Bräutigam/Spengel: Halbzeitbilanz der aktuellen Legislaturperiode

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02.10.2015
28.03.2014
Bräutigam/Spengel: Halbzeitbilanz der aktuellen Legislaturperiode in Bezug
auf die Steuerpolitik in Deutschland
In einer aktuellen Studie von Bräutigam und Spengel vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim beobachten die Autoren eine zunehmende Verschlechterung der steuerlichen Rahmenbedingungen in Deutschland.
In ihrer Analyse der deutschen Steuerpolitik seit der letzten Bundestagswahl stellen sie fest, dass im Gegensatz zu anderen EU-Mitgliedstaaten die effektive
Steuerbelastung in Deutschland stetig zunehme. So belege Deutschland bei der
steuerlichen Belastung der Unternehmen und der Anteilseigner (Gesamtbelastung) unter den 28 EU-Mitgliedstaaten den fünftletzten Platz.
Insbesondere die Tarifbelastung für Kapitalgesellschaften steige – im Vergleich
zu anderen EU-Mitgliedstaaten – kontinuierlich an. So habe sich in Finnland und
Portugal im Untersuchungszeitraum von 2013 bis 2015 die Unternehmensbesteuerung um 16,46 % bzw. um 13,07 % verringert. In Litauen und Zypern liege
die effektive Gesamtbelastung (Unternehmens- und Anteilseignerebene) lediglich
bei 9,65 % bzw. bei 8,09 %. Auch wird kritisiert, dass Deutschland im Vergleich
zu anderen wirtschaftlich starken EU-Mitgliedstaaten weiter an Boden verliere.
Der Abstand bei der alleinigen Betrachtung der Unternehmensebene vergrößere
sich zu wichtigen Wettbewerbsländern wie bspw. Großbritannien.
In der Studie von Bräutigam und Spengel wird bemängelt, dass es an einem proaktiven Herangehen des Gesetzgebers an die Steuergesetzgebung fehle. Größtenteils seien Gesetzesinitiativen dem Umstand geschuldet, dass das Bundesverfassungsgericht ein Gesetz oder Teile eines Gesetzes für verfassungswidrig erklärt und den Gesetzgeber aufgefordert habe, die Verfassungswidrigkeit zu beseitigen. Aktuell sei dies insbesondere im Erbschaftsteuerrecht und im Grunderwerbsteuerrecht offensichtlich. Anhand zahlreicher Beispiele aus dem aktuellen
Gesetzentwurf zum Erbschaftsteuerrecht zeigt die Studie zudem auf, dass künftige Regelungen noch komplizierter werden. Auch bei der geplanten Einführung
der Steuerpflicht von Veräußerungsgewinnen aus Streubesitz sei eine weitere
Komplizierung des deutschen Steuersystems zu erwarten.
Zusammenfassend stellen die Autoren der deutschen Steuerpolitik zur Halbzeit
der aktuellen Legislaturperiode ein überwiegend kritisches Zeugnis aus.
BFH: Antrag auf Regelbesteuerung der Kapitaleinkünfte aus einer Kapitalgesellschaftsbeteiligung spätestens zusammen mit der Einkommensteuererklärung zu stellen
Mit Urteil vom 28.07.2015 (VIII R 50/14), zu dem auch eine Pressemitteilung ergangen ist, hat der VIII. Senat des BFH klargestellt, dass der Antrag auf Regelbesteuerung für eine Ausschüttung aus einer Kapitalgesellschaft spätestens zusammen mit der Einkommensteuererklärung zu stellen ist.
Die Klägerin war an einer GmbH beteiligt. Aus der Beteiligung erzielte sie Einkünfte aus Kapitalvermögen in Form von verdeckten Gewinnausschüttungen.
Diese unterlagen gemäß § 32d Abs. 1 EStG der Abgeltungsteuer in Höhe von
25 %. In der von einem Steuerberater erstellten Steuererklärung, in der die verdeckten Gewinnausschüttungen enthalten waren, stellte die Klägerin keinen AnSeite 1 von 5
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trag nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 S. 1 Buchst. a EStG auf Nichtanwendung des Abgeltungsteuerrechts für diese Kapitalerträge. Lediglich ein Antrag auf Günstigerprüfung nach § 32d Abs. 6 EStG war in der Steuererklärung enthalten. Erst nach
Abgabe der Steuererklärung – aber noch vor Abschluss der Veranlagung – stellte
die Klägerin den Antrag auf Anwendung der Regelbesteuerung. Gegen die Ablehnung dieses Antrags blieben sowohl das Einspruchsverfahren als auch das
Finanzgerichtsverfahren erfolglos.
Der BFH sah den Antrag ebenfalls als verspätet an und wies daher die Revision
als unbegründet zurück. Aus der Regelung des § 32d Abs. 2 Nr. 3 S. 4 EStG ergebe sich, dass das Antragsrecht bis zur Abgabe der Einkommensteuer (maßgeblich sei der Posteingangsstempel des Finanzamtes auf der in Papierform abgegebenen Einkommensteuererklärung) befristet sei. Diese Frist wurde im Urteilsfall nicht eingehalten.
Auch der Antrag auf Günstigerprüfung könne nicht als Antrag auf Anwendung der
Regelbesteuerung ausgelegt werden. Von einer entsprechenden konkludenten
Antragstellung sei jedenfalls bei einer von einem fachkundigen Steuerberater erstellten Steuererklärung nicht auszugehen.
