THEMA DER WOCHE „Konfliktrohstoffe“: Auf der Suche nach dem

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10.12.2015
Daten | Fakten | Argumente
THEMA
DER
WOCHE
„Konfliktrohstoffe“: Auf der Suche
nach dem richtigen Hebel
EU arbeitet an einer
Verordnung
Die EU-Kommission hat 2014 den Entwurf einer Verordnung vorgelegt, die eine freiwillige
Selbstzertifizierung für Importeure der sogenannten Konfliktmineralien Zinn, Tantal, Wolfram und
Gold vorsieht. Diese Verordnung wird nun zwischen den EU-Institutionen Kommission, Parlament
und Rat diskutiert. Dem Europäischen Parlament geht sie nicht weit genug: Die Parlamentarier
fordern verbindliche Regeln zur Offenlegung der Lieferketten vom Importeur bis zum Endproduzenten. Die Bundesregierung hat sich nach der EU-Parlamentsentscheidung von einem freiwilligen
Ansatz, wie er ursprünglich in der Koalitionsvereinbarung von Union und SPD vorgesehen war,
abgewandt und spricht sich nun ebenfalls für eine verbindliche Regelung aus. Der DIHK sieht
einen verpflichtenden Ansatz entlang der gesamten Lieferkette sehr kritisch und unterstützt den
Vorschlag der EU-Kommission.
Erfahrungen aus
den USA
Die USA haben 2010 mit dem Dodd-Frank-Act US-börsennotierte Unternehmen zur Offenlegung verpflichtet, ob ihre Produkte die vier Konfliktmineralien enthalten und ob diese aus der
Demokratischen Republik Kongo oder den Nachbarländern stammen. Um diese Berichtspflicht zu
erfüllen, sind die betroffenen Unternehmen gezwungen, die Frage durch ihre Lieferkette hindurch
an ihre Zulieferer weltweit „durchzureichen“. Eine Studie der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe zeigt, dass die Beantwortung vor allem kleine und mittlere Betriebe in der gesamten Lieferkette vor sehr große Herausforderungen stellt. Der finanzielle und zeitliche Aufwand
ist enorm; eine Studie der Tulane Universität sah den Aufwand im ersten Jahr bei durchschnittlich
4.700 Stunden und 550.000 US-Dollar pro Unternehmen. Eine Rückverfolgung bis zur Mine ist
zudem nach einigen Verarbeitungsschritten meist nicht mehr möglich. Auch die Auswirkungen auf
die Herkunftsländer sind umstritten. Laut Ökoinstitut verzichten Unternehmen infolge des DoddFrank-Acts oft gänzlich auf Rohstoffe aus der betroffenen Region. So wurde nicht nur bewaffneten Gruppen die Finanzierung entzogen, sondern gleichzeitig der legale, regionalwirtschaftlich
wichtige Kleinbergbau stark geschädigt.
Schritt für Schritt statt
Hals über Kopf
Der Verwaltungsaufwand einer neuen EU-Berichtspflicht entlang der gesamten Lieferkette bedeutet vor allem für den Mittelstand hierzulande eine signifikante Mehrbelastung. Das gefährdet die
Wettbewerbsfähigkeit europäischer Betriebe im internationalen Vergleich. Der DIHK unterstützt den
Vorschlag der EU-Kommission, eine freiwillige Selbstzertifizierung möglichst weit am Anfang der
Lieferkette, also bei Rohstoffimporteuren als erstem „Berührungspunkt“ in der EU, anzusetzen. Das
maximiert die Chancen für eine erfolgreiche Rückverfolgung und reduziert den Verwaltungsaufwand
deutlich. Der freiwillige Ansatz ermöglicht es Unternehmen in der EU, sich selbst und Lieferanten im
EU-Ausland flexibel und schrittweise auf die neue Regelung einzustellen. Die EU tut gut daran, dem
Vorschlag der Kommission zu folgen und eine praktikable und effiziente Regelung zu schaffen.
Ansprechpartnerin:
Rima Al-Tinawi, DIHK Berlin, Telefon 030 20308-2314
In Krisengebieten, sei es in Afrika oder aktuell im Nahen Osten, werden immer wieder Erlöse aus
dem Rohstoffhandel genutzt, um bewaffnete Gruppen und Bürgerkriege zu finanzieren. Um diesen
Mechanismus zu durchbrechen, haben Politik und Zivilgesellschaft eine Reihe von Programmen vor
Ort eingeführt, beispielsweise zur Korruptionsbekämpfung und Zertifizierung von Rohstoffminen in
Afrika. Auch Industrie-Initiativen wie das „Conflict Free Smelter Program“ wurden ins Leben gerufen.
Zivilgesellschaft und Politik fordern, dass die Wirtschaft in diesem Bereich noch mehr Verantwortung
übernimmt. Diese Forderung will die Europäische Union mit einem Gesetz untermauern.