** Heute in der WELT. EIN KUNSTMAGAZIN SAMSTAG, 27. FEBRUAR 2016 KUNDENSERVICE 0 8 0 0 / 9 3 5 8 5 3 7 ** D 2,60 EURO B Zippert zappt KOMMENTAR D THEMEN Angriff auf die Festung Trump CLEMENS WERGIN A PA/UWE GEISLER; GLEN LUCHORD FOR GUCCI; AP/MICHAEL PROBST; JAKOB HOFF ie Bundesregierung hat die Einführung von großformatigen Schockfotos auf Zigarettenschachteln beschlossen. Hersteller müssen zwei Drittel einer Packung für Bilder von verfaulten Gliedmaßen, zerfetzten Lungen, Warnhinweise und Ausrufezeichen frei halten. Die Produzenten sind angehalten, bewusstseinserweiternde Substanzen in den Tabak einzuarbeiten, damit der Raucher apokalyptische Visionen seines verfallenen Körpers und die Einfahrt in die Hölle plastisch erlebt. Das ist jedoch erst der Anfang. Ab 2017 werden auf Schnaps-, Bier- und Weinflaschen Schockfotos zu sehen sein, von Autounfällen oder Eheversprechen unter Alkoholeinfluss, aber auch von versagenden Lebern, porösen Gehirnen und tätowierten Bierbäuchen. Alles, was Zucker enthält, also vor allem Zucker, wird dann ab 2018 mit Schockfotos von Parodontitis im Endstadium, adipösen Dreijährigen und zerplatzenden Dreißigjährigen bebildert. Auch Religionen können geistigen und körperlichen Schaden anrichten, es ist allerdings eher unwahrscheinlich, dass in naher Zukunft Bibeln oder Korane mit Schockfotos und Warnhinweisen bedruckt werden. Gerüchte gab’s schon länger: Justizminister HEIKO MAAS soll sich gut mit Schauspielerin Natalia Wörner verstehen – wieder ist eine Ehe am Totalitarismus des politischen Betriebs gescheitert. Seite 6 Große Modefirmen nutzen DAS NEUE PULSIERENDE BERLIN gerne für ihre weltweiten Werbekampagnen. Die Landespolitiker aber verharren seit Jahren genüsslich in der Provinzialität. Seite 8 Auf ihm ruhen jetzt die Hoffnungen des Weltfußballs: Der Schweizer Jurist GIANNI INFANTINO, 45, ist der neue Fifa-Präsident. Er setzte sich gegen Scheich Salman (Bahrain) durch. Leitartikel Seite 3, Seite 22 Merkel verspricht: Flüchtlinge bekommen schneller Arbeit Übermäßige Bürokratie soll abgebaut werden. Aber der Mindestlohn wird nicht infrage gestellt MOTOR Braucht ein Rapper eigentlich einen Land Rover? Seite 16 LITERARISCHE WELT Die Gedanken des Peter Handke Beilage STIL Mailand will seine Stellung im Modebusiness nicht kampflos aufgeben Seite 31 KREUZFAHRTEN B undeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat der deutschen Wirtschaft Erleichterungen bei der Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt zugesagt. Merkel stellte unter anderem den Abbau übermäßiger Bürokratie, die Schaffung von Einarbeitungsmöglichkeiten und Erprobungsphasen für Flüchtlinge sowie die Verlängerung von Praktika in Aussicht. „Ich verspreche Ihnen, dass wir über die Bundesagentur für Arbeit sehr eng zusammenarbeiten“, sagte die Kanzlerin bei einem Treffen mit den vier Spitzenverbänden der Wirtschaft in München. Es seien sich aber alle einig, dass man den Mindestlohn nicht infrage stelle. Alle vier Verbände – der Arbeitgeberverband (BDA), der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), der Industrie- und Handelskammertag (DIHK) und der Handwerksverband – stellten sich im Streit über die