** KUN D E N S E RVI C E 0 8 0 0 / 9 3 5 8 5 3 7 D 2,40 E URO SA MSTAG , 21. FEBRUAR 2 015 Fraktionschef Wolf will den Soli abschaffen D THEMEN CDU-Spitzenkandidat für Länderfusionen Ermittlungen in den Fällen Wulff und Edathy Wegen Geheimnisverrats in den Fällen Wulff und Edathy hat die Staatsanwaltschaft Göttingen Ermittlungen gegen den Celler Generalstaatsanwalt Frank Lüttig eingeleitet. „Ihm wird vorgeworfen, als früherer Leiter der Strafrechtsabteilung im niedersächsischen Justizministerium sowie als Generalstaatsanwalt in acht Fällen in strafbarer Weise Geheiminformationen an Dritte weitergegeben zu haben“, sagte Niedersachsens Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz (Grüne). Sieben Fälle beträfen die Weitergabe von geheimen Informationen aus dem Verfahren wegen Vorteilsannahme gegen den ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff. Ein Fall bezöge sich auf das noch laufende Verfahren gegen den früheren SPD-Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy. Neben Lüttig stehe noch eine zweite Person im Fokus der Ermittlungen. Den Namen könne sie aus „ermittlungstaktischen Gründen jedoch nicht nennen“, sagte Justizministerin Niewisch-Lennartz. Siehe Kommentar, Seiten 6 und 7 Seite 5 [email protected] AP/THIBAULT CAMUS; TURISME DE FORMENTERA Angela Merkel und François Hollande begrüßen sich vor dem Élysée-Palast. Er hält ihre linke Hand, sie legt ihre rechte auf seine Schulter. Nachdem es lange so aussah, als würden sich die beiden nicht recht verstehen, sind sie jetzt offenbar doch miteinander warm geworden. Merkel und Hollande drohen Putin Der Frühling auf Formentera ist den Paddlern vorbehalten Beilage Politik Der zähe Kampf um die Kita-Plätze Seite 8 Literarische Welt Milan Kunderas neuer Roman ist zum Heulen komisch Beilage B undeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Staatspräsident François Hollande haben angesichts neuer Gefechte dringend an Moskau und Kiew appelliert, alle Friedensvereinbarungen für die Ukraine umzusetzen. Sie drohten nach einem Treffen in Paris dem russischen Präsidenten Wladimir Putin bei weiteren Verstößen prorussischer Separatisten gegen das Minsker Abkommen mit neuen Sanktionen. Die Frage stelle sich, wenn „bestimmte Punkte einfach nicht umgesetzt werden“, sagte Merkel. Die Separatisten und die ukrainische Armee müssten nun den Waffenstillstand einhalten, das schwere Militärgerät abziehen und ihre Gefangenen austauschen. „Wenn das nicht kommt, kommen Sanktionen. Das ist aber nicht unsere Absicht. Wir wollen Frieden schaffen“, sagte Hollande. Auch Merkel erklärte, sie habe nicht mit Hollande, Putin und dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko eine Nacht lang im weißrussischen Minsk über Frieden für die Ukraine verhandelt, damit dann doch wieder Sanktionen nötig würden. Putin verschärfte aber sofort den Ton: „Niemand sollte die Illusion haben, dass sie eine militärische Überlegenheit gegenüber Russland haben könnten oder Russland unter Druck setzen könnten“, zitierte die Agentur Interfax am Abend den russi- schen Präsidenten. „Wir werden immer eine adäquate Antwort auf solche Abenteuer haben.