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Nr. 6/2015 (Redaktionsschluss Ende Mai 2015)
Aktuelle Steuer-Nachrichten
1. Aus Gesetzgebung und Verwaltung: Zeitpunkt des
Versorgungsbeginns
Mit Schreiben vom 10.04.2015 nimmt das BMF zum
Zeitpunkt des Versorgungsbeginns für die Berechnung der
Freibeträge für Versorgungsbezüge (§ 19 Abs. 2 Satz 3
EStG) Stellung. Das Jahr des Versorgungsbeginns ist
danach grundsätzlich das Jahr, indem der Anspruch auf
die Versorgungsbezüge (§ 19 Abs. 2 Satz 2 EStG) entstanden ist. Bei Bezügen wegen Erreichens einer Altersgrenze i.S. des § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EStG ist das Jahr
des Versorgungsbeginns das Jahr, in dem erstmals zum
einen der Anspruch auf die Bezüge besteht und zum
anderen das 60. bzw. 63. Lebensjahr vollendet ist. Der
Versorgungsbeginn tritt dagegen nicht ein, solange der
Arbeitnehmer von einer bloßen Option, Versorgungsleistungen für einen Zeitraum ab dem Erreichen der maßgeblichen Altersgrenze zu beanspruchen, tatsächlich keinen
Gebrauch macht, z.B. weil er die Leistungen erst ab einem
späteren Zeitpunkt in Anspruch nehmen will.
Anmerkung: Das neue BMF-Schreiben ändert das BMFSchreiben vom 19.08.2013 (BStBl. 2013 I S. 1087), das
bereits durch das BMF-Schreiben vom 10.01.2014 (BStBl.
2014 I S. 70) geändert wurde. (BMF, Schreiben vom
10.04.2015, BStBl. 2015 I S. 256)
2. Allgemeine Steuerzahlungstermine im Juli und
August 2015
Das erste Datum gibt den gesetzlichen Fälligkeitstermin an,
das zweite Datum das Ende der Zahlungs-Schonfrist: LSt,
Kirchen-LSt, SolZ-LSt, USt: 10.07./13.07.; LSt, Kirchen-LSt,
SolZ-LSt, USt: 10.08./13.08.; GewSt, GrundSt: 17.08./20.08.
Hinweis: Schonfristen gelten nicht für Bar- und Scheckzahler.
3. Abgabenordnung: Bindungswirkung eines materiellrechtlich fehlerhaften, bestandskräftigen Bescheids
über die Feststellung vortragsfähiger Gewerbeverluste für die Folgejahre
Die Klägerin, eine AG, entstand im Juni 2002 durch
Formwechsel aus einer GmbH & Co. KG. Die Prüferin
ermittelte für das Jahr 2002 einen vortragsfähigen
Gewerbeverlust von rd. € 940.000. Dieser Verlust wurde
Anfang 2004 im Gewerbesteuermessbescheid 2002 und im
Bescheid über die gesonderte Feststellung des
vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2002
festgestellt. Beide Bescheide wurden bestandskräftig. 2010
fand eine Außenprüfung für die Jahre 2004 bis 2007 statt.
Dabei wurde festgestellt, dass die Verluste aus der KG
mangels Unternehmeridentität nicht bei der Klägerin zu
berücksichtigen sind. Das Finanzamt war der Ansicht, der
bestandskräftige Verlustfeststellungsbescheid 2002 sei
falsch und änderte die darauf basierenden Bescheide. Es
änderte u.a. den Bescheid über den vortragsfähigen
Gewerbeverlust auf den 31.12.2004 und stellte fest, dass
ein Gewerbeverlust nicht mehr bestehe. Das Thüringer
Finanzgericht sieht dies anders. Seiner Ansicht nach ist
das Finanzamt nach § 182 Abs. 1 Satz 1 AO bei den
Folgebescheiden an die bestandskräftige Feststellung
2002 gebunden. Eine Änderung des Bescheids 2004 nach
§ 35b Abs. 2 GewStG lehnt das Finanzgericht ebenfalls ab,
da sich nicht die Besteuerungsgrundlagen desselben
Erhebungszeitraums geändert hätten, sondern nur deren
rechtliche Würdigung. (Thüringer Finanzgericht, Urteil vom
14.05.2014 - 3 K 868/11, rkr.; DStR 2015, Heft 20, S. X)
4. Bilanzierung: Übertragung der Instandhaltungspflicht vom Verpächter auf den Pächter
Wird die gemäß §§ 581, 535 BGB dem Verpächter
obliegende Instandhaltungspflicht der Pachtsache vertraglich auf den Pächter übertragen, wird nach dem BFH-Urteil
vom 12.02.2015 der Pachtzins wirtschaftlich nur für die
Gebrauchsüberlassung der Pachtsache, nicht aber auch
für ihre Instandhaltung gezahlt. Der Verpächter erspart sich
durch die Übertragung der Instandhaltungspflicht auf den
Pächter eigene Aufwendungen. Ein Instandhaltungsanspruch des Verpächters ist nicht zu aktivieren, auch dann
nicht, wenn sich der Pächter mit der übernommenen Verpflichtung zur Durchführung von Instandhaltungsmaßnahmen im Rückstand befindet. Eine Aktivierungspflicht ergibt
