Deutschland: Die Kurve gekriegt

Makro Research
Volkswirtschaft Aktuell
Dienstag, 22. März 2016
Deutschland: Die Kurve gekriegt
‡ Überraschend deutlich hat sich das ifo Geschäftsklima im März erholt. Einmal mehr zeigt sich, dass man die deutsche Konjunktur nicht allzu schnell abschreiben sollte.
‡ Hatten im Februar noch die Konjunktursorgen überwogen, so kehrte mit den heutigen Konjunkturindikatoren wieder ein
wenig Ruhe ein.
‡ Unterm Strich positiv, wenn auch etwas verhaltener, fällt das Urteil mit Blick auf die aktuellen Einkaufsmanagerindizes und
die ZEW-Konjunkturumfrage aus.
1. Die Stimmung der deutschen Unternehmen hat sich gemessen am ifo Geschäftsklima verbessert. Der prominente Stimmungsindikator legte im März um einen Punkt auf einen Stand von 106,7 Punkten zu. Die Stimmungsaufhellung war
gleichermaßen bei der Lageeinschätzung und bei den Geschäftserwartungen zu beobachten. Damit hat sich der Zeiger der ifoUhr wieder zurück in den Boom-Quadranten bewegt.
2.
Den Anstieg der Lagebeurteilung kann man nur noch sehr schwer interpretieren, denn die Unternehmen schätzen ihre Lage weitaus besser ein, als es das gesamtwirtschaftliche Wachstum hergibt. Umso mehr richtet sich daher das Augenmerk auf die Geschäftserwartungen, die nicht nur die konjunkturelle Entwicklung derzeit besser widerspiegeln, sondern
auch ein vorausschauendes Element beinhalten. Der Anstieg der Geschäftserwartungen im März muss auch vor dem
Hintergrund des starken Einbruchs im Vormonat gesehen werden. Nimmt man diesen mit in den Blick, dann ist der heutige Anstieg nur eine kleine Gegenbewegung, mehr nicht. Die jüngsten geldpolitischen Maßnahmen der Europäischen Zentralbank dürften kaum einen Anteil daran gehabt haben. Laut der ifo Kredithürde ist die Kreditverfügbarkeit kein Hinderungsgrund für Investitionen, und auch das Zinsniveau dürfte kein Hemmschuh sein. Tatsächlich haben Führungskräfte in einer Umfrage von Roland Berger die Geldpolitik sogar mehrheitlich negativ beurteilt.
3.
Alles in allem zeigt die ifo-Umfrage, dass man die deutsche Konjunktur nicht abschreiben sollte. Selbst wenn
das ifo Geschäftsklima drei Mal in Folge gesunken ist, dann ist das noch lange nicht der Vorhof zur Rezession, sondern immer
noch nur die Trendwende eines Indikators – mehr nicht.
4.
Am heutigen deutschen Super-Tuesday wurde aber nicht nur das ifo Geschäftsklima veröffentlicht. Er begann mit den
Schnellschätzungen der Einkaufsmanagerindizes. Diese entwickelten sich weitgehend unauffällig: Der Industrieindikator sank
geringfügig, und im Gegenzug nahm der Dienstleistungsindikator leicht zu. Letztlich unterstreichen die Einkaufsmanagerindizes das Auseinanderklaffen der Schere zwischen der schwachen, exportabhängigen Industrie und den robusIfo Geschäftsklima
Ifo Uhr
Indexpunkte
130
27
Aufschwung
"Boom"
120
110
100
90
80
70
07
08
09
10
Geschäftsklima
Quellen: ifo, DekaBank
11
12
Geschäftslage
13
14
15
Geschäftserwartungen
16
Geschäftserwartungen (Saldenpunkte)
17
7
-3
-13
Jan 09
-23
Mrz 16
-33
-43
"Rezession"
Abschwung
-53
-45 -40 -35 -30 -25 -20 -15 -10 -5 0 5 10 15 20 25 30 35
Geschäftslage (Saldenpunkte)
Quellen: ifo, DekaBank
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Dienstag, 22. März 2016
ten, binnengetriebenen Dienstleistern.
5.
Die Stimmung der Finanzmarktanalysten hat sich ebenfalls nur geringfügig verändert. Die ZEWKonjunkturerwartungen stiegen leicht um 3,3 Punkte an und damit deutlich weniger als im Durchschnitt (+8,9 Punkte). Die Lageeinschätzung gab um 1,6 Punkte nach, was ebenfalls angesichts eines Durchschnittswerts von -7 Punkten für einen Rückgang kaum der Rede wert ist. Weiterhin bleiben die Konjunkturerwartungen verhalten, während die Lageeinschätzung recht
zuversichtlich ist.
Einkaufsmanagerindizes
ZEW-Konjunkturumfrage
65
Punkte
100
60
55
50
50
0
45
40
-50
35
30
2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016
Industrie
Dienstleister
Quellen: Markit, DekaBank
-100
2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016
Lagebeurteilung
Konjunkturerwartungen
Quellen: ZEW, DekaBank
6.
Ein Wort noch zu den schrecklichen Attentaten von Brüssel: Das damit verbundene menschliche Leid ist unbeschreiblich. Trauer, Sorge und auch Wut sind Gefühle, die die Menschen heute bewegen. Angesichts dieser Tragödie fällt der
nüchterne ökonomische Blick auf die jüngsten Ereignisse schwer. Allen Erfahrungen nach dürften die ökonomischen Folgen
überschaubar bleiben. Es überwiegen kurzfristige Reaktionen wie die an den Aktienmärkten. Auch ist in den kommenden Wochen mit einer schwächeren Entwicklung im belgischen Handel und Tourismus zu rechnen. Doch die gesamtwirtschaftliche
Entwicklung sollte davon nur geringfügig betroffen werden.
Autor:
Dr. Andreas Scheuerle
Tel.: 069/7147-2736, E-Mail: [email protected]
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