“ Trotz des vereinbarten Waffenstillstands lieferten sich Regierungstruppen und prorussische Separatisten wieder heftige Kämpfe. Die Rebellen hätten innerhalb von 24 Stunden 49-mal Stellungen der „REALITÄTSCHECK“ Mit einer Argumentationshilfe für seine Mitarbeiter reagiert das Auswärtige Amt (AA) auf 18 „Behauptungen“ Russlands in der Ukraine-Krise. Der „Realitätscheck: Russische Behauptungen – unsere Antworten“ wurde an das Sekretariat und die Mitglieder des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag versandt. Laut Anschreiben soll so versucht werden, „in der öffentlichen Diskussion häufig verwendeten Behauptungen“ entgegenzuwirken, „die auf unrichtigen oder nur teilweise richtigen Fakten beruhen“. Eine AA-Sprecherin sagte, solche Argumentationshilfen seien „im Auswärtigen Amt nichts Ungewöhnliches“. Das Papier enthalte keine Geheimdienstinformationen. Seite 6 Die Steherin Regierung mit Artillerie, Raketen und gepanzerten Fahrzeugen angegriffen, teilte ein Sprecher der ukrainischen Streitkräfte mit. Zudem seien aus Russland etwa 20 Panzer in die Ostukraine gerollt. Nach ukrainischen Angaben wurden auch Ziele in der Region Mariupol beschossen. Die Hafenstadt im Südosten der früheren Sowjetrepublik ist strategisch wichtig, weil sie zwischen Russland und der Krim liegt. Bereits im vergangenen Jahr hatte die ukrainische Regierung gewarnt, die Separatisten könnten mit russischer Hilfe versuchen, eine Landverbindung zur annektierten Halbinsel zu erobern. Die EU hat für diesen Fall mit scharfen Wirtschaftssanktionen gegen Russland gedroht. Zahlreiche Ukrainer gedachten in Kiew auf dem zentralen Maidan-Platz der fast 100 Toten, die bei den proeuropäischen Massenprotesten vor einem Jahr erschossen worden waren. Viele verharrten weinend vor den Fotos der Toten, welche die „himmlischen Hundert“ genannt werden. In die Trauer mischte sich Wut darüber, dass die Verantwortlichen immer noch nicht zur Rechenschaft gezogen wurden. Die tödlichen Schüsse sollen Sicherheitskräfte des damals noch amtierenden Präsidenten Viktor Janukowitsch abgefeuert haben. Nur zwei einfache Polizisten sind aber bisher angeklagt. Der baden-württembergische CDU-Spitzenkandidat Guido Wolf hat sich für eine Abschaffung des Solidaritätszuschlags ausgesprochen. „Ich würde mir wünschen, dass die Bundesregierung zu dem Schluss kommt: Der Aufbau Ost ist abgeschlossen, der Soli fällt weg“, sagte er der „Welt“. „Einer solchen Haltung würde ich mich anschließen. Das wäre eine politische Botschaft, mit der man demonstrieren könnte, wir stehen zu unserem Wort.“ Bisher dringen Union und SPD darauf, den Solidaritätszuschlag über das Ende des Solidarpakts 2019 hinaus fortzuführen. Zugleich sprach sich Wolf für die Zusammenlegung von Bundesländern aus. „Es ist notwendig, darüber zu sprechen, ob das Bundesgebiet mit 16 Ländern effizient genug strukturiert ist“, sagte er. „Voraussetzung für Länderfusionen ist allerdings die Zustimmung der Bevölkerung.“ Der Zusammenschluss von Berlin und Brandenburg sei an einer Volksabstimmung gescheitert, erinnerte Wolf. „Vielleicht erzeugt die Schuldenbremse ja einen größeren Handlungsdruck.