ifo Geschäftsklima – Gelassenheit trotz Brexit-Votums

Makro Research
Volkswirtschaft Aktuell
Montag, 25. Juli 2016
Deutschland: ifo Geschäftsklima – Gelassenheit trotz Brexit-Votums
‡ Es hatte sich schon angedeutet, und nun ist es bestätigt: Die deutschen Unternehmen reagieren auf das Brexit-Votum mit
Gelassenheit.
‡ Erstens kam das Votum zu einer Zeit, in der die aktuellen Geschäfte ordentlich laufen und die globalen Indikatoren wieder
anziehen. Gleichzeitig kann sich die deutsche Volkswirtschaft derzeit auf eine robuste Binnennachfrage stützen.
‡ Zweitens gibt es bislang außer der gestiegenen Unsicherheit keine unmittelbaren Auswirkungen des EU-Austritts-Votums der
Briten.
‡ Für das dritte Quartal ist wieder mit einem anziehenden gesamtwirtschaftlichen Wachstum zu rechnen.
Im Juni, dem Monat des Brexit-Referendums, stieg das ifo Geschäftsklima, und man fragte sich, was dieses Plus wirklich
1.
wert sei. Mit den heute veröffentlichten Juli-Werten für das ifo Geschäftsklima kann man festhalten: Die deutschen Unternehmen bleiben insgesamt gelassen. Das ifo Geschäftsklima sank nämlich nur geringfügig um 0,4 Punkte auf einen
Stand von 108,3 Punkten (Bloomberg-Median: 107,5 Punkte; DekaBank: 108,3 Punkte). Erwartungsgemäß gingen die Geschäftserwartungen etwas zurück, jedoch völlig unaufgeregt, während die Lagebeurteilung sich sogar verbesserte. Der Zeiger
der ifo-Uhr blieb damit weitgehend unverändert im Boom-Bereich stehen.
Die Ursachenanalyse beginnt bei einer Umfrage des ifo Instituts bei den Industrieunternehmen im Juni. Immerhin 62 %
2.
der befragten Unternehmen rechneten im Vorfeld des Referendums mit keinen negativen Auswirkungen eines
Brexits. Naturgemäß war der Prozentsatz in großen und exportorientierten Unternehmen geringer als in kleineren und eher
binnenorientierten Unternehmen. Die skeptischere Haltung der Exportwirtschaft ist nicht überraschend, denn sollte das
Vereinigte Königreich in eine Rezession verfallen oder sollten zu einem späteren Zeitpunkte Zölle wieder eingeführt werden, so
wäre das eine natürlich eine Belastung. Doch unterm Strich dürfte das keine Katastrophe werden. Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass die Eintrübung der Geschäftserwartungen im Juli überwiegend auf die Automobilindustrie zurückging,
der am stärksten von einem Brexit betroffenen Exportbranche. Hilfreich für eine Stabilisierung der Geschäftserwartungen
war wohl, dass gegenwärtig die globalen Konjunkturindikatoren wieder etwas anziehen.
3.
Gleichzeitig ist das konjunkturelle Fundament dank einer stabilen Binnennachfrage sehr robust. Der Konsum
zeigt sich unverändert kräftig, was letztlich auch in der guten Stimmung des Einzelhandels zum Ausdruck kommt. Die Bauwirtschaft freut sich über eine steigende Nachfrage, was deren Geschäftsklima von einem Allzeithoch zum anderen jagt, und auch
die gesondert befragten Dienstleister zeigen sich überdurchschnittlich zuversichtlich.
Ifo Geschäftsklima
Ifo Uhr
Indexpunkte
130
27
Aufschwung
"Boom"
120
110
100
90
80
70
07
08
09
Geschäftsklima
Quellen: ifo, DekaBank
10
11
12
Geschäftslage
13
14
15
16
Geschäftserwartungen
Geschäftserwartungen (Saldenpunkte)
17
7
-3
-13
Jan 09
-23
Jul16
-33
-43
"Rezession"
Abschwung
-53
-45 -40 -35 -30 -25 -20 -15 -10 -5 0 5 10 15 20 25 30 35
Geschäftslage (Saldenpunkte)
Quellen: ifo, DekaBank
Makro Research
Volkswirtschaft Aktuell
Montag, 25. Juli 2016
Unterm Strich kann man die Reaktion der Unternehmen auf das Brexit-Votum guten Gewissens als „Gelassen-
4.
heit“ bezeichnen. Die Risiken für die Unternehmen sind sicherlich gestiegen, doch mit Ausnahme der gestiegenen Unsicherheit halten sich die unmittelbaren Konsequenzen bislang noch in engen Grenzen. Ein echter Trumpf dabei ist auch die robuste
deutsche Binnenkonjunktur. Für das dritte Quartal ist nach einer kurzzeitigen Schwäche im zweiten Quartal wieder
mit einem anziehenden gesamtwirtschaftlichen Wachstum zu rechnen.
ifo Geschäftsklima - Branchen
Globaler Surprise-Index: Es dominierten positive Konjunkturüberraschungen
30
40
"normales" Schwankungsintervall
30
30
20
20
20
10
10
10
0
0
-10
-10
0
-20
-30
-20
-40
-30
-10
-20
-50
Jul 16
-60
VG
BAU
EH
GH
DL
Quellen: ifo, DekaBank
-30
Jan 14
Feb 14
Mrz 14
Apr 14
Mai 14
Jun 14
Jul 14
Aug 14
Sep 14
Okt 14
Nov 14
Dez 14
Jan 15
Feb 15
Mrz 15
Apr 15
Mai 15
Jun 15
Jul 15
Aug 15
Sep 15
Okt 15
Nov 15
Dez 15
Jan 16
Feb 16
Mrz 16
Apr 16
Mai 16
Jun 16
Jul 16
Mittelwert
-40
Quellen: IWF, Citi, eigene Berechnungen der DekaBank
Autor:
Dr. Andreas Scheuerle
Tel.: 069/7147-2736, E-Mail: [email protected]
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