STELLUNGNAHME zum Entwurf einer Mietbegrenzungsverordnung (MietbegrenzVO NRW) nach § 556d BGB Der BFW Nordrhein-Westfalen bedankt sich für die Möglichkeit der Stellungnahme zum vorbenannten Verordnungsentwurf. Wir bewerten das Ergebnis der jüngsten Mietrechtsnovellierung auf Bundesebene äußerst kritisch und als Weg in die falsche Richtung. Die Herausnahme des Neubaus aus der Mietpreisbegrenzung ist vor dem Hintergrund stark gestiegener Bau- und Baunebenkosten sicherlich zu begrüßen, verhindert aber nicht die vielfältigen Negativwirkungen der staatlich verordneten Preisdeckelung. Demzufolge sehen wir auch in dem Erlass einer Mietbegrenzungsverordnung keinen Ansatz zur Lösung der Probleme auf engen Wohnungsmärkten und lehnen die Umsetzung des Mietrechtsnovellierungsgesetzes grundsätzlich ab. Hauptkritikpunkte: • Die Mietbegrenzungsverordnung schafft keinen neuen Wohnraum. Wie es in der Begründung zum Verordnungsentwurf (S. 1) heißt, ist die Mietpreisbremse „allein nicht ausreichend, um eine Entspannung auf den Wohnungsmärkten zu bewirken.“ Das ist falsch. Die Mietpreisbremse ist weder alleine, noch im Zusammenwirken mit anderen Instrumenten geeignet, angespannte Wohnungsmärkte zu entlasten. Auslöser für einen angespannten Wohnungsmarkt sind nicht die Mietpreise, sondern ist die starke Nachfrage nach Wohnraum, der kein ausreichendes Angebot gegenübersteht. Es fehlt schlichtweg Wohnraum, der nur durch Neubau, nicht aber durch eine Begrenzung der Preise im Mietwohnungsbestand geschaffen werden kann. Der Verordnungszweck wird nicht erreicht. • Die Mietbegrenzungsverordnung ist eine Investitionsbremse. Der Verordnungsgeber erkennt an (vgl. S.8), dass wohnungswirtschaftliche Investitionen im Mietwohnungsbau erforderlich sind. Dem schließen wir uns vollumfänglich an. Mitgliedsunternehmen unseres Verbands machen aber schon jetzt die Erfahrung, dass Investoren, die üblicherweise in den Mietwohnungsbau investieren, auf dem Rückzug sind. Ursprünglich als Mietobjekt geplante Projekte werden in Projekte mit Eigentumswohnungen umgewandelt. Die Ausnahmeregelungen für den Neubau und die Befristung auf fünf Jahre sollen genau diesen Effekt verhindern. Die Geschichte lehrt jedoch, dass befristete Instrumente häufig zu unbefristeten Regelungen werden. Dieses Risiko dürfte bei der Mietpreisbremse besonders hoch sein, da es die vorhandenen Probleme verschärft. Der Neubau wird ausgebremst, die Vorlaufzeit von der Grundstücksbeschaffung über den Bau eines Wohngebäudes bis zum Einzug der Bewohner nimmt mehrere Jahre in Anspruch. Der dringend notwendige Ausgleich von Bedarf und Nachfrage wird also zusätzlich hinausgezögert. Immer neue Eingriffe ins Mietrecht prägen die Unsicherheit im Immobiliensektor. Investitionen müssen langfristig überdacht und geplant werden, denn Immobilien haben einen Lebenszyklus von mehreren Jahrzehnten und sind sprichwörtlich ‚immobil‘. Besonders Kleininvestoren werden sich daher zurückziehen, weil sie das gestiegene Risiko nicht auf eine Vielzahl von Objekten verteilen können. Die Baugenehmigungszahlen im Wohnungsneubau zeigen trotz Niedrigzinsphase nicht den erforderlichen Aufwärtstrend. Insgesamt 45.630 Wohnungen (2013: 49.586) wurden 2014 zum Bau freigegeben. Die Zahl der geplanten Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern ging überdurchschnittlich zurück (-10,3 Prozent auf 16.823 Wohnungen). Die Baugenehmigungen für Mehrfamilienhäuser (ohne Wohnheime) blieben laut IT.NRW mit beantragten 22.368 Wohnungen um 2,4 Prozent unter dem Niveau des Vorjahres. Auf Bundesebene hat die Gesamtzahl der Baugenehmigungen allerdings zugenommen. Demnach hinkt NRW im Bundesvergleich trotz hoher Zuwanderungsraten hinterher. Diese Entwicklung zeigt, dass politische Weichenstellungen zugunsten und nicht zulasten des Wohnungsneubau getroffen werden sollten. • Die Mietbegrenzungsverordnung beschleunigt die Entwertung von privatem Vermögen. Ein Inflationsausgleich durch Mietanpassung ist nicht mehr möglich. Die Ausnahme der Erstmiete von der Mietbegrenzung schließt die tatsächlich stattfindende