- Bommer und Partner

TAX-NEWS
Kundeninformation von BOMMER + PARTNER TREUHANDGESELLSCHAFT zu
aktuellen Steuerthemen ǀ Mai/Juni 2015 ǀ Nr. 12
Die 2013 zustande gekommene Initiative
„Millionen-Erbschaften
besteuern
für
unsere
AHV“
(Erbschaftssteuerreform)
möchte eine Erbschafts- und Schenkungssteuer
auf
eidgenössischer
Ebene
einführen. Mit einer Annahme würde ein
bewährtes und über Jahrzehnte optimiertes
Steuersystem auf Stufe der Kantone
abgeschafft und durch ein neues und spätestens auf den zweiten Blick - ziemlich
kurioses Steuersystem auf Stufe Bund
ersetzt.
Gleichzeitig
entstehen
hohe
Unsicherheiten in der Umsetzung der
neuen Bestimmungen - namentlich im
Zusammenhang mit der Nachfolgeregelung
von
kleinen
und
mittelständischen
Unternehmen
(KMU).
Unternehmen
notabene - welche das Rückgrat der
Schweizer Wirtschaft bilden. Vorliegend
finden Sie ein Update im Hinblick auf die
Abstimmung vom 14. Juni 2015.
Wir wünschen eine spannende Lektüre!
Markus Riesen
dipl. Steuerexperte
dipl. Wirtschaftsprüfer
Partner
[email protected]
Mathias Keller
dipl. Steuerexperte
Betriebsökonom FH
Mitglied des Kaders
[email protected]
IST-SITUATION
Die Erbschafts- und Schenkungssteuern werden in
der Schweiz in aller Regel gemeinsam festgeschrieben.
Sie
unterscheiden
sich
im
Wesentlichen nur im Zusammenkommen des
Steuertatbestandes: Die Erbschaftssteuer wird auf
einer Zuwendung von Todes wegen, die
Schenkungssteuer auf einer lebzeitigen Zuwendung
erhoben.
Mit Ausnahme des Kantons Schwyz erheben
momentan alle Kantone eine Erbschaftssteuer. Die
Schenkungssteuer wird von allen Kantonen, mit
Ausnahme der Kantone Luzern und Schwyz
erhoben.
Die
Besteuerung
von
Erbschaften
und
Schenkungen an den (überlebenden) Ehegatten
wurde in den vergangenen Jahren vollständig
abgeschafft. Direkte Nachkommen (Kinder, Enkel,
Urenkel) werden nur noch in vier Kantonen
besteuert - in AI mit max. 1%, in LU mit max. 2%, in
NE mit max. 3% und in VD mit max. 7%. Mit dieser
Einschränkung kann zusammenfassend festgestellt
werden, dass Erbschaften und Schenkungen an
Ehegatten und direkte Nachkommen heute nicht
mehr besteuert werden. Besteuert werden dagegen
alle anderen Begünstigten und zwar abhängig vom
Verwandtschaftsgrad
und
der
Höhe
der
Zuwendungen.
Das geltende Steuersystem ist
wesentlichen Merkmalen geprägt:
von
zwei
Erstens - es handelt sich um eine rein kantonale
Steuer, dh. alles was mit der Besteuerung von
Schenkungen und Erbschaften zusammenhängt
liegt einzig und allein in der Kompetenz der
Kantone.
Zweitens - neben den Ehegatten sind auch direkte
Nachkommen - mit den genannten Ausnahmen von dieser Steuer befreit. Auf diese Weise wird
bspw. heute eine familieninterne Unternehmensnachfolge nicht durch steuerliche Aspekte
erschwert oder gar verunmöglicht.
GEPLANTE UMSETZUNG DER INITIATIVE
Die Kompetenz, Erbschafts- und Schenkungssteuern zu erheben, soll von den Kantonen auf den
Bund übergehen. Die Kantone werden dafür
entschädigt, indem sie ein Drittel des Ertrages
erhalten. Zwei Drittel des Ertrages erhält der
Ausgleichsfonds der Alters- und Hinterlassenenversicherung. Mit anderen Worten - die kantonalen
Erbschafts- und Schenkungssteuern werden
abgeschafft.
