ErbStG April 2015

Verfassungswidrigkeit des Erbschaftssteuergesetzes – Aktuelle Entwicklungen (April 2015)
von: Tobias Mairoser
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Das Bundesverfassungsgericht hat mit seinem am 17. Dezember 2014 verkündeten Urteil die derzeitige gesetzliche
Regelung zur Verschonung von vererbtem Betriebsvermögen für nicht vereinbar mit dem Gleichheitsgrundsatz des
Art. 3 des Grundgesetzes erklärt. Zwar läge es durchaus im Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers insbesondere
kleinere und mittlere inhabergeführte Unternehmen zur Sicherung deren Fortbestandes und vor allem zur Erhaltung
von Arbeitsplätzen steuerlich zu begünstigen. Die augenblicklich geltenden Begünstigungsregelungen gewährten
jedoch Verschonungsmöglichkeiten, die im Ergebnis zu unverhältnismäßigen oder gar ungerechtfertigten steuerlichen
Privilegierungen führen würden und deshalb nicht im Einklang mit dem Grundgesetz stünden.
Der Gesetzgeber wurde dazu aufgefordert, bis zum 30. Juni 2016 verfassungskonforme Neuregelungen zu schaffen. Bis
dahin sollen die bisherigen Vorschriften weiterhin grundsätzlich anwendbar bleiben. Über die Ausgestaltung der
künftigen Regelungen kann derzeit nur spekuliert werden. Es muss jedoch mit einer deutlichen Verschärfung der
derzeit geltenden steuerlichen Begünstigung von Firmenerben gerechnet werden.
Das Bundesverfassungsgericht macht seinen Urteilsspruch u. a. daran fest, dass augenblicklich auch größere
Unternehmen ohne eine sogenannte „Bedürfnisprüfung“ in die Verschonungsmöglichkeiten mit einbezogen werden.
Hier erreiche die Ungleichbehandlung schon wegen der Höhe der von der Besteuerung ausgenommenen Beträge ein
Maß, welches ohne die konkrete Feststellung der Verschonungsbedürftigkeit des erworbenen Unternehmens im
Einzelfall mit einer gleichheitsgerechten Besteuerung nicht in Einklang zu bringen sei. Der Gesetzgeber ist in den
kommenden Monaten gefordert, präzise und handhabbare Kriterien zur Bestimmung der Unternehmen festzulegen,
für die eine Verschonung ohne Bedürfnisprüfung nicht mehr in Betracht kommt und demzufolge unwiederbringlich in
vollem Maße der Besteuerung unterliegen.
Die derzeit geltenden Verschonungsregeln für Schenkungen oder Erbschaften von begünstigtem Betriebsvermögen
sehen eine Steuerbefreiung von 85% des steuerlichen Unternehmenswertes vor, wenn im Zuge des Betriebsübergangs
die Arbeitsplätze weitgehend gesichert werden. Unternehmen mit bis zu 20 Beschäftigten – sogenannte
Kleinunternehmen – sind von dieser Einschränkung sogar gänzlich verschont. Darüber hinaus wird Firmenerben ein
weiterer Abzugsbetrag von bis zu EUR 150.000 gewährt, sofern bestimmte Wertgrenzen beim verschenkten bzw.
vererbten Betriebsvermögen nicht überschritten werden. Im Ergebnis sind derzeit Schenkungen oder Erbschaften von
Betriebsvermögen bis zu einem Wert von EUR 1.000.000 grundsätzlich steuerfrei, was nach Auffassung der Richter eine
steuerliche Überprivilegierung der Firmenerben gegenüber Erben von Privatvermögen darstelle.
Vor dem Hintergrund der generell zu erwartenden Verschärfung der geltenden steuerlichen Begünstigung von
Firmenerben, empfehlen wir Ihnen sich zeitnah entsprechende Gedanken zu dem bei Ihnen anstehenden
Generationenwechsel zu machen, um hierfür eine steueroptimale Gestaltung für Sie zu finden. Klein- und mittelgroße
Unternehmen werden aus unserer Sicht zwar auch künftig nahezu vollständig von der Erbschaft- und
Schenkungssteuer verschont bleiben, jedoch erwarten wir auch hier eine deutliche Verschärfung für die
Inanspruchnahme der o.g. steuerlichen Verschonungsregelungen. Hauptleittragende der künftigen
Erbschaftsteuerreform sind aus unserer Sicht insbesondere Großunternehmen, die mit einer deutlich höheren
erbschaftsteuerlichen Belastung rechnen müssen.
Wir werden Sie über den Verlauf des Gesetzgebungsprozesses weiter informieren und stehen Ihnen bei individuellen
Fragen gerne in einem persönlichem Gespräch zur Verfügung.