Flüchtlingspolitik geschlossen hinter die Kanzlerin. „Sie widersetzt sich diesen populistischen Äußerungen, die in ganz Deutschland immer wieder zum Vorschein kommen, und versucht, mit vielen Einzelschritten dieses Problem in den Griff zu bekommen“, sagte Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer. Das sei der richtige Weg. „Solch eine Situation kann man nicht durch einen großen Hammerschlag lösen“, betonte der Verbandschef. DIHK-Präsident Eric Schweitzer sagte, es könne keine Ober- griechische Regierung lehnte einen Besuch von Österreichs Innenministerin Johanna Mikl-Leitner ab, nachdem diese Athen mit einem De-facto-Ausschluss aus dem Schengenraum gedroht hatte. Slowenien und Kroatien führten derweil eine Tagesobergrenze von 580 Flüchtlingen ein. EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos warnte vor einem Scheitern des bevorstehenden EU-Gipfels mit der Türkei zur Flüchtlingskrise. Ohne eine Einigung auf eine gemeinsame Vorgehensweise werde die EU auf ein „Desaster“ zusteuern. Der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer (Grüne) schlug in einem Inter- grenzen für Flüchtlinge in Deutschland geben, „weil sie nicht umsetzbar sind“. Merkel zeigte sich erfreut: „Ich möchte mich ausdrücklich bedanken für Ihre positive und konstruktive Haltung gegenüber den Menschen, die zu uns kommen als Flüchtlinge.“ Die „große Bewährungsprobe“ stehe aber noch bevor, „weil ja gerade im letzten Jahr viele gekommen sind“. Merkel verwies aber auf die große Zahl junger Flüchtlinge unter 25. „Das zeigt, welches Potenzial da ist, ihnen eine Chance zu geben.“ Im Streit über das weitere Vorgehen in der Flüchtlingskrise werden die Gräben in der Europäischen Union immer tiefer. Die Deutschland soll investieren und höhere Gehälter zahlen in der Leistungsbilanz wird nach Prognose der EU-Kommission sowohl in diesem als auch im kommenden Jahr über der Marke von acht Prozent des Bruttoinlandsproduktes verharren. Sie stuft allerdings schon Werte von dauerhaft mehr als sechs Prozent als stabilitätsgefährdend ein. Denn Ländern mit Überschüssen stehen solche mit Defiziten gegenüber, die diese mit Schulden finanzieren müssen. Etwa drei Viertel der gesamten Überschüsse der Euro-Zone gehen allein auf das Konto Deutschlands. Die EU-Kommission fordert angesichts anhaltend hoher Exportüberschüsse mehr Investitionen und steigende Löhne in Deutschland. Der Überschuss spiegele zwar die starke Wettbewerbsfähigkeit der Industrie wider. „Er ist aber auch Ausdruck der Investitionszurückhaltung.“ Spielraum für steigende staatliche Investitionen sei vorhanden, „da die Lage der öffentlichen Finanzen gesund bleibt“. Die EU-Kommission hält außerdem Lohnzuwächse für ratsam, um den Konsum anzukurbeln. Der deutsche Überschuss view der „Welt“ vor, „für jeden Flüchtling, den irgendein Land im Rahmen eines Kontingents in Europa aufnimmt, nehmen wir Deutsche noch einen auf. Damit würden wir 50 Prozent der Aufgabe tragen. Das sollten wir unseren Partnern offensiv anbieten.