Und jetzt noch Präsident Trump?

Helaba Volkswirtschaft/Research
USA AKTUELL
13. Juli 2016
Und jetzt noch Präsident Trump?
AUTOR
Patrick Franke
Telefon: 0 69/91 32-47 38
[email protected]
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REDAKTION
Dr. Stefan Mitropoulos

HERAUSGEBER
Dr. Gertrud R. Traud
Chefvolkswirt/
Leitung Research
Helaba
Landesbank
Hessen-Thüringen
MAIN TOWER
Neue Mainzer Str. 52-58
60311 Frankfurt am Main
Telefon: 0 69/91 32-20 24
Telefax: 0 69/91 32-22 44
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
Eine mögliche Präsidentschaft Donald Trumps bedeutet nennenswerte Risiken für die globale Wirtschaft und die Finanzmärkte.
Im Vordergrund steht hierbei insbesondere die Handelspolitik, wo eine Konfrontation mit
China sehr wahrscheinlich wäre.
In Steuer- und Haushaltsfragen hängt viel von den Mehrheitsverhältnissen im Kongress ab.
Trumps Pläne würden wohl zu merklich höheren Defiziten und Schulden führen.
Neben der Handels- birgt auch die Einwanderungspolitik das Potenzial für eine nachhaltige
Eintrübung der Beziehungen zwischen den USA und Mexiko.
Hillary Clinton hat zwar oft nicht unbedingt die marktfreundlicheren Ansätze im Petto, wäre
aber berechenbarer und daher wohl aus Sicht der Finanzmärkte das „kleinere Übel“.
Nach dem „Brexit“-Votum der Briten hat die politische Unsicherheit global zugenommen – auch in
den USA. Dort rückt zusätzlich der Ausgang der Wahlen am 8. November immer mehr in den Fokus. In unserer letzten Publikation zu diesem Thema sind wir auf die Chancen der beiden führen1
den Kandidaten, Hillary Clinton und Donald Trump, eingegangen. Wir haben dort auch die wahrscheinlichste Mehrheitenkonstellation im nächsten Kongress beschrieben. Hier beleuchten wir nun
die bisher vorgestellten wirtschaftspolitischen Ideen der beiden Kandidaten näher.
Das Damoklesschwert einer Anklage durch das Justizministerium wegen Clintons Verwendung
eines privaten Email-Servers während ihrer Amtszeit als Außenministerin ist inzwischen verschwunden. Sie liegt zwar in Umfragen nach wie vor deutlich vorn. Allerdings sind landesweite
Ergebnisse stets nur eingeschränkt aussagekräftig, da es bei der Präsidentschaftswahl nicht nur
auf die Gesamtzahl der Stimmen, sondern auch auf den Staat ankommt, in dem sie abgegeben
wurden. Auch bei den Wettquoten führt die Demokratin klar. Der überraschende Ausgang des
Referendums in Großbritannien hat aber gezeigt, dass die angeblich bestens informierten Wetter
daneben liegen können. Wir rechnen weiter mit einer Wahrscheinlichkeit von rund zwei Dritteln
damit, dass Clinton im November siegt, aber da aus Sicht der Märkte ein Wahlsieg von Donald
Trump ein erhebliches Unsicherheitspotenzial birgt, gehen wir im Folgenden ausführlich auf seine
bisher geäußerten Absichten ein und beginnen die Abschnitte jeweils mit seiner Position.
Die Publikation ist mit größter
Sorgfalt bearbeitet worden.
Sie enthält jedoch lediglich
unverbindliche Analysen und
Prognosen zu den gegenwärtigen und zukünftigen
Marktverhältnissen. Die Angaben beruhen auf Quellen,
die wir für zuverlässig halten,
für deren Richtigkeit, Vollständigkeit oder Aktualität wir
aber keine Gewähr übernehmen können. Sämtliche in
dieser Publikation getroffenen Angaben dienen der Information. Sie dürfen nicht
als Angebot oder Empfehlung für Anlageentscheidungen verstanden werden.
