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IKB-Kapitalmarkt-News – Wechselkursentwicklungen erfordern höhere
Risikovorsorge
10. Februar 2015
Dr. Klaus Bauknecht
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Wechselkurskorrekturen häufen sich, …
Die australische Notenbank hat angesichts der sich eintrübenden Konjunkturaussichten ihren Leitzins um 25 bp auf 2,25 %
zurückgenommen und weitere Senkungen angedeutet. Das Ergebnis war eine deutliche Abwertung des australischen Dollar, der
bis auf ein 6-Jahrestief zum US-Dollar gefallen ist. Neben der massiven Korrektur am Schweizer Franken ist dies nur ein
weiteres Beispiel für unerwartete und deutliche Wechselkursbewegungen. 2014 waren es primär Schwellenländer wie Russland,
Türkei oder Südafrika, deren Währungen aus unterschiedlichen Gründen zum Teil erheblich unter Druck gerieten. Doch auch die
norwegische Krone wertete im Zuge des Ölpreisrückgangs zeitweise massiv ab.
Aktuell steht die dänische Krone, die bis dato an den Euro gekoppelt ist, wegen der EZB-Bilanzausweitung unter Druck. Die
Zweifel nehmen zu, in welchem Maß die dänische Notenbank in der Lage ist, Euro aufzukaufen und ihre Bilanzsumme
auszuweiten. Das Beispiel der Schweizerischen Nationalbank (SNB) zeigt, dass selbst die Schwächung einer Währung durch
Bilanzausweitung an ihre Grenzen stoßen kann, insbesondere wenn es sich um eine kleine Volkswirtschaft handelt. Das sind
keine guten Aussichten für Dänemark, das mit seiner Geldpolitik kürzlich durch mehrere Zinssenkungen versucht hat, dem
Aufwertungsdruck entgegenzutreten. Der aktuelle Leitzinssatz liegt bei 0,05 %. Ähnliche Überlegungen könnten auch für die
tschechische Krone gelten, bei der die Notenbank wie vormals in der Schweiz einen festen Mindestkurs zum Euro zu halten
versucht.
… und die Notenbanken haben einen bedeutenden Einfluss, …
Deutliche Wechselkurskorrekturen waren schon immer Teil der Finanzwelt. Und dennoch muss die Frage gestellt werden, ob
Anzahl und Ausmaß der Veränderungen in jüngster Zeit mit traditionellen Korrekturen vergleichbar sind oder ob sich durch die
Ausweitung der Notenbankbilanzen und dem Anstieg der Geldmenge die Gefahr von zunehmenden und signifikanten
Wechselkurskorrekturen erhöht hat. Die gezielte Geldmengenausweitung sowie die Nutzung des Wechselkurses als
Instrument der Geldpolitik lassen vermuten, dass Wechselkursrisiken aufgrund von Notenbankinterventionen angestiegen sind.
Gleichwohl bedeutet die zunehmende Konvergenz der Notenbankpolitik eine gewisse Stabilität der Wechselkurse, die sich
allerdings als nicht nachhaltig herausstellen könnte, sollten Zentralbanken in einem unterschiedlichen Maß ihre äußerst
unterstützende Geldpolitik beenden (Bilanzausweitung und Zinsen bei um die 0 %). Wenn nämlich manche Notenbanken ihre
Geldpolitik weniger unterstützend gestalten wollen, besteht ein erhöhtes Korrekturpotenzial.
Früher war der Wechselkurs weniger entscheidend für die Geldpolitik. Nun sind in Zeiten hoher Verschuldung, schwachen
Wirtschaftswachstums und Nullzinsen Wechselkurskorrekturen meistens durch Notenbanken gewollt und selten
unerwünscht, wenn es um eine Abwertung geht. Und da das niedrige Zinsniveau selbst bei einer Zinswende der Fed in 2015
weltweit noch lange anhalten wird, bleibt der Wechselkurs eine wichtige Steuerungsgröße vieler Zentralbanken vor allem in
industrialisierten Ländern. Die Euro-Zone ist hierfür keine Ausnahme. Nun stellt sich die Frage, ob der verstärkte Fokus der
Notenbanken auf den Wechselkurs notwendigerweise die Volatilität erhöht. Dies gilt sicherlich nicht für das gesamte System, da
sich die Politik der Notenbanken teilweise neutralisiert. Die Unsicherheit über Wechselkursimplikationen angesichts sich
ändernder Notenbankmaßnahmen und Bilanzausweitungen deutet auf ein erhöhtes Risikopotenzial für
Wechselkursprognosen hin.
… was die Risikoeinschätzung vor allem mittelfristig erschwert, …
Wechselkursschwankungen sollten deutlich zunehmen, wenn Notenbanken beginnen, ihre Geldpolitik zu normalisieren. Ein
erster zögerlicher Anfang wird von der Fed 2015 erwartet, was die Grundlage vieler Erwartungen einer Parität zwischen Euro
und US-Dollar darstellt. Im Gegenzug könnten das Aufkaufprogramm der EZB und die Schwächung des Euro soweit erfolgreich
sein, dass die EZB 2016 ihre Bilanzausweitung als abgeschlossen ansieht, während sich die Fed zögerlich verhält. Das würde
nicht für eine Parität von Euro und US-Dollar sprechen. Da Notenbanken und die europäische Wirtschaft aktuell eher in
einer extremen Situation sind, ist vor allem mittelfristig mit deutlichem Korrekturpotenzial auf den FX-Märkten zu
rechnen.
