Im Fokus: Brexit oder doch nicht?

20.06.16
Wirtschaftsnews
Im Fokus: Brexit oder doch nicht?
Am nächsten Donnerstag ist es endlich soweit: Die
Briten stimmen über ihren Verbleib in der EU ab
und die britischen Umfrageinstitute haben die
wohl lukrativste Zeit ihrer Geschichte hinter sich.
Wie das Ergebnis des Referendums ausfallen wird,
ist ungewiss. Entsprechend hoch gehen die Spekulationen, was bei einem "Nein" und vor allem bei
einem "Ja" zum Austritt geschehen wird, sowohl
politisch, wirtschaftlich und vor allem an den
Finanzmärkten.
Eines ist gewiss: Die Welt und die Weltwirtschaft
würden auch bei einem Austritt Grossbritanniens
aus der EU nicht zusammenbrechen. Dafür ist die
Bedeutung der Insel für die Weltwirtschaft zu
gering. Die EU würde eine politische Schlappe
einstecken und die EU-Gegner in anderen Ländern
wie der Front National würden sich in Pose werfen
und ebenfalls einen Austritt fordern. Ob in Frankreich dafür auch eine Mehrheit zu finden wäre, ist
aber mehr als unwahrscheinlich.
Die unmittelbaren Folgen hätten vor allem die
Briten selber zu ertragen. Vergleichbar mit einem
Sportclub, der aus der ersten Liga absteigt, würde
sich das Umfeld für das Land von einem Tag auf
den anderen völlig ändern. Viele Handelsverträge
wären nicht mehr gültig, da sie mit der EU und
nicht mit Grossbritannien abgeschlossen worden
sind. Dass der effektive Austritt aus der EU erst in
zwei oder noch mehr Jahren erfolgen würde,
spielt dabei keine Rolle. Viele Firmen würden sich
sofort überlegen, ob sich Investitionen im Königreich noch lohnen, da der Zugang zum europäischen Binnenmarkt unsicher wäre. Dabei sprechen
wir nicht nur von den Banken in der Londoner
City. Die britische Wirtschaft würde abgenabelt,
bis über den weiteren Status der Zusammenarbeit
mit den EU-Ländern mehr Klarheit herrschen würde. Die Folge wäre eine rasche, tiefgreifende Rezession wie sie beispielsweise Island nach dem
Zahlungsausfall seiner Banken erlebt hat. Steigende Arbeitslosenraten, fallende Immobilienpreise
sowie massiv teurere Preise für Importgüter wie
Rohstoffe wären die Konsequenz.
Grossbritannien würde das Tief, das wahrscheinlich zwei bis drei Jahre dauern würde, überstehen.
Ob das Land am Ende besser oder schlechter als
heute dastehen würde, kann nicht seriös prognostiziert werden. Vieles würde davon abhängen, wie
sich Grossbritannien neu positionieren könnte. Die
EU hätte kein Interesse daran, die Verbindungen
gänzlich zu kappen. Aber sie würde sich die Konzessionen beim Zugang zum Binnenmarkt mit
grossen Zugeständnissen im finanziellen und
rechtlichen Bereich entschädigen lassen. Am Ende
wäre der Unterschied zu vorher gar nicht mehr so
gross, ausser, dass die Briten nicht mehr mitbestimmen könnten und auf das Wohlwollen der EU
angewiesen wären.
An den Finanzmärkten wäre der Sturm bei einem
"Ja" am Freitag heftig. Ob das Pfund allerdings
20% und die britischen Aktien 30% verlieren
würden, wie einige Broker an die Wand malen, ist
eine andere Frage. Auch die Parität des Euro zum
Franken gehört in die Welt der Schwarzmalerei.
Die Vergangenheit hat immer wieder gezeigt, dass
die Finanzmärkte bei solchen Ereignissen zu Übertreibungen neigen. Auch bei einem allfälligen
Brexit würden sie nach ein paar hektischen Tagen
aber wieder zur Tagesordnung übergehen und
sich neuen Themen widmen. Denn wie gesagt:
Auch bei einem Brexit geht die Welt nicht unter.
