Kosten im Gerichtsstandsbestimmungsverfahren

Prozesspraxis
KOSTENRECHT
Kosten im Gerichtsstandsbestimmungsverfahren
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Wird ein Antrag auf Zuständigkeitsbestimmung zurückgenommen, ist
auch dann keine – nachträgliche – Kostenentscheidung veranlasst, wenn
der Kostenantrag erst nach Rechtshängigkeit des Hauptsacheverfahrens
gestellt wird und die Antragsgegner dort durch dieselben Rechtsanwälte
vertreten sind (OLG München 20.3.14, 34 AR 256/13, Abruf-Nr. 141195).
Entscheidungsgründe/Praxishinweis
Das zuständige Gericht wird nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO auf Antrag des künftigen Klägers durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt,
wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen
Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist. In der Praxis wird die zweite Alternative, dass ein ausschließlicher oder besonderer Gerichtsstand für alle zu
verklagenden Personen besteht, nicht immer hinreichend beachtet. Das
kann dann – durch das Gericht hierauf hingewiesen – zur Rücknahme des
Bestimmungsantrags führen.
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Abruf-Nr. 141195
Rücknahme des
Bestimmungsantrags
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Das wirft die Frage auf, ob auf Antrag der künftigen Beklagten eine Kostenentscheidung entsprechend § 269 Abs. 3 ZPO ergehen muss. Eine solche
kommt bei Ablehnung der Gerichtsstandsbestimmung oder Rücknahme des
Bestimmungsantrags zunächst nicht in Betracht, wenn ein Hauptsacheverfahren bereits anhängig ist und die Gegenseite durch dieselben Rechtsanwälte vertreten wird (OLG Frankfurt 29.3.11, 11 AR 23/10, Abruf-Nr. 141189; Zöller/Herget, ZPO, 30. Aufl., § 91 Rn. 13 Stichwort: Bestimmung des zuständigen
Gerichts).
Im Übrigen ist die Frage umstritten (Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Aufl., § 37
Rn. 3a; auch Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO, 35. Aufl., § 37 Rn. 5):
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Abruf-Nr. 141189
Meinungsstreit
PDF erstellt für Gast am 22.04.2016
„„ Das OLG München hält in der geschilderten Konstellation an der Ansicht
fest, dass die Kostenentscheidung unterbleiben muss. Es begründet dies
mit der zum 1.8.13 in Kraft getretene Regelung in § 16 Abs. 1 Nr. 3a RVG,
wonach auch ohne Bestimmungsentscheidung endende Verfahren nach
§ 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO zu derselben Angelegenheit gehören und keinen
Gebührentatbestand auslösen. Zwar ist die Kostengrundentscheidung
regelmäßig unabhängig davon zu treffen, ob im Einzelfall Kosten anfallen
oder nicht. Stehe jedoch fest, dass – § 16 Abs. 1 Nr. 3a RVG – keinerlei Kosten geltend gemacht werden können, fehlt das Rechtsschutzbedürfnis für
eine ins Leere laufende Entscheidung.
„„ Der BGH hat in dieser Weise nicht differenziert. Wird der Antrag auf
Bestimmung des zuständigen Gerichts zurückgenommen oder abgelehnt,
ist nach seiner Ansicht auf Antrag über die Kosten des Gerichtsstandsbestimmungsverfahrens entsprechend § 269 Abs. 3 ZPO bzw. § 91 ZPO zu
entscheiden. Für ihn war unerheblich, ob Kosten oder Gebühren angefallen sind (BGH NJW-RR 87, 757).
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Beweisrecht
Allerdings ist dem OLG München zuzugestehen, dass der BGH dabei die Neufassung des § 16 Abs. 1 Nr. 3a RVG noch nicht berücksichtigen konnte, wonach
keine Gebühren entstehen können, wenn es zu einem Hauptsacheverfahren
mit den identischen Bevollmächtigten kommt. Da auch keine Gerichtsgebühren entstehen, ist tatsächlich eine Kostenentscheidung überflüssig.
Kostenentscheidung
überflüssig
MERKE | Die ältere Rechtsprechung des BGH dürfte vor dem Hintergrund der
Neuregelung in § 16 Abs. 1 Nr. 3a RVG überholt sein. Eine Kostenentscheidung um
ihrer selbst Willen liegt auch nicht im Interesse der Parteien und der Bevollmächtigten.
Anders verhält es sich aber, wenn es – aus welchen Gründen auch immer –
nachfolgend zu keinem Hauptsacheverfahren kommt. Für diesen Fall müssen
die Bevollmächtigten eine Kostengrundentscheidung herbeiführen. Dies sollte
nach § 269 Abs. 3 ZPO möglich sein, wenn der Antrag zurückgenommen und
dann nicht in angemessener Zeit ein Hauptsacheverfahren anhängig gemacht
wird. Sollten mehr als drei Monate vergangen sein, dürften deshalb dem
Antrag keine Hindernisse entgegenstehen. Es liegt dann auch eine abweichende Konstellation zu dem vom OLG München entschiedenen Fall vor.
Hier ist eine
Kostengrundentscheidung
erforderlich
MERKE | Bei einer isolierten Beauftragung mit dem Gerichtsstandsbestimmungsverfahren ohne anschließendes Hauptsacheverfahren erhält der Rechtsanwalt die 0,8-Verfahrensgebühr für eine Einzeltätigkeit nach Nr. 3403 VV RVG.
Umstritten ist dabei, ob der Wert der Hauptsache maßgeblich ist (OLG Dresden
AGS 06, 272) oder nur ein Bruchteil der Hauptsache, wobei das BayObLG einen
Bruchteil von 25 Prozent für angemessen hielt (IBR 02, 584), das OLG Karlsruhe
einen solchen von 20 Prozent (AGS 08, 223) und das OLG Koblenz einen von 10
Prozent (NJW 06, 3723).
ARZTHAFTUNGSPROZESS
Überzeugungsbildung im Arzthaftungsprozess
PDF erstellt für Gast am 22.04.2016
1. Das Gericht darf seine Überzeugungsbildung gemäß § 286 ZPO auf die
Angaben des Arztes über eine erfolgte Risikoaufklärung stützen, wenn
seine Darstellung in sich schlüssig und „einiger“ Beweis für ein Aufklärungsgespräch erbracht ist. Dies gilt auch, wenn der Arzt erklärt, ihm
sei das strittige Aufklärungsgespräch nicht im Gedächtnis geblieben.
2.Das unterzeichnete Einwilligungsformular ist – sowohl in positiver als auch
in negativer Hinsicht – ein Indiz für den Inhalt des Aufklärungsgesprächs.
(BGH 28.1.14, VI ZR 143/13, Abruf-Nr. 140750)
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Abruf-Nr. 140750
Sachverhalt
Der Kläger begehrt Schadenersatz für schwere gesundheitliche Beeinträchtigungen nach einer Herzoperation mit tiefhypothermem Kreislaufstillstand
in der Klinik der Beklagten zu 1). An der Operation hatten der Beklagte zu 3)
als Operateur und der Beklagte zu 4) als Anästhesist mitgewirkt. Der Beklagte zu 2) ist der chirurgische Chefarzt der Klinik.
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