Tabakgesetz: Schockbilder gegen das Rauchen

28.1.2016
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Tabakgesetz: Schockbilder gegen das Rauchen
27.01.2016 | 18:51 | Von Norbert Rief (Die Presse)
Zigarettenpackungen müssen künftig Fotos von Raucherlungen und abgestorbenen
Gliedmaßen zeigen. Nicht nur deshalb laufen Industrie und Raucher dagegen Sturm.
Wien. Carmen Köck ist verärgert. „Ich empfinde es als eine Frechheit, dass ich als
erwachsener Bürger so bevormundet werde! Woher nehmt ihr euch das Recht????“, schreibt sie
in einer Stellungnahme zum Entwurf für eine Novellierung des Tabakgesetzes. „Da schon die
Urvölker rauchten, ist das Rauchen für mich ein Kulturgut.“
Carmen Köck ist offensichtlich eine leidenschaftliche Raucherin. Doch der Griff zur Zigarette
wird ihr bald ordentlich vermiest werden. Denn nach den Vorschriften der Tabakgesetz­
Novelle, die derzeit in Begutachtung ist, wird eine Zigarettenpackung künftig nicht mehr wie
eine Zigarettenpackung aussehen, sondern eher wie eine Fotosammlung von
Raucherkrankheiten: Eine abgestorbene Zehe wegen Durchblutungsstörungen, eine schwarze
Lunge, verfaulte Zähne, ein amputiertes Bein, ein Toter mit einem trauernden Kind.
Dazu kommen Aufschriften wie „Rauchen verursacht Herzanfälle“, „Rauchen verstopft Ihre
Arterien“, „Rauchen bedroht Ihre Potenz“. Für den Namen der Zigarettenmarke bleibt gerade
noch ein Drittel der Vorder­ und Rückseite.
Zwar müssen alle EU­Staaten die „Richtlinie für Tabakerzeugnisse“ umsetzen, so weitreichend
wie Österreich macht das aber kaum ein anderer Mitgliedstaat. Gerade bei den Warnungen sind
die hiesigen Vorschriften streng.
Einschränkung für E­Zigarette
Nicht nur auf den Vorder­ und Rückseiten muss auf die Risken des Rauchens hingewiesen
werden, auch auf den seitlichen Oberflächen muss vor Gesundheitsschäden gewarnt werden.
Zudem muss auf jeder Packung auf die Raucherentwöhnung (www.rauchfrei.at) verwiesen
werden.
Das novellierte Tabakgesetz, das am 20. Mai in Kraft treten soll, bringt auch ein Verbot von
Kautabak und Einschränkungen beim Verkauf von E­Zigaretten. Die elektronischen Zigaretten
dürfen beispielsweise nicht mehr über das Internet vertrieben werden. Erstmals gibt es
überhaupt detaillierte Vorschriften für die in den vergangenen Jahren populär gewordenen E­
Zigaretten bis hin zum Volumen von Nachfüllbehältern.
Die Einschränkungen für E­Zigaretten sorgen bei Bürgern, von denen der Großteil der
mittlerweile 145 Stellungnahmen zum Begutachtungsentwurf kommt, für den meisten Ärger.
Das sogenannte „Dampfen“ sei der erste Schritt auf dem Weg zum Nichtraucher, heißt es in
einer Erklärung.
Streng sind auch die Beschränkungen für Werbe­ und Sponsoringmaßnahmen. So dürfen
Namen von Zigarettenmarken nicht mehr genannt werden. Das Werbeverbot geht so weit, dass
sich die Juristen des Gesundheitsministeriums genötigt sahen, in den Erläuterungen zum
Entwurf folgende Klarstellung zu treffen: „Vom Werbeverbot nicht umfasst ist der allgemeine
Geschäftsverkehr; das heißt, dass das Aushändigen von Visitenkarten (. . .) möglich ist.“ Auch
die Teilnahme von Vertretern der Tabakindustrie an Diskussionsveranstaltungen sei erlaubt,
„wenn damit kein Werbeauftritt verbunden ist“.
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JTI, die die Austria Tabakwerke übernommen hat, fürchtet in ihrer Stellungnahme das Ende
jeglichen Sponsorings. Denn es sei nicht eindeutig geregelt, ob die Nennung des Firmennamens
nach der Novellierung weiterhin möglich sei. So unterstütze man etwa die Salzburger
Festspiele oder auch Sozialprojekte. Dafür werde JTI Austria genannt. Das könnte bereits als
unerlaubte Tabakwerbung gelten, meint der Zigarettenhersteller. Auch gebe es
Rechtsunsicherheit durch die vielen Verordnungsermächtigungen, die die Gesundheitsministerin
erlassen könne.
Nach Erhebungen der Statistik Austria rauchen 24,3 Prozent der Österreicher (ab 15 Jahren)
täglich. 5,7 Prozent sind Gelegenheitsraucher, 24,4 Prozent sind ehemalige Raucher, und 45,6
Prozent haben noch nie geraucht.
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