Medienmitteilung Zürich, 11. November 2015 Der Pavillon of Reflections Im Sommer 2016 wird in Zürich die elfte Ausgabe der Manifesta, weltweit eine der wichtigsten Biennalen für zeitgenössische Kunst, stattfinden. Als zentrale Präsentationsplattform der Ausstellung wird dazu auf dem Zürichsee in der Nähe des Bellevues der «Pavillon of Reflections» erbaut – eine schwimmende Insel mit Openair-Kino sowie integrierter Badeanstalt, der zugleich als ein neues temporäres Wahrzeichen der Stadt gelten darf. Mit dieser architektonischen Setzung soll zentrumsnah für die 100-tägige Dauer der Kunstbiennale ein neuer Ort geschaffen werden: Der Pavillon bietet Raum für Dialoge und Reflektion der für die Biennale entstandenen Kunstwerke und ist Treffpunkt der Akteure und Besucher. Er entsteht in Zusammenarbeit mit 30 Architektur-studentInnen der ETH Zürich unter der Leitung des Studio Tom Emerson, entworfen und realisiert wird er in einem kollektiven Prozess von den Studierenden selbst. Der Pavillon als Ergebnis eines kollektiven Prozesses Grundlage der Entwürfe war die Aufgabe des Manifesta-Kurators Christian Jankowski an die Studierenden, mit den Elementen LED-Screen, Zuschauerränge, Bad und Bar einen Pavillon auf dem See zu entwerfen. Der Charakter des Pavillons ist massgeblich von der kollektiven Arbeitsweise der StudentInnen und der dafür erforderlichen Koordination bestimmt. Die grösste Herausforderung ist es, den gemeinsamen Entwurf in ein gebautes Projekt umzusetzen. Nach einem Wettbewerb unter den Studenten wurden die vielversprechendsten Ideen ausgewählt und ausgearbeitet. In den verschiedenen Gruppen wird in unterschiedlichen Massstäben gearbeitet – von der Einbettung in die Stadt Zürich und in das Seebecken bis hin zu 1:1 Prototypen –, um die verschiedenen gestalterischen, technischen und organisatorischen Dimensionen des Projekts zu einer vielschichtigen und realisierbaren Architektur zu formen. «In unserem Team decken wir alle relevanten Bereiche der Architekturproduktion ab. Von der Entwicklung des Konzepts über die Detailplanung und Konstruktion von 1:1 Modellen bis hin zu der logistischen Organisation und Dokumentation mit eigener kleiner Zeitung, in der das Projekt aus unterschiedlichen Richtungen beleuchtet wird» so Boris Gusic, Assistent des ETH Studio Tom Emerson. Neben dem Entwurfsprozess wird sich vor allem auch die Produktionsweise auf die endgültige Gestaltung des Pavillons auswirken. Der «Pavillon of Reflections» wird komplett aus Holz gebaut; der Umgang mit dem Material ist ein essentieller Teil des Entwurfs- und Bauprozesses. Für viele Studierende ist der «Pavillon of Reflections» die erste Möglichkeit, ein eigenes Projekt – mit allen Optionen wie auch Herausforderungen – zu realisieren. Nach der Planungsphase wird der Pavillon im Januar 2016, ebenfalls von den Studieren- den, in einer Halle bei Zürich vorfabriziert und im Frühjahr auf dem See zusammengebaut. Das ETH Studio Tom Emerson hat bereits mehrere kollaborative Projekte mit Studierenden entworfen und realisiert. Dazu zählen verschiedene temporäre Pavillons sowie das Belvedere in Zürich Zollikon. Das Manifesta-Projekt lehnt sich an diese Arbeitsweise an, übersteigt in seiner Grösse und Komplexität jedoch den Umfang der bisherigen Projekte. Momente der Kontemplation und der Reflektion «Als das zentrale Forum der Medialisierung und der Reflektion aller künstlerischen Neuproduktionen der Manifesta 11 haben wir den «Pavillon of Reflections», eine schwimmende, multifunktionale Plattform mit riesigem LED-Screen, Zuschauertribüne, Bad und Bar konzipiert», so Christian Jankowski über das Projekt. Tagsüber funktioniert der «Pavillon of