LÄNDERBERICHT Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. USA DR. LARS HÄNSEL ELMAR SULK Juni 2016 www.kas.de/usa Unbeliebte Spitzenkandidaten Trump und Clinton stehen vor der Nominierung DER BALD BEGINNENDE HAUPTWAHLKAMPF IN DEN USA IST GEPRÄGT VON HO HEN NEGATIVWERTEN DER KAND IDATEN Mit inhaltlichen Vorbehalten und gerin- noch viel Bewegung geben, sind sich Mei- gem Enthusiasmus für ihre Kandidaten nungsforscher einig. Zwei Beispiele: Es gibt haben Republikaner und Demokraten den erste Anzeichen, dass sich die Dynamik auf Vorwahlkampf am letzten "SuperTuesday" dem Arbeitsmarkt verlangsamt, was der am 7. Juni 2016 weitestgehend abge- Partei Obamas angelastet werden würde. schlossen. Allein in Washington DC wird Nach einer neuesten Umfrage von Pew Re- noch am 14. Juni 2016 gewählt. search ist die Bevölkerung auch verunsichert über Amerikas Rolle in der Welt und Die Parteien bereiten sich nun auf die Par- hegt Zweifel an der Strategie Obamas, was teitage im Juli vor. Dort werden dann sehr sich auch negativ auf Clintons Chancen wahrscheinlich Donald Trump und Hillary auswirken könnte. Andererseits erfreut sich Clinton nominiert. In den nächsten Wo- Präsident Obama erstaunlich hoher und chen werden beide nun ihre Kandidaten wachsender Zustimmungsraten in Umfragen für das Amt des Vizepräsidenten benen- (in den vergangenen Wochen über 50 Pro- nen, Themen und Schlagworte für den zent). Demnächst dürfte er öffentlich seine Hauptwahlkampf setzen und die gegensei- Unterstützung für Hillary Clinton ankündi- tige Auseinandersetzung verschärfen. Hil- gen. Er wird damit zu einem nicht zu unter- lary Clinton muss sich noch mit einem in- schätzenden Faktor für den Erfolg Clintons. ternen Rivalen auseinandersetzen. Er muss auch mit dafür sorgen, dass Clinton die Wähler für sich erreichen kann, die da- Zunehmend richtet sich der Blick jedoch mals Obama gewählt haben. Gerade bei auf den Hauptwahlkampf. Hier ist eine jungen Wählern hat Hillary Clinton eine Frage, welche Auswirkungen die hohen deutliche Schwachstelle. Negativwerte beider Kandidaten auf den Wahlkampf haben werden. Einheit der Partei Die Zweifel an einer grundsätzlichen Eig- Zwar sind die Schwierigkeiten deutlich zu nung Donald Trumps für das Präsidenten- spüren, die manche Republikaner mit ihrem amt sind bisher nicht verstummt. Doch geht Kandidaten haben, aber die Partei beginnt man auch in diesem recht außergewöhnli- ihre Einheit wieder herzustellen – und zwar chen Jahr – noch nie hatten zwei Kandida- bereits einige Wochen vor den Demokraten. ten so hohe Negativwerte wie Trump und Clinton – von einer Wahl aus, die am Ende Trotz der Vorbehalte und teilweise lauten knapper ausgehen dürfte als die augenblick- Kritik gegen Donald Trump haben sich in- lichen Stimmungen erscheinen lassen. Zwar zwischen praktisch alle aktiven republikani- sehen in den entscheidenden swing states schen Spitzenpolitiker (mit Ausnahme von die meisten Umfragen Clinton vor Trump, Sen. Mark Kirk R-Ill) hinter ihn gestellt. Zu- aber in den nächsten fünf Monaten kann es letzt ist es Trump gelungen, auch die Unter- 2 Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. stützung von Paul Ryan, dem Sprecher des Nächste Schritte für Trump Repräsentantenhauses, zu erlangen. Vorher USA hatten sich bereits Senatsführer Mitch Trump hat bereits die notwendigen 1237 DR. LARS HÄNSEL McConnell und andere wichtige Senatoren Stimmen für die Nominierung im ersten ELMAR SULK wie John McCain und Marco Rubio oder Par- Wahlgang auf dem Parteikongress von 18.