KU N D E N S E RVI C E 0 8 0 0 / 9 3 5 8 5 3 7 KO M M E N TA R Zippert zappt Der Zulauf für Pegida schwächt sich ab D THEMEN Dresdner Demo mit weniger Teilnehmern Was die deutsche Schauspielerin Judith Döker in Bollywood erlebte Seite 23 Finanzen Auch ausgelesene Bücher lassen sich zu Geld machen Seite 15 Sport Klopp gesteht: „Ich bin nicht unfehlbar“ Seite 16 Siehe Kommentar und Seite 7 Seite 6 [email protected] Historischer Linksruck in Griechenland Kommentar Seite 3 und Seite 4 Eurokritisches Bündnis Syriza wird stärkste Partei bei Parlamentswahl. Autokorso in Athen. Sieger Alexis Tsipras träumt vom Ende des Sparkurses E Aus aller Welt KIEW – Nach dem Raketenangriff auf die ukrainische Stadt Mariupol mit mehr als 30 Toten haben die Beziehungen zwischen Russland und dem Westen einen neuen Tiefpunkt erreicht. US-Präsident Barack Obama machte die Führung in Moskau für den jüngsten Bruch des Waffenstillstands mitverantwortlich. Die USA würden alle Optionen – außer einem militärischen Eingreifen – prüfen, um den Druck auf Russland zu erhöhen. Bei dem Raketenbeschuss eines Wohngebietes in Mariupol kamen mehr als 30 Menschen ums Leben. Laut einem OSZE-Untersuchungsteam wurden die Raketen vom Typ Grad und vom Typ Uragan aus dem Rebellengebiet abgefeuert. Auch die Nato machte die Separatisten um ihren Chef Alexander Sachartschenko für die Tat verantwortlich. Die Hafenstadt liegt etwa 100 Kilometer südlich der Industriestadt Donezk. Der strategisch wichtige Ort befindet sich zwischen Russland und der von Russland annektierten Krim und wird nicht von Separatisten kontrolliert. Der neue starke Mann in Griechenland heißt Alexis Tsipras. Allerdings ist nicht klar, ob er seine Versprechungen auch einhalten kann neue proeuropäische Partei der politischen Mitte, To Potami (Der Fluss), und die Rechtsextremisten der Goldenen Morgenröte mit 6,4 bis 8 Prozent – 17 bis 22 Mandaten – in etwa gleichauf. Griechenland braucht dringend eine handlungsfähige Regierung. Das Hilfsprogramm der internationalen Geldgeber läuft Ende Februar aus. Tsipras hatte sich ein sofortiges Ende der harten Sparpolitik gefordert (siehe Kasten). Sollten die Geldgeber nicht mitspielen, könnte das Land schon bald zahlungsunfähig sein. Die Europäische Union (EU) und der Internationale Währungsfonds (IWF) haben dem Land bisher mit Darlehen in Höhe von WAS SYRIZA WILL Das Bündnis der radikalen Linken, Syriza, will in Griechenland die harte Sparpolitik beenden – und das sofort. Deshalb sollen die Mindestlöhne im Privatsektor auf das Niveau vor der Krise steigen – von 586 auf 751 Euro. Niedrige Renten sollen angehoben, Privatisierungen sofort gestoppt werden. Mindestens 9500 entlassene Staatsbedienstete bekommen ihren Job zurück. Die wichtigste Forderung des Linksbündnisses ist jedoch ein Schuldenschnitt für das Land, über den eine internationale Konferenz entscheiden soll. Keine Angst vor Syriza rund 240 Milliarden Euro unter die Arme gegriffen. In der Euro-Gruppe wird über eine Verlängerung des griechischen Rettungsprogramms über den 28. Februar hinaus nachgedacht. Die Euro-Finanzminister kommen bereits heute zusammen. Börsenexperten erwarten allerdings keinen drastischen Kurssturz beim Dax oder Euro. Sie gehen davon aus, dass die SyrizaPartei nicht dauerhaft auf Konfrontationskurs mit den Geldgebern gehen wird. So gehen die Analysten der Commerzbank davon aus, dass Athen kein Interesse daran hat, die Unterstützung der EU zu verlieren, und ein Ausscheiden aus der Euro-Zone