DiePresse.com DiePresse.com | Bildung | Weiterbildung | http://diepresse.com/home/bildung/weiterbildung/4866091/pri... Artikel drucken Belastende Situationen überwinden helfen 13.11.2015 | 18:47 | (Die Presse) Traumatherapie. Persönliche Katastrophen, Gewalt, Krieg: Nach fürchterlichen Erlebnissen braucht mitunter auch die Seele eine Therapie. Die Nachfrage steigt, die Ausbildungsmöglichkeiten haben sich verbreitert. Peter Stippl hat in den vergangenen Wochen viel Zeit in Nickelsdorf verbracht. „Hier geht es in erster Linie darum, die primären Bedürfnisse der Flüchtlinge wie Nahrung, Bekleidung oder Unterkunft zu befriedigen“, so der Präsident des Österreichischen Bundesverbands für Psychotherapie (ÖBVP). In so einer Situation sei es nicht möglich oder angebracht, eine professionelle Traumatherapie umzusetzen. Sehr wohl könne man den Menschen in der Art und Weise, wie man sie behandle, helfen – vor allem, indem man ihnen die Furcht nehme und ein Gefühl der Sicherheit und des Verständnisses gebe. „Man kann durchaus von traumatherapeutischen Interventionen in akuten Krisensituationen sprechen“, so Stippl. Das gelte natürlich für alle, die Schreckliches jeglicher Art erlebt haben. Und nicht jeder, der viel durchgemacht hat, braucht mehr als diese Menschlichkeit. Denn die Basis einer Traumatherapie ist eine seriöse und umfassende Diagnose. Erst wenn man sich sicher ist, dass eine seelische Verletzung vorliegt, kann man mit einer Behandlung beginnen. Da es sich bei Traumata um seelische Krankheiten handelt, sind in Österreich vom Gesetz her nur Psychotherapeuten, Psychologen und Ärzte dazu befugt, konkrete Behandlungen durchzuführen. Im Psychologiestudium ist die Trauma- und Notfallpsychologie ein Spezialgebiet. Im Rahmen der Ausbildung zum Psychotherapeuten wird die Traumatologie wiederum im sogenannten Fachspezifikum behandelt. In diesem zweiten Ausbildungsteil, der auf das Propädeutikum folgt, spielt sie laut Stippl in jeder der 22 in Österreich rechtlich anerkannten Psychotherapiemethoden inhaltlich „eine erhebliche Rolle“. Nachsatz des ÖBVP-Präsidenten: „Nur der konkrete Zugang ist anders. Jede Methode hat eine eigene Vorgangsweise, eine seelische Verletzung aufzudecken.“ Auch mit dem Abschluss des Bachelorstudiums Psychotherapie- und Beratungswissenschaften, das von der Karl-Landsteiner-Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften angeboten wird, ist man zum Zugang zum Fachspezifikum berechtigt. Wie Studiengangsleiter Christoph Pieh erklärt, wird das Thema in einem eigenen Block behandelt. „Wir wollen den Studenten mehr Verständnis und Sensibilität für Traumata vermitteln, aber auch die Fähigkeit, sie möglichst genau zu diagnostizieren“, sagt Pieh. Denn Traumata sind ein sehr häufiges Problem bei der Entstehung psychischer Erkrankungen. Lehrgang für die Praxis An der Sigmund-Freud-Privatuniversität wird mit dem Universitätslehrgang Psychosoziale Beratung bei Krise und Trauma ein anderer Zugang verfolgt. „Wir wollen Berufsgruppen ansprechen, die im Rahmen ihrer Arbeit mit traumatisierten Menschen zu tun haben“, erklärt Lehrgangsleiterin Johanna Gerngroß. Dazu würden unter anderem Pädagogen, Sozialarbeiter, die Mitarbeiter von Hilfs- und Einsatzorganisationen, Berater, Psychologen und Psychotherapeuten gehören. Konkret gehe es nicht um Traumatherapie und -behandlung, 1 von 2 20.11.15 13:17 DiePresse.com http://diepresse.com/home/bildung/weiterbildung/4866091/pri... sondern darum, den Lehrgangsteilnehmern ein Basiswerkzeug für den Umgang mit traumatisierten Menschen mitzugeben und Krisensituationen handelbar zu machen. Dabei werde im Lehrgang der Bogen von Grundlagen der Psychotraumatologie und Methoden der Akuthilfe wie Krisenintervention über Kommunikation bis zu Trauerarbeit und Abschiednehmen gespannt. Laut Gerngroß wären viele der freiwilligen Helfer, die sich in der aktuellen Flüchtlingskrise engagieren, nicht ausreichend geschult und dementsprechend auch nicht auf die starken Belastungen vorbereitet. „Man darf nicht vergessen, dass die Arbeit mit traumatisierten Menschen heikel ist“, sagt sie. Aber auch professionelle Helfer oder Polizisten würden mit ihren Erfahrungen oft alleingelassen werden. Was das konkrete Angebot an Traumatherapien in Österreich betrifft, so sieht Gerngroß noch deutlich Luft nach oben – auch, wenn es durchaus viele einschlägige Projekte in der Flüchtlingsbetreuung gebe, so müssten Betroffene oft lange Wartezeiten in Kauf nehmen. In die gleiche Kerbe schlägt Pieh. Die psychotherapeutische Versorgung sei an den Grenzen ihrer Kapazitäten, auch bei der ambulanten Psychotherapie gebe es lange Wartezeiten. (pb) Web:www.univie.ac.at, www.sfu.ac.at, www.uibk.ac.at www.donau-uni.ac.at, www.psychotherapie.at www.uni-salzburg.at, www.uni-graz.at, www.kl.ac.at © DiePresse.com 2 von 2 20.11.15 13:17
© Copyright 2024 ExpyDoc