PDF - Manifesta 11

Für Alf und Filou ist es der erste Besuch
beim Hundecoiffeur. Die herzliche Begrüssung
beruhigt sowohl Hund als auch Herrchen.
Manif esta
Episode 4:
Hello Dolly
Du bist gar nicht
Dolly?! Na, ich
bin jedenfalls
der Alf.
Ja, wen haben wir denn
da! Aber da ist doch ein
Münsterländer drin …
Was meinst du,
Filou, sollen wir da
wirklich rein?
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Wuff!
Alf hätte beim ersten Besuch
eines Hundesalons vieles erwartet, aber keinesfalls eine
Verbindung zur zeitgenössischen Kunst!
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Dolly gibt’s nicht, ich habe den Namen
1997 mit dem Laden übernommen; es
ist der älteste Hundesalon in Zürich.
Meine Vorgängerin war 25 Jahre lang
hier, aber die hiess auch nicht Dolly.
Früher züchtete ich Parson Russell
Terrier, ähnlich dem Jack Russell,
aber mit langen Beinen. Im Jahr 2000
wollte ich eine Hündin behalten und
nannte sie passend zum Laden Dolly.
Sie wurde dann zum Werbeträger und
steht deshalb im Schaufenster. Das
ist ja von Francis Barrauds berühmtem
Logo für das Musiklabel ‹His Masters
Voice› inspiriert. Dieses Schaufenster
brachte mich in Kontakt zur Manifesta: Guillaume Bijl sah es auf meiner
Homepage und wollte dann mit mir
arbeiten. Als ich seinen Namen googelte, sah ich in einer seiner Installationen genau denselben Hund.
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Also Filou, was
genau wollen wir
denn machen?
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… oder English Setter!
Ja, und wie alt bist
denn du? Ja und wie
heisst denn du?
Filou ist zehn. Und eine
französische Mischung –
soviel ich weiss. Als
ich ihn zu mir nahm, war
er etwa anderthalbjährig.
Zum zehnten Geburtstag
haben ihm Freunde von
mir einen Gutschein für
den Hundecoiffeur
geschenkt.
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Es gibt keinen Hund, der dumm ist!
Also es gibt eine Liste der intelligenten Hunde, laut dieser wäre ein
Afghane sehr dumm, am intelligentesten sind Border Collie oder Schäferhund. Aber es geht darum, wofür
ein Hund gezüchtet wurde; dort
liegt seine Stärke. Klar gibt es Rassen, die sind einfacher zu erziehen
als andere, aber am Ende liegt
es daran, wer am anderen Ende der
Leine steht … gell! Soll ich dich
zuerst einmal mit einem Guetzli
bestechen, ja?
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Hoi Filou ... ja bist du
denn auch ein Filou? Ja?
So so …! Ja, und ein
Gescheiter bist du, gell!
Kunstbulletin 3/2016
Ja, Filou ist sehr
intelligent. Welche Hunderasse ist eigentlich so richtig
dumm?
Oh, du machst
bei der Manifesta mit? Wie
denn das?
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Ich habe ganz spezielle
Leckerli; getrockneten
Cervelat. Das kann man gut
selber machen, und weil
viele Hunde Weizenallergien oder sonst was
haben, ist es ideal.
Also ich bin die Jacqueline!
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Da muss ich auf das Schweizer Tierschutzgesetz verweisen:
Das Tier darf nicht der Lächerlichkeit preisgegeben werden. Wenn
man mit einem gefärbten Hund rumläuft, werden die meisten Leute
lachen: Das frustriert den Hund!
Eine Intimfrisur dagegen ist kurz
geschoren im Intimbereich: hygienisch sinnvoll und ein Standard.
Als die das erste Mal anriefen, dachte
ich, es sei ein Werbeanruf … Manifesta?
Sie erklärten mir das Konzept und
gaben mir einen Termin, wann Guillaume
in Zürich sei. Weil er nicht so oft in
der Stadt ist, wollte man alles unter
einen Hut bringen. Sie kamen mit der
Filmcrew und beinahe kam es zum
Eklat. Guillaume nervte sich total, weil
er nicht informiert war und sich gerne
ohne das ganze Team vorgestellt hätte.
Er lief dann einfach davon, rüber in
die Beiz. Ich folgte ihm und wir haben
über eine Stunde lang gequasselt.
Ich denke, wir machen
einfach das Minimalprogramm. Eigentlich
soll Filou ja nur für
mein Geburtstagsfest
gut aussehen, zudem
riecht er etwas
streng.
Innerlich ist Filou eine Blondine. Vielleicht wären Extensions eine Option? Oder
kann ich ihn pink färben
lassen? Und wenn ich mir
eine Intimfrisur für ihn
wünsche?
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Darf ich euch
dann nach
hinten bitten?