Juni 2016: Schock aus Großbritannien
US-Index für Unsicherheit über die Wirtschaftspolitik und langfristiger Durchschnitt, Monatswerte
300
300
250
250
200
200
150
150
100
100
50
50
0
1985
0
1987
1989
1991
1993
1995
1997
1999
2001
2003
2005
2007
2009
2011
2013
2015
Quellen: policyuncertainty.com, Helaba Volkswirtschaft/Research
1
USA Aktuell „Wer die Wahl hat…“ vom 20. Mai 2016.
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1
USA AKTUELL
Chinesische „Manipulation“: Zuletzt Richtungswechsel
China: Kann das mit rechten Dingen zugehen?
Billionen USD
Anteile Chinas (%) und Veränderung über 30 Jahre
Yuan pro Dollar
4,5
4,0
4,0
3,5
5,0
3,0
5,5
2,5
6,0
2,0
6,5
1,5
1,0
Devisenreserven
China (LS)
7,0
Yuan/Dollar
(RS, invertiert)
7,5
0,5
0,0
2000
25
1985 2015
4,5
steigende Reserven = China "schwächt den Yuan"
20
25
+1850 %
20
+400 %
15
15
10
+330 %
5
10
5
8,0
8,5
2002
2004
2006
2008
2010
2012
2014
2016
Quellen: Macrobond, Helaba Volkswirtschaft/Research
0
0
Welt-Output (PPP)
US-Importe
US-Exporte
Quellen: Macrobond, Helaba Volkswirtschaft/Research
Handelspolitik: Auf Kollisionskurs
Donald Trump hat angekündigt, China unmittelbar nach einem Amtsantritt als „Währungsmanipulierer“ zu kategorisieren, was der US-Regierung die Möglichkeit gibt, Straffzölle gegen chinesische
Importe zu verhängen. Auch einige seiner anderen Positionen zum Handel mit China machen eine
Konfrontation mit der Regierung in Peking sehr wahrscheinlich, zum Teil wären sie nicht mit den
Verpflichtungen der USA in der Welthandelsorganisation WTO vereinbar. Gegenmaßnahmen
Chinas wären wohl unvermeidlich. Ein echter „Handelskrieg“ zwischen den USA und China erscheint daher für 2017 ein plausibles Szenario. Selbst wenn ein solcher „worst-case“ vermieden
werden kann, würden Zollschranken die amerikanischen Verbraucher durch höhere Preise belasten, während positive Effekte auf Produktion und Beschäftigung in den USA wohl ausbleiben werden. Stattdessen würden Unternehmen ihre Produktion voraussichtlich in Drittstaaten verlagern.
Zwar hat Clinton sich zuletzt ebenfalls tendenziell kritisch zur chinesischen Handelspolitik geäußert, dies sind aber möglicherweise größtenteils Lippenbekenntnisse, die dem aktuellen politischen
Klima Rechnung tragen. Eine völlig neue Ausrichtung der Beziehungen zu China wäre unter ihr
nicht zu erwarten.
Trump hat auch seine Absicht bekräftigt, die Nordamerikanische Freihandelszone NAFTA mit
Kanada und Mexiko „neu zu verhandeln“ – was immer das konkret heißen würde. Unter einer
Präsidentin Clinton hingegen würde sich hier wohl am Status Quo nicht viel ändern.
Trübe Aussichten für den
Freihandel
Ein Wahlsieg Trumps würde zudem die Zukunft des Anfang 2016 unterzeichneten, aber noch nicht
2
ratifizierten Transpazifischen Freihandelsabkommens (TPP) in Frage stellen. Clinton hatte dieses
Abkommen vor einiger Zeit als „Goldstandard“ unter den Handelsabkommen bezeichnet. Zuletzt ist
sie aber von ihrem früheren Kurs abgewichen und bewegte sich unter dem Eindruck der Kritik von
links (Bernie Sanders) in Richtung einer protektionistischeren Haltung. Nun sind Umwelt- und Sozialauflagen in den Vordergrund gerückt. Inwieweit dies nur Wahlkampfkalkül ist, bleibt offen. Im
Kongress fehlt derzeit jedenfalls Enthusiasmus für neue Handelsabkommen. Fortschritte in dieser
Richtung sind daher grundsätzlich mit einem großen Fragezeichen versehen. TPP hat allerdings
immer noch bessere Chancen als neue globale Initiativen im Rahmen der WTO oder ein Durchbruch bei den transatlantischen Handelsgesprächen. Für das Freihandelsabkommen mit der EU
(TTIP) scheint unser Pessimismus hinsichtlich der Chancen eines erfolgreichen Abschlusses be3
rechtigt gewesen zu sein. Die Perspektiven für Freihandel zwischen der EU und den USA sind auf
absehbare Zeit trüb, selbst wenn Clinton gewinnt. Europäische TTIP-Gegner sollten auf einen
Wahlsieg Trumps hoffen – unter ihm wären die Chancen des Abkommens wohl gleich Null.