“ BERLIN – Eingespieltes Paar MIC HAE L STÜRME R ie Kraft liegt in der Ruhe. Wer in den vergangenen Wochen der ukrainischen Tragödie und des Euro-Dramas den Wegen der Kanzlerin zu folgen versuchte, konnte leicht außer Atem geraten angesichts dieses Marathons. Angela Merkel nicht. Sie hat ein geradezu übermenschliches Stehvermögen gezeigt und, durch die Not der Dinge mehr gezwungen als durch die Macht verführt, Führung gezeigt, wo niemand sonst es konnte, kein französischer Präsident, kein britischer Premier. Niemand in Europa wäre fähig gewesen, ihr diese Führungsrolle, die sie nicht gesucht hat, abzunehmen – und bei alledem auch noch gute Figur zu machen und so zu tun, als mache ihr die schiere physische Strapaze wenig aus. Die Doppelkrise im Osten Europas und im Süden, militärisch-strategisch die eine, wirtschaftlich-politisch die andere, hat sie bisher eingedämmt. Die Zeiten, da irgendjemand die Frau aus dem Osten als Leichtgewicht und vor allem Meisterin der Taktik denunzieren konnte, sind lange vorbei. Das gilt für Koalitionsgenossen und Oppositionsredner, russische Machthaber und griechische Flegel. Sie bewegt sich souverän auf der Weltbühne, die sie sich nicht gewählt hat, und hatte dafür keine lange Lehrzeit. Sie erlaubt es dem französischen Präsidenten, die Grande Nation ins Spiel zu bringen, wie andere Kanzler in vergleichbaren Prüfungszeiten zuvor. Nur war damals, ob unter Helmut Schmidt oder unter Helmut Kohl, die deutsche Dominanz nicht so unübersehbar wie in der Gegenwart. Jetzt ist sie es, die, wie nebenstehendes Bild zeigt, den Präsidenten der stolzen französischen Republik zum Tanz einlädt. Ihr Krisenmanagement verrät nicht nur feste Hand, sondern auch die Fähigkeit zum Abwarten des richtigen Moments, Geduld und Augenmaß. Sie weiß die Dinge beim Namen zu nennen. Sie weiß aber auch, wann es besser ist, zu schweigen und die apokalyptischen Perspektiven – die sie kennt und wahrscheinlich nicht unterschätzt – anderen zu überlassen. Wer die Kanzlerin unterschätzt, tut dies auf eigene Gefahr. Bei alledem entwickelt sich die Tektonik Europas nicht entlang der komplizierten Brüsseler Gebrauchsanweisungen, sondern – wie de Gaulle es gesagt hätte – „par la force des choses“: nach dem Gewicht der Tatsachen. Die Kanzlerin wird dies nüchtern und ohne Triumphgefühl zur Kenntnis nehmen: nicht nur die Verantwortung, die ihr daraus erwächst weit über Deutschland hinaus, sondern auch die Notwendigkeit, die anderen Europäer auf Reisen mitzunehmen, die unausweichlich an Abgründen vorbeiführen. Vertrauen zur Führungskunst der Regenten ist ein durch nichts zu ersetzendes moralisches Kapital. Dank Angela Merkel. Seite 4 Staatsanwalt soll Geheimnisse verraten haben Neue Sanktionen, wenn die Separatisten den Waffenstillstand nicht einhalten. Scharfe Antwort aus dem Kreml. Gefechte bei Mariupol Reise HANNOVER – D Motor Skodas neuer Top-Designer begann mit einem Bobbycar Wenig verändert Seite 20 EURO DOW Xetra-Schluss EZB-Kurs 17.45 Uhr 11.050,64 1,1298 17.997,17 +0,44% –0,78% +0,06% Punkte US-$ Diskutieren Sie mit uns auf Facebook: facebook.com/welt Kühe müssen wie Menschen riechen Punkte Wir twittern live aus dem Newsroom: twitter.com/welt „Die Welt“ digital Lesen Sie „Die Welt“ digital auf allen Kanälen – mit der „Welt“-App auf dem Smartphone oder Tablet. Attraktive Angebote finden Sie auf welt.de/digital oder auch mit den neuesten Tablets auf welt.de/bundle welt.de/ebook Wissenschaftler will Malariamücken mit einem Parfüm austricksen er US-Unternehmer Agenor MafraWie wichtig auch ungewöhnliche Ansätze Neto aus Riverside in Kalifornien zur Malariabekämpfung sind, zeigt eine hat ein Parfüm entwickelt, das aktuelle Warnung. Wissenschaftler sehen Rinder wie Menschen riechen lässt. Damit mit großer Sorge die Ausbreitung resistensollen Malariamücken