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FOKUS // MANIFESTA / EPISODE 4
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Weil Filou ein wenig aufgeregt ist, darf der Besitzer beim Baden
ausnahmsweise mit dabei sein.
Ich muss ehrlich zugeben,
ich habe mit Kunst nicht so
viel am Hut. Interessierst
du dich denn dafür?
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Ich bin selber Künstler und
arbeite seit 28 Jahren
gemeinsam mit Max Frei
unter dem Namen ALMA als
Künstlerduo.
Ach so! Hättest du denn
an der Manifesta mitmachen wollen?
Was in aller
Welt ist das?
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Das ist der
Rasant B4, ein
älteres Modell;
die heutigen
Föhne sind kleiner. Es braucht
hier ein bisschen
mehr Leistung.
Der Vorteil ist,
dass ich ihn einklemmen kann
und die Hände
frei habe, um auf
den Hund zu
reagieren.
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Jedenfalls baut Guillaume in der
Galerie Grieder meinen Laden als
eine Art Puppenstube nach. Und er
fragte mich, ob ich in der Galerie
für Interaktion sorgen könne, damit
da ein bisschen Leben reinkommt!
Nun sollen einmal pro Woche Hunde
frisiert werden. Mehr geht nicht, ich
habe hier ja auch einen Tageshort.
Ich selber werde vielleicht etwas
nervöser sein, der Hund sowieso,
denn ein Salon ist normalerweise
nicht gerade sein Lieblingsort.
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Kunstbulletin 3/2016
Oder etwas Selbstgebasteltes? Ein
Teelicht?
Nein, ich bin froh,
habe ich mit der
Manifesta nichts zu
tun … Ich bin froh
über alles, mit dem
ich nichts zu tun
habe! Im Moment
suchen Max und ich
eher nach neuen
Ufern und wollen
uns aus der Kunstszene raushalten.
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Oder eine feine Duftkerze?
Nach einer knappen Stunde hat Filou die
Prozedur überstanden.
Also Baden,
Föhnen und
etwas Schneiden
macht rund
120 Franken. Der
Gutschein ist
noch nicht ganz
aufgebraucht.
Wie wäre es mit
etwas aus der
Hundeecke?
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Ich denke, ich nehme so
eine Duftkerze. Ist das
mit der Manifesta nicht
auch eine Geldfrage?
Wenn du Besprechungen
hast, ist das ja ein Zeitaufwand für dich … Wird
das kompensiert?
Gibt’s die Kerzen das ganze
Jahr?
Ja, das ist mein zweites Standbein. Eine
Kerze kostet Fr. 29.70, aber sie brennen
90 Stunden! Coop hat welche für 9.90, aber
die halten maximal 15 Stunden. Ich habe
viel ausprobiert, für mich ist wichtig, dass
es hier nicht so streng nach Hund riecht. Es
ist auch ein schöner Ausgleich zu den
Hunden; gerade für Hundebesitzer ist so
eine Duftkerze etwas Feines!
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Einmal kam ein Bauernhund zu mir, die Haare
völlig verfilzt und drunter Ekzeme. Ein Hund
schwitzt zwar nicht durch die Haut, aber Luft
braucht sie trotzdem. Hinten beim Füdli lebte
es, es war voller Maden … das musste dann
der Tierarzt behandeln. Ich muss den Hund
überall anfassen, deshalb spüre ich auch,
wenn etwas nicht ist, wie es sein sollte.
Das ist noch alles in der
Schwebe. Wir diskutieren
momentan, dass ich die
Einrichtungsgegenstände
vom nachgebauten Salon
bekomme. Abgesehen davon
ist es natürlich auch eine
Werbeplattform; in der
Kunstszene gibt es ja auch
Hunde! Ich bin grundsätzlich immer offen für Neues:
Schon früher war ich ein
richtiges Reisefüdli und
bereiste die ganze Welt!
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Und wenn nun Guillaumes Installation, also
im Prinzip die Einrichtung deines Hundesalons, von einem
Sammler für Hunderttausende von Franken
gekauft wird? Würde
dich das nicht ärgern?
Wird es Guillaume Bijl gelingen, ein
Stück urtümliches Zürich in die Galerie
Grieder zu holen? Werden die Hunde bei
seinem Projekt mitspielen? Die Manifesta wird es zeigen, ab dem 11. Juni 2016.
Also wenn
jemand so
bescheuert
ist und dafür so viel
Geld ausgeben will,
bitte!
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Fortsetzung
folgt
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Mitwirkende: Alf Hofstetter, Künstler, Jacqueline Meier, Hundepflegerin, und Filou.; Script: Oliver Kielmayer;
Fotografie: Livio Baumgartner
FOKUS // MANIFESTA / EPISODE 4
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