Reflections» als eine urbane Insel, als Begegnungsstätte und auch als Badeanstalt, abends als Ort des Nachdenkens über die präsentierten Kunstwerke. Gezeigt werden Filme, die die Entstehungsprozesse der neuen Kunstwerke dokumentieren, aber auch die Ausstellungseröffnungen in den «Satelliten» begleitet. Also Manifesta Ausstellungsorte, welche nicht im Museum sind wie beispielsweise eine Polizeistation, eine Bäckerei oder die Kläranlage. Hierfür dokumentieren Filmteams der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK), GastgeberInnen und KünstlerInnen in Schlüsselmomenten der Produktionsphase. Moderiert werden diese Beiträge von SchülerInnen Zürichs, die als «Kunstdetektive» die Manifesta 11 begleiten. Jankwoski wollte einen neutralen Ort schaffen für die Rezeption, der nicht durch eine Zürcher Institution geprägt ist. «Mit dem Standort auf dem See und damit mitten in der Natur gewinnen wir zudem etwas Abstand zu den Arbeitsplätzen in der Stadt, die ja Thema der Ausstellung sind. Das Freizeitvergnügen und das Erholungsangebot im «Pavillon of Reflections» stellen einen guten Kontrast zur Manifesta-Kunst dar, die an den Zürcher Arbeitsplätzen entsteht. Die sinnliche Wahrnehmung des Moments der Kunstrezeption wird durch das Schwimmen ohne sicheren Grund auf dem Wasser – der Sonne und dem Regen ausgesetzt – noch verstärkt», so Jankowski. » «Der Pavillon of Reflections ist eine Art Manifesta 2.0 Experiment, auf das wir sehr stolz sind. Es erfüllt alle Kriterien. Es funktioniert als eine Plattform für Diskussionen und Dialoge. Es ist auf aktive Teilhabe angelegt, auch wenn es nur für eine Zeit existiert. Zudem ist es aussergewöhnlich und attraktiv für ein grosses Publikum. So spiegelt das ganze Projekt die intensive Kooperation zwischen einer hoch profilierten akademischen Institution und einer nomadischen Biennale. Und es zeigt auch, wie eine Stadt als eine Bühne für künstlerische Erforschungen und Erfindungen funktionieren kann,» so Hedwig Fijen, Manifesta Gründerin und Verantwortliche für die Realisierung der Manifesta 11 in Zürich. 2/4 Die Funktionen des «Pavillon of Reflections» Die Filmpräsentationen und das Begleitprogramm werden tagsüber flankiert vom Badebetrieb. Die Zuschauertribüne, auf der abends die Besucher des Open-Air Kinos Platz nehmen, lädt somit auch tagsüber zum Verweilen ein. Diese Nutzung konstituiert die räumliche Struktur des Entwurfs. Die Multifunktionalität gilt auch für abends: Dann dient das Sonnendeck am Pool als eine Erweiterung der Zuschauerränge. Der Pool in der Mitte des Pavillons fungiert wiederum als Erweiterung des Screens: Der LED-Screen taucht die Plattform in das Licht der Bilder und ein markanter hoher Turm kommuniziert mit der Stadt und markiert den Pavillon auf dem See, während die Bar die Badegäste und Manifesta 11 Besucher mit Drinks und Snacks versorgt. Zürich und ihre Badeanstalten: Die sogenannten «Badis» Die Badekultur hat in Zürich einen hohen Stellenwert. Die Begründung der öffentlichen Bäder geht zurück auf die alten Römer. Viele Zürcher Wohnungen verfügten lange nicht über eigene Badezimmer. Bis 1900 wurden in der Stadt 20 Badehäuser errichtet. Während dem folgenden Bäderboom entwickelte sich der Besuch in öffentlichen Badeanstalten zum festen Bestandteil des Zürcher Alltags. Heute weist Zürich wie kaum eine andere Stadt – gemessen an der Einwohnerzahl – mit rund 30 See- oder Flussbädern und fast 20 weiteren Freibädern eine sehr hohe Bäderdichte auf. So sind die sogenannten «Badis» immer auch ein Ort des Sozialen, ein markantes bauliches Monument innerhalb der Stadtlandschaft, in dem sich eine hoch differenzierte, funktionsorientierte urbane Community