Vorschau auf diese Woche
Diese Woche steht für die Ökonominnen und
Ökonomen ganz im Zeichen der BrexitAbstimmung. Durch andere wichtige Wirtschaftsdaten werden sie dabei nicht gestört. Der am
Freitag publizierte deutsche IFO-Index wird im
Sturm des Abstimmungsergebnisses wohl auch
nicht viele Interessenten finden.
Wochenstart-Audiocast
Seit Jahren sind die Zinsen "historisch tief" und
dennoch sinken sie immer weiter. Warum das so
Die Angaben in diesem Dokument und insbesondere die Beschreibung zu einzelnen Wertpapieren stellen weder eine Offerte zum Kauf der Produkte noch eine
Aufforderung zu einer andern Transaktion dar. Sämtliche in diesem Dokument enthaltenen Informationen sind sorgfältig ausgewählt und stammen aus Quellen, die
vom Investment Center der St.Galler Kantonalbank AG grundsätzlich als verlässlich betrachtet werden. Meinungsäusserungen oder Darstellungen in diesem Dokument können jederzeit und ohne vorherige Ankündigung geändert werden. Es wird keine Garantie oder Verantwortung bezüglich der Genauigkeit und Vollständigkeit der Informationen übernommen. Die St.Galler Kantonalbank AG ist von der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht FINMA (Einsteinstrasse 2, 3003 Bern, Schweiz,
www.finma.ch) reguliert und beaufsichtigt.
20.06.16
ist, und welches die Auswirkungen sind, das sind
die Themen unserer Leiterin Anlagestrategie und
Analyse Caroline Hilb im "WochenstartAudiocast".
Der
„Wochenstart-Audiocast“
kann
unter
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Unsere Audiocast können über den folgenden
Link abonniert werden:
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Aktienmärkte
US-Aktienmärkte:
DowJones: -0.33%, S&P500: -0.33%,
Nasdaq: -0.92%
Europäische Aktienmärkte:
EuroStoxx50: +1.06%, DAX: +0.85%,
SMI: +1.03%
Asiatische Märkte:
Nikkei 225: +2.19%, HangSeng: +1.08%,
S&P/ASX 200: +1.24%
Im Vorfeld der Brexit-Abstimmung werden die
Aktienmärkte durchgeschüttelt. Je nach aktueller
Einschätzung, ob die Briten nun austreten oder
vielleicht doch nicht, bewegen sich die Kurse nach
unten oder nach oben. Andere Neuigkeiten wie
der Entscheid der Fed, die Zinsen unverändert zu
belassen, spielen in diesem Umfeld eine untergeordnete Rolle. Der S&P500 verlor letzte Woche
1.19%. Die europäischen Aktien schlossen trotz
der Erholung am Freitag mit einem Wochenverlust
von 2.13% und auch der Swiss Performance Index
gab 2.64% an Wert preis.
Die Aktienmärkte werden zumindest bis am Freitag weiterhin ein Spielball der Brexit-Abstimmung
sein. Prognosen über den kurzfristigen Verlauf der
Kursentwicklung zu machen, ist daher nicht möglich. Sicher ist einzig, dass die erratischen Kursschwankungen anhalten werden. Da der Entscheid auf des Messers Schneide ist und auf beide
Seiten fallen kann, ist eine kurzfristige Positionierung auf den Ausgang der Abstimmung reine
Spekulation. Wichtiger ist in einem solchen Mo-
ment, sich langfristig zu positionieren. Wie zu
Beginn dieses Daily Focus erwähnt, wird die
Weltwirtschaft bei einem Brexit zwar vorübergehend geschwächt werden, aber nicht zusammenbrechen. Andere Faktoren wie der Zustand der
US-Wirtschaft oder die weitere wirtschaftliche
Entwicklung in China sind bedeutend wichtiger.
