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SÜDWESTRUNDFUNK
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Liebe Kolleginnen und Kollegen,
nachfolgend bieten wir Ihnen eine Meldung an.
Niels Annen (SPD), Außenpolitischer Sprecher der
Bundestagsfraktion, gab heute, 02.03.16, dem
Südwestrundfunk ein Interview zum Thema:
Nach dem „Super Tuesday“ in den USA.
Das „SWR2 Tagesgespräch“ führte Rudolf Geissler.
Mit freundlichen Grüßen
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Datum:
02.03.2016
Annen (SPD): Trump als Präsidentschaftsbewerber kaum noch zu verhindern
Baden-Baden: Der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Niels Annen, sieht
nach den Erfolgen Donald Trumps beim Super Tuesday kaum mehr Chancen des ParteiEstablishments, den Milliardär als Präsidentschaftsbewerber der Republikaner zu verhindern.
Im Südwestrundfunk (SWR) sagte Annen, Voraussetzung dafür sei, dass sich Trumps
Konkurrenten Cruz und Rubio noch auf eine gemeinsame Strategie mit dem Favoriten einigten.
Danach aber sehe es nicht aus. Die Republikanische Partei werde es ohnehin schwer haben,
der Öffentlichkeit zu erklären, wieso ein Kandidat, der so viele Vorwahlen gewonnen und auch
Demokraten angezogen habe, nicht in der Lage gewesen sei, die Partei hinter sich zu vereinen.
Sollte Trump Präsidentschaftsbewerber werden, habe auf demokratischer Seite die mögliche
Herausforderin Hillary Clinton gute Chancen, Barack Obama nachzufolgen, sagte Annen. Die
Europäer könnten sich diese Option nur wünschen, weil Clinton im Gegensatz zu Trump
berechenbarer sei. Welchen außenpolitischen Kurs der New Yorker Milliardär verfolge, wüssten
dagegen "nicht mal seine eigenen Anhänger".
Wortlaut des Live-Gesprächs:
Geissler: Trump gegen Clinton – wird es darauf hinaus laufen am Ende bei der großen
Entscheidung im Herbst? Was meinen Sie?
Annen: Man kann es ja kaum glauben, aber es läuft wohl wirklich auf eine solche Konstellation
hinaus. Es wird sich jetzt zeigen müssen, ob es sozusagen noch eine wirkliche, effektive
Gegenreaktion des Establishments der republikanischen Partei gegen die Nominierung von
Donald Trump geben könnte. Theoretisch ist das sicherlich noch möglich. Aber die
Voraussetzung dafür wäre, dass sich tief miteinander verfeindete Kandidaten wie etwa Ted
Cruz oder Marco Rubio auf eine gemeinsame Strategie verständigen, und danach sieht es nicht
aus.
Geissler: Darauf komme ich gleich noch. Das Phänomen Trump – vor einem halben Jahr
hat noch niemand ihm eine ernsthafte Chance gegeben, und nun dieser Vormarsch im
Lager der Republikaner. Sie haben ja selbst in den USA mal gelebt, studiert. Wie erklären
Sie diesen Zuspruch für einen Mann, der als Polit-Clown geführt wurde?
Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD)
Annen: Ja ich glaube, es ist eine fatale Fehleinschätzung gewesen, und das gilt wahrscheinlich
für die alten großen Granden der republikanischen Partei genauso wie für einen großen Teil
auch der amerikanischen Öffentlichkeit, der Medien und der berühmten Pandits, also der
Experten, die überall eingeladen werden, mitgehört werden, diskutieren, Strategen sind, die
dafür zum Teil auch gut bezahlt werden, sehr gut bezahlt werden. Jeder hat dieses Phänomen
Donald Trump unterschätzt, und damit vielleicht auch ein wenig unterschätzt, dass es zwar auf
der einen Seite eine wirtschaftliche Erholung gibt. Präsident Obama weist immer wieder darauf
hin, dass die Anzahl der Arbeitslosen dramatisch gesunken ist seit der großen Wirtschaftskrise
2008, wo er Präsident geworden ist. Aber man schaute nicht so genau hin. Viele dieser Jobs,
die zurückgekommen sind, sind schlechter bezahlt als vor der Krise. Es hat sich etwas
aufgestaut und insbesondere bei den konservativen weißen Wählern. Die haben den Eindruck,
das sich verändernde Amerika - die Latinos, die Schwarzen, die asiatischen Einwanderer sind
sehr sehr erfolgreich inzwischen in vielen Staaten - haben sie den Eindruck, sie werden
abgehängt, und sie scheinen sich jetzt an Donald Trump zu hängen und zu glauben, dass der,
wie er sagt, Amerika wieder groß machen könne.
