Schattenblick Druckausgabe

Spezial
Volkswirtschaft Spezial
Frankreich: Kein zweites „Italien“
Nr. 4/2014 – 22. Oktober 2014
Makro Research
Überblick
Frankreich: Kein zweites „Italien“
‡ Frankreich hat keinen leichten Stand in der Presse. Die französische Politik ebenso wie die Wirtschaft sorgen regelmäßig für schlechte Nachrichten. Bei den Europawahlen im Mai erreichte die rechtsextreme Partei „Front National“ das beste Ergebnis in Frankreich. Der französische Präsident François Hollande eilt von einem Umfragetief zum
Nächsten. Die Wirtschaft stagniert seit zwei Quartalen, die Lage am Arbeitsmarkt ist die schlechteste seit zehn Jahren und der Reformprozess ist ins Stocken geraten.
‡ Vor dem Hintergrund der politischen und wirtschaftlichen Entwicklung wird Frankreich bereits in mancher Schlagzeile auf eine Stufe mit Italien gestellt. Sollte dies tatsächlich der Fall sein, dann wäre die Währungsunion in ernster
Gefahr. Der gesamte Rettungsmechanismus aus ESM und EZB würde in Frage gestellt werden. Denn Frankreich ist
neben Deutschland die wesentliche Stütze dabei. Von den großen Ländern der Europäischen Währungsunion käme
dann nur noch Deutschland als Rettungsanker in Frage. Daneben wäre die EZB zur Staatsfinanzierung gefordert.
Dem Euroraum stünde dann eine Zerreißprobe mit ungewissem Ausgang bevor.
‡ Frankreich hat Reformbedarf in vielen Bereichen und die gegenwärtige wirtschaftliche Entwicklung ist schwach.
Der Vergleich mit Italien ist aber nicht zutreffend. Die Urteilskriterien Staatsbonität, Arbeitsmarkt, gesamtwirtschaftliche Rahmenbedingungen, Staatsverschuldung, Wachstumsentwicklung und -ausblick lassen dazu
nichts an Klarheit vermissen.
‡ In den vergangenen Krisenjahren war Frankreich neben Deutschland die Stütze für den Euroraum, während Italien
neben Spanien die wesentlichen Belastungsfaktoren für die Währungsunion darstellten. Der Reformstau in Frankreich wird dazu führen, dass das volkswirtschaftliche Wachstumspotenzial schlechter ausgeschöpft werden kann,
aber mit einem “italienischen“ Absturz ist in der gegenwärtig schwierigen Lage der Währungsunion nicht zu rechnen.
Autor
Überblick
AutorenMelzer
Dr. Christian
Tel.: (069) 71 47 – 28 51
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bilanziellen Aspekte zu ziehen. Sollten Kurse / Preise genannt sein, sind diese freibleibend und dienen nicht als Indikation handelbarer Kurse / Preise.
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Frankreich: Kein zweites „Italien“
Nr. 4/2014 – 22. Oktober 2014
Frankreich: Kein zweites „Italien“!
Frankreich gibt ein anhaltend schlechtes Bild in der Presse ab. Die französische Politik und die Wirtschaft lieferten dazu allerdings auch die passenden Vorlagen. In den
nun fast zweieinhalb Amtsjahren von Präsident François
Hollande gab es bereits vier Regierungsumbildungen
und zwei Premierminister. Sein glückloser Amtsvorgänger Nicolas Sarkozy ist in seiner fünfjährigen Präsidentschaft mit einem Premierminister und zwei Regierungsumbildungen ausgekommen. Besondere Aufmerksamkeit haben auch die Europawahlen im Mai auf sich gezogen. Die rechtsextreme Partei „Front National“ erzielte mit 25% das höchste Ergebnis aller Parteien. Die sozialistische Partei von Präsident Hollande kam lediglich
auf knapp 14%. Für Schlagzeilen sorgen auch die Umfragewerte von Präsident Hollande. Keiner seiner Vorgänger hat innerhalb der ersten zwei Jahre mehr an Akzeptanz in der Bevölkerung verloren als er. Mittlerweile
liegt er in den Umfragen sogar nur noch knapp über
dem Allzeitstimmungstief. Dies stammt aus Jacques Chirac‘s zweiter Amtszeit mit einer Zustimmung von 17%
in der Bevölkerung. Die politische Misere geht einher
mit schwachen Wirtschaftsdaten. Seit zwei Quartalen
stagniert die französische Volkswirtschaft. Die Arbeitslosenquote ist im August auf 10,5% angestiegen und
schreibt die seit Winter 2012 anhaltende Krise fort. Eine
derart schlechte Lage am Arbeitsmarkt gab es zuletzt
vor mehr als zehn Jahren. Auch die jüngsten Indikatoren
zum Wirtschaftsvertrauen deuten kaum Besserung an.