“ Unterdessen ist es in Kiel offenbar zu einem neuen Fall von Belästigung durch Personen mit Migrationshintergrund gekommen. Mehr als 20 Männer hätten in einem Einkaufszentrum drei Mädchen belästigt, berichtete die Polizei. Zunächst hätten zwei Asylbewerber aus Afghanistan die Teenager verfolgt und mit Handys gefilmt. Nach und nach stieg die Zahl der Männer auf 20 bis 30. Zwei Afghanen im Alter von 19 und 26 Jahren und zwei weitere Verdächtige wurden festgenommen, nachdem sie Polizisten bedroht hatten. Innenminister Stefan Studt SPD) sagte, es sei nicht hinnehmbar, an einem öffentlichen Ort belästigt zu werden. Sein Mitgefühl gelte den Mädchen. „Das ist schon wirklich ein wahnsinniger Eingriff, eine wahnsinnige Belastung für die Mädchen, eine wahnsinnige Belastung für die Familien.“ Die Polizei in Kiel habe gut und richtig reagiert. Es müsse dabei bleiben, dass die Menschen sich in diesem Land weiter im öffentlichen Raum frei verhalten und frei fühlen können. „Dafür müssen wir als Gesellschaft, dafür müssen wir als Staat, dafür muss unsere Landespolizei Sorge Seiten 4, 5 und 7 tragen.“ m Donnerstagabend ist endlich passiert, worauf moderate Konservative so lange gewartet haben: Bei der letzten TV-Debatte vor dem entscheidenden Super Tuesday hat der Frontalangriff auf die Festung Trump begonnen. Hoffnungsträger Marco Rubio und der Erzkonservative Ted Cruz haben gemeinsam getan, was die Kandidaten längst hätten tun müssen: Sie haben Donald Trumps Lügen, seine Inkonsistenz, seine Inhaltsleere und seine Hasskampagne entlarvt und ihm aggressiv zugesetzt. In seinem Schlusswort rief Rubio die Wähler dazu auf, „diesen Unsinn, diese Verrücktheit“ zu beenden und die konservative Bewegung vor Trump zu bewahren. Warum erst jetzt, fragen sich all jene, die entsetzt sind über den Aufstieg Trumps in der Partei. Schließlich haben sich die moderaten Kandidaten in den vergangenen Monaten mit Vorliebe untereinander zerfleischt. Jeb Bush gab Dutzende Millionen Dollar aus für eine Kampagne gegen Rubio; Chris Christie fiel vor drei Wochen in New Hampshire nichts Besseres ein, als seine aggressiven Energien in einem überfallartigen Angriff statt auf Trump auf Rubio zu lenken; der smarte Senator aus Florida war seinerseits damit beschäftigt, sich als Sonnyboy zu präsentieren, statt gegen Trump in den Nahkampf zu gehen. Cruz machte anfangs gar gemeinsame Sache mit Trump, um von dessen Bonus als Außenseiter zu profitieren. Nachdem Bush und Christie aus dem Rennen sind und Trump am 1. März abräumen könnte, haben sich Rubio und Cruz nun zum Kampf gegen den wahren Gegner entschieden, der die Partei zu zerstören droht. Und sie haben gezeigt, wie angreifbar Trump in Wirklichkeit ist. Der hatte mit seinem rüden Auftreten und seinen ätzenden Twitter-Kommentaren eine Aura der Unverletzlichkeit um sich verbreitet und gehörige Abschreckungsmacht entwickelt. Niemand wollte in sein Visier geraten und vorgeführt werden. Doch nun haben Cruz und Rubio keine andere Wahl, wenn sie einen Durchmarsch Trumps verhindern wollen. Mit dem Mut der Verzweiflung haben sie gezeigt, dass sie auch Alphatiere sind und die Kunst der politischen Demontage beherrschen. Ob sich beide mehr dafür verdienen als einen Tapferkeitsorden, wird man am Dienstag und am 15. März sehen, wenn in weiteren fünf Staaten gewählt wird. Trumps Anhänger haben sich bisher jedenfalls erstaunlich