2
Unterzeichnerstaaten sind neben den USA und Kanada, Australien, Brunei, Chile, Japan, Malaysia, Mexiko,
Neuseeland, Peru, Singapur und Vietnam.
3
Siehe unsere Publikation „TTIP: Sieg der Agitation über die Vernunft?“ vom 13. Januar 2015.
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2
USA AKTUELL
Strukturelles Haushaltsdefizit, steigende Schulden
Trumps Plan: Ein $12-Billionen-Loch in der Kasse
% am BIP
Kumulierte Abweichung vom Basisszenario über zehn Jahre, Billionen USD
% am BIP
12
90
4
80
2
70
0
0
60
-2
-2
50
-4
-4
40
-6
-6
30
-8
-8
0
20
-10
-10
-2
10
-12
-12
-4
0
-14
Staatsschulden*
(Bund, RS)
10
8
6
Haushaltsdefizit (Bund, LS)
4
2
1966
1976
1986
1996
2006
2016
2026
Basisprojektion des CBO. * „debt held by the public“
Quellen: CBO, Helaba Volkswirtschaft/Research
4
Trump
Clinton
2
-14
Einnahmen
Primärausgaben
Zinsen
Haushaltssaldo
Quellen: CRFB, Helaba Volkswirtschaft/Research
Schulden: Bisher kein großes Thema im Wahlkampf
Maßnahmen zur Senkung des Haushaltsdefizits oder zum Schuldenabbau stehen bei keinem der
beiden Kandidaten im Vordergrund, obwohl die Projektionen des überparteilichen Congressional
Budget Office (CBO) zeigen, dass sich u.a. aus demografischen Gründen für die kommenden zehn
Jahre ein steigendes strukturelles Defizit auf der Bundesebene abzeichnet. Dem müsste durch
Ausgabenkürzungen oder höhere Steuern (oder eine Kombination aus beidem) entgegengewirkt
werden. Stattdessen fokussiert Trump auf eine umfangreiche Steuersenkung, die angeblich nicht
mit höheren Defiziten verbunden sein soll. Neutrale Beobachter gehen allerdings davon aus, dass
die hierfür erforderlichen Annahmen wirklichkeitsfremd sind und Trumps Ideen unter realistischeren Bedingungen zu massiven Defiziten und einem kräftigen Anstieg der Schulden führen würden.
Öffentliche Äußerungen seinerseits könnten so interpretiert werden, dass er sich keine Sorgen
über die Staatsschulden macht, weil man ja a) die Dollar selber drucken könne und b) er im Fall
einer drückenden Schuldenlast den Eignern der Treasury-Anleihen mit einem Default drohen würde, wenn sie nicht einen „haircut“ akzeptieren würden. Dies war hoffentlich ein Fall, wo er erst
geredet und dann gedacht hat.
Die Demokratin hält sich zum Thema „Fiskalpolitik“ weitgehend bedeckt. Ihre Webpage hat unter
„Issues“ einen eigenen Abschnitt zum Thema „Autismus“, aber keinen zur Staatsschuld oder zum
Defizit. Tendenziell tritt sie aber auf vielen Gebieten für höhere Ausgaben ein – ohne die Kosten
irgendwo einmal explizit aufzusummieren. Angesichts der zu erwartenden Mehrheitsverhältnisse
im Kongress ist fragwürdig, ob sich dort für ihren Vorschlag nennenswert höherer staatlicher Infrastrukturinvestitionen eine Mehrheit finden würde. Auf der Einnahmen- oder Steuerseite spricht
Clinton vor allem von mehr Gerechtigkeit (=höhere Steuern für Reiche) ohne dies konkret zu beschreiben. Das populäre „Schließen von Steuerschlupflöchern“ soll wohl eine zentrale Rolle spielen.