Mit der Initiative würde nicht mehr eine Erbanfallsteuer, sondern eine Nachlasssteuer fällig.
Entscheidend zur Berechnung der Steuerhöhe wäre
somit nicht mehr, wie viel der einzelne Erbe erhält,
sondern wie gross das vermachte Vermögen, also
der Nachlass des Verstorbenen, ist.
Die Erbschaftssteuer würde fällig, wenn das
vermachte Vermögen mehr als CHF 2 Mio. beträgt.
Vom Betrag über dieser Freigrenze müssten 20
Prozent dem Fiskus abgeliefert werden. Bei einem
Nachlass von bspw. CHF 5 Mio. wären dies also
CHF 600'000. Der Freibetrag gilt pro Nachlass –
unabhängig von der Anzahl Erben, die ihn unter
sich aufteilen.
Die Höhe der Erbschaftssteuer hängt heute stark
vom Verwandtschaftsgrad ab. Künftig wäre es egal,
ob Kinder, Enkel, Geschwister, Konkubinats-partner
oder der Göttibueb erben - alle Erben würden vom
Fiskus gleichbehandelt. Es gibt also Gewinner und
Verlierer. Direkte Nachkommen wie bspw. Kinder
sind heute steuerbefreit und würden künftig zur
Kasse gebeten. Nichtverwandte würden dagegen
mit der neuen Regelung profitieren - sie bezahlen
heute schon ab geringen Beträgen hohe
Erbschaftssteuern (je nach Kanton und Höhe der
Erbschaft über 50%!) und würden nach neuer
Regelung einerseits vom Freibetrag profitieren und
andererseits mit einer Belastung von pauschal 20
Prozent wesentlich tiefer besteuert.
Auch die Schenkungen wären von der Initiative
betroffen: Heute sind Schenkungen an direkte
Nachkommen in den meisten Kantonen steuerfrei.
Die Initiative sieht vor, dass lediglich noch
Schenkungen bis CHF 20'000 pro Jahr und pro
Person steuerfrei sind – unabhängig vom
Verwandtschaftsgrad. Liegen sie über diesem
Freibetrag, werden sie zum Nachlass gerechnet.
Bei den Schenkungen gilt: Abgerechnet wird erst im
Todesfall.
Gehören Unternehmen oder Landwirtschaftsbetriebe zum Nachlass oder zur Schenkung und
werden sie von den Erben oder Beschenkten
mindestens zehn Jahre weitergeführt, sollen für die
Besteuerung besondere Ermässigungen gelten. Mit
dieser Regelung wollen die Initianten den
Weiterbestand von KMU nicht gefährden.
Die neuen Bestimmungen treten am 1. Januar des
zweiten Jahres nach Annahme der Initiative in
Kraft, das wäre also aus heutiger Sicht der
2
1. Januar 2017. Pikant - die Initiative enthält eine
Rückwirkung für Schenkungen, Erbvorbezüge und
Unternehmensnachfolgen ab dem 1. Januar 2012.
Diese
werden
bei
einem
Nachlass
ab
1. Januar 2017 hinzugerechnet.
WÜRDIGUNG / KOMMENTAR
Die Initiative ist von A bis Z fragwürdig. Während
Jahrzehnten haben die Kantone ihre Gesetze zur
Besteuerung von Schenkungen und Erbschaften an
ihre fiskal- und wirtschaftspolitischen Bedürfnisse
angepasst und optimiert - im Grunde eine
Erfolgsgeschichte. Nun soll dieses geltende und
bewährte System einer Idee rot-grüner Politiker
weichen, welche mit einer derart ausgestalteten
Erbschaftssteuer die AHV finanzieren wollen oder
offenbar auch andere Ziele verfolgen - so soll diese
neue Erbschaftssteuer bspw. auch dabei helfen,
'…die Vermögens- und Machtkonzentration bei den
Reichsten einzudämmen…..' (Originalzitat von
Margret Kiener Nellen, Nationalrätin SP/BE gelesen auf der Homepage des Initiativkomitees).