Kapitalmarkt News
Die durch die Notenbanken induzierten veränderten Rahmenbedingungen machen es schwer, mögliche
Wechselkursentwicklungen ausreichend zu identifizieren, geschweige denn zufriedenstellend zu prognostizieren.
Modelle für den Schweizer Franken und den russischen Rubel sind deutlichen Strukturbrüchen ausgesetzt und somit selbst für
eine Szenario-Analyse und damit für eine Risikobestimmung nur begrenzt einsetzbar. Das Fair-Value-Modell für den EUR/USDWechselkurs hat sich allerdings weiterhin als relativ robust erwiesen.
… eine Risikoeinschätzung zum EUR/US-Dollar-Wechselkurs ist aber immer noch sinnvoll
Das IKB-Fair-Value-Modell hat seit Jahren keine bedeutenden strukturellen Veränderungen oder Brüche erfahren. Die Treiber
des EUR/US-Dollar-Wechselkurses sind weiterhin bekannt und unverändert geblieben. Zwar ist die relative Bilanzausweitung
der Notenbanken ein wichtiger Faktor bei der Bestimmung des EUR/US-Dollar-Wechselkurses (siehe IKB Kapitalmarkt-News
vom 3. Februar 2015). Allerdings spiegelt sich dies im Langfristzinsdifferenzial, das schon immer ein, wenn nicht sogar der
entscheidende Faktor bei der Bestimmung des EUR/US-Dollar-Wechselkurses war. Abbildung 1 veranschaulicht den „Model-Fit“
des EUR/US-Dollar-Modells der IKB.
Abb. 1: EUR/USD-Wechselkurs und Modellschätzung
in US-Dollar je Euro
1,6
1,5
1,4
1,3
1,2
1,1
1,0
0,9
0,8
2000
2002
2004
2006
2008
Tatsächlicher EUR/USD-Wechselkurs
2010
2012
2014
Modellschätzung
Quellen: Bloomberg; IKB
Die Unsicherheit um die Geldpolitik erhöht das Korrekturrisiko für den EUR/US-Dollar-Wechselkurs. Zwar spricht kurzfristig viel
für eine anhaltende Euro-Schwäche. Mittelfristig ist das Bild allerdings deutlich ungewisser. Eine Abkühlung der US-Konjunktur
und eine erneute Bilanzausweitung der Fed zusammen mit einer Stabilisierung der Euro-Zone und damit Beendigung des
Aufkaufprogramms 2016 würden ein deutliches Aufwertungspotenzial für den Euro mit sich bringen (Szenario 1). Ein
anhaltendes Aufkaufprogramm der EZB in Verbindung mit einer positiv überraschenden US-Konjunktur würde hingegen den
Euro nachhaltig schwächen (Szenario 2). Grundsätzlich bleibt angesichts der Unsicherheiten die Bestimmung von
Eintrittswahrscheinlichkeiten für einzelne Szenarien schwierig. Deshalb sollten solche Wechselkursszenarien mit einer relativ
ausgeglichenen Gewichtung einer Punktprognose vorgezogen werden.
Abb. 2: EUR/USD-Wechselkurs - Szenarien
in US-Dollar je Euro
1,5
1,4
Simulation
1,3
1,2
1,1
1,0
0,9
2010
2011
2012
2013
Szenario 1
Quellen: Bloomberg; IKB
2014
2015
2016
Szenario 2
2017
2018
Kapitalmarkt News
Fazit: Seit der Finanzkrise und insbesondere durch die Geldmengenausweitung wichtiger Notenbanken hat sich die Dynamik
vieler Wechselkurse geändert. Das ist weniger auf die eigentlichen Treiber der Wechselkurse zurückzuführen, sondern eher auf
deren Instabilität. Grundsätzlich und unabhängig davon ist ein erhöhtes Korrekturpotenzial bei Wechselkursen zu erkennen bzw.
zu erwarten. Denn wichtige Notenbanken werden in den nächsten Jahren ihre äußerst lockere Geldpolitik anpassen müssen. Es
stellt sich die Frage, welche Volkswirtschaften Raum für eine Normalisierung der Geldpolitik schaffen und welche Notenbanken
noch auf Sicht an einer Bilanzausweitung festhalten müssen. Je nachdem wie diese Frage beantwortet wird, ergeben sich
insbesondere mittelfristig grundlegend andere Wechselkursprognosen. Gegenwärtig scheinen Wechselkursszenarien und
eine höhere Risikovorsorge angesichts der erhöhten Unsicherheit angebracht zu sein. Der EUR/US-Dollar-Wechselkurs
und die Bandbreite möglicher Entwicklungen über die nächsten zwei bis drei Jahre sind hierfür ein gutes Beispiel.
Kapitalmarkt News
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10. Februar 2015
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