Unternehmenssteuerreform steht auf der Agenda
Ihre Ausgabenideen will Clinton neben der Emission von Infrastrukturanleihen (=Schulden) vor
allem durch zusätzliche Einnahmen im Rahmen einer Unternehmenssteuerreform finanzieren.
Trump und Clinton würden wohl beide einen Versuch unternehmen, die US-Unternehmenssteuer
zu reformieren, die sich derzeit durch extreme Komplexität, im internationalen Vergleich hohe
nominale Steuersätze, aber zahlreiche Abzugsmöglichkeiten und Anreize auszeichnet, Gewinne
im Ausland zu „parken“. Eine Reform könnte auch dazu dienen, die Unternehmen ihre im Ausland
„gelagerten“ Gewinne in die USA repatriieren zu lassen. Eine (möglicherweise aufkommensneutrale) Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung wäre sicher erstrebenswert, steht aber schon
seit langem auf der „to-do-Liste“ der US-Politik.
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3
USA AKTUELL
Mindestlohn: Inflationsbereinigt aktuell überdurchschnittlich
Gesetzlicher Mindestlohn, $/Stunde ((Bundesebene, Quartalswerte)
9
9
8
8
7
7
6
6
5
5
in Preisen von 2009
4
4
3
3
nominal
2
2
1
0
1947
1
0
1957
1967
1977
1987
1997
2007
Quellen: Macrobond, Helaba Volkswirtschaft/Research
Sozialpolitik: Klare Fronten
Der Themenkomplex Sozial- und Gesundheitspolitik ist schwierig zusammenzufassen, da viele
Einzelmaßnahmen diskutiert werden, die sich nicht ohne weiteres in ein übergeordnetes Konzept
einbetten lassen. Pauschal lässt sich klar sagen, dass Trump hier ein repräsentativer Vertreter der
Republikaner und deutlich weniger ambitioniert ist als die Demokratin Clinton. Trumps klarste Aussage betrifft die Gesundheitsreform von Barack Obama, die er rückgängig machen will. Zum Mindestlohn hat der Republikaner seine Meinung geändert – früher lehnte er eine Erhöhung ab, nun
scheint er dafür zu sein. Clinton setzt sich für einen Mindestlohn auf Bundesebene von $12/Stunde
ein (aktuell $7,25). Allerdings ist dies nur für Bürger in denjenigen Einzelstaaten relevant, die einen
Mindestlohn haben, der unter dem des Bundes liegt. Kalifornien hat z.B. bereits einen Anstieg auf
$15/Stunde bis zum Jahr 2022 beschlossen.
Clinton mit langer Liste
Was die großen Kostenblöcke, staatliches Rentensystem („Social Security“) und Gesundheitswesen für Rentner („Medicare“), angeht, lässt Clinton es bei vagen Absichtserklärungen bewenden,
diese Systeme zu „schützen“. Längere Lebensarbeitszeiten lehnt sie ab. Um die langfristige finanzielle Tragfähigkeit zu sichern, greift sie auf die klassische Lösung der Demokraten zurück: höhere
Sozialbeiträge für die Reichen. Im Gegensatz zu Trump hat Clinton zudem ein ganzes Paket an
weitergehenden sozialpolitischen Maßnahmen im Gepäck. Sie tritt für die Einführung einer bezahlten Elternzeit ein, befürwortet eine Stärkung der Gewerkschaften und plant steuerliche Subventionen für College-Gebühren und andere Ausbildungskosten. Insgesamt würde sie wohl versuchen,
das US-Wirtschafts- und Sozialsystem etwas „europäischer“ zu gestalten.