- teifunktionäre wie der Vorsitzende des Re- 21. Juli 2016 in Cleveland. Er hat inzwi- publican National Committee (RNC) Reince schen keine innerparteilichen Herausforde- Juni 2016 www.kas.de/usa Priebus auf die Seite Trumps gestellt – in rer mehr. Es wird erwartet, dass er sich nun einer Mischung aus Kalkül und Überzeu- auf folgende Dinge konzentriert: gung. Sie haben entweder selbst ihre Wiederwahl im Blick oder wollen die Partei vor 1. Wahlkampffinanzierung: Trump braucht einer Zerreißprobe bewahren. nun – anders als er bisher behauptet hatte – finanzielle Unterstützung für den Wahl- Die Zustimmung zu Trump hatte sich zuletzt kampf. Trump und das Republican National jedoch wieder deutlich abgekühlt, nachdem Committee (RNC) haben vor einigen Wo- er einen Richter aufgrund seiner mexikani- chen Übereinkunft erzielt, wie die mindes- schen Wurzeln als befangen bezeichnet und tens eine Milliarde Dollar aufgebracht wer- damit selbst für Paul Ryan die Grenze zum den sollen, die der Wahlkampf nach Schät- Rassismus überschritten hatte. Erstmals zungen kosten wird. Einige Großspender verhält sich Trump – der sonst keinen sind (noch) zurückhaltend, ob sie Trump Schritt zurückgegangen war – sehr viel vor- unterstützen oder sich vor allem auf die sichtiger, nachdem er Gegendruck aus der Kongresswahlen konzentrieren. Partei spürte. 2. Weitere Einigung der Partei / Kandidat Paul Ryan als Mehrheitsführer im Repräsen- Vizepräsident: Nach Meinung der Beobach- tantenhaus steht vor einem Dilemma. Er hat ter verdeckt die teilweise zähneknirschende vor allem zwei Interessen: 1. Die republika- Zustimmung zum Kandidaten die Uneinig- nische Mehrheit im Repräsentantenhaus keit an der Basis nur zum Teil. Eventuell nach der Wahl nicht zu gefährden und 2., kann hier Trump mit einer allseits geachte- seine konservative Agenda durchzusetzen. ten Persönlichkeit für das Amt des Vizeprä- Identifiziert er sich zu stark mit Trump, sidenten (wie z. B. dem Vorsitzenden des kann dies die Wiederwahl vieler Republika- Auswärtigen Ausschusses im Senat Bob ner in umstrittenen Wahlkreisen komplizie- Corker) punkten und die Situation etwas ren. Gleichzeitig weiß er, dass ein Präsident beruhigen. Trump für die Umsetzung seiner Agenda besser wäre als eine Präsidentin Clinton. 3. Inklusive Botschaft: Seine parteiinterne Insofern muss er Trump unterstützen, aber Kritiker erwarten von Trump, dass er die gleichzeitig das Risiko minimieren, welches Angriffe auf Minderheiten und die Ausgren- Trump für die Republikanischen Abgeordne- zung ganzer Gruppen in seinen tweets und ten im Repräsentantenhaus darstellt. Reden bald einstellt und stattdessen auf eine inklusive, zukunftsweisende Botschaft Gerüchte um einen republikanischen, unab- setzt. Sie verweisen dabei auf den „Ur- hängigen dritten Kandidaten sind inzwi- Vater“ der konservativen Bewegung, Ronald schen wieder verstummt. Der konservative Reagan, der stets als optimistisch und in- Fernsehmoderator Glenn Beck hatte ver- klusiv wahrgenommen wurde, und so seine sucht, noch einmal Mitt Romney ins Spiel zu Negativwerte in positive Zustimmung weit bringen. Das Zeitfenster für einen