terminsgebühr bei Auftreten eines Assessors in „Untervollmacht“ im

Kostenrecht
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TERMINSGEBÜHR
Terminsgebühr bei Auftreten eines Assessors in
„Untervollmacht“ im gerichtlichen Termin
Ein Rechtsassessor kann in einem gerichtlichen Termin gemäß §§ 79 Abs. 2
S. 2 Nr. 2 ZPO, 10 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 FamFG nur auftreten, wenn dies „nicht
im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht“. Sein Auftreten
in einem gerichtlichen Termin enthält daher stets die konkludente Erklärung, unentgeltlich tätig zu sein und keine Vergütung in Anspruch zu nehmen. Dies gilt auch, wenn er in sog. „Untervollmacht“ für den beigeordneten Rechtsanwalt auftritt, für den mithin allein aufgrund des Auftretens
des Rechtsassessors kein Anspruch auf eine Terminsgebühr einschließlich etwaiger Fahrtkosten, Abwesenheits- oder Tagegelder anfällt (OLG
Celle 28.8.14, 10 WF 144/14, Abruf-Nr. 144768).
Sachverhalt
Die Antragstellerin stellte bei der Rechtsantragstelle des AG – Familiengericht – einen Antrag auf einstweilige Anordnung nach § 1 GewSchG gegen die
Antragsgegnerin, die das AG erließ. Für die Antragsgegnerin bestellte sich
eine Rechtsanwältin und beantragte die Neubescheidung aufgrund mündlicher Verhandlung und – bewilligte – Verfahrenskostenbeihilfe unter ihrer
Beiordnung. Im dann anberaumten Anhörungstermin erschien für die
Bevollmächtigte eine Rechtsassessorin in Untervollmacht, der gerichtsbekanntermaßen aufgrund erheblicher Straftaten die Zulassung zur Anwaltschaft entzogen worden war. Die Parteien haben sich im Termin „verglichen“,
sodass die Einigung durch Beschluss für verbindlich erklärt, der Verfahrenswert auf 1.000 EUR und für den Vergleich auf 500 EUR festgesetzt wurde.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde mit der eine Erhöhung des
Gegenstands­wertes auf 3.000 EUR begehrt wird.
Entscheidungsgründe/Praxishinweis
Das OLG hat die Beschwerde mangels Erreichens des Beschwerdewertes für
unzulässig erachtet, da sie weder gemäß § 59 Abs. 2 FamGKG vom AG zugelassen worden ist, noch gemäß § 59 Abs. 1 FamGKG der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 EUR übersteigt. In diesem Zusammenhang gewann die
Frage entscheidende Bedeutung, ob der Bevollmächtigten die Terminsgebühr zustand oder nicht.
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Abruf-Nr. 144768
Assessorin erschien
im Termin zur
mündlichen
Verhandlung
Ist dadurch die
Terminsgebühr
entstanden?
PDF erstellt für Gast am 22.04.2016
MERKE | Der Wert bestimmt sich – wie bei § 567 Abs. 2 ZPO – nicht nach der
Differenz der Gegenstandswerte, sondern der Differenz der sich daraus ergebenden Gebühren des Rechtsanwalts. Auch in PKH-Verfahren ist dabei auf die Wahlanwaltsgebühren abzustellen.
Für die Bevollmächtigte fiel in jedem Fall die 1,3 Verfahrensgebühr gemäß
Nr. 3100 VV RVG an. Diskussionswürdig war die Frage, ob eine Termins- oder
Einigungsgebühr geltend gemacht werden kann. Nach Ansicht des OLG
konnte die Vertretung durch die Rechtsassessorin die weiteren Gebühren
nicht auslösen.
OLG Celle: Nein!
