Manifesta Episode 4

Manif esta
Christian, du nennst die­sen Teil Historical Exhibi­
tion. Was war der Auftrag?
Geht es darum, historische und zeitgenössische
Beispiele zu mischen?
dwig
Episode 2: He
… und wie machen wir das
heute Abend mit dem
Fundraising-Event? Oliver
und Livio machen eine
Fotostory über mich und
würden gerne mitkommen …
Ja klar, die Privat­sphäre
der Gäste muss re­spek­
tiert werden … Nach meiner
Präsentation würden sie
sich zurückziehen …
Ja, ich verstehe, alles sehr
diskret …
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Und schon beginnt die erste Präsentation. Gioia und Marcel zeigen die
Resultate ihrer Recherche. Es geht um
jenen Teil der Manifesta, der bestehende Werke zur Ausstellungsthematik
rund um Berufe zeigt.
Ich nenne es einfach historisch im Gegensatz zu
den Arbeiten, die neu für die Manifesta geschaffen werden. Dieser Teil der Ausstellung wird in
Form von Kammern strukturiert – in Anlehnung an
die Kunst- oder Wunderkammern. Sie werden
über die institutionellen Ausstellungsorte verteilt.
Wird das irgendwo erklärt, kontextualisiert? Auf einer Metaebene
muss klar sein, welchen Teil der
Manifesta ich gerade betrete.
Ja, das kann mit
einem Text ge­
Nachdem die Manifesta-Direktorin Hedwig
schehen, aber
am Abend zuvor für 16 Gäste gekocht hatte, vie­lleicht kann
kam sie mit dem 7-Uhr-Flieger aus Amsterman hier auch mit
dam und klärt im Manifesta-Büro bereits
Farbe arbeiten
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wichtige Details des Tagesablaufs.
oder die Bereiche
architektonisch
akzentuieren.
Gioia und Marcel beginnen mit der Präsentation
ihrer insgesamt 14 Kammern.
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Können wir dann bitte beginnen? Ich habe in einer guten Stunde meinen nächsten Termin bei der
Stadtpräsidentin. Und man lernt in der Schweiz
sehr schnell, dass man nie zu spät sein darf.
Beginnen wir mit dem Bereich Jäger und
Astronauten; hier prallt ein sehr alter
auf einen neuen, futuristischen Beruf ...
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Kunstbulletin 11/2015
In der eindrücklichen Präsentation tauchen auch viele Werke namhafter
Künstler auf.
Von den meisten Arbeiten
wissen wir, wo sie sind.
Wir haben darauf geachtet, was sich innerhalb
der Schweiz befindet und
zu vernünftigen Preisen
transportiert werden
kann.
Weiss man eigentlich, wo sich
die von euch zusammengetragenen Arbeiten befinden und
wie realistisch es ist, sie als
Leihgaben zu bekommen?
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Hier gibt es Porträts und Arbeiten, die Einblick in das Kunst­­
system geben. Wir haben auf
Christians Wunsch unsere Arbeits­
zeiten erfasst und spielen mit dem
Gedanken, diese hier mit unseren
Verträgen zu vergleichen.
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Heikel. Aber wir können meinen
Ver­trag und meine Arbeits­
stunden gegenüberstellen: Oh,
das finde ich eine ausgezeichnete Idee! So, jetzt müssen wir
aber los …
Leider muss ich los. Kann ich bitte
noch schnell die Kammer Berufe in
der Kunstwelt seit dem Aufkommen
des privaten Sammlers sehen?
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Die Presseverantwortliche Nora muss
stets die Übersicht behalten: die nächste
Pressekonferenz, die Koordina­tion von
Christians und Hedwigs Terminen und
natürlich der Fundraising-Event.
Das nächste Mal bringe ich
mein holländisches Fahrrad
mit; da sitzt man ganz anders
drauf, es ist anders gebaut.
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Im Eiltempo geht es vom Sihlquai zum Stadthaus,
wo eine kurze Filmaufnahme mit Corine Mauch für
die Manifesta-Homepage geplant ist.
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Die Zeit vergeht viel zu schnell,
und Hedwigs Telefon schlägt Alarm.
Nein, nicht genau. Aber es muss
wegen der Leihgaben ein gesichertes
Museum sein, also entweder Helmhaus oder Löwenbräukunst-Areal.
Weiss man eigentlich
schon, welche Kammer
wo sein wird?
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Ich habe soeben eine
SMS bekommen: Livio
soll nun doch nicht
mit dir fahren, sondern ebenfalls die
S-Bahn nehmen.
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FOKUS // MANIFESTA / EPISODE 2
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Rechtzeitig erreicht man den
vorgesehenen Drehort; und
schon erscheint die gut gelaunte Stadtpräsidentin.