Im Economic Sentiment, dem wichtigsten Stimmungsindikator für die Europäische Währungsunion (EWU) ist
Frankreich mittlerweile die größte Belastung (siehe Abbildung 1).
In diesem schwierigen Umfeld wird Frankreich bereits in
mancher Schlagzeile auf eine Stufe mit Italien gestellt.
Ist Frankreich bereits das nächste „Italien“? Dies wäre
für die EWU eine ernsthafte Gefahr. Denn von den vier
größten Volkswirtschaften, die für 75% der Wirtschaftskraft des Euroraumes stehen, bliebe nur noch
Deutschland als Rettungsanker. Die restlichen 14 Länder
sind teilweise durch eigene Krisen erheblich geschwächt. Frankreich ist auch der zweitwichtigste Garantiegeber im Europäischen Stabilitätsmechanismus
(ESM). Dieser würde dann ein erhebliches Glaubwürdigkeitsproblem bekommen. Die Europäische Zentralbank
(EZB) und/oder Deutschland müssten zur Staatsfinanzierung herangezogen werden. Die dann aufkommende
politische Diskussion würde zur Zerreißprobe für die
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Währungsunion und wäre mit schweren Turbulenzen an
den Finanzmärkten verbunden.
Abb. 1 Economic Sentiment der EU-Kommission
Indexpunkte
120
110
100
90
80
70
07
08
09
DEU
10
11
FRA
12
ITA
13
14
EWU
Quellen: EU-Kommission, DekaBank.
Bereits der Blick auf den Leitindex am Aktienmarkt für
den Euroraum offenbart Unterschiede zwischen Frankreich und Italien. Wer in den Aktienindex Eurostoxx 50
investiert, kauft vor allem französische Unternehmen.
Unter den 50 Unternehmen im EuroStoxx 50 finden sich
18 französische Unternehmen und lediglich fünf aus Italien. Deutschland liegt mit 14 Unternehmen an zweiter
Stelle. Frankreich belegt auch in der Liste der 20 weltweit systemrelevanten Banken mit vier Finanzinstituten
den ersten Platz unter den EWU-Ländern und insgesamt
hinter den USA den zweiten Platz gleichauf mit dem
Vereinigten Königreich. Italien hat wie auch Deutschland eine systemrelevante Bank. Dies sind erste Anzeichen für große Unterschiede zwischen Frankreich und
Italien, die aber zunächst kaum Rückschlüsse auf große
Unterschiede in der wirtschaftlichen Verfassung zulassen. Ein erster Anhaltspunkt dafür ist die Lage am Arbeitsmarkt.
Arbeitsmarkt
Die Arbeitsmarktentwicklung in Frankreich war schlecht
in den vergangenen Jahren. Die Arbeitslosenquote ist
seit 2007 von 8,4% auf 10,5% angestiegen. Damit
bleibt Frankreich aber unter dem Durchschnitt im Euroraum von 11,5%. Italien hingegen ist mit einem Anstieg
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von 6,2% auf 12,3% neben Spanien der wichtigste Belastungsfaktor für den Euroraum. Die Lage am italienischen Arbeitsmarkt ist die schlechteste seit mehr als
dreißig Jahren. Bereits in den Vorkrisenjahren haben
sich die Lohnstückkosten und die Produktivität in Italien
entkoppelt (Abbildung 2). Durch die Krise wurde dies
noch einmal verstärkt. In Frankreich hingegen ist die
Produktivität zumindest angestiegen, wenngleich die
Lohnstückkosten deutlich stärker gestiegen sind. Seit
2012 haben beide Länder Arbeitsmarktreformen auf
den Weg gebracht. Für beide Länder sind die Reformen
ein wichtiger Schritt zur Modernisierung des Arbeits-
Abb. 2 Produktivität und Lohnstückkosten
1. Vj. 2000 = 100
140
raum ein Wachstum im Durchschnitt pro Jahr von
0,2%. Während Italien über diesen Zeitraum im Durchschnitt pro Jahr um 1% schrumpfte und damit die größte Belastung für die Währungsunion darstellte, konnte
Frankreich durchschnittlich um 0,6% zulegen. Damit ist
Frankreich neben Deutschland die wichtigste Stütze
gewesen. In diesem Jahr dürfte das italienische Bruttoinlandsprodukt (BIP) erneut leicht schrumpfen, während
Frankreich wie der Euroraum insgesamt zurück zu
Wachstum finden. Im nächsten Jahr ist in Italien wieder
mit Wachstum zu rechnen, das aber hinter dem französischen zurückbleiben dürfte. Italien benötigt dringend
Wachstum, um wieder in die Nähe seines Vorkrisenniveaus von 2007 zu gelangen. Die italienische Wirtschaftskraft gemessen am BIP liegt noch heute deutlich
unter dem Vorkrisenniveau, während Frankreich dies
bereits 2010 wieder erreicht hat (siehe Abbildung 3).
