Deutschland: Sturm auf den Weltmeeren

Makro Research
Volkswirtschaft Aktuell
Dienstag, 23. Februar 2016
Deutschland: Sturm auf den Weltmeeren
‡ Während im vierten Quartal 2015 auf den Weltmeeren stürmisches Wetter herrschte, schien über Deutschland die Sonne. So
könnte man die heute gemeldeten Details zum Bruttoinlandsprodukt im vierten Quartal zusammenfassen.
‡ Die Stürme auf den Weltmeeren belasteten nun auch das deutsche ifo Geschäftsklima. Dieses sank zum dritten Mal in Folge,
wie im Vormonat gaben dabei die Geschäftserwartungen spürbar nach. Die Stimmung trübt sich vor allem in der exportlastigen Industrie ein. Hier machen sich die globalen Schwächetendenzen negativ bemerkbar.
‡ Der dritte Rückgang des ifo Geschäftsklimas macht deutlich, dass die Risiken für die Konjunktur steigen. Immerhin steht das
binnenwirtschaftliche Standbein der Konjunktur noch auf festem Boden.
1.
Während im vierten Quartal 2015 auf den Weltmeeren stürmisches Wetter herrschte, schien über Deutschland
die Sonne. So könnte man die heute gemeldeten Details zum Bruttoinlandsprodukt im vierten Quartal zusammenfassen. Sinkende Exporte und leicht zunehmende Importe bremsten das deutsche Wachstum um 0,5 Prozentpunkte im Vergleich zum
Vorquartal (qoq). Hierbei machte sich vor allem die schwache Schwellenländernachfrage negativ bemerkbar: Mit Ausnahme
Mittel- und Osteuropas ging es in allen anderen Regionen mit den Exporten bergab. Dagegen steuerten der private und der öffentliche Konsum 0,3 Prozentpunkte zum Wachstum bei. Die fehlenden Prozentpunkte zum Anstieg des Bruttoinlandsprodukts
um 0,3 % qoq kamen von den Investitionen, allen voran von den Bauinvestitionen.
2.
Die Stürme auf den Weltmeeren belasteten auch das deutsche ifo Geschäftsklima. Dieses sank deutlich um 1,6
Punkte auf einen Stand von 105,7 Punkten (Bloomberg-Median: 106,8 Punkte; DekaBank 106,7 Punkte). Das ist der dritte
Rückgang in Folge, womit sich nun ein Abwärtstrend herausgebildet hat. Während die Lageeinschätzung unerklärlicher Weise
noch zulegen konnte, gaben die Geschäftserwartungen spürbar nach. Der Zeiger der modifizierten ifo-Uhr ist damit im Abschwung-Quadranten angekommen.
3.
Der deutliche Rückgang der Geschäftserwartungen ist ein Warnsignal. Die größten Gefahren sieht die exportlastige Industrie von der schwachen globalen Konjunktur aufziehen. Verstärkt wurden diese Befürchtungen durch die starken Kapitalmarktbewegungen und die Lähmung der europäischen Politik. Inzwischen streifen aber die ersten globalen Sturmausläufer auch die Binnenbranchen. So sanken die Geschäftserwartungen mit Ausnahme des Großhandels in allen anderen Binnenbereichen (Bauwirtschaft, Einzelhandel und Dienstleister). Immerhin sind die Erwartungen in allen Binnenbranchen immer
noch überdurchschnittlich, zumeist sogar außergewöhnlich gut (siehe Abbildung).
Bruttoinlandsprodukts (Wachstumsbeiträge in %-Punkten)
Deutsche Ausfuhren im vierten Quartal 2015 (qoq, in %)
2
%-Punkte
Außenbeitrag
1.0
1.6
1.5
1.1
1
0.6
0.6
Bauinvestitionen
0.8
0.4
0
0.6
-0.1
Ausrüstungen
-0.5
-1
0.4
Lagerinvestitionen
-4
2015 Q1 2015 Q2 2015 Q3 2015 Q4
Quellen: Destatis, DekaBank
AFR
LAM
ASN
ALL
-0.6
-4.4
-5
EWU
BIP
RWEU
-0.4
MNO
-3
NAM
-0.2
Privater Konsum
-1.8
OZN
0.0
-2
MOE
Staatskonsum
0.2
Quellen: Destatis, DekaBank
OZN = Ozeanien, MOE = Mittel- und Osteuropa, NAM = Nordamerika, RWEU = RestWesteuropa, ASN = Asien, LAM = Lateinamerika, AFR = Afrika, MNO = Mittlerer und
Naher Osten.
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Dienstag, 23. Februar 2016
4.
Am dritten Rückgang in Folge und am Abwärtstrend des ifo Geschäftsklimas ist nicht zu rütteln. Man muss
feststellen, dass die Risiken für die Konjunktur zugenommen haben. Doch drei Dinge sollte man nicht aus den Augen verlieren:

Erstens sagt die Drei-Monatsregel nichts über die Länge und das Ausmaß des Abwärtstrends aus.

Zweitens zeichnet das ifo Geschäftsklima nach wie vor ein viel zu optimistisches Bild der Konjunktur. Noch ist dessen
Rückgang „nur“ eine Korrektur übertriebener Zuversicht, doch sollte sich diese Entwicklung in diesem Ausmaß
fortsetzen, muss man über Prognoserevisionen nachdenken – zumindest mit Blick auf Exporte und Investitionen.

Drittens steht Deutschland – anders als in früheren Jahren – besser da, denn es kann sich derzeit immer noch auf eine
rege Konsumnachfrage der privaten Haushalte und des Staates stützen.
Ifo Geschäftsklima
Geschäftserwartungen nach Branchen (Saldenpunkte)
Indexpunkte
130
30
40
"normales" Schwankungsintervall
30
20
120
110
20
10
10
00
100
0
-10
-20
90
-10
-30
80
-40
-20
70
07
08
09
10
Geschäftsklima
11
12
Geschäftslage
13
14
15
-50
16
Geschäftserwartungen
Quellen: ifo, DekaBank
Mittelwert
Feb 16
-30
-60
VG
BAU
EH
GH
DL
Quellen: ifo, DekaBank
Autor:
Dr. Andreas Scheuerle
Tel.: 069/7147-2736, E-Mail: [email protected].
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