Deutschland: ifo Geschäftsklima – Wechselbad der Gefühle

Makro Research
Volkswirtschaft Aktuell
Mittwoch, 22. Februar 2017
Deutschland: ifo Geschäftsklima – Wechselbad der Gefühle
‡ Wie der Einkaufsmanagerindex für die deutsche Industrie schießt auch die Lageeinschätzung der ifo-Umfrage durch die Decke. Zusammen mit der leichten Erholung der Geschäftserwartungen, ließ dies das ifo Geschäftsklima deutlich ansteigen. Der
merkliche Rückgang des ifo Geschäftsklimas aus dem Vormonat wurde damit wieder wettgemacht.
‡ Gleichzeitig klaffen Lageeinschätzung und Geschäftserwartungen immer weiter auseinander. Hierin zeigt sich die Kombination aus guten Konjunkturindikatoren und hohen Risiken (Protektionismussorgen, Populismus).
‡ Auch im Branchenmix gibt es divergierende Entwicklungen: Exportorientierte Branchen legen zu, binnenorientierte Branchen
verlieren.
‡ Alles in allem steuert Deutschland auf ein gutes erstes Quartal zu.
1. Die Unternehmen durchleben ein Wechselbad der Gefühle: Im Januar sank das ifo Geschäftsklima von 111,0 Punkte
auf einen leicht nach oben revidierten Stand von 109,8 Punkten, heute steht es entgegen den Erwartungen wieder dort, wo es
auch im Dezember stand – bei 111,0 Punkten (Bloomberg-Median:109,6 Punkte; DekaBank: 109,7 Punkte). Verbessert haben
sich dabei sowohl die Lageeinschätzung als auch die Geschäftserwartungen. Während die Geschäftserwartungen aber nur
moderat zulegten und noch deutlich unter dem Dezemberwert rangieren, schießt die Lagebeurteilung durch die
Decke. Der Zeiger der ifo-Uhr steht weiterhin im „Boom“-Quadranten.
Dieses Wechselbad der Gefühle zeigt sich nicht nur in der zeitlichen Entwicklung, sondern auch im Auseinan-
2.
derklaffen von Lageeinschätzung und Geschäftserwartungen. Seit Herbst 2012 war der Abstand zwischen der zuversichtlichen Beurteilung der Gegenwart und der verhaltenen Einschätzung der Zukunftsperspektiven nicht mehr so stark. Starken globalen Konjunkturindikatoren, die auf ein gutes erstes Quartal hindeuten, stehen Protektionismussorgen
und politische Unsicherheiten gegenüber. So zogen die globalen Einkaufsmanagerindizes für die Industrie und die Dienstleister weiter an und die gestrigen Ergebnisse der Februarumfrage in Euroland lassen eine Fortsetzung dieser Entwicklung auf
globaler Ebene im Februar erwarten. Auch die mit etwas Verzögerung vorliegenden Welthandelsindikatoren weisen nach oben
und zeigen an, dass die von den Frühindikatoren angezeigte globale Belebung tatsächlich unterwegs ist. Vor diesem Hintergrund verblasste im Februar die immer noch vorhandene Verunsicherung. Nach wie vor weist der monatliche globale PolitikUnsicherheits-Indikator ein Allzeithoch auf. Der deutsche Indikator liegt ebenfalls auf einem außergewöhnlich hohen Niveau.
Betrachtet man die Branchen, so zeigt sich seit Dezember ein Trend, dass die binnenorientierten Branchen von
3.
sehr hohen Niveaus (zum Teil von Allzeithochs) kommend Federn lassen müssen. So haben die Geschäftsklimata im
Ifo Geschäftsklima
Ifo Uhr
Indexpunkte
125
27
Jan 17
Aufschwung
"Boom"
115
110
105
100
95
90
07
08
09
Geschäftsklima
Quellen: ifo, DekaBank
10
11
12
13
Geschäftslage
14
15
16
Geschäftserwartungen
17
Geschäftserwartungen (Saldenpunkte)
17
120
7
-3
-13
-23
Feb 17
Jan 09
-33
-43
"Rezession"
Abschwung
-53
-45 -40 -35 -30 -25 -20 -15 -10 -5 0 5 10 15 20 25 30 35
Geschäftslage (Saldenpunkte)
Quellen: ifo, DekaBank
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Mittwoch, 22. Februar 2017
Bau, im Einzelhandel und bei den Dienstleistern nachgegeben. Die Gründe können einerseits in den sehr hohen Niveaus zu suchen sein, aber möglicherweise auch in der anziehenden Inflation, die den Nachfragern Kaufkraft entzieht. Die anderen Rahmenbedingungen stimmen noch, denn der Arbeitsmarkt zeigt sich genauso stabil wie die Lohnzuwächse. Im exportabhängigen verarbeitenden Gewerbe dagegen legte die Stimmung zu, genauso wie die Exporterwartungen für die kommenden
drei Monate. Hier spiegelt sich der neue Schwung der globalen Konjunkturindikatoren wider.
4.
Alles in allem deutet sich ein gutes erstes Quartal an. Die ohne Frage vorhandenen Risiken sind zwar aus Sicht der Unter-
nehmen vorerst in den Hintergrund getreten, aber nicht geringer geworden. Doch um die derzeitige Konjunktur angesichts des neuen Schwungs der Weltwirtschaft auszubremsen, müssten sich diese Risiken entweder konkretisieren
oder weiter an Gewicht gewinnen.
Welthandel und RWI-Containerindex
(yoy, in%, standardisiert)
Politik-Unsicherheits-Indikator Deutschland (Punkte)
3
450
2
400
350
1
300
0
250
-1
200
-2
150
100
-3
50
Container WLD
Welthandel
Quellen: ifo, DekaBank
0
1995
1996
1997
1998
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
2015
2016
2017
1994
1995
1996
1997
1998
1999
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2015
2016
-4
Quellen: Baker et al., DekaBank
Autor:
Dr. Andreas Scheuerle
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