Abb. 3 Bruttoinlandsprodukt seit 2007
130
1. Vj. 2007 = 100
110
120
110
105
100
100
90
00 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14
95
ITA Produktivität
ITA Lohnstückkosten
FRA Produktivität
FRA Lohnstückkosten
Quellen: Eurostat, DekaBank.
90
07
markts, die aber nach einhelliger Meinung des Internationalen Währungsfonds (IWF), der Organisation für
wirtschaftliche Zusammenarbeit (OECD) und der Kommission der Europäischen Union nicht weit genug gehen. Beide Länder stehen zwar vor Problemen am Arbeitsmarkt. Die Herausforderungen in Italien sind jedoch
wesentlich größer. Hinter dem deutlich schlechteren Zustand des italienischen Arbeitsmarktes steht eine entsprechend schlechtere Wachstumsentwicklung.
Wachstumsdifferenzen
Der Euroraum wurde seit 2007 von der Weltfinanzkrise
und im Anschluss von der europäischen Schuldenkrise
getroffen. Zwischen 2007 und 2013 erreichte der Euro-
08
09
EWU
10
11
DEU
12
13
FRA
14
15
ITA
Quellen: Eurostat, DekaBank. Prognose DekaBank
Auch die Einschätzung des Potenzialoutputs für Frankreich und Italien offenbart einen klaren Vorsprung
Frankreichs. Für die Jahre 2014 bis 2019 veranschlagt
der IWF das Potentialwachstum Italiens im Jahresdurchschnitt bei 0,3% und das Frankreichs mit 1,3%. Die anhaltende wirtschaftliche Schwäche Italiens und der trübe Ausblick beim Potentialwachstum gegenüber Frankreich sollten sich auch in den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der beiden Länder widerspiegeln.
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Wirtschaftliche Rahmenbedingungen
Verschuldung und Zinsentwicklung
Das Umfeld für Unternehmer und Investoren wird sehr
unterschiedlich für Frankreich und Italien eingeschätzt.
Ein wichtiger Indikator hierzu ist der „Ease of Doing Business Indicator“ der Weltbank. Dieser Indikator umfasst
zehn Teilbereiche: Geschäftsgründungen, Umgang mit
Baugenehmigungen, Stromversorgung, Erwerb von Eigentum, Kreditverfügbarkeit und Investorenschutz,
Steuern, grenzübergreifender Handel, Durchsetzbarkeit
von Verträgen und Insolvenzabwicklung. Frankreich erreicht bei diesem Indikator Platz 38 (Deutschland, Platz
21) und liegt damit im Mittelfeld der EWU-Länder. Italien hingegen liegt auf Platz 65 und befindet sich damit
unter den schlechtesten Ländern im Euroraum. Weltweit
betrachtet schneidet Italien damit schlechter ab als
Weißrussland oder Bulgarien und liegt nur knapp vor
Ghana und der Ukraine.
Auf den ersten Blick scheint Italien zumindest bei der
Entwicklung des Haushaltsdefizits Frankreich etwas voraus zu sein. Zumal die französische Regierung Anfang
September bereits erklärt hat, die im Mai gesteckten
Sparziele nicht einhalten zu können. Für dieses Jahr ist
im Vergleich zum Vorjahr mit einem Anstieg des Haushaltsdefizits von 4,1% auf 4,4% zu rechnen und für das
nächste Jahr ein Rückgang auf 4,3%. Die Einhaltung
des EU-Defizitziels von 3% ist nun für 2017 geplant.
