Aufrichtigkeit im Kapitalismus, Herbstsemester 2015

Veranstaltungs­ und Prüfungsmerkblatt Herbstsemester 2015
7,656: Lüge als Passion ­ Aufrichtigkeit im Kapitalismus
ECTS­Credits: 3
Überblick Prüfung/en
(Verbindliche Vorgaben siehe unten)
Dezentral ‑ schriftliche Gruppenarbeit (Benotung für alle gleich) (70%)
Dezentral ‑ aktive Teilnahme (30%)
Zugeordnete Veranstaltung/en
Stundenplan ‑‑ Sprache ‑‑ Dozent
7,656,1.00 Lüge als Passion ‑ Aufrichtigkeit im Kapitalismus ‑‑ Deutsch ‑‑ Engler Wolfgang Veranstaltungs­Informationen
Veranstaltungs­Vorbedingungen
Spezielle Vorbedingungen sind für die Teilnahme am Seminar nicht erforderlich.
Veranstaltungs­Inhalt
Bis ins neunzehnte Jahrhundert hinein lag die Last für das Gelingen von Gesellschaft auf den Schultern der einzelnen Bürger: die
„gute“ Gesellschaft war die Folge moralisch guten, das heißt tugendhaften Handelns. Aufrichtigkeit galt als Inbegriff der Tugend,
die Lüge als Sünde schlechthin. Nur indem die Individuen einander vorbehaltlos über Risiken und Chancen informierten
erzeugten sie das für ihren Umgang unentbehrliche Vertrauen. Dieser Umgang war weit gefasst, umschloss die persönlichen
Beziehungen ebenso wie den weitläufigen sozialen Verkehr, die rechtlichen, politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse. – Die
moderne bürgerliche Gesellschaft brach mit dieser Konstellation, indem sie soziale Systeme sowie Organisationen ins Leben rief,
die das Handeln stärker als je zuvor von moralischen Zumutungen entlasteten. Die Folgen und Grenzen dieser Entlastung für das
menschliche Zusammenwirken auszuloten ist das zentrale Anliegen des Seminars. Es kreist um den Crash des globalen
Finanzsystems der Jahre 2008ff. und wirft in wiederholten Anläufen die Frage auf, ob der Kapitalismus Eigeninteresse und
Gemeinwohl aus sich heraus langfristig in Einklang bringen kann. Vielleicht erleben wir gerade den Anfang vom Ende der
kapitalistischen Epoche und haben das nur noch nicht bemerkt.
Veranstaltungs­Struktur
Der so umrissene Themenkreis soll in vier größeren Komplexen näher erkundet werden.
Am Ausgangspunkt steht eine scheinbar simple Frage: Woran erkennt man die Lüge, anhand welcher Merkmale wiederum
entscheiden wir, ob ein Mensch aufrichtig spricht und handelt? Das erste Seminar greift zur Klärung dieser Fragen auf
Anschauungsmaterial zurück und schließt praktische Übungen ein.
Das zweite Seminar verfolgt den Übergang von der alltäglichen über die professionelle zur strukturellen Lüge. Die hohe
Komplexität unserer Gesellschaften erlaubt es lügnerischen Praktiken, gleichsam in Deckung zu gehen und Versteckspiele zu
inszenieren. Der systematische Betrug, diese Steigerungsform der Lüge, nistet sich scheinbar unaufhaltsam in Politik und
Wirtschaft ein, untergräbt das Vertrauen und vergiftet die sozialen Beziehungen.
Das dritte Seminar wendet sich dem Wechselspiel von Lüge und Aufrichtigkeit im „emotionalen Kapitalismus“ zu. Moderne
Unternehmen fordern ihre Mitarbeiter dazu auf, ihre Gefühle zu reflektieren, zu kommunizieren und zu kontrollieren.
Emotionale Sensibilität und Gesprächsbereitschaft sollen störende Affekte aus dem Arbeitsleben verbannen. Der homo
communicans beerbt den homo oeconomicus. Bewirkt diese „psychologische Verfeinerung“ eine Humanisierung des Arbeitslebens
oder verschleiert sie die effektiven Machtverhältnisse im Unternehmen?
Merkblatt­Version: 1.0 vom 16.08.2015, gültig für das Herbstsemester 2015
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Das abschließende vierte Seminar untersucht anhand von Selbstzeugnissen maßgeblicher Akteure der Finanzindustrie Ursachen,
Verlauf und Einsichtgewinne der jüngsten Krise des internationalen Finanzsystems. Welche Schlussfolgerungen müssten aus der
Krise gezogen werden, um das Wesen der Aufrichtigkeit – Kommunikation von Risiken – dauerhaft im Handeln ökonomischer
Akteure zu verankern?
Veranstaltungs­Literatur
1. Seminar: Aufrichtigkeit und Lüge
Wolfgang Engler, Lüge als Prinzip. Aufrichtigkeit im Kapitalismus, Berlin 2009, daraus die Abschnitte „Aufrichtigkeit in der
Entfaltung“ und „Aufrichtige Soziologie“;
Wolfgang Engler, Vertrauen und Lüge, in: Falk Richter, Trust, hrsg. Von Nicole Gronemeyer, Verlag Theater der Zeit, Berlin 2010
2. Seminar: Von der persönlichen zur strukturellen Lüge
Wolfgang Engler, Lüge als Prinzip ... Abschnitte: „Aufrichtigkeit im Umbruch“ und „Die Regeln des Marktes“ (in dieser
Reihenfolge zu lesen);
Günther Ortmann, Cape Greed? Über Systemimperative, Gier und organisierte Moralverdrängung, in: Anstand, hrsg. von Jörg
Metelmann und Timon Beyes, Berlin University Press 2011
3. Seminar: Aufrichtigkeit und Lüge im „emotionalen Kapitalismus“
Eva Illouz, Die Errettung der modernen Seele, Frankfurt am Main 2009, Kapitel 3: Vom Homo oeconomicus zum Homo