Vermögensentwertung nicht aus, denn die Erstmiete wird faktisch „eingefroren“. Eine Erhöhung bzw. eine Anpassung der Miete an die Inflation erfordert, dass der örtliche Mietspiegel sich an die Erstmiete annähert. In diesem Zusammenhang erinnern wir daran, dass Mietspiegel ausschließlich dem Inflationsausgleich dienen, nicht der Mieterhöhungsreduzierung. Der Mietspiegel sollte eigentlich der Darstellung der Marktmiete dienen. Da nun durch Kappungsgrenzen- und Mietbegrenzungsverordnung administrativ nach unten beeinflusste Mieten in die Berechnung des Mietspiegels eingehen, wird diese Funktion eingeschränkt. Die Entwertung von Immobilien ist damit vorprogrammiert. • Die Mietbegrenzungsverordnung macht das Vergleichsmietensystem angreifbar. Die Mietpreisbremse wirkt als ein staatlich festgelegter Höchstpreis. Preisbildende Qualitätsmerkmale wie Lage, Zustand und Ausstattung der Wohnung spielen keine Rolle mehr. Bei Erstellung der Mietspiegel gibt es zukünftig keine Durchmischung mehr von Bestands- und freiverhandelten Neumieten, die bisher gemeinsam die Berechnung einer modifizierten Durchschnittsmiete ermöglichten. Nunmehr wird man nur noch auf gekappte Altmieten und staatlich gedeckelte bzw. ‚eingefrorene‘ Mieten zurückgreifen können. Damit fehlt jeder Marktbezug und macht das bewährte Vergleichsmietensystem verfassungswidrig. • Die Mietbegrenzungsverordnung verfehlt die Zielgruppe. In der Begründung auf Seite 3 ist zu lesen, dass „ mit der Dämpfung der Miethöhe bei Wiedervermietungen […] in erster Linie sozialpolitische Zwecke verfolgt [werden]: Sie soll dazu beitragen, der direkten oder indirekten Verdrängung wirtschaftlich weniger leistungsfähiger Bevölkerungsgruppen aus stark nachgefragten Wohnquartieren entgegenzuwirken.“ Der Mietvertrag begründet ein Dauerschuldverhältnis. Vermieter sind deshalb daran interessiert, dauerhaft solvente Mieter zu finden. Auf nachfragestarken Märkten werden sich finanziell schlechter gestellte Mietinteressenten kaum gegen höhere Einkommensgruppen durchsetzen können. Die Mietpreisbegrenzung wird daher das tatsächlich verfügbare Wohnraumangebot für untere Einkommensgruppen nicht vergrößern. Die Vermögensverhältnisse der potenziellen Mietbewerber bleiben weiterhin das entscheidende Kriterium. • Die Mietbegrenzungsverordnung konterkariert lebenslanges Wohnen im Quartier. Ein wichtiger Fokus unserer Verbandsmitglieder liegt unter anderem auf dem Angebot von Senioren-Servicewohnungen im Quartier. Diese Form des betreuten Wohnens gehört zu den bevorzugten Wohnformen älterer Menschen. Sie erspart den Umzug in eine stationäre Altenpflegeeinrichtung und sichert selbstbestimmtes Wohnen auch bei dauerndem Unterstützungsbedarf. Die hierzu notwendigen technischen und personellen Dienstleistungsangebote führen naturgemäß dazu, dass der Mietpreis die ortsübliche Vergleichsmiete um bis zu 20 % übersteigt. Eine rechtssichere Ausnahme dieses speziellen Wohnangebots von der Mietpreisbremse hat bisher nicht stattgefunden und muss dringend nachgeholt werden. Ansonsten werden die massiven Bemühungen der Politik, ein lebenslanges Wohnen im Quartier zu ermöglichen, empfindlich konterkariert. Der BFW Nordrhein-Westfalen ist Teil des „Bündnis für Wohnen“ in NRW geworden, weil er als Vertreter der mittelständischen Wohnungs- und Immobilienwirtschaft zur Erreichung der Bündnisziele ‚bezahlbar, generationengerecht, energieeffizient‘ beitragen kann, insbesondere durch bedarfsgerechten und qualitätsvollen Wohnungsneubau. Leider wird gerade Letzterer durch die wohnungspolitischen Maßnahmen auf Landesebene erschwert. Der nun anstehende Eingriff in Form der Mietbegrenzungsverordnung stellt einen massiven Eingriff in die privatrechtliche Vertragsfreiheit und in private Vermögenswerte dar. Er muss als Ignoranz der Politik gegenüber unternehmerischer Leistung und Risikobereitschaft gewertet werden, ohne die der Aufbau und die Bestandspflege von Immobilien gar nicht möglich wäre. Wir fordern daher erneut zum Umdenken auf. Düsseldorf, 28.04.2015
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