immun gezeigt gegen Argumente. Die Wut aufs Establishment und auf die Zustände im Land scheint zu tief zu sitzen. Rubio und Cruz haben zumindest gezeigt, dass noch Widerstandswillen in dieser Partei steckt und dass sie nicht bereit ist, sich vorschnell der feindlichen Übernahme durch Trump zu ergeben. [email protected] In einem Großsegler über den Atlantik ANZEIGE Beilage BLICK AUS BRÜSSEL DAX Sozialdemokratisierung eines Revolutionärs Im Plus Seite 19 Dax Schluss Euro EZB-Kurs Punkte US-$ 9531,38 1,0958 Dow Jones 17.40 Uhr 16.688,59 Punkte +2,14% ↗ –0,54% ↘ –0,05% ↘ Wir twittern Diskutieren live aus dem Sie mit uns Newsroom: auf Facebook: twitter.com/welt facebook.com/welt „Die Welt“ digital Lesen Sie „Die Welt“ digital auf allen Kanälen – mit der „Welt“-App auf dem Smartphone oder Tablet. Attraktive Angebote finden Sie auf welt.de/digital oder auch mit den neuesten Tablets auf welt.de/bundle Nr. 49 O FLORIAN EDER ffiziell ist Gianni Pittella derzeit in Athen, um mung geht noch weiter: François Hollande hat Tsipras über die Flüchtlingskrise zu sprechen. Der Itaoffiziell zum europäischen Sozialistengipfel am 12. März nach Paris eingeladen. Das ist, als würde Sahra liener ist eine große Nummer in der europäiWagenknecht auf dem SPD-Parteitag reden. Es ist ein schen Sozialdemokratie, als ihr Fraktionschef im Eurogefährliches Spiel: Tsipras und seine Syriza haben jepaparlament und Italiener, dem gelobten Land der lindenfalls die griechische Pasok-Sozialdemokratie aufs ken Mitte. Inoffiziell, heißt es aus der Partei, hat PittelMaß einer Kleinpartei reduziert. Tsipras’ Mehrheit im la noch ein anderes Ziel: Er will einen Revolutionär zähmen. Er wird Alexis Tsipras treffen und versuchen, mit dem radikal Parlament ist knapp, er hat bewiesen, dass ihm Macht näher ist als Linken gemeinsamen Grund zu finden über die Flüchtlingskrise hi- Ideologie. Er kann nur gewinnen, wenn er mit den Sozis schmust. naus: in der Wirtschafts- und Fiskalpolitik, die die Italiener weniger Immer samstags: Florian Eder von „Politico“ mit einem Insider-Bericht deutsch machen wollen, aber auch nicht gleich griechisch. Die Umar- aus Brüssel. DIE WELT, Axel-Springer-Straße 65, 10888 Berlin, Redaktion: Brieffach 2410 Täglich weltweit in über 130 Ländern verbreitet. Pflichtblatt an allen deutschen Wertpapierbörsen. Tel. 030/25910, Fax 030/259171606, E-Mail: [email protected]; Anzeigen: 030/585890, Fax 030/585891, E-Mail [email protected], Kundenservice: DIE WELT, Brieffach 2440, 10867 Berlin, Tel. 0800/9 35 85 37, Fax 0800/9 35 87 37, E-Mail [email protected] A 3,60 & / B 3,50 & / CH 5,20 CHF / CZ 105 CZK / CY 3,80 & / DK 28,00 DKR / E/P 3,60 & (Cont.) / I.C. 3,60 & / F 3,60 & / GB 3,30 GBP / GR 3,60 & / I 3,60 & / L 3,60 & / MLT 3,60 & / NL 3,60 & / PL 16,00 PLN + ISSN 0173-8437 49-8 OඌඍൾඋඇൺආMൾൾඋ 1lFKWHPLW)UKVWFN'LQQHU2VWHUSURJUDPPDE(85* ZKZ 7109 * Preis pro Person im Doppelzimmer, buchbar nach Verfügbarkeit Grand Resort Heiligendamm GmbH & Co. KG ∙ Prof.-Dr.-Vogel-Straße 6 ∙ 18209 Bad Doberan-Heiligendamm Telefon +49 38203 740-7676 · [email protected] ∙ Sitz der Gesellschaft: Hannover www.grandhotel-heiligendamm.de
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