Interessant!
Eine solche neue Bundessteuer stellt einen krassen
Eingriff in die Steuerhoheit und Finanzautonomie
der Kantone dar. Die Initiative richtet sich auch
gegen den demokratischen Willen des Schweizer
Volkes. In den vergangenen Jahren und
Jahrzehnten
wurde
die
Erbschaftsund
Schenkungssteuer für direkte Nachkommen
mehrheitlich abgeschafft. Warum soll sie jetzt
wieder eingeführt werden? Erbschaften an eigene
Kinder gleich zu besteuern wie an Nichtverwandte
ist zudem ungerecht und widerspricht sogar dem
Verfassungsauftrag der Familienförderung. Das
vererbte Geld wurde zu Lebzeiten als Einkommen
und jedes Jahr als Vermögen versteuert. Deshalb
ist es heute unbestritten, dass der Fiskus bei einem
familieninternen
Vermögensübergang
nicht
nochmals zugreifen soll. Aus diesem Grund kämpft
sogar die Konferenz der kantonalen Finanzdirektoren an vorderster Front gegen diese
Initiative.
Die Initiative gefährdet zudem die Nachfolgeregelungen bei zigtausenden KMU's und damit
deren Fortbestand. Alles was im Initiativtext an
Ermässigungen angeboten wird, ist entweder
untauglich oder unscharf formuliert. Zudem soll für
eine entsprechende Privilegierung die Auflage
gelten, dass ein Unternehmen mindestens 10 Jahre
durch die Erben weitergeführt werden muss. Das ist
mindestens aus betriebswirtschaftlicher Perspektive
ein kompletter Unsinn. Ein solcher Vorschlag kann
nur in wirtschaftsfernen Kreisen formuliert werden.
Vieles ist unklar - so bspw. die Definition des
Unternehmens, der Anwendungsbereich der
Ermässigung oder die Höhe des Freibetrages.
Gerade Familienunternehmen in der Rechtsform
einer AG oder GmbH werden oft von mehreren
Beteiligten gehalten oder gehen auf mehr als einen
Erben über. Falls nur Mehrheitsbeteiligungen unter
den Begriff des Unternehmens fallen, so dürften
viele
Konstellationen
von
den
geplanten
Ermässigungen nicht profitieren. Es gibt weitere
unzählige offene Fragen. Letztlich entsteht mit der
Umsetzung dieser Initiative das Risiko, dass
Nachfolgeregelungen bei Familienunternehmen
verunmöglicht
oder
zu
einer
erheblichen
finanziellen Mehrbelastung führen. Eine weitere
Verschlechterung der Rahmenbedingungen für
KMU in diesem Land. Die Wirtschaft bzw. die
Wirtschaftsverbände haben sich aus diesen
Gründen klar gegen die Initiative ausgesprochen.
Die Initiative steht zudem in Bezug auf die
Rückwirkung juristisch auf dünnem Eis. Es stellen
sich Fragen in Bezug auf die Rechtsstaatlichkeit
und
Rechtssicherheit.
Eine
rückwirkende
Besteuerung
widerspricht
dem
allgemeinen
Rechtsempfinden und lässt der staatlichen Willkür
Tür und Tor offen. Derartige Rückwirkungsklauseln
zerstören das Vertrauen in unsere Rechtsordnung,
da sie die Möglichkeit der Planung ausser Kraft
setzen. Sollte die Initiative angenommen werden,
wird ein Präjudiz für weitere Vorstösse geschaffen,
welche die Rechtssicherheit untergraben. Ganz
abgesehen davon, dass eine solche Rückwirkung
auch praktisch kaum durchsetzbar sein dürfte. Die
Umsetzung dieser Initiative bzw. der Vollzug der
neuen Bestimmungen würde für die Steuerbehörden zu einer praktisch unlösbaren Aufgabe Gewinner wären am Ende wohl nur die
Steuerberater und Steuerjuristen……….
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