Konkurrenz LARRY DOWNING / REUTERS Freihandelsabkommen sind Instrumente der USA zur ökonomischen und militärischen Beherrschung der Erde. Vor allem einige Schwellenländer versuchen, aus dem Zwang herauszukommen. Von Werner Rügemer SEITEN 12/13 GEGRÜNDET 1 947 · MITTWOCH, 15. OKTOBER 2014 · NR. 239 · 1,40 EURO · PVST A11002 · ENTGELT BEZAHLT WWW.JUNGEWELT.DE Dritte Instanz Dritter Mann Erstes Echo Vierter Tag 2 4 5 7 »Stuttgart 21«: Verfahren zum Weiterbetrieb des Kopfbahnhofs könnte Jahre dauern Fall Oury Jalloh: Die Hinweise auf einen Mord im Polizeigewahrsam verdichten sich. Von Susan Bonath Rüstungskonversion: Resolution der IG Metall Stuttgart sorgt in Gewerkschaft für Missmut USA: Weitere Proteste in Ferguson und St. Louis gegen Polizeigewalt. Aktionstag am 22. Oktober L uftschläge gegen PKK Taliban-Kommandeure schließen sich IS an Soldaten am Mursitpinar-Übergang nach Syrien Anfang Oktober: Auch an der Grenze geht das türkische Militär gegen kurdische Protestierende vor Islamabad. Sechs pakistanische Taliban-Kommandeure haben der Terrormiliz »Islamischer Staat« ihre Gefolgschaft erklärt. Der Sprecher der pakistanischen Taliban (TTP), Schahidullah Schahid, sagte, neben ihm selbst handele es sich um die Kommandeure der Stammesgebiete Orakzai, Kurram und Khyber sowie die Kommandeure des Distrikts Hangu und der Provinzhauptstadt Peshawar. Die TTP als Organisation und ihr Anführer Maulana Fazlullah hätten dem IS-Chef Abu Bakr Al-Bagdadi aber nicht formell die Treue geschworen. Fazlullah unterstütze die Miliz allerdings. Ein pakistanischer Geheimdienstoffizier wertete die Erklärung durch die Kommandeure als einen Schlag für das islamistische Netz Al-Qaida. Das zeige, dass Al-Qaida in Pakistan an Unterstützung verliere, während der IS als »aufsteigender Stern« des militanten Islamismus wahrgenommen werde. (dpa/jW) D Neuer Lokführerstreik noch diese Woche ie türkische Luftwaffe hat am Montag vermutete Stellungen kurdischer Aufständischer im Südosten des Landes angegriffen. Die Militärschläge waren die erste größere derartige Aktion seit Beginn der Friedensgespräche mit der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) vor zwei Jahren. Gleichzeitig blockiert die Regierung in Ankara den militärischen Nachschub und sogar Hilfslieferungen für die von Islamisten eingeschlossene nordsyrische Stadt Kobani. Die Angriffe waren zuerst am Dienstag auf der Website der Zeitung Hürriyet gemeldet worden. Sie wurden später indirekt bestätigt durch eine Presseerklärung des türkischen Militärs. Darin hieß es, dass die Streitkräfte »in stärkster Weise« auf den angeblichen Beschuss einer Polizeistation durch PKK-Angehörige geantwortet hätten. Von Luftschlägen war in dem Statement nicht ausdrücklich die Rede. Wie die Nachrichtenagentur dpa berichtete, warf die PKK der Türkei am Dienstag vor, mit den Angriffen die Waffenruhe verletzt zu haben. Indessen kommen die Bemühungen der US-Regierung, die Türkei zu einer »größeren Rolle« bei der Bekämpfung bewaffneter Islamisten in Syrien zu nötigen, nur langsam voran. Den Meldungen, dass Angriffe der US-Luftwaffe gegen militärische Stellungen des sogenannten »Islamischen Staats« (IS) künftig auch von Incirlik und anderen türkischen Stützpunkten aus geflogen werden dürften, folgte am Montag ein Dementi aus Ankara. Schuld an der Verwirrung war mangelnde Koordination unter den Regierungsstellen in Washington. Verteidigungsminister Charles Hagel hatte über das Thema schon seit Anfang voriger Woche mit der türkischen Seite verhandelt und anscheinend gute Fortschritte gemacht. Am Sonnabend gab er jedoch gegenüber Journalisten zu erkennen, dass er es den Türken überlassen werde, die Einzelheiten einer eventuellen Einigung bekanntzugeben. Statt sich an diese Vorgabe zu halten, waren Mitarbeiter der US-Regierung mit einseitigen Stellungnahmen vorgeprescht. Auch die grundsätzliche türkische Zusage, sich an der Ausbildung von vorgeblich »gemäßigten« syrischen Rebellen zu beteiligen, bedarf offenbar noch der Klärung der praktischen Einzelheiten. Der US-Regierung ist sehr wichtig, dass Trainingslager auf türkischem Boden errichtet werden können. Eine entsprechende Vereinbarung gibt es schon zwischen Washington und Saudi-Arabien. Die für die militärische Ausbildung in Frage kommenden Syrer sollen gründlich überprüft werden, um sicherzustellen, dass es wirklich »Gemäßigte« und nicht etwa radikale