Marktreaktionen auf die Ankündigung sind ausgeblieben. ltalien hat im Gegensatz zu Frankreich bereits 2012
das EU-Defizitziel erreicht und dürfte auch dieses Jahr
bei einem Haushaltsdefizit von rund 3% liegen. Die unterschiedliche Entwicklung der Staatshaushalte ist aber
vor dem Hintergrund der Gesamtverschuldung der Staaten zu sehen. Die Wirtschaftskrisen seit 2007 haben tiefe Spuren bei der staatlichen Verschuldung in Europa
hinterlassen. Konjunkturprogramme und Rettungspakte
für den Finanzsektor mussten finanziert werden. In den
Jahren von 2007 bis 2013 stieg in Frankreich die Schuldenquote von 64% auf 92% gemessen am BIP. Damit
liegt Frankreich im Durchschnitt der EWU. Italien kämpfte bereits vor der Weltwirtschaftskrise 2008/09 mit einem Schuldenstand von knapp 100% gemessen am BIP.
Dieser ist bis Ende 2013 auf 127% gewachsen (siehe
Abbildung 4).
Besonders erschreckend ist die Einschätzung zur Durchsetzbarkeit von Verträgen, einem wesentlichen Bestandteil einer gutfunktionierenden Marktwirtschaft. Mit Platz
103 wird diese für Italien schwieriger eingeschätzt als
für Griechenland, Eritrea oder die Islamische Republik
Iran. Ähnlich desaströs zeigen sich für Italien die Teilbereiche Geschäftsgründungen oder Baugenehmigungen.
Korruption und Ineffizienz
Im direkten Zusammenhang mit dem wirtschaftlichen
Umfeld stehen Korruptionskontrolle und Effektivität der
Regierung. Hierzu bietet die Weltbank ebenfalls Indikatoren an. Auch dabei trennen sich die Wege von Italien
und Frankreich. Bei der Effektivität der Regierung liegt
Frankreich nur knapp hinter Deutschland in der Spitzengruppe der EWU. Italien befindet sich deutlich hinter
Frankreich, aber auch hinter Georgien oder Ungarn.
Noch mehr Länder lassen Italien beim Index für Korruptionskontrolle hinter sich. Wieder weit hinter Frankreich
wurde Italien auch von Polen und Ruanda abgehangen.
Knapp hinter Italien liegen Rumänien und Bulgarien, die
auch das untere Ende innerhalb der 28 Länder der Europäischen Union (EU) definieren. Bei fundamentalen
gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen gibt es
demnach erhebliche Divergenzen. Ein weiteres wichtiges Kriterium zur Beurteilung der Verfassung eines Landes ist die Entwicklung der Staatsverschuldung.
Abb. 4 Europäische Schuldenquoten*
Staatsverschuldung in % des BIP
140
120
100
80
60
2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015
EWU
DEU
FRA
ITA
* EWU-Staatsschuldenquote in den Jahr 2007,-08,-09 auf Basis von
ESVG1995. Quellen: Eurostat, DekaBank. Prognose DekaBank.
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Während die Märkte die französische Schuldenentwicklung entspannt betrachtet haben, zeigten sie Italien im
Zuge der Euro-Schuldenkrise die „rote Karte“. Im November 2011 lagen die Zinsen für zehnjährige italienische Staatsanleihen 700 Basispunkte (Bp) über vergleichbaren deutschen Staatsanleihen und knapp 400
Bp über entsprechenden französischen Anleihen. Zur
Rettung Italiens und des Euro kaufte die EZB im Rahmen
des Wertpapierankaufprogramms (SMP) Staatsanleihen
in Höhe von 218 Mrd. Euro. Knapp die Hälfte davon
entfiel auf italienische Staatsanleihen. Dies entsprach
mehr als 1/3 des staatlichen Refinanzierungsbedarfs für
Italien im Jahr 2012. Der Druck der Märkte und der EZB
führte zum Entgegenkommen Italiens bei der HausAbb. 5 Zinsentwicklung 10j. Staatsanleihen
% p.a.
8
7
6
5
und Bulgarien bewertet wird, d.h. bei Moodys auf gleichem Niveau und bei S&P etwas besser.