Einwanderung: Gegen die Mauer
Donald Trump hat viel Aufmerksamkeit erregt mit seiner Idee, eine Mauer an der Grenze zwischen
den USA und Mexiko zu bauen und – mit Maßnahmen zweifelhafter Legalität und potenziell katastrophalen diplomatischen Wirkungen – den südlichen Nachbarn zu zwingen, die Baukosten zu
tragen. Ähnlich unrealistisch ist die Idee, kurzfristig die geschätzten elf Millionen illegal in den USA
lebenden Mexikaner und anderen Lateinamerikaner zu deportieren. Abgesehen von praktischen
Fragen (Wie genau werden diese ausfindig gemacht? Wo kommen die dafür erforderlichen zahllosen zusätzlichen Beamten her?) könnte dies massiv negative Effekte auf einige Branchen oder
Regionen haben, in denen die illegal Eingereisten konzentriert sind. Wahrscheinlich hat Trump
aber mit seinen Äußerungen zu diesem Thema sichergestellt, dass er aus dem Wählerblock der
Latinos nur minimale Unterstützung erhalten wird, was sich im November als entscheidendes
Handicap herausstellen könnte.
Hillary Clinton spricht sich für eine Reform der Einwanderungspolitik aus, die auch für die „Illegalen“ eine Perspektive hinsichtlich des Erwerbs der US-Staatsbürgerschaft vorsieht. Ob dies aber in
einem zukünftigen Kongress mehrheitsfähiger sein wird als im aktuellen ist äußerst fraglich.
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USA AKTUELL
(Über)Regulierung noch immer Problem Nr. 1 für kleine und mittlere Unternehmen
NFIB-Umfrage: Größtes Problem (% der Befragten)
35
35
30
30
Absatzprobleme
25
25
20
20
15
15
10
10
Regulierung/Bürokratie
5
0
2000
5
0
2002
2004
2006
2008
2010
2012
2014
NFIB: National Federation of Independent Businesses Quellen: Macrobond, Helaba Volkswirtschaft/Research
Fazit: Präsident Trump = weniger „red tape“
Ende des Regulierungstrends?
Wäre eine Präsidentschaft Trumps also unter irgendeinem wirtschaftspolitischen Aspekt wünschenswert? Man muss relativ lange nachdenken – aber vielleicht wegen der dann wahrscheinlichen Wende beim Trend zur Überregulierung. Seit der Krise von 2008/2009 hat die US-Regierung
(wie andere auch) auf die Diagnose einer vormals zu geringen Regulierungsdichte mit einer über
das Ziel weit hinausschießenden Therapie einer massiv ausgeweiteten Bürokratie („red tape“)
4
reagiert. So ist der Anteil der Beschäftigten, die für die Ausübung ihres Berufs im „Land of the
Free“ eine staatliche Genehmigung/Lizenz brauchen, inzwischen auf ein Allzeithoch von rund
jedem Dritten gestiegen. In den 1950er Jahren lag dieser Anteil noch bei 5 %. Die Vielzahl der
Regulierungsbehörden, die Unübersichtlichkeit der gesetzlichen Bestimmungen und die Komplexität der Regulierung sind mittlerweile zu einer spürbaren Wachstumsbremse geworden. Nur ein
Beispiel: Das Finanzmarktregulierungsgesetz „Dodd-Frank“ ist 848 Seiten lang und verweist trotzdem an zahllosen Stellen auf eine zukünftige Konkretisierung durch die Behörden. Bei der Umsetzung der „Volcker-Rule“ zum Eigenhandel der Banken besteht diese Konkretisierung aus einem
Formular mit 383 Fragen mit 1.420 Unterfragen. Eine Studie der staatlichen Small Business Administration kam bereits 2010 auf direkte jährliche Kosten der Regulierung für kleine Unternehmen
von über $10.000 pro Beschäftigtem. Seitdem sind die Statutenbücher weiter gewachsen.
Diesem Weg würde ein Präsident Trump wohl nicht weiter folgen, während Clinton beim Thema
Regulierung eher der „mehr ist besser“-Schule anzugehören scheint. Von diesem einen Aspekt
abgesehen, wäre Hillary Clinton aber wohl aus Sicht der Finanzmärkte „die bessere Wahl“ als
45. Präsident(in) der USA. 
4
Siehe z.B. The Economist: „Over-regulated America“ vom 16. Februar 2012 oder “The Criminalisation of
American business” vom 30. August 2014.
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