Aufstieg durch einen Verfall von Werten wie Anstand, Aufrichtigkeit, Toleranz und Gerechtigkeit, den niemand so beschleunigt hat wie die Republikanische Partei. Viel zu lange hat sie eine Steuer-, Wirtschafts- und Sozialpolitik betrieben, die allein den Konzernen und Reichen diente, den Finanziers ihrer Wahlkämpfe. Millionen Amerikaner rutschten derweil in prekäre Verhältnisse. Kulturelle Verwahrlosung ist oft die Folge einer realen Verwahrlosung. Wer sich finanzielle Sorgen macht, wer verbittert und ohne Hoffnung ist, dessen Hauptsorge gilt nicht dem Anstand. Der sehnt sich geradezu nach einer Kultur des Radikalen und Ungehobelten, weil aus der Zerstörung vermeintlich nur Besseres erwachsen kann. Über Jahrzehnte haben die Republikaner zudem eine Kultur der Verachtung für öffentliche Güter geschaffen. Sie betrieben eine Bildungspolitik, die für die Nichtprivilegierten kaum Bildung bereithält, sondern zu Verdummung und Verrohung beiträgt. Sie ließen zu, dass Milliardäre wie die Koch-Brüder die Inhalte und das Personal ihrer Partei bestimmten. Vor ein paar Jahren umarmten sie auch noch die destruktiv-radikale Tea-Party-Bewegung. So kam der Partei mit der Mitte auch jedes Maß abhanden. Für Rettungsmaßnahmen ist es nun zu spät. Auch der Versuch, Trump doch noch als Kandidaten zu verhindern, etwa mit Tricks beim Nominierungsparteitag im Juli, wird nicht helfen. Dafür hat Trump bereits zu viele Stimmen, seine Millionen Wähler würden sich zu Recht betrogen fühlen. Trump warnte schon vor „Unruhen“. So werden sich die Republikaner mit Trump wohl im Hauptwahlkampf blamieren müssen. Erst danach, im Angesicht der Selbstzerstörung, nach einer – hoffentlich – deftigen Niederlage, wird die Partei eine ehrliche Bilanz ziehen können. Sie wird dann alles hinterfragen müssen, was zu dieser Verwahrlosung geführt hat. Die Änderungen müssten so gewaltig sein, dass es fast einer Neugründung gleichkäme: der Gründung einer zivilisierten, aufrichtigen, bürgernahen Partei. Wer die Vereinigten Staaten mag, kann ihnen nichts anderes wünschen. CHAD BATKA / THE NEW YORK TIMES / REDUX / LAIF D ie amerikanische Demokratie war nicht die erste, aber lange die stolzeste der Welt. Kein zweites Volk sprach so leidenschaftlich, so sendungsbewusst von seiner Staatsform. Die politische Kultur der Vereinigten Staaten wurde zum Vorbild, zum weltweiten Exportgut. Inzwischen aber machen sich US-Diplomaten lächerlich, wenn sie anderen Völkern Nachhilfeunterricht in Sachen Demokratie geben. Schuld daran sind in erster Linie die Republikaner. Deren Vorwahlkampf ist nicht nur eine Blamage für die Partei Abraham Lincolns, er ist eine Schande für das ganze Land. Vor knapp zwei Wochen veröffentlichten Unterstützer des Präsidentschaftsbewerbers Ted Cruz ein altes Foto, auf dem Melania Trump, einst Fotomodell und heute Frau des anderen Präsidentschaftsbewerbers, nackt für die Kamera posiert. Dazu der hämische Kommentar: „Ihre nächste First Lady!“ Als Rache verbreitet Donald Trump eine Fotocollage, auf der Cruz’ Frau recht hässlich und Trumps Frau ziemlich hübsch aussieht. Darüber der Spruch: „Bilder sagen mehr als tausend Worte.“ Dann erschien in einem Schmierblatt, dessen Chef eng mit Trump befreundet ist, eine Story, in der Cruz gleich fünf Affären unterstellt werden. Cruz bezeichnete Trump, dessen Leute er hinter der Geschichte vermutete, daraufhin als „Ratte“. Trump selbst, der Cruz bereits „Würger“, „Betrüger“, „Weltklasselügner“ oder „ekligen Typen“ genannt hatte, musste derweil seinen WahlKandidat Trump kampfmanager verteidigen. Der war von der Polizei wegen des Vorwurfs der Körperverletzung verhaftet worden, weil er eine Journalistin bei einer Veranstaltung gewaltsam aus dem Verkehr gezogen hatte. Für Trump ist körperliche Gewalt nichts Verwerfliches. Anhängern, die Demonstranten aus der Halle prügeln, versprach er, die Anwaltskosten zu übernehmen, sollte das Opfer klagen. Zuvor hatte Trump während einer TV-Debatte ungefragt erklärt, dass er einen großen Penis habe („Das garantiere ich!“). Oder er hatte einer TV-Journalistin vorgeworfen, ihre kritischen Fragen seien die Folge von Menstruationsproblemen. Oder er hatte höhnisch die körperliche Behinderung eines Journalisten live im Fernsehen nachgeäfft. Die politische Kultur, die sich hier offenbart, ist eine Melange aus Kindergarten, Mafiamilieu und Pornoindustrie. Sie bewegt sich zwischen „Der hat angefangen!“, Raufereien, Frauenfeindlichkeit und Schwanzvergleichen. Es ist, als würde bei einer Essensrunde, die sich lange schon auf Tischmanieren verständigt hatte, plötzlich wieder hemmungslos gerülpst und Markus Feldenkirchen Twitter: @MFeldenkirchen
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