somit unwahrscheinlich sei. Auch die Geberländer sollten sich den Experten zufolge kompromissbereit zeigen, „weil sie ihren Wählern nicht erklären wollen, dass die Hilfskredite an Griechenland im Fall eines Austritts aus der Währungsunion verloren sind“. Bundesbank-Präsident Jens Weidmann pocht auf die Umsetzung der vereinbarten Reformen. „Klar ist, dass Griechenland auch weiterhin auf Unterstützung durch ein Hilfsprogramm angewiesen sein wird. Und das heißt natürlich auch, dass es ein solches Programm nur geben kann, wenn auch die Verabredungen eingehalten werden“, sagte er am Sonntagabend in der ARD. „Ich hoffe, dass die neue griechische Regierung keine illusionären Versprechungen macht, die sich das Land nicht leisten kann.“ Eine Woche nach dem Demonstrationsverbot wegen einer Terrordrohung hat das islamkritische Pegida-Bündnis in Dresden erneut Tausende Anhänger mobilisiert. Zu der Kundgebung auf dem Theaterplatz kamen nach Angaben der Polizei am Sonntag rund 17.000 Demonstranten – und damit weniger als vor zwei Wochen, als die selbst ernannten Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes noch 25.000 Menschen auf die Straße gebracht hatten. Nur wenige Meter entfernt trafen sich rund 5000 Gegendemonstranten. Es kam zu kleinen Rangeleien. Es war die 13. Kundgebung der Pegida und die erste seit dem Rücktritt ihres Mitgründers Lutz Bachmann. Pegida-Sprecherin Kathrin Oertel wies auf der Kundgebung Berichte über eine Zusammenarbeit ihrer Bewegung mit der AfD zurück. Auch im Zusammenhang mit dem Rücktritt Bachmanns habe es keine Absprachen gegeben, sagte sie. „Pegida ist und bleibt überparteilich.“ Unter großem Beifall der Menge sprach Oertel von „Presselügnern und Politikversagern“. DRESDEN – s ist ein historischer Moment für Griechenland. Erstmals in der Geschichte des Landes hat die Linke eine Parlamentswahl gewonnen. Das Linksbündnis Syriza siegte nach ersten Prognosen mit gewaltigem Vorsprung. Die Partei von Alexis Tsipras kam demnach auf 35,5 bis 39,5 Prozent der Stimmen. Die absolute Mehrheit lag damit für die Linkspartei in greifbarer Nähe, denn in Griechenland hält das Wahlrecht einen besonderen Bonus für den Sieger bei Parlamentswahlen bereit. Nur 250 der 300 Sitze werden in einfacher Verhältniswahl vergeben. Die stärkste Partei erhält einen Zuschlag von 50 Sitzen. Damit sollen die Chancen für die Bildung einer starken Regierung erhöht werden. Die bislang regierenden Konservativen von Regierungschef Antonis Samaras kamen lediglich auf 23 bis 27 Prozent. Schon wenige Minuten nach Veröffentlichung der ersten belastbaren Zahlen versammelten sich Tausende Syriza-Anhänger in der Athener Innenstadt und feierten den Sieg. Zahlreiche Autokorsos zogen durch die Hauptstadt. An den Märkten wurde das Ergebnis skeptisch aufgenommen. Der Euro gab im australisch-asiatischen Handel um einen halben Cent nach und fiel unter den Wert von 1,12 Dollar. Den ersten Prognosen zufolge kann Syriza mit 146 bis 158 Mandaten rechnen, die Konservativen hätten demnach 65 bis 75 Sitze. Spannend war das Rennen um den dritten Platz. Die Anfang 2014 gegründete SILKE MÜLHERR llen Warnungen aus Europa zum Trotz haben die Griechen gewählt, wen sie für richtig hielten. Der nächste Ministerpräsident Griechenlands wird wohl Alexis Tsipras heißen – ob es Brüssel und Berlin nun gefällt oder nicht. Aber besiegelt der Syriza-Sieg wirklich den Untergang des europäischen Abendlands oder zumindest der Eurozone? Es gibt eine ganze Reihe von Gründen, weshalb