BFH: Verhältnis von Einkommen- und Körperschaftsteuer zur Schenkungsteuer
Der BFH hat im Beschluss vom 02.09.2015 (II B 146/14, NV), in welchem die Beschwerde des Beklagten wegen Nichtzulassung der Revision zurückgewiesen
wurde, die bislang ergangene Rechtsprechung zum Verhältnis einer vGA zur
Schenkungsteuer bestätigt. So habe der BFH mit Urteil vom 30.01.2013 (II R
6/12) bereits entschieden, dass es im Verhältnis einer Kapitalgesellschaft zu ihren Gesellschaftern oder zu den Gesellschaftern einer an ihr beteiligten Kapitalgesellschaft neben betrieblich veranlassten Rechtsbeziehungen lediglich offene
und verdeckte Gewinnausschüttungen sowie Kapitalrückzahlungen gebe, jedoch
keine freigebigen Zuwendungen. Auch der Umstand, dass im Gleichlautenden
Erlass der obersten Finanzbehörden der Länder vom 05.06.2013 (BStBl. I 2013,
S. 1465) angeordnet werde, dieses BFH-Urteil insoweit nicht über den entschiedenen Einzelfall anzuwenden, rechtfertige nicht eine Revision zuzulassen, zumal
es die Finanzverwaltung unterlassen habe, ihre Rechtsauffassung zu begründen.
Auch die Frage der Doppelbelastung eines Steuerpflichtigen mit Einkommensteuer und Schenkungsteuer sei insoweit höchstrichterlich geklärt. Im Urteil vom
27.08.2014 (II R 44/13) habe der BFH entschieden, dass die vom Steuerpflichtigen durch die Einkünfteerzielung am Markt erwirtschafteten Vermögensvorteile
allein der Einkommensteuer unterliegen würden. Die (gleichzeitige) Erfassung als
Schenkung (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) komme schon wegen des Fehlens einer
Freigebigkeit nicht in Betracht. In die gleiche Richtung gehe das BFH-Urteil vom
06.12.2013 (VI B 89/13, NV). Dort habe der BFH klargestellt, dass eine doppelte
Erfassung als freigebige Zuwendung und Arbeitslohn ausgeschlossen sei. Denn
entweder handele es sich um die Gegenleistung des Arbeitgebers für die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers (und somit um Lohn) oder aber es fehle an der Gegenleistung, so dass die Zuwendung des Arbeitsgebers als Geschenk zu qualifizieren sei.
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02.10.2015
Alle am 30.09.2015 veröffentlichten Entscheidungen des BFH (V)
28.03.2014
Aktenzeichen
Entscheidungsdatum
VIII R 50/14
28.07.2015
Antrag auf Anwendung des Teileinkünfteverfahrens nach § 32d Abs. 2 Nr. 3
Satz 1 Buchst. a EStG
siehe auch: Pressemitteilung Nr. 66/15 vom 30.9.2015
VIII R 18/12
09.06.2015
Einkünfte aus Kapitalvermögen - Zinsen gemäß § 44 Abs. 1 SGB I
IV R 5/12
18.06.2015
Korrektur unangemessener Gewinnverteilung bei GmbH & atypisch Still - Anforderungen an die Revisionsbegründung
III R 37/14
23.06.2015
Kindergeld: erstmalige Berufsausbildung und Ausbildungsdienstverhältnis eines Feldwebels
10.06.2015
Besteuerungsrecht für Abfindung an einen in die Schweiz verzogenen, zuvor
im Inland tätigen Arbeitnehmer: Bindungswirkung und erstmalige Anwendung
der Konsultationsvereinbarung in § 24 Abs. 1 Satz 2 KonsVerCHEV vom 20.
Dezember 2010 - Unvereinbarkeit von § 2 Abs. 2 AO i.d.F. des JStG 2010 mit
dem Bestimmtheitsgebot
I R 79/13
Stichwort
Alle am 30.09.2015 veröffentlichten Entscheidungen des BFH (NV)
Aktenzeichen
Entscheidungsdatum
Stichwort
II B 126/14
21.08.2015
Pflichtteilsansprüche nur in tatsächlich geltend gemachter Höhe als Nachlassverbindlichkeiten
III R 39/14
13.05.2015
Verfahrensrevision, Beteiligtenvernehmung
I B 3/14
08.06.2015
Zweigniederlassung - Betriebsstätte - Betriebsführungsvertrag
II B 146/14
02.09.2015
Verhältnis von vGA und Schenkungsteuer
III E 4/15
18.08.2015
Erinnerung gegen den Kostenansatz; kein subjektiv öffentliches Recht auf Absehen vom Kostenansatz wegen dauernden Unvermögens des Kostenschuldners
VI R 1/15
28.07.2015
Anforderungen an die Revisionsbegründung
20.08.2015
Einkommensteuerrechtliche Behandlung der Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte bei Nutzung eines zum notwendigen Betriebsvermögen gehörenden Kfz - Keine Revisionszulassung bei fehlender
Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage
III B 108/14
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02.10.2015
Aktenzeichen
28.03.2014
IV R 16/12
Entscheidungsdatum
29.07.2015
Stichwort
Fremdvergleich bei Provisionszahlungen einer Personengesellschaft an beteiligungsidentische GmbH
Alle bis zum 02.10.2015 veröffentlichten Erlasse
Aktenzeichen
Datum
Stichwort
III C 3 - S
7344/15/1000
1
01.10.2015
Muster der Umsatzsteuererklärung 2015
III C 3 - S
7329/15/1000
1 (2015/
0883265)
01.10.2015
Umsatzsteuer-Umrechnungskurse, monatlich fortgeschriebene Übersicht der
Umsatzsteuer-Umrechnungskurse 2015
IV A 3 - S
0229/08/1000
1
29.09.2015
Bundeseinheitlich zugelassene Ausnahmen von der Mitteilungspflicht nach der
Mitteilungsverordnung - MV - (§ 2 Absatz 2 MV)
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