gemeinsam und generationsübergreifend ihr hedonistisches Moment gönnt. Eben eine Plattform, auf der sich die Zürcher Stadtgesellschaft, allen Statussymbolen entkleidet, egalitär begegnet. An diese Tradition anknüpfend entwickelt nun der «Pavillon of Reflections» zugleich einen Ort der Begegnung wie der Bildung, des körperorientierten Zeitvertreibs wie des geistig-intellektuellen Mehrwerts. Manifesta 11 11. Juni bis 18. September 2016 www.manifesta11.org / www.manifesta.org Kontakt Nora Hauswirth National Press Officer Contact: [email protected] +41 (0) 43 321 30 37 / + 41 (0) 79 613 92 12 3/4 Über Manifesta Manifesta, die nomadische europäische Biennale für zeitgenössische Kunst, wurde in den frühen Neunziger Jahren als Antwort auf die neuen sozialen, kulturellen und politischen Entwicklungen in der Ära nach dem Kalten Krieg ins Leben gerufen. Mit dem Ziel, das psychologische und geografische Territorium Europas auszuloten, entstand eine dynamische Plattform für den kulturellen Austausch innerhalb des Kontinents. Deshalb findet die Manifesta auch alle zwei Jahre in einer anderen europäischen Stadt statt. Neben der Biennale in Venedig und der documenta in Kassel gehört sie inzwischen zu den bedeutendsten Kunst-Veranstaltungen in der Welt. Seit 1996 fand die Manifesta in Rotterdam, Luxemburg, Ljubljana, Frankfurt, Donostia/ San Sebastián, Trentino–Südtirol, Murcia, Genk und zuletzt in St. Petersburg statt. Mehr als 2,5 Millionen Besucher haben die zehn Manifesta-Ausstellungen und -Programme in den vergangenen zwanzig Jahren besucht. In dieser Zeit hat die Manifesta Künstler und Kuratoren und junge Kunstexperten aus mehr als 40 Ländern gezeigt. Bei jeder Ausgabe setzt man den eingeschlagenen Weg fort, zeitgenössische künstlerische Formen und Arbeitsweisen neu zu definieren und zu gestalten. Gastgeberin der elften Manifesta-Ausgabe ist die Stadt Zürich. Kurator ist der deutsche Video- und Konzeptkünstler Christian Jankowski. Unter dem Titel «What People Do For Money: Some Joint Ventures» bringt er KünstlerInnen mit VertreterInnen verschiedener Zürcher Berufssparten zusammen. Über ETH Studio Emerson www.emerson.arch.ethz.ch Das Studio Tom Emerson repräsentiert einen Lehrstuhl für Forschung und Lehre des Departements Architektur der ETH Zürich. In kollektiven Projekten untersuchen die StudentInnen das architektonische Potenzial von Wiederverwendung und Bricolage.Sie entwerfen und bauen Konstruktionen im Massstab 1:1, basierend auf Bestandsaufnahmen in post-industriellen europäischen Städten. Dieses Inventar von bestehendem Material und Mitteln liegt im Kern der Bricolage. Wenn die Aufgabe im Massstab eines individuellen Machers ist, wird das Inventar scheinbar einfach: Material und Werkzeuge. Aus dieser Haltung wird unter der Leitung des Professors Tom Emerson für die Manifesta 11 der «Pavillon of Reflections» entwickelt. Tom Emerson und sein Team Professor Tom Emerson mit seinen Assistenten Boris Gusic, Daniel Ganz, Iela Herrling, Adi Heusser, Christoph Junk, Guillaume Othenin-Girard, Philip Shelley, Lucy Styles, Thomasine Wolfensberger, Nemanja Zimonjic; Studenten: Christina Albert, Lorenzo Autieri, Vera Bannwart, Alexander Bradley, Arthur de Buren, Jonathan Egli, Josephine Eigner, Kathrin Füglister, Michelle Geilinger, Rudolf Goldschmidt, Dimitri Haefliger, Hannes Hermanek, Donia Jornod, Ricardo Joss, Thierry Jöhl, Phillipp Kraus, Roberto Leggeri, Lukas Loosli, Jonas Meylan, Karin Pfeifer, Jeremy Ratib, Nancy Reuland, Daria Rey, Hanna Schlösser, Valentina Sieber, Anna Maria Stallmann, Kaspar Stöbe, Anastasia Vaynberg, Claartje Vuurmans und Sonja Widmer. 4/4
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