Für steigende Unternehmensgewinne und damit
nachhaltig höhere Aktienkurse braucht es ein
wieder stärkeres Wachstum in den USA. Trotz der
enttäuschenden Arbeitsmarktzahlen für den Mai
ist ein solches möglich. Die letzten Daten aus dem
Konsumbereich sprechen dafür. Eine weiterer
positiver Faktor für die Aktienmärkte sind die
Zentralbanken. Diese bleiben auf absehbare Zeit
geldpolitisch expansiv. In den USA wird der Zinserhöhungszyklus zwar weitergeführt. Eine Reduktion der Liquidität im System steht aber noch nicht
zur Debatte. Angesichts der tiefen und verbreitet
sogar negativen Renditen bei den Obligationen
werden Aktien mit einer hohen und stabilen Dividende zunehmend attraktiver. Eine solide Aktienallokation bleibt ein wichtiger Bestandteil des
Portfolios. Sollte es in den nächsten Wochen zu
grösseren Abschlägen kommen, wäre das eine
Gelegenheit, das Aktienportfolio zu ergänzen.
Rohstoffmärkte
Ölpreis WTI: USD 48.49 pro Fass
Goldpreis: USD 1281.05 pro Unze
Der Goldpreis profitiert von der Unsicherheit an
den Märkten und von der Erwartung, dass die
Zinsen in den USA in diesem Jahr nicht mehr steigen werden. Besonders letzteres wird für die
weitere Entwicklung des Goldpreises über die
nächsten Monate entscheidend sein. Wir sind
nicht der gleichen Meinung, was die US-Zinsen
angeht. Die Fed wird bei der nächsten guten Gelegenheit die Zinsen weiter anheben. Die USWirtschaft kann dies verkraften und der steigende
Inflationsdruck in den USA wird die Fed zum Handeln bewegen.
Die Angaben in diesem Dokument und insbesondere die Beschreibung zu einzelnen Wertpapieren stellen weder eine Offerte zum Kauf der Produkte noch eine
Aufforderung zu einer andern Transaktion dar. Sämtliche in diesem Dokument enthaltenen Informationen sind sorgfältig ausgewählt und stammen aus Quellen, die
vom Investment Center der St.Galler Kantonalbank AG grundsätzlich als verlässlich betrachtet werden. Meinungsäusserungen oder Darstellungen in diesem Dokument können jederzeit und ohne vorherige Ankündigung geändert werden. Es wird keine Garantie oder Verantwortung bezüglich der Genauigkeit und Vollständigkeit der Informationen übernommen. Die St.Galler Kantonalbank AG ist von der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht FINMA (Einsteinstrasse 2, 3003 Bern, Schweiz,
www.finma.ch) reguliert und beaufsichtigt.
20.06.16
Kapitalmärkte
Renditen 10 J:
USA: 1.65%; DE: 0.02%; CH: -0.47%
Zu den Zinsen gibt es nichts mehr viel zu sagen.
Wer bereit ist, für das Halten einer Anleihe der
Eidgenossenschaft für die nächsten 10 Jahre pro
Jahr 0.50% zu bezahlen, muss vor vielem Angst
haben oder den Weltuntergang vor Augen haben.
Währungen
US-Dollar in Franken: 0.9581
Euro in US-Dollar: 1.1382
Euro in Franken: 1.0905
Der SNB steht eine harte Woche bevor. Sie wird
bei einem starken Druck auf den Franken versuchen, mit Interventionen die Aufwertung zu stoppen oder zumindest zu verlangsamen. Sie wird
aber keine fixe Grenze mit aller Gewalt verteidigen. Entscheidend ist ja nicht, ob der Franken
kurzfristig stark teurer wird, sondern wo er sich
mittelfristig nach der Brexit-Abstimmung wieder
einpendelt. Wir gehen davon aus, dass dies in der
Gegend um 1.08 bis 1.10 der Fall sein wird.
Thomas Stucki
Investment Center
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