Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne): Herr Präsident! Herr

Nationalrat, XXV. GP
16. März 2016
117. Sitzung / 1
14.30
Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Werte
Zuschauerinnen und Zuschauer! Ich kann jetzt nur meiner Vorrednerin recht geben,
dass sich Beharrlichkeit manchmal lohnt, und in diesem Fall hat sie sich gelohnt.
Insofern verstehe ich noch weniger, warum ihr NEOS da überhaupt nicht mitkönnt und
überhaupt nicht bereit seid … (Abg. Loacker: Erkläre ich dann nachher gleich!) – Ja,
ich bin schon sehr gespannt auf die Erklärungen, warum ihr nicht bereit seid, euch auf
die Diskussion einzulassen.
Ich kann mich noch sehr gut erinnern, dass ihr eigentlich mit einem anderen Zugang in
die Politik gegangen seid. Aber beim Pensionssystem und bei jeglicher Debatte über
Pensionen scheint dieser Zugang – nämlich konstruktiv zu sein, diskursbereit zu sein,
sich auch die andere Meinung anzuhören, die gesamte Situation anzuschauen –
vollkommen verloren zu sein. Das vermisse ich in dieser Debatte, in anderen nicht,
aber in dieser Debatte geht irgendwie die Logik echt spazieren. Tut mir leid, ich kann
es nicht mehr nachvollziehen. (Beifall bei den Grünen.)
Ich habe wirklich lang versucht zu verstehen, mit welcher Logik ihr herangeht, und
meine Erklärung ist: In der Logik eines Bankers – das ist Kollege Gerald Loacker –
kann man nicht Sozialpolitik machen. (Abg. Loacker: In der Logik einer
Sozialarbeiterin kann man nicht Bankpolitik machen!) In der Logik eines Bankers sind
Sozialpolitik und das Denken an Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, an Konsequenzen im
Sozialsystem, im Pensionssystem und Konsequenzen für den Steuerzahler und die
Steuerzahlerin offensichtlich nicht drinnen.
Das ist für mich die einzige Erklärung. Ich habe wirklich lang zu verstehen versucht, wo
da die Blockade ist. Ich kann es mir nur so erklären: Wer ständig darüber nachdenkt,
dass alles schrottreif ist, dass man in einer Bananenrepublik lebt – das sind jetzt alles
nur Zitate: „schrottreif“, „Bananenrepublik“, das war nach dem letzten Ausschuss ein
tolles Video, das gepostet wurde –, ist nicht bereit weiterzuverhandeln und zu schauen:
Wie kann man Fakten schaffen, die seriös sind, die nachvollziehbar sind und die
transparent sind?
Insofern bin ich auch froh über den Antrag der FPÖ, der nämlich insofern mehr
Rechtssicherheit schafft, weil jetzt für sämtliche Übertragungen in die Systeme nicht
diese 7 Prozent – auf die die Bank Austria offensichtlich spekuliert hat, nämlich
möglichst billig da durchzukommen – die Grundlage für die Bemessung sind, sondern
22,8 Prozent. 22,8 Prozent ist die Grundlage – so wie für alle Menschen, die im ASVG
pensionsversichert sind.
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117. Sitzung / 2
Es geht – und das wollt ihr auch immer – um ein Pensionssystem für alle und die
Abschaffung von Sonderpensionen. Jetzt wird das Sonderpensionssystem abgeschafft,
in dem offenkundig sehr viele Rücklagen gebildet wurden, nämlich diese
1,9 Milliarden €, die im Raum stehen. Nur erklärt mir bitte, auf welcher
Rechtsgrundlage die Republik das alles ausschöpfen soll! Es gehen nicht mehr als
diese 22,8 Prozent ... (Abg. Loacker: … bei der Bank Austria lassen!) – Indem man sie
bei der Bank Austria lässt, okay; indem man einfach – und das ist der zweite Punkt,
warum man sozialpolitisch nicht mitkann – auf alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dort
pfeift. Das tut ihr. Ihr denkt nicht nach! (Zwischenruf des Abg. Amon.) Die einen sind
unkündbar, die werden dann wahrscheinlich einzeln gekündigt, und die anderen
werden auch entsprechende Maßnahmen in Kauf nehmen.
Ich kann – egal, wie ich es drehe und wende – eure Logik nicht nachvollziehen. Und
wenn ich nachzuvollziehen versuche, was die Bank Austria mit dieser
Betriebsvereinbarung gemacht hat, dann hat sie einfach ihr eigenes Pensionssystem
gekillt, hat die MitarbeiterInnen und auch die Republik vor vollendete Tatsachen
gestellt, und dann waren alle unter Zugzwang. Aus diesem Zugzwang heraus gab es
keine Zeit zu verlieren, und deswegen diese Anmeldung bei der GKK, weil es kein
gleichwertiges System mehr gegeben hat, deswegen quasi dieser rechtsunsichere
Raum. Ja, das ist alles verdammt kompliziert, und Herr Kollege Loacker, du kannst
ruhig den Kopf schütteln, du darfst auch nachher reden, aber jetzt rede ich fertig,
danke.