Geissler: Damit haben Sie das Tableau beschrieben, dass ja in gewisser Weise auch für
Bernie Sanders bei den Demokraten gilt, der für diesen Anti-Establishment-Trend auf
seine Weise steht. Aber die Republikaner, Sie haben es angedeutet, sind ja in ihrer
Antihaltung tief gespalten, so sehr, dass jetzt ein Alternativmodell offenbar im Gespräch
ist: Die Verzweiflungsidee, beim eigentlichen Nominierungsparteitag im Sommer alle
Delegiertenstimmen sozusagen auf Null zu stellen und dann ein paar Tage lang nach
einem für alle akzeptablen Kompromisskandidaten zu suchen. Geben Sie dieser Idee eine
Chance?
Annen: Ja, ich würde sie nicht komplett ausschließen. Es ist natürlich so, dass wenn die
republikanische Partei jetzt eine Bilanz zieht, feststellen muss, dass die Partei de facto
gespalten ist, und insofern werden sicherlich die Telefondrähte glühen. Es werden die großen
einflussreichen Strippenzieher miteinander telefonieren. Sie werden sich möglicherweise in
einem letzten Versuch noch einmal zusammen raufen. Nur, es kann ja nun niemand leugnen,
dass dieser Milliardär, Herr Trump, die wichtigen Wahlen alle für sich entschieden hat. Und es
muss dann am Ende innerhalb der republikanischen Partei ja jemand auch argumentieren
können, warum ein Kandidat, der bei den Vorwahlen, an denen ja nicht nur Parteimitglieder,
sondern in vielen Staaten ja sozusagen in offenen Vorwahlen auch die Bürgerinnen und Bürger
teilnehmen können, es nicht geschafft hat, eine Mehrheit zu organisieren. Das wird sehr sehr
schwierig, aber ist eine sehr spannende Phase.
Geissler: Die Nominierung ist ohnehin das eine, die Wahl selbst dann was ganz anderes.
Was das Parteiestablishment an Trump ja so stört, ist ja offenbar weniger seine
aggressive Rhetorik an sich als vielmehr, dass diese Aggressivität am Ende die breite
Masse abstößt und der Sieg verloren geht. Sehen Sie das auch so, bei einem Duell
Trump – Clinton würde Clinton sicher gewinnen?
Annen: Also sicher ist gar nichts, das haben diese Vorwahlen gezeigt. Aber ich glaube, wenn
Hillary Clinton keine Fehler macht, dann wird sie diese Wahl gewinnen können. Zumindest
wenn sie in der Lage ist, auch etwas von dem aufzugreifen, was Bernie Sanders in die Debatte
eingebracht hat. Und ich glaube auch, man darf Bernie Sanders nicht mit Donald Trump
vergleichen. Er hat natürlich schon eine andere Botschaft. Er ist ein seriöser Politiker. Und er
hat es auch zur Überraschung des dortigen demokratischen Establishments geschafft, vor
allem die Verteilungsfrage zu thematisieren. Das heißt, er weist auf denselben Missstand hin,
dass es in diesem Land eben eine zunehmende Ungerechtigkeit gibt, dass viele der Jobs
schlecht bezahlt werden. Und wenn Hillary Clinton in der Lage ist, einen Teil dieser Botschaft
glaubwürdig aufzugreifen…
Geissler: …wenn sie nicht durch die Email-Affäre möglicherweise noch gestürzt werden
kann, also den Vorwurf, dienstliche mails privat sozusagen unter Verschluss gebracht zu
haben. Hat möglicherweise diese Geschichte noch ein Potential, die ganzen
Konstellationen durcheinander zu bringen?
Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD)
Annen: Ja nun, ich glaube das eigentlich nicht. Aber die amerikanische Justiz funktioniert
anders als in Deutschland. Also wenn es dort einen Staatsanwalt gibt, der glaubt, dass er mit
einer möglichen Anklage selber Karriere machen kann, kann man nichts hundertprozentig
ausschließen. Aber alle Vorwürfe haben sich letztlich als nicht justiziabel erwiesen und
deswegen scheint mir das nicht besonders wahrscheinlich zu sein. Aber dieser Wahlkampf ist
durch viele Überraschungen geprägt. Und wir können, glaube ich, als Europäer nur hoffen,
ohne dass ich hier jetzt wirklich Partei ergreifen will, dass Hillary Clinton diese Wahl für sich
entscheidet. Sie wird für uns sicherlich eine berechenbarere Politikerin. Und welchen Kurs
Donald Trump als Präsident einschlagen würde, das wissen ja nicht mal seine eigenen
Anhänger.
- Ende Wortlaut -
Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD)