Arbeitsgericht Leipzig Arbeitsgerichte - Funktion und Vorgehensweise Das Arbeitsgericht hat die Funktion, alle bürgerlich-rechtlichen Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern oder zwischen Tarifvertragspartnern zu schlichten. Der Prozess beginnt mit dem Einreichen einer Klageschrift, die ein Rechtschutzbegehren und einen bestimmten Antrag, also einen Grund für die Anklage, eine genaue Bezeichnung der beiden Parteien und eine Unterschrift des Klägers beinhalten muss. Nach dieser Klageschrift kommt es zu einem Gütetermin. Dabei wird durch einen Richter der Sachverhalt erörtert. Diese Güteverhandlung hat das Ziel, den Rechtsstreit ohne weitere Umwege zu klären. Dies kann durch Rücknahme der Klage, Anerkennen der Klage durch die beklagte Partei oder durch einen Vergleich, d.h. eine Einigung durch ein gegenseitiges Nachgeben der beiden Parteien, erfolgen. Kommt es jedoch zu keiner Einigung, wird die Verhandlung vertagt. Bei diesem sogenannten Kammertermin sind nun noch zwei weitere Richter/innen anwesend. Es sind ehrenamtliche Richter, wobei jeweils einer aus dem Kreis der Arbeitnehmer und der andere aus dem Kreis der Arbeitgeber stammt. Wenn es nicht genügend Material für eine Entscheidung der Kammer gibt, muss erneut eine Sitzung stattfinden. Mit dem Falschen angelegt- wenn Robenträger schwarz sehen Es ist fünf nach neun. Mit leichter Verspätung beginnt die Gerichtsverhandlung im Sitzungssaal 4 des Arbeitsgerichtes Leipzig am 21.1.2016. Es ist der Kammertermin. Der Ort gleicht mehr einem einfachen Zimmer als einem Gerichtssaal. Mir gegenüber sitzt der Berufsrichter Herr Steffen, links und rechts von ihm zwei ehrenamtliche Richter. Zu meiner Rechten ein aufgeregter, verschwitzter Rechtsanwalt. Er sitzt allein da und langsam sieht man ihm die Unsicherheit immer mehr an. Zu meiner Linken, ein gut organisiertes Duo. Sie wirken wie jemand, gegen den man besser nicht klagt. Ihr Auftreten allein schreckt bereits ab. Der Anwalt, er sieht aus wie Putin, hat seine Unterlagen gut sortiert vor sich. Er scheint sehr vorbereitet zu sein, als gäbe es einen Plan, der die Anklage heute endgültig zu Fall bringen würde. Es geht los. Die Klage wird vom Richter verlesen. Der korpulente Rechtsanwalt und sein abwesender Kläger verlangen Entschädigung laut des §82 SGB 9. Es handelt sich dabei um ein Recht für Schwerbehinderte. Es heißt, ein Arbeitgeber müsse einen Schwerbehinderten, der sich bei ihm um eine Stelle beworben hat, zu einem Vorstellungsgespräch einladen. Die Bedingungen sind jedoch zum einen die Eignung für diese Stelle durch gegebenenfalls Qualifikationen, Erfahrung, Kenntnisse etc. und zum anderen die deutliche Kennzeichnung der Behinderung in der Bewerbung oder im Lebenslauf. Ab jetzt darf diskutiert werden. Es folgt ein Wechsel von Argumentationen, bei denen es dem Klägervertreter immer unheimlicher wird. Der Richter versteht zwar dessen Lage, doch die Argumentationen des gegnerischen Anwalts halten dagegen. Das Resultat ist, dass die schwere Behinderung nicht deutlich gekennzeichnet worden ist. Noch dazu wurde selbst mit Einreichen der Klage vor exakt 4 Monaten noch kein Schwerbehindertenausweis vorgezeigt. Es heißt jetzt außerdem, dass der Kläger nur einem Schwerbehinderten gleich gestellt ist. Diese Diskussion hat sich nun für die beklagte Partei erledigt, was durch die Worte „Die Klage ist unserer Meinung nach nicht schlüssig.“ deutlich wird. Aber das Repertoire ist noch lange nicht ausgeschöpft. Es stellt sich heraus, dass die angegebenen Fähigkeiten und Qualifikationen nicht für diese Stelle ausreichend oder gar vorhanden sind. Der klagende Anwalt ist nun völlig überfordert. Ihm fliegen die Gegenargumente geradezu um die Ohren. Da nun auch die zweite Bedingung des Rechtes nachweislich nicht erfüllt ist, hat die Klage keinen Ansatzpunkt mehr. Um seine Meinung noch deutlicher zu machen, schlägt er seine Akte zu, hebt sie hoch und lässt sie auf den Tisch fallen, sodass man sich ein Bild von deren Gewicht und Umfang machen kann. Er schaut den Richter an und sagt, dass er diesen Fall jetzt satt habe und es für ihn wie eine Art Spielchen sei. Jetzt zeigt sich, wer seine Hausaufgaben ordentlich gemacht hat. Der Klägervertreter muss jetzt die Notbremse ziehen. Er beantragt eine Schriftsatzpflicht. Dies ist eine Reglung mit der, wie in diesem Fall, eine wegen eines unerwarteten Vorbringens des Gegners überforderte Partei die Möglichkeit hat, sich Zeit zu verschaffen und eine schriftliche Erklärung bis zu einem vereinbarten Termin abgeben kann. Der Spuk ist also folglich noch nicht vorbei. Zweifelsohne ist der §82 SGB 9 ein wichtiges Gesetz und ich finde es gut, dass behinderte Menschen nicht ohne weiteres von „Schreibtischtätern“ abgelehnt werden können, wenn sie sich für eine Stelle eignen und den Arbeitgeber beispielsweise nur die körperliche Einschränkung stört. Meiner Meinung nach ist aber diese Klage mittlerweile unsinnig. Es steht fest, dass hier kein Gesetzesverstoß vorliegt. Ich stimme der beklagten Partei bei ihrer Ansicht zum Prozess zu, da dieser nur noch Zeit, Aufwand und Kosten verschlingt. Jedoch gibt es genügend Regelungen, mit denen man solche Situationen unnötig in die Länge ziehen kann.
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