unabhän- über Parteigrenzen hinaus umwandeln gigen Kandidaten wird jetzt sehr knapp. Ei- konnte. Ob Trump dazu in der Lage oder ne Kandidatur gilt schon aufgrund der for- willens ist, daran gibt es jedoch nach wie malen Hürden als unwahrscheinlich. vor erhebliche Zweifel. Die bisherigen Botschaften Trumps wiesen ihn nicht als extremen Vertreter des rechten ideologischen Flügels der Republikaner aus - 3 Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. ganz im Gegenteil: Viele seiner Positionen rung, kostenloser Bildung bis zur Universi- gelten vielen Republikanern zu wenig kon- tät, oder aber auch seiner israelkritischen USA servativ. Trump war zudem für lange Zeit bzw. pro-palästinensischen Äußerungen DR. LARS HÄNSEL kein Republikaner. Andererseits vertrat er umzugehen haben. Schon jetzt hat Sanders ELMAR SULK bisher Positionen, welche selbst für konser- großen Einfluss auf den Parteikongress und vative Republikaner als extrem angesehen die dort aufzustellende Parteiplattform. Juni 2016 wurden, etwa in Immigrationsfragen. www.kas.de/usa Sein Fokus ist weniger eine ideologische härter als erwartet und auch sie steht vor Reinheit (oder überhaupt Konsistenz) der der Aufgabe, die Partei zu einigen. Sie kann Botschaft. Vielmehr versteht er es gut die- dies nur dadurch, dass sie die deutlich links jenigen anzusprechen, welche sich von der von der Mitte angesiedelten Botschaften Der Vorwahlkampf war für Hillary Clinton etablierten Politik nicht angesprochen fühlen Bernie Sanders so in eine Plattform einbin- und das Vertrauen in Institutionen verloren det, die auch von moderaten Demokraten haben. und Unabhängigen akzeptiert werden kann. Letztlich braucht sie jedoch die Unterstüt- Generell stellt sich die Frage, ob Trump den zung der (vor allem jungen) Wähler von Erfolg, den er fraglos in der Zeit der Vor- Bernie Sanders. wahlen hatte, auch im Hauptwahlkampf weiter führen kann. Er kann nur erfolgreich Sie hat darüber hinaus vor allem mit einem sein, wenn er seine Wählerbasis erweitert. schlechten Image und einigen Skandalen der Vergangenheit zu kämpfen, allen voran Hillary Clintons Herausforderung mit der Einrichtung eines privaten Servers für dienstliche Kommunikation während ih- Hillary Clinton hat etwas anders gelagerte rer Zeit als Außenministerin. Herausforderungen. Zunächst muss sie sich noch – anders als Donald Trump – mit ih- Weitere Kandidaten rem innerparteilichen Herausforderer Bernie Sanders auseinandersetzen. Inzwischen gibt es eine Reihe weiterer Präsidentschaftskandidaten. Die liberale Partei Sie hat zwar nach den Vorwahlen in Kalifor- (LP) hat am 29. Mai 2016 den früheren nien nun praktisch genug Delegiertenstim- Gouverneur von New Mexico, Gary Johnson men, um als Kandidatin der Demokraten nominiert, die Grüne Partei Jill Stein (wie gewählt zu werden. Erstmals in der Ge- bereits 2012). Darüber hinaus haben sich schichte hat damit eine Frau Aussicht auf eine Reihe weiterer, meist unabhängiger das höchste Amt. Ein Teil der Delegierten- Personen als Präsidentschaftskandidaten stimmen sind jedoch noch nicht festgelegt registrieren lassen. („unpledged delegates“). Ihre Zustimmung wurde zwar in Umfragen erhoben, de jure Allen werden jedoch sehr geringe Chancen wählen sie aber erst auf dem Parteikon- ausgerechnet. Allenfalls Johnson könnte es gress. Bernie Sanders versucht