Mitteilungen der Juristischen Zentrale VERTRAGSANWÄLTE Nr. 63/2015 30.10.2015 Ni UNGARN: Urteil des AG München zu Parkforderung aus Budapest Sehr geehrte Damen und Herren, in der Mitteilung für Vertragsanwälte Nr. 53/2015 haben wir Sie über eine beim AG München eingereichte Klage des britischen Inkassounternehmens Euro Parking Collection (EPC) gegen einen deutschen Kfz-Halter wegen Nichtentrichtung eines Parkbußgelds aus Budapest informiert. Sachverhalt In dem betreffenden Fall wurde ein in Deutschland wohnhafter Fahrzeughalter erstmalig durch EPC über einen mit seinem Fahrzeug in Budapest begangenen „Verstoß gegen Parkbestimmungen“ informiert und mit zwei Zahlungsaufforderungen zur Begleichung eines „Verwarnungsgeldes“ aufgefordert. EPC wurde hierbei im Auftrag des für die Parkraumüberwachung zuständigen Budapester Stadtbezirks tätig. Eine Information vor Ort (z. B. Bescheid an Windschutzscheibe o. ä.) erfolgte nicht. Da der deutsche Halter nicht bezahlte, hat EPC im Auftrag der Stadt Budapest den Halter direkt vor dem AG München (Abteilung Mietsachen) verklagt. Urteil des AG München In seinem Urteil vom 30. September 2015 (Az.: 412 C 18198/15) hat das AG München die Klage sowohl als unzulässig als auch unbegründet abgewiesen. Unzulässigkeit der Klage Die Klage wurde als unzulässig abgewiesen, da das AG München für die begehrte Zahlung nicht zuständig ist. Aufgrund der als „Verwarnungsgeldbescheid“ bezeichneten Forderung, die infolge der Nichtzahlung einer Ordnungswidrigkeit (Verstoß gegen Parkbestimmungen) geschuldet wird, handelt es sich nach Ansicht des AG München nicht um eine zivilrechtliche Streitigkeit. Für derartige öffentlich-rechtliche Forderungen wäre in Deutschland allenfalls das Bundesamt für Justiz im Rahmen der Vollstreckungshilfe zuständig. Selbst bei der Annahme, es würde sich um eine zivilrechtliche Streitigkeit handeln, wäre das AG München nicht zuständig: Art. 24 Abs. 1 der EU-Verordnung über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Zivil- und Handelssachen in der Fassung vom 10.01.2015 (EuGVVO oder Brüssel Ia-VO) sieht bei unbeweglichen Mietsachen (wie z. B. Parkplatz), deren Eigentümer in einem anderen Staat wohnt als der Mieter, eine ausschließliche Zuständigkeit desjenigen Landes vor, in dem die Mietsache (Parkplatz) belegen ist (hier also Ungarn). 2 Unbegründetheit der Klage Die Klage wurde auch als unbegründet abgewiesen, da der Klageanspruch nicht ausreichend substantiiert dargelegt wurde: Aus den beiden der Klage beigefügten Zahlungsaufforderungen (mit jeweils unterschiedlichen Beträgen) war die Forderungszusammensetzung nicht ersichtlich und somit die Hauptforderung nicht feststellbar. Zudem verwies der Kläger in seiner Klagebegründung darauf, dass es gemäß eines ungarischen Gesetzes so sei, dass – „wer sich dazu entscheidet einen Parkplatz zu benutzen, willige stillschweigend dazu ein, die Auflagen für das Parken zu befolgen“. Das Gericht bemängelte, dass weder die Art der „Auflagen“ näher dargelegt noch Ausführungen dazu gemacht wurden, wie die Klagepartei zu der Annahme gelangt ist, dass sich der Halter für die Benutzung des Parkplatzes entschieden habe. Die Berufung wurde nicht zugelassen (Streitwert 115,10 Euro). Die Entscheidung ist insofern bemerkenswert, als es sich hierbei um das – soweit ersichtlich – erste Urteil zu einer durch das Inkassounternehmen EPC geltend gemachten ausländischen Parkforderung handelt. EPC ist bereits seit vielen Jahren europaweit im Auftrag von Kommunen und Straßenbetreibern auf dem Gebiet des grenzüberschreitenden Forderungsinkassos bei Park- oder Mautverstößen tätig. Bislang hatte man seitens EPC allerdings noch nie den Schritt gewagt, die Forderungen in Deutschland mittels eines gerichtlichen Mahnverfahrens oder auf dem direkten Klagewege geltend zu machen. Die vorliegende Klage dürfte vermutlich ein erster (erfolgloser) Test gewesen sein, wie weit man hierzulande gehen kann. Sollten Ihrer Kanzlei vergleichbare Klagen von EPC (oder anderen Inkassounternehmen) vorgetragen werden, empfehlen wir Ihnen, für die Klageerwiderung – je nach Sachverhalt – das vorliegende Urteil sowie die Ausführungen in der Mitteilung Nr. 53/2015 heranzuziehen. Der Wortlaut des Urteils wird demnächst im DAR veröffentlicht. Mit freundlichen kollegialen Grüßen Dr. Markus Schäpe Leitung Juristische Zentrale
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