communicans
4. Seminar: Moral und/oder Effizienz?
Claudia Honegger, Sighard Neckel und Chantal Magnin, Strukturierte Verantwortungslosigkeit. Berichte aus der Bankenwelt,
Frankfurt am Main 2010, daraus den Abschnitt „Anstandsbühne“;
Joris Luyendijk, Unter Bankern. Eine Spezies wird besichtigt, Stuttgart 2015, daraus die Abschnitte 4, 7, 11 und 13;
Wolfang Streeck, Wie wird der Kapitalismus enden?, in: Blätter für deutsche und internationale Politik, Heft 3 und 4/2015
Veranstaltungs­Zusatzinformationen
‑‑
Prüfungs­Informationen
Prüfungs­Teilleistung/en
1. Prüfungs­Teilleistung (1/2)
Prüfungs­Zeitpunkt und ­Form
Dezentral ‑ schriftliche Gruppenarbeit (Benotung für alle gleich) (70%)
Bemerkungen
‑‑
Hilfsmittel­Regelung
Schriftliche Arbeiten
Merkblatt­Version: 1.0 vom 16.08.2015, gültig für das Herbstsemester 2015
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Schriftliche Arbeiten müssen ohne fremde Hilfe nach den bekannten Zitationsstandards verfasst werden und es ist eine
Eigenständigkeitserklärung anzubringen.
Das Dokumentieren (Zitate, Literaturverzeichnisse) hat durchgängig und konsequent nach APA‑ oder MLA‑Standard zu
erfolgen. Die Quellenangaben für wörtlich und sinngemäss übernommene Informationen (Zitate) sind entsprechend der
Vorgaben des verwendeten Zitationsstandards in den Text zu integrieren, informierende und bibliografische
Anmerkungen sind als Fussnoten anzubringen (Empfehlungen und Standards z.B. bei METZGER, C. (2013), Lern‑ und
Arbeitsstrategien (11. Aufl., 3. Druck). Aarau: Sauerländer).
Für alle Arbeiten, welche an der Universität St. Gallen geschrieben werden, ist die Angabe von Seitenzahlen sowohl nach
MLA‑ wie auch nach APA‑Standard nie fakultativ.
Wo in Quellen die Seitenangabe fehlt, muss die präzise Bezeichnung anders erfolgen: Kapitel‑ oder Abschnittüberschrift,
Abschnittsnummer, Akt, Szene, Vers, usw.
Für juristische Arbeiten wird der juristische Standard empfohlen (vgl. beispielhaft FORSTMOSER, P., OGOREK R. et
SCHINDLER B. (2014), Juristisches Arbeiten: Eine Anleitung für Studierende (5. Auflage), Zürich: Schulthess oder beachten
Sie die Empfehlungen der Law School).
Hilfsmittel­Zusatz
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Prüfungs­Sprachen
Fragesprache: Deutsch
Antwortsprache: Deutsch
2. Prüfungs­Teilleistung (2/2)
Prüfungs­Zeitpunkt und ­Form
Dezentral ‑ aktive Teilnahme (30%)
Bemerkungen
‑‑
Hilfsmittel­Regelung
Praktische Prüfungsleistung
Für diese Prüfungsleistung ist keine Hilfsmittel‑Regelung notwendig. Es gelten subsidiär die Ordnungen und Reglemente der
Universität St. Gallen.
Hilfsmittel­Zusatz
‑‑
Prüfungs­Sprachen
Fragesprache: Deutsch
Antwortsprache: Deutsch
Prüfungs­Inhalt
Die Prüfung findet in Form einer schriftlichen Gruppenarbeit statt, die mit 70 % in die Benotung eingeht. Die thematischen
Schwerpunkte dieser Arbeit ergeben sich aus den Angaben zur Struktur der Lehrveranstaltung.
Prüfungs­Literatur
Zur prüfungsrelevanten Literatur siehe oben die Hinweise zur Literatur für die einzelnen Lehrveranstaltungen. Über ergänzende
bzw. weiterführende Quellen verständigen wir uns in Lauf des Seminars in Abhängigkeit von den jeweils gewählten Themen für
die Gruppenarbeit.
Merkblatt­Version: 1.0 vom 16.08.2015, gültig für das Herbstsemester 2015
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Wichtige Hinweise
Wir machen Sie darauf aufmerksam, dass dieses Merkblatt vor anderen Informationen wie Studynet, persönlichen
Datenbanken der Dozierenden, Angaben in den Vorlesungen etc. den absoluten Vorrang hat.
Verbindlichkeit der Merkblätter:
Veranstaltungsinformationen sowie Prüfungszeitpunkt (zentral/dezentral) und Prüfungsform ab Biddingstart am
20. August 2015
Prüfungsinformationen (Hilfsmittel‑Regelung, Prüfungs‑Inhalt, Prüfungs‑Literatur) für dezentrale Prüfungen nach
der 4. Semesterwoche am 12. Oktober 2015
Prüfungsinformationen (Hilfsmittel‑Regelung, Prüfungs‑Inhalt, Prüfungs‑Literatur) für zentrale Prüfungen ab
Start der Prüfungsanmeldung am 02. November 2015
Bitte schauen Sie sich das Merkblatt nach Ablauf dieser Termine nochmals an.
Merkblatt­Version: 1.0 vom 16.08.2015, gültig für das Herbstsemester 2015
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