Tsipras am Ende doch nicht der Schlechteste sein könnte, um Griechenland auf den richtigen Weg zu führen. Sicher: Seine Versprechungen aus dem Wahlkampf – die Lockerung des Sparprogramms und ein einseitig durchgesetzter Schuldenerlass – sind gefährlich. Aber letztlich gehen nicht einmal die griechischen Wähler davon aus, dass Tsipras die ultimative Konfrontation mit den internationalen Gläubigern suchen wird. Was ihn zum unerwarteten Reformer machen könnte, ist die pure Notwendigkeit. Der begnadete Populist Tsipras wird den Griechen, von denen sich immer noch zu viele der Realität verweigern, unbequeme Wahrheiten zumuten müssen. Die wichtigste: Griechenland ist pleite, und wenn sich keine alternativen Geldgeber finden, muss Tsipras einlenken und auf die Troika zugehen. Es ist nur eine Frage von Wochen, bis Athen seine laufenden Kosten nicht mehr decken kann. Ist es also nicht die Vernunft, so wird es der griechische Kassenstand sein, der Syriza-Chef in einen Pragmatiker verwandelt. Für Tsipras spricht zudem, dass er Vertrauen in der Bevölkerung genießt. Im Gegensatz zu den etablierten Parteien gilt er – auch wegen seiner Querschüsse an die Adresse Brüssels und Berlins – im Land nicht als Marionette der ausländischen Gläubiger. Wer, wenn nicht er, könnte die notwendigen Reformen gegen Widerstände durchsetzen? Die bisherige Regierung des Konservativen Antonis Samaras hat ihr politisches Kapital jedenfalls verspielt. Trotz aller Absichtsbekundungen ist der öffentliche Sektor nicht geschrumpft, die Steuerhinterziehung kaum eingedämmt. Vielleicht braucht es also einen Linken wie Tsipras, von dem niemand einen erfolgreichen Neustart erwartet – und der ihn paradoxerweise am Ende vollziehen könnte. Wer hätte etwa vermutet, dass in Deutschland ausgerechnet die Sozialdemokraten unter Gerhard Schröder mit Hartz IV die Arbeitsmarktund Sozialpolitik retten würden? Die Alternativen zu Tsipras sind überschaubar. Er ist der Politiker, der seinem Land am lautesten einen Aufbruch versprochen hat. Nun haben die Wähler ihm das Mandat für eine Neuausrichtung gegeben. Schon bald werden wir sehen, was sie davon haben. DPA/MICHAEL KAPPELER; PA/DPA/JÖRG CARSTENSEN ie Bahn plant, 2016 und 2017 auf die beliebten Preiserhöhungen zu verzichten. Schuld sind skrupellose Fernbusunternehmer, die ihre Tickets verschenken, um der Bahn zu schaden. Die jährliche Preiserhöhung gehört, neben dem Wechsel von Sommer- und Winterfahrplan, zu den bedeutendsten Feiertagen der Bahn, die in ganz Deutschland begangen werden. Es beginnt damit, dass Reisende ungläubig auf ihre Fahrkarte starren, dann schütteln sie fassungslos den Kopf oder rollen mit den Augen. Einige rufen: „Das gibt’s doch gar nicht“, andere schreien: „Was machen die eigentlich mit dem Geld, das die uns abknöpfen?“ Die Bahn schickt zur Feier des Tages viele Züge mit Verspätung und geänderter Wagenreihung, in denen die Reservierungsanzeige ausgefallen ist. Es versteht sich von selbst, dass am Preiserhöhungstag im Bordbistro nur eine eingeschränkte Auswahl an Speisen und Getränken zur Verfügung steht. Es wäre schade, wenn für diese Traditionen kein Platz mehr wäre. Um den Kunden entgegenzukommen, überlegt die Bahn, 2016 wenigstens die Bahncard 50 abzuschaffen. Ukraine-Angriff: USA geben Moskau Schuld In Mariupol sterben mehr als 30 Menschen A Feuilleton Wie teuer und angeberisch dürfen reiche New Yorker residieren? Seite 22 LOTTO: 1 – 7 – 18 – 27 – 37 – 47 Superzahl: 8 Spiel77: 7 0 8 7 0 3 8 Super6: 4 2 5 6 