Grüezi Frau
Fijen, die Freude
ist ganz meinerseits!
Natürlich hat Hedwig ein kleines Geschenk mitgebracht.
Oh, sehr schön,
vielen Dank.
Und hier das allererste Exemplar
der ManifestaTasche für Sie!
Guten Tag,
Frau Stadtpräsidentin, schön,
dass Sie Zeit
für uns haben.
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Vor der eigentlichen Aufnahme bleibt noch Zeit
für ein informelles Gespräch.
Sie haben die
Manifesta in
Genk gesehen?
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Nun gilt es ernst. Aber
die beiden sind Profis,
und in weniger als 5
Minuten ist die Szene im
Kasten.
Ja. St. Petersburg leider nicht,
aber Freunde von
mir waren sehr
beeindruckt.
Die beiden Frauen verabschieden sich herzlich.
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Herzlichen
Dank. Das ging
doch schnell!
Ich wünsche Ihnen
alles Gute bei
den Vorbereitun­gen
und viele Überraschungen.
In der Tat hat Zürich ein sehr
lebendiges, breites und hochstehendes Kulturleben; ich bin
überzeugt, dass dies erheblich
zur Lebensqualität dieser Stadt
beiträgt. Und es ist für uns
spannend, mit der Aussenperspektive der Manifesta einen neuen
Blick auf unsere eigene Stadt zu
werfen und etwas zu lernen.
Frau Stadtpräsidentin, weshalb
haben Sie die
Manifesta nach
Zürich geholt?
Hier ist ja alles
fertig und perfekt gestaltet!
Während Nora die Folgen eines Windstosses beseitigt, informiert sie über die aktuellen Anweisungen zum Dinner-Anlass.
Ehm, Oliver soll
heute Abend nun
doch nicht dabei
sein. Seine Anwesenheit wäre
verdächtig.
In Ordnung. Habe
ich noch Zeit, um
etwas anzuschauen?
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Kunstbulletin 11/2015
Hedwig möchte unbedingt weitere lokale Kunstorte kennenlernen
und verabschiedet sich für den Rest des Nachmittags.
Hallo? Haben
Sie geöffnet?
Ich bin seit ihrem Beginn 1996
die Direktorin der Manifesta.
Ich schaue immer, wo wir
Knapp zwei Stunden
stehen, ob es Probleme gibt
später steht Hedwig
und ob wir im Zeitplan sind.
bereits wieder im
Bis jetzt macht der Christian
Mittelpunkt.
alles sehr gut …
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Christian darf an diesem wichtigen Anlass natürlich ebenso
wenig fehlen.
Nach einem üppigen Abendessen diskutieren die handverlesenen Gäste aus Hochfinanz und –kultur im Garten weiter. Ob es
Hedwig gelingt, ein paar zusätzliche Partner für die Manifesta
11 zu gewinnen, wird sich ab dem 11. Juni 2016 zeigen.
Die nächste M
­ anifesta
2018 wird also in Palermo
sein? Weiss man denn
schon etwas über 2020?
So, Kleidung ist geregelt,
dann werde ich nochmals kurz
meine Rede vorbereiten …
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Ich finde es angesichts der
vielen Kritik an Grossanlässen
wie der Manifesta sehr gut,
dass sie proaktiv vorangeht
und Einblicke in ihre eigenen
Funktionsmechanismen gibt.
Zurück im Hotel,
bleibt nur wenig
Zeit, um sich
frischzumachen
und die richtige
Garderobe auszuwählen.
Oha, ich habe
zu viel Roastbeef gegessen.
Also ich war sehr überrascht, dass die Manifesta
es mit einem Künstler als
Kurator versucht.
Die Frage war, was kann ich nach Kasper König
in St. Petersburg noch bringen? Es sollte etwas
Radikales sein; deshalb fragten wir bei Künstlern an. Ein Künstler geht an die Sache ganz
anders heran. Abgesehen davon ist die Manifesta seit jeher immer auch ein Experiment ...
Nochmals herzlichen Dank
für die Einladung; es war sehr
schön. Ich wünsche euch
noch einen schönen Abend und
gerne bis bald.
Wirklich mutig, mit einem Künstler
zu arbeiten: wenn man an die vorletzte Berlin Biennale von Zmijewski
denkt; die ist ja derart grandios
gescheitert ...
Fortsetzung
folgt
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Mitwirkende: Hedwig Fijen (Gründungsdirektorin Manifesta), Corine Mauch (Stadtpräsidentin Zürich), Christi-
an Jankowski (Kurator Manifesta 11), Nora Hauswirth (Presseverantwortliche), Gioia Dal Molin und Marcel
Bleuler (Wiss. Mitarbeitende). Script: Oliver Kielmayer; Fotografie: Livio Baumgartner.
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