nun, diese wohl überhaupt schaffen, in Umfragen in die Delegierten noch für sich umzustimmen. Nähe von 15 Prozent kommen. Mit 15 Pro- Dies gilt nach allgemeiner Auffassung prak- zent Zustimmung hätte er Zugang zu den tisch als aussichtslos, aber theoretisch nicht TV-Debatten. Dies wäre eine wichtige Vo- als unmöglich. raussetzung, um überhaupt bekannt zu In den kommenden Tagen wird deutlicher stützung zu haben. werden und eine Chance auf breitere Unterwerden, ob Sanders sich weiterhin kämpferisch gibt oder sich nun doch hinter Clinton Hohe Negativwerte mit Auswirkungen auf stellt (oder einen dritten Weg geht). Ver- den Wahlkampf bunden damit wäre die Frage, wie weit Clinton auf Sanders zugehen möchte. Zum Bei- Mit dem Ende der Vorwahlphase richtet sich spiel wird sie mit Sanders' Forderungen wie das Augenmerk nun auf die Parteikongresse denen nach noch breiterer Krankenversiche- 4 Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. und darüber hinaus schon deutlich auf den Wähler für Trump mobilisieren und die Hauptwahlkampf. schlechten Werte ihres eigenen Kandidaten neutralisieren soll. Umgekehrt dürften die USA DR. LARS HÄNSEL Beide Kandidaten haben im Moment hohe Demokraten Wahlkampf auch mit der für ELMAR SULK negative Zustimmungsraten: beide liegen in viele abschreckenden Vorstellung eines Prä- nationalen Umfragen bei ca. 60 Prozent Ab- sidenten Donald Trump machen. Juni 2016 www.kas.de/usa lehnung. Clinton hat mit knapp über 40 Prozent etwas mehr Zustimmung als Trump, Besonders beliebt ist bisher keiner der bei- der meist knapp unter 40 Prozent liegt. den Kandidaten. So wird es für einige Wähler vor allem darum gehen, das geringere Eine spannende Frage ist deshalb im Hauptwahlkampf, wie sich die hohen Negativwerte der beiden Kandidaten bei der Entscheidung der Wähler auswirken wird. Wie viele Wähler werden zähneknirschend den eigenen Kandidaten/Kandidatin unterstützen? Wie viele werden aus Protest den anderen Parteikandidaten wählen? Wie viele werden gar nicht wählen? Wie werden sich die Unabhängigen entscheiden – zwischen einer Repräsentantin des ungeliebten politischen Establishments und einem als unberechenbar geltenden Geschäftsmann? Wie kann man die Wähler angesichts dieser Situation mobilisieren? Dies ist bisher kaum absehbar, und es gibt auch keinen historischen Vergleich. Hillary Clinton hat bei einer Rede in der vergangenen Woche und bei ihrer Siegesrede nach den Vorwahlen am vergangenen Dienstag einige persönliche Angriffe auf Trump darauf getestet, wie sie bei den Wählern verfangen. Sie versucht damit ihre Anhänger zu mobilisieren und gleichzeitig von ihren Schwächen abzulenken. Umgekehrt wird Trump nicht müde, Hillary Clintons Charakter in Frage zu stellen. Da beide davon überzeugt sind, dass diese Strategie bei den Wählern verfangen kann, dürften die scharfen persönlichen Angriffe auch den Hauptwahlkampf andauern und inhaltliche Themen eher überdecken. Dazu kommt, dass im Hauptwahlkampf die Skandale beider Kandidaten in der Auseinandersetzung noch stärker vom jeweiligen Gegner benutzt werden dürften. Auch das ist wenig geeignet, die Beliebtheitswerte anzuheben. Die Republikaner setzen so zu einem Teil auf ein Drehbuch, wonach vor allem die Vorstellung einer Präsidentin Clinton die Übel zu wählen.
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