Es gibt zwei Möglichkeiten, die die Bank verfolgt haben könnte. Die eine lautet: weil ihr
die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter so wichtig sind. Das schließe ich jetzt aus, denn
das sagt auch ihr bei den NEOS immer: Die werden früher oder später ohnehin alle
gekündigt – so ist eure Rede. Die MitarbeiterInnen und der Altruismus werden es nicht
gewesen sein, also wird die Bank geschaut haben, dass sie möglichst günstig unter
dem Spardruck, den sie von UniCredit vorgegeben hat, aus dieser ganzen Affäre
rauskommt.
Günstiger wäre es mit den 7 Prozent gewesen. Das ist zum Glück nicht gelungen. Es
wurde jetzt ein anderer Rechtsbestand geschaffen. Ich kann das nur unterstützen,
denn wir haben uns wirklich viele Gedanken darüber gemacht, und ich bin auch
wirklich dankbar über diesen § 311 Abs. 5, der nämlich im Sinne der FPÖ mit der
gleichen Beitragsgrundlage geschaffen wurde, denn mir erscheint es als die einzig
mögliche saubere Lösung in diesem ganzen Kuddelmuddel.
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117. Sitzung / 3
Eines möchte ich schon noch zu SPÖ und ÖVP sagen. Da ist jetzt leider niemand bei
der SPÖ ... (Zwischenruf bei der SPÖ.) – Kaum jemand, Entschuldigung, wenige! Aus
dem Schaden müsste man doch endlich klug werden. Wir haben da einen riesigen
Pallawatsch, und die Diskussionen um diese Bank-Austria-Situation waren sehr heftig,
und wir haben gesehen (Abg. Keck: Sind wir niemand?) – niemand da, wenige da, ich
habe da nach links hinübergeschaut –, dass es sehr viel Reparaturbedarf gegeben hat.
Wir wissen, es gibt noch viele andere Sondersysteme, es gibt überhaupt zu viele
verschiedene Pensionssysteme, und dass diese unterschiedlichen Systeme noch
immer nicht zusammengeführt und harmonisiert werden, ist eines der großen
Probleme. Und das, was wir jetzt diskutieren, ist Symptom dieses Zustands. Dieser
Zustand gehört dringend geändert, und ich verstehe nicht, warum da von ÖVP und
SPÖ nicht mehr Bereitschaft gezeigt wird, in Richtung eines einheitlichen
Pensionssystems zu denken, eines Pensionssystems, das fair ist, das transparent ist
und das für alle nachvollziehbar ist.
Wir haben – das wird in diesem Tagesordnungspunkt leider nicht entsprechend
diskutiert – ein Modell vorgeschlagen, ein Pensionssystem für alle. Das
Pensionsmodell von uns Grünen sieht vor, dass es eine Grundpension für alle
Menschen gibt, nämlich individuell und nicht, wie die Ausgleichszulage jetzt,
haushaltsbezogen, und darauf aufbauend eine Erwerbspension, die sich aus dem
ergibt, was an Versicherungsbeiträgen eingezahlt wurde.
Dieses Modell soll vor Armut im Alter schützen, soll geschlechtergerecht sein und
auch – und das ist besonders wichtig für junge Menschen, die einmal eine Pension
kriegen sollen – Phasen in der Erwerbszeit ausgleichen, in denen man nicht
durchgehend ein Einkommen hat, nicht durchgehend angestellt ist, denn Brüche in der
Erwerbsbiografie sind mittlerweile leider eine Selbstverständlichkeit, und darauf muss
man sich einstellen, und darauf muss ein Pensionssystem auch entsprechend
reagieren.
Ich hätte mir daher gewünscht, dass unser Modell, das wir jetzt als Vorschlag
eingebracht haben, ausgiebiger diskutiert wird. Wir werden es noch öfter versuchen,
denn ich bin sicher, dass wir es schaffen, ein einheitliches Pensionssystem für alle zu
errichten, mit einheitlichen Beiträgen, denselben Leistungen für alle und mit einer
Pensionsversicherungsanstalt. (Zwischenruf des Abg. Wöginger.) Und wenn Sie
mithelfen, werter Kollege, dann freue ich mich ganz besonders. – Danke schön. (Beifall
bei den Grünen.)
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117. Sitzung / 4
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundesminister
Stöger zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.
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