Islamisten sind. Das ist jedoch nur die von der Obama-Administration verbreitete Theorie. Mit der Verlagerung des Trainings in die Türkei und nach Saudi-Arabien ist sichergestellt, dass diese feine Unterscheidung praktisch hinfällig wäre. Ob die US-Regierung die Türken wirklich zum Einsatz von Bodentruppen in Nordsyrien drängen will, wie in vielen Medien immer wieder behauptet wird, ist ungewiss. Es gibt dafür keine Beweise oder auch nur Andeutungen durch öffentliche Äußerungen. Die türkische Regierung hat derartigen Ideen eine klare Absage erteilt, solange die USA nicht ihre Vorbedingung akzeptieren. Damit könne man sich erst befassen, wenn man sich auf eine »gemeinsame Strategie« geeinigt hätte, sagte Außenminister Mevlüt Cavusoglu am Sonnabend dem Sender France 24. Im Zentrum dieser Strategie soll nach türkischen Vorstellungen der Kampf gegen die Regierung in Damaskus und die Einrichtung einer Flugverbotszone über Nordsyrien stehen. Das ist für Washington jedoch »derzeit« kein Thema. n Siehe Kommentar auf Seite 8 Hartz IV: Wieder mehr Strafen Knapp 500 000 Sanktionen im ersten Halbjahr. Hauptgrund: »Meldeversäumnisse« E rneut ist die Zahl der Geldstrafen gegen Bezieher des Arbeitslosengeldes II gestiegen. Das berichtete Bild am Dienstag unter Berufung auf aktuelle Daten der Bundesagentur für Arbeit (BA). Demnach registrierte die BA in den ersten sechs Monaten des Jahres 498 002 neue Sanktionen. Dies seien rund 12 000 bzw. 2,4 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Allein im Juni haben die Jobcenter fast 81 000 Strafen verhängt. In 60 000 Fällen hätten die Betroffenen ein Treffen versäumt, »obwohl sie vom Jobcenter sogar per SMS an Termine erinnert werden«, wie Bild hinzufügte. 9 800 Hartz-IVBeziehende wurden im Juni bestraft, weil sie es ablehnten, einen Job, eine Ausbildung oder »Maßnahme« fortzusetzen. In 8 560 weiteren Fällen seien Pflichten der Eingliederungsvereinbarung nicht erfüllt worden. Im Schnitt wurde den Betroffenen der Regelsatz dem Bericht zufolge für drei Monate um je 107,70 Euro gekürzt. Um die verpassten Termine bzw. »Meldeversäumnisse« streiten derzeit die Parteien der Regierungskoalition. Insbesondere die CSU stemmt sich gegen die Pläne des Bundesarbeitsministeriums, die Vorschriften zu den Sanktionen teilweise zu entschärfen. Dessen Chefin Andrea Nahles (SPD) will junge Erwerbslose unter 25 Jahren künftig nicht mehr härter bestrafen als ältere. Linksparteichefin Katja Kipping forderte nach Veröffentlichung der neuen Zahlen einmal mehr die Abschaffung aller Kürzungen bei bestehenden Grundsicherungsleistungen. »Mit den Sanktionen sollen Hartz-IV-Beziehende diszipliniert, gefügig gemacht und gedemütigt werden«, erklärte Kipping am Dienstag in Berlin. Dafür nehme die Bundesregierung »die Existenznot der Betroffenen billigend in Kauf«. Denn schon die vollen Regelsätze seien unzureichend. Auch angesichts der Tatsache, dass zahlreiche Klagen gegen widerrechtliche Sanktionen erfolgreich sind, müsse das System der Bestrafung insgesamt in Frage gestellt werden, betonte die Linke-Vorsitzende. Jana Frielinghaus BERND VON JUTRCZENKA/DPA/BILDFUNK REUTERS/MURAD SEZER Türkisches Militär greift Stellungen kurdischer Aufständischer an. Ankara und Washington verhandeln über gemeinsames Vorgehen gegen »Islamischen Staat«. Von Knut Mellenthin Berlin. Lokführer, Zugbegleiter und andere Mitarbeiter der Deutschen Bahn wollen noch in dieser Woche erneut streiken. Das kündigte die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) am Dienstag an, ohne einen genauen Zeitpunkt zu nennen. Der Ausstand werde jedoch rechtzeitig angekündigt. Zuletzt hatten die Züge der Bahn in der Nacht zum 8. Oktober stillgestanden. GDL-Chef Claus Weselsky beklagte in einem Schreiben an die Mitglieder seiner Organisation, die Lokführer würden »als unbotmäßige, nimmersatte und den sozialen Frieden des Landes bedrohende Separatisten« diffamiert. Zugleich wolle der Konzern nicht über Inhalte verhandeln. Die GDL fordert fünf Prozent mehr Geld, eine um zwei Stunden kürzere Wochenarbeitszeit und eine Begrenzung der Überstunden auf 50 pro Jahr. Sie will auch für die Zugbegleiter, Bordgastronomen sowie Disponenten in ihren Reihen verhandeln. (dpa/jW) junge Welt wird herausgegeben von 1 593 Genossinnen und Genossen (Stand 4.10.2014) Informationen: www.jungewelt.de/lpg 30042 > 4 198625 901409
© Copyright 2024 ExpyDoc