so abgelenkt werter Malariaerreger in Birma und im benachden, dass sie eher eine Kuh stechen als barten Indien. Die gegen das Malariaeinen Menschen, berichtet „Geo“. Denn: medikament Artemisinin resistenten Parasiten stellten eine ernste Bedrohung dar, Malariamücken leben nur etwa 20 Tage heißt es in einer Studie. lang. In dieser Zeit trinken sie nur zweiDie Wissenschaftler hatten Blutproben bis dreimal Blut. Wenn das Insekt nur eine von 940 Malariapatienten in Birma sowie seiner Mahlzeiten auf einer Kuh einnehme, US-Forscher Agenor Mafra-Neto den Grenzregionen in Thailand und Bansinke die Wahrscheinlichkeit stark, dass es gladesch untersucht. Dabei fanden sie bei 39 Prozent der Proben noch einen Menschen steche, sagt Mafra-Neto. Der spezifisch Mutationen, die die Resistenz hervorrufen. Resistenzen gegen menschliche Duft erinnere entfernt an Hühnersuppe und besitze Artemisinin wurden in den vergangenen Jahren zunächst voreine starke Milchsäurenote. Mücken seien beim Geruch sehr nehmlich in Kambodscha beobachtet, von wo aus sie sich Richwählerisch und verschmähten normalerweise Tiere. Den Kühen tung Westen ausbreiteten. seien die Stiche egal: Rinder erkranken nicht an Malaria. ISCA/ISCA Dax DAX ANZEIGE D Seite 16 ** KOMMENTAR Zippert zappt ie Kosten für die Betreuung von Haustieren sind steuerlich absetzbar. Und zwar als haushaltsnahe Dienstleistung. Das hat das Finanzgericht Düsseldorf entschieden. Die Kosten für Hundesitter, Pudelpsychiater, Hamsterfitnesstrainer, MeerschweinchenpilatesInstructor oder für den Papageilogopäden können steuerlich geltend gemacht werden. Es geht allerdings nicht, die Betreuungskosten für zwei Millionen Hühner abzusetzen, vor allem, wenn die Tiere in regelmäßigen Abständen getötet werden. Ein Schwein gilt als Haustier, zwei Schweine mit Sondergenehmigung vielleicht auch noch, aber 10.000 Schweine können nicht als Haustiere anerkannt werden, sondern nur als Schlachtvieh. Hier dürfen aber die Hinterbliebenen eine Rente beantragen. Als Haustiere im Sinne des Gesetzes gelten Dobermänner, Zwergpinscher, Frettchen, Rennmäuse und Königskobras. Rein fiskalisch zählen Kinder ebenfalls zu den Haustieren, allerdings nur, wenn sie halbwegs niedlich sind, den Eltern morgens die Zeitung bringen, Männchen machen und draußen an der Leine gehen. B DIE WELT, Axel-Springer-Straße 65, 10888 Berlin, Redaktion: Brieffach 2410 Täglich weltweit in über 130 Ländern verbreitet. Pflichtblatt an allen deutschen Wertpapierbörsen. Tel. 030/25910, Fax 030/259171606, E-Mail: [email protected]; Anzeigen: 030/585890, Fax 030/585891, E-Mail [email protected], Kundenservice: DIE WELT, Brieffach 2440, 10867 Berlin, Tel. 0800/9 35 85 37, Fax 0800/9 35 87 37, E-Mail [email protected] A 3,50 & / B 3,50 & / CH 5,20 CHF / CZ 105 CZK / CY 3,80 & / DK 28 DKR / E/P 3,50 & (Cont.) / I.C. 3,50 & / F 3,50 & / FIN 3,50 & / GB 3,30 GBP / GR 3,20 & / H 920 FT / I 3,50 & / IRL 3,50 & / KRO 29 KN / L 3,50 & / MLT 3,50 & / MA 53 DH / N 43 NOK / NL 3,50 & / PL 16 PLN / S 48 SEK / SK 3,50 € / SLO 3,20 & + ISSN 0173-8437 44-8 ZKZ 7109 Gesundheit Wie Sie die richtige Therapie finden Jetzt als E-Book für alle Tablets, Computer und Smartphones erhältlich. Gleich downloaden in den gängigen E-Book Stores, wie z.B. Kindle-Shop von Amazon und im iBooks Store für nur 2,99 Euro.
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