sich auch nicht, wenn im Fall einer Betriebsaufspaltung die
Betriebsgesellschaft für ihre Verpflichtung zur Durchführung fälliger Instandhaltungsmaßnahmen eine Rückstellung gebildet hat. Denn es besteht im Fall einer
Betriebsaufspaltung keine allgemeine Pflicht zur korrespondierenden Bilanzierung. (BFH, Urteil vom 12.02.2015
IV R 63/11; NWB 2015, Heft 21, S. 1522)
IMPRESSUM
Herausgeber:
Roever Broenner Susat Mazars GmbH & Co. KG
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Steuerberatungsgesellschaft
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Verantwortliche Redaktion:
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5. Einkommensteuer: Abzugsfähigkeit von Versorgungsleistungen, die als Gegenleistung zu einer
Übertragung von Vermögen im Wege einer
vorweggenommenen Erbfolge gezahlt werden,
Ausschluss für Gebietsfremde
Artikel 63 AEUV ist dahin auszulegen, dass er einer
Regelung eines Mitgliedsstaats entgegensteht, die es
einem gebietsfremden Steuerpflichtigen, der in diesem
Mitgliedstaat gewerbliche Einkünfte aus Anteilen an einer
Gesellschaft erzielt hat, die ihm von einem Elternteil im
Wege einer vorweggenommenen Erbfolge übertragen
wurden, verwehrt, von diesen Einkünften die Versorgungsleistungen abzuziehen, die er an diesen Elternteil als
Gegenleistung für diese Übertragung gezahlt hat, während
sie einem gebietsansässigen Steuerpflichtigen diesen
Abzug gestattet. (Urteil; EuGH 24.02.2015, RS C-559/13;
SIS Steuerberater-Brief 2015, Heft 4, S. III)
6. Einkommensteuer: Zurechnung eines von einem
Arbeitgeber geleasten Pkw beim Arbeitnehmer
Die Klägerin erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger
Arbeit als Bürgermeisterin. In ihrer Einkommensteuererklärung machte sie u.a. die tatsächlichen Kosten für
berufliche Fahrten als Werbungskosten geltend und legte
ein Fahrtenbuch vor. Als Nachweis für die angefallenen
Kosten reichte die Klägerin Belege über gezahlte Leasingraten, Kfz-Steuern, Versicherungen und Betriebskosten für
ein Leasingfahrzeug ein. Den Leasingvertrag über das
Fahrzeug hatte die Gemeinde mit dem Automobilhersteller
zu Sonderkonditionen für die öffentliche Hand (sog. Behördenleasing) abgeschlossen. Im Rahmen einer LohnsteuerAußenprüfung bei der Gemeinde gelangte der Prüfer zu
der Auffassung, der Klägerin sei steuerpflichtiger Arbeitslohn in Form eines geldwerten Vorteils aus der Rabattgewährung von dritter Seite gewährt worden. Dem widersprach der BFH. Die private Nutzung eines Pkw im
Rahmen eines sog. Behördenleasings führe dann nicht zu
einem nach § 8 Abs. 2 Satz 2 bis 5 i.V.m. § 6 Nr. 4 Satz 2
EStG zu bewertenden geldwerten Vorteil, wenn das Fahrzeug nicht dem Arbeitgeber, sondern dem Arbeitnehmer
zuzurechnen ist. Dies sei insbesondere dann der Fall,
wenn der Arbeitnehmer über das Fahrzeug wie ein
wirtschaftlicher Eigentümer oder als Leasingnehmer
verfügen könne. (BFH, Urteil vom 18.12.2014 - VI R 75/13;
DStR 2015, 941)
7. Einkommensteuer: Privates Veräußerungsgeschäft,
Verkauf unter aufschiebender Bedingung innerhalb
der Veräußerungsfrist, Eintritt der Bedingung nach
Ablauf der Frist
1. Eine Veräußerung i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG
liegt vor, wenn die rechtsgeschäftlichen Erklärungen
beider Vertragspartner innerhalb der Veräußerungsfrist
bindend abgegeben worden sind.
2. Ein nach § 158 Abs. 1 BGB aufschiebend bedingtes
Rechtsgeschäft ist für die Parteien bindend. Der außerhalb der Veräußerungsfrist liegende Zeitpunkt des
Eintritts der aufschiebenden Bedingung ist insoweit für
die Besteuerung nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG
unerheblich. (BFH, Urteil vom 10.02.2015, IX R 23/13;
SIS Steuerberater-Brief 2015, Heft 5, S. I)
8. Gewerbesteuer: Volle „Schachtelprivilegierung“ im
gewerbesteuerrechtlichen
Organkreis
infolge
sogenannter Bruttomethode
1. An der in ständiger Spruchpraxis des BFH sowie in
ständiger Verwaltungspraxis vertretenen sog. gebrochenen oder eingeschränkten Einheitstheorie ist bei der
Ermittlung des Gewerbeertrags im gewerbesteuerrechtlichen Organkreis festzuhalten.