4 8 ohne Gewähr ANZEIGE Unten im Meer „Nasenmuräne und Zebrakrabbe - Jagdszenen am Meeresgrund“ Heute um 20.05 Uhr Diskutieren Sie mit uns auf Facebook: facebook.com/welt Wir twittern live aus dem Newsroom: twitter.com/welt „Die Welt“ digital Lesen Sie „Die Welt“ digital auf allen Kanälen – mit der „Welt“-App auf dem Smartphone oder Tablet. Attraktive Angebote finden Sie auf welt.de/digital oder auch mit den neuesten Tablets auf welt.de/bundle B ** D 2,30 E URO M O N TAG , 2 6. JA N UA R 2 015 ANZEIGE Schlepp den Strandkorb welt.de/ebook Zwei junge Deutsche gewinnen auf Usedom eine ziemlich ungewöhnliche WM E in Strandkorb ist ziemlich schwer und unhandlich. Das weiß jeder Urlauber. Aber die Männer von der Küste haben ihre Tricks, wie man mit dem Monstrum umgeht. Bei der Strandkorbsprint-Weltmeisterschaft auf Usedom gewannen zwei Insulaner. Philipp Zillmann und Kai Franke (Foto), beide 26 Jahre alt und gebürtige Zinnowitzer, schleppten ihren 60 Kilogramm schweren Strandkorb in 5,9 Sekunden über die 20 Meter lange Rennstrecke. Der Rekord aus den Vorjahren liegt bei 4,91 Sekunden. Rund 800 Zuschauer verfolgten das Strandspektakel bei frostigem Wetter. Das Siegerteam bekam Medaillen, Pokale und ein Preisgeld von 100 Euro. Sieben Teams aus der Region und aus Berlin waren angetreten. Inspiriert hatte die Usedomer Strandkorbfans einst Stefan Raabs „WokWM“, bei der Wagemutige mit dem Kochgeschirr eine Bobbahn hinunterrasen. Man habe etwas gesucht, was Spaß mache, zur Insel passe und im Winter auch zur Saisonverlängerung beitrage, sagt Organisator Mayk Borchardt. Das Strandkorbwettrennen sei ein Spaß mit geringem Verletzungsrisiko: Bislang habe sich weder jemand den schwergewichtigen Strandkorb auf den Fuß gestellt, noch seien Bandscheiben zu Schaden gekommen. 2007 wurde auf Usedom die erste „Weltmeisterschaft“ im Strandkorbschleppen ausgetragen – eingebettet in ein dreitägiges Winterstrandkorbfest. Hinter dem Spaß steckt kaufmännisches Kalkül: Für den Tourismus auf der Insel Usedom, wo 80 Prozent der Bevölkerung direkt oder indirekt in der Branche arbeiten, sind Veranstaltungen wie diese oder das Eisbadespektakel mehr als eine Glühweingaudi. Die Tourismuszahlen im Winter seien auch dank dieses Events kontinuierlich gestiegen, sagt Sandra Grüning von der Usedom Tourismus GmbH. DIE WELT, Axel-Springer-Straße 65, 10888 Berlin, Redaktion: Brieffach 2410 Täglich weltweit in über 130 Ländern verbreitet. Pflichtblatt an allen deutschen Wertpapierbörsen. Tel. 030/25910, Fax 030/259171606, E-Mail: [email protected]; Anzeigen: 030/585890, Fax 030/585891, E-Mail [email protected], Kundenservice: DIE WELT, Brieffach 2440, 10867 Berlin, Tel. 0800/9 35 85 37, Fax 0800/9 35 87 37, E-Mail [email protected] ISSN 0173-8437 21-5 A 3,20 & / B 3,20 & / CH 5,00 CHF / CZ 95 CZK / CY 3,40 & / DK 25 DKR / E 3,20 & / I.C. 3,20 & / F 3,20 & / FIN 3,20 & / GB 3,00 GBP / GR 3,40 & / H 820 FT / I 3,20 & / IRL 3,20 & / KRO 28 KN / L 3,20 & / MLT 3,20 & / N 38 NOK / NL 3,20 & / P 3,20 & (Cont.) / PL 15 PLN / S 42 SEK / SK 3,20 € / SLO 2,80 & + © Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer SE, Berlin - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.as-infopool.de/lizenzierung DIE WELT BERLIN-2015-01-26-swonl-86 a6fd8f4a4cd37af8a75dcaa8076b5a31 ZKZ 7109 Mütter, Radfahrer, Berliner und andere Irre Die besten Satiren der „Welt“ Jetzt als E-Book für alle Tablets, Computer und Smartphones erhältlich. 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