07-2015PROZESSRECHT
AKTIV
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Kostenrecht
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MERKE | Grundsätzlich muss der Rechtsanwalt die Vertretung persönlich über­
nehmen, § 1 Abs. 1 S. 1 RVG. Allerdings kann er nach § 5 RVG vertreten werden,
ohne seinen Gebührenanspruch zu verlieren: Die Vergütung für eine Tätigkeit, die
der Rechtsanwalt nicht persönlich vornimmt, wird nach dem RVG bemessen,
wenn der Rechtsanwalt durch
„„ einen (anderen) Rechtsanwalt,
„„ den allgemeinen Vertreter,
„„ einen Assessor bei einem Rechtsanwalt oder
„„ einen zur Ausbildung zugewiesenen Referendar vertreten wird.
Grundsätze der
Vertretung
Nach dieser Norm konnte die Assessorin die Rechtsanwältin vertreten. Zu
sehen war allerdings, dass der Assessorin nach § 10 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 FamFG
die Postulationsfähigkeit vor dem erkennenden Gericht fehlte, wenn diese
entgeltlich für die Bevollmächtigte tätig wurde. Nichts anderes gilt in den
zivilprozessualen Verfahren nach § 79 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Das wirft die Frage
auf, ob die Frage der Postulationsfähigkeit die gebührenrechtliche Behand­
lung überlagert.
Da § 10 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 FamFG wie § 79 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 ZPO die unentgeltliche
Vertretung voraussetzen, müsse – so das OLG – dem Auftreten der Rechts­
assessorin zwingend die konkludente Erklärung entnommen werden, inso­
fern unentgeltlich aufzutreten und keine Vergütung in Anspruch zu nehmen.
Da die Bevollmächtigte den Termin auch nicht selbst wahrgenommen und
am Termin nicht teilgenommen habe, könne sie die Gebühren auch nicht auf
diese Weise verdient haben.
PDF erstellt für Gast am 22.04.2016
Diese Argumentation überzeugt allerdings nicht: Die Frage, ob die Assesso­
rin von der Bevollmächtigten eine irgendwie geartete Vergütung beanspru­
chen kann, ist von der Frage zu trennen, ob die Bevollmächtigte von ihrer
eigenen Mandantin eine solche Gebühr beanspruchen kann. Dies war nach
§ 5 RVG der Fall, weil die Bevollmächtigte durch eine Assessorin vertreten
wurde. Das Ergebnis des Gebührenanfalls ist auch nicht unbillig, weil die
Bevollmächtigte ungeachtet des Umstands, dass sie sich – zulässig – von der
Assessorin vertreten ließ, die Haftung für deren Handlungen übernehmen
musste und auch die Verantwortung für die Terminsvorbereitung trug. Die
prozessualen Normen über die Postulationsfähigkeit können deshalb die
Regelung über die Vergütung für Tätigkeiten von Vertretern des Rechtsan­
walts nach § 5 RVG nicht verdrängen.
MERKE | Richtiger Weise hätte das Gericht der Assessorin im Rahmen der von
Amts wegen vorzunehmenden Zulässigkeitsprüfung eine – ggf. qualifizierte –
Erklärung abverlangen müssen, ob diese tatsächlich unentgeltlich tätig wird. Auf
der Grundlage der Antwort wäre über die Postulationsfähigkeit zu befinden
gewesen. Demgegenüber drängt sich der Verdacht auf, dass das Gericht die
Zweifel an der Unentgeltlichkeit von deren Tätigkeit und damit der Postulations­
fähigkeit in das Kostenrecht trägt und zugleich seiner Missbilligung Ausdruck
verleiht, dass eine Assessorin, der die Anwaltszulassung wegen erheblicher
Straftaten entzogen wurde, nun eine zugelassene Rechtsanwältin vertritt. Es
obliegt aber dem Gesetzgeber und nicht dem Kostenrecht, solche Möglichkeiten
zu begrenzen.
07-2015PROZESSRECHT
AKTIV
Argumente des OLG
überzeugen nicht
So hätte sich das
Gericht verhalten
müssen
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