Fazit
Die Urteilskriterien Staatsbonität, Arbeitsmarkt, gesamtwirtschaftliche Rahmenbedingungen, Staatsverschuldung, Wachstumsentwicklung und -ausblick lassen
nichts an Klarheit vermissen. Frankreich auf eine Stufe
mit Italien zu stellen ist nicht gerechtfertigt. Beide Länder haben wirtschaftliche und politische Probleme. Allerdings darf man dabei nicht den Maßstab verlieren.
Frankreich hat in den vergangenen Jahren durch einen
zu langsamen und kraftlosen Reformprozess den Anschluss an Deutschland verloren und versucht diesen
nun wieder aufzuholen. Der Reformstau in Frankreich
wird dazu führen, dass das volkswirtschaftliche Wachstumspotenzial schlechter ausgeschöpft werden kann
und der Abstand zu Deutschland sich vergrößert. Ein
„italienischer“ Absturz Frankreichs und damit das Wegbrechen der zweiten wesentlichen Stütze für den Euroraum, neben Deutschland, steht in der gegenwärtig
schwierigen Lage der Währungsunion nicht bevor.
4
3
2
1
0
07
08
09
10
DEU
11
FRA
12
13
14
ITA
Quellen: Bloomberg, DekaBank.
haltskonsolidierung. Dieser ist bei einem gegenwärtigen
Schuldenstand von 127% dringend erforderlich. Vor
diesem Hintergrund entpuppt sich der Vorsprung Italiens beim Haushaltsdefizit seit 2012 lediglich als Scheinvorsprung.
Staatsbonität
Unterschiedliche Wachstumsperspektiven und Schuldenstände zwischen Frankreich und Italien führen auch
zu deutlichen Unterschieden bei der Einschätzung der
Kreditwürdigkeit beider Länder. Bei den Ratingagenturen Moody’s und Standard & Poor‘s (S&P) erhält Frankreich das zweithöchste Rating Aa1 bzw. das dritthöchste Rating AA, während Italien mit einem Rating von
Baa2 bzw. BBB ungefähr auf dem Niveau von Russland
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Tabelle 1
Ausgewählte Kennzahlen für Euroland und seine vier größten Volkswirtschaften
Euroland
Deutschland
Frankreich
Italien
Spanien
staatreales
staatreales
staatreales
staatreales
staatreales
StaatsStaatsStaatsStaatsStaatsZeit- Arbeits- licher
Brutto- Arbeits- licher
Brutto- Arbeits- licher
Brutto- Arbeits- licher
Brutto- Arbeits- licher
Bruttoschulschulschulschulschul1)
raum losen- Hausinlands- losen- Hausinlands- losen- Hausinlands- losen- Hausinlands- losen- Hausinlandsdendendendendenquote haltsproquote haltsproquote haltsproquote haltsproquote haltspro2)
2)
2)
2)
2)
quote
quote
quote
quote
quote
saldo2)
dukt3)
saldo2)
dukt3)
saldo2)
dukt3)
saldo2)
dukt3)
saldo2)
dukt3)
2007
:
2012
2013
2014
2015
7,5
11,3
11,9
11,5
11,2
-0,7 (66,2)
-3,6
-2,9
-2,7
-2,4
89,0
90,9
94,3
93,7
(3,0)
8,7
0,3
63,5
3,3
8,0
-2,5
64,2
2,4
6,1
-1,5
99,7
1,5
8,2
2,0
35,5
3,8
-0,7
-0,5
0,7
1,2
5,5
5,3
5,1
5,0
0,1
0,1
0,1
0,2
79,0
76,9
74,5
72,1
0,4
0,1
1,5
1,3
9,8
10,3
10,1
10,2
-4,9
-4,1
-4,4
-4,3
89,2
92,2
94,3
95,3
0,3
0,3
0,5
1,0
10,7
12,2
12,5
12,3
-3,0
-2,8
-3,0
-2,5
122,2
127,9
130,5
129,2
-2,3
-1,9
-0,3
0,6
24,8
26,1
24,6
23,3
-10,3
-6,8
-5,9
-4,8
84,4
92,1
98,4
102,0
-2,1
-1,2
1,3
1,8
1) 2014 bis 2015 Prognosen der DekaBank. - 2) In % des nominalen Bruttoinlandsprodukts. Der staatliche Haushaltssaldo und die Staatsschuldenquote für Euroland im Jahr
2007 basieren noch auf dem ESVG1995. - 3) Veränderung gegenüber dem Vorjahr in %.
Quellen: Eurostat, DekaBank
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