2. Die im gewerbesteuerrechtlichen Organkreis für die
Ermittlung der Gewerbeerträge der Organgesellschaft
und des Organträgers nach § 7 Satz 1 (i.V.m. § 2
Abs. 2 Satz 2) GewStG 2002 maßgebenden Vorschriften des Körperschaftsteuergesetzes zur Ermittlung des Gewinns aus Gewerbebetrieb umfassen auch
die in § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 und 2 (i.V.m. § 8b Abs. 1
bis 6) KStG 2002 (i.d.F. des SEStEG) angeordnete sog.
Bruttomethode (Übereinstimmung mit BMF-Schreiben
vom 26.08.2003, BStBl. I 2003, 437, dort Rz. 28 ff.).
3. Deswegen ist - zum einen - bei der Organgesellschaft
ein von dieser vereinnahmter Gewinn aus Anteilen an
einer ausländischen Kapitalgesellschaft bei der
Berechnung des Kürzungsbetrags im Rahmen des sog.
gewerbesteuerrechtlichen Schachtelprivilegs nach § 9
Nr. 7 Satz 1 GewStG 2002 nicht nach § 9 Nr. 7 Satz 3
i.V.m. § 9 Nr. 2a Satz 4 GewStG 2002 (i.d.F. des JStG
2007) um fiktive nichtabziehbare Betriebsausgaben
nach § 8b Abs. 5 KStG 2002 (der sog. Schachtelstrafe)
zu vermindern, und beim Organträger ist der Gewinn
aus den Kapitalanteilen - zum anderen - infolge des der
Organgesellschaft gewährten sog. Schachtelprivilegs in
dem ihm (nach § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG 2002)
zugerechneten Gewerbeertrag nicht i.S. von § 15 Satz 1
Nr. 2 Satz 2 KStG 2002 (i.d.F. des SEStEG) enthalten,
weshalb auch bei ihm keine Hinzurechnung von fiktiven
nichtabziehbaren Betriebsausgaben nach § 8b Abs. 5
KStG 2002 vorzunehmen ist; eine sich daraus ggf.
ergebende „Hinzurechnungslücke“ lässt sich weder
durch Auslegung oder Analogie noch durch eine
spezifisch organschaftliche Korrektur über § 2 Abs. 2
GewStG 2002 schließen. (BFH, 17.12.2014 - I R 39/14;
StB 2015, Heft 4, S. 94)
9. Körperschaftsteuer: Rückzahlung von Stammkapital
bei Kapitalherabsetzung
Eine Rückzahlung des Nennkapitals i.S. von § 28 Abs. 2
Satz 2 KStG 2002 n.F. (nach einer Nennkapitalherabsetzung) ermöglicht einen Direktzugriff auf das steuerliche
Einlagekonto. Um als Rückzahlung des Nennkapitals behandelt zu werden, muss feststehen, dass die entsprechende Leistung der Kapitalgesellschaft darauf
gerichtet ist, den Herabsetzungsbetrag auszuzahlen. Das
ist anhand des Herabsetzungsbeschlusses und unter Würdigung der weiteren tatsächlichen Umstände festzustellen.
(BFH, Urteil vom 21.10.2014 - I R 31/13; Steuer-Telex
2015, Heft 9, S. 135)
10. Körperschaftsteuer: Zufluss bei einem beherrschenden Gesellschafter
1. Ausschüttungen an den beherrschenden Gesellschafter
einer zahlungsfähigen GmbH fließen diesem in der
Regel auch dann zum Zeitpunkt der Beschlussfassung
über die Gewinnverwendung i.S. des § 11 Abs. 1
Satz 1 EStG zu, wenn die Gesellschafterversammlung
eine spätere Fälligkeit des Auszahlungsanspruchs
beschlossen hat (Bestätigung der Rechtsprechung).
2. Die Zahlungsfähigkeit der GmbH ist auch dann
gegeben, wenn diese zwar mangels eigener Liquidität
die von ihr zu erbringende Ausschüttung nicht leisten
kann, sie sich als beherrschende Gesellschafterin einer
Tochter-GmbH mit hoher Liquidität indes jederzeit bei
dieser bedienen kann, um sich selbst die für ihre
Ausschüttung erforderlichen Geldmittel zu verschaffen.
(BFH, Urteil vom 02.12.2014 - VIII R 2/12; Steuer-Telex
2015, Heft 5, S. 133)
Bei Sammlung dieser Rundschreiben sind durch das am Jahresende erscheinende Stichwortverzeichnis unsere Informationen leicht auswertbar