Manuskript

SWR2 MANUSKRIPT
ESSAYS FEATURES KOMMENTARE VORTRÄGE,
SWR2 DIE BUCHKRITIK
Wolfgang Kaleck und Miriam Saage-Maaß: Unternehmen vor Gericht
Globale Kämpfe für Menschenrechte
Verlag Klaus Wagenbach
128 Seiten
9,90 Euro
Rezension von Caspar Dohmen
Dienstag, 24.05.2016 (14:55 – 15:00 Uhr)
Bitte beachten Sie:
Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere
Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR.
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Von Caspar Dohmen
Über Menschenrechtsverletzungen in der globalen Wirtschaft diskutieren wir regelmäßig
nach Katastrophen wie dem Einsturz der Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesch mit mehr
als 1130 Toten oder der Verseuchung des Nigerdelta durch Ölfirmen. Die beiden
Menschenrechtsanwälte Wolfgang Kaleck und Miriam Saage-Maaß kämpfen für
verbindliche menschenrechtliche Normen für Konzerne, auch mit juristischen Mitteln. Über
die Möglichkeiten und ihre Erfahrungen haben sie ein Buch geschrieben: „Unternehmen
vor Gericht. Globale Kämpfe für Menschenrechte.“
Autor
Grenzüberschreitend tätige Konzerne sind die Hauptprofiteure der Globalisierung, gut
ablesbar an der Höhe der Gewinne der größten 30.000 Unternehmen, die sich seit 1989
mehr als verfünffacht haben. Natürlich hat dies etwas damit zu tun, dass die Märkte größer
und vernetzter geworden sind, seit dem Zusammenbruch des real existierenden
Sozialismus, der Erfindung des Internets und dem Abbau von Handelshemmnissen. Aber
die goldenen Zeiten für Konzerne resultieren auch daraus, dass die Unternehmen lange
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und undurchsichtige Beschaffungs- und Produktionsketten rund um den Globus aufgebaut
haben, in denen Menschen regelmäßig ausgebeutet werden, ob in den Minen seltener
Erden in Afrika oder in Fabriken Asiens. Der Anwalt Wolfgang Kaleck ist Mitbegründer und
Generalsekretär des European Center for Constitutional and Human Rights, kurz ECCHR.
Die Völkerrechtlerin Miriam Saage-Maaß verantwortet bei dieser
Menschenrechtsorganisation das Programm Wirtschaft und Menschenrechte. Ihr
gemeinsames Buch ist ein überzeugendes Plädoyer für eine politische Wende, weg von
der dominierenden politischen Strategie, die auf freiwillige Übernahme von Verantwortung
durch Unternehmen setzt, bekannt als Corporate Social Responsibilty, kurz CSR. Das
Autorenduo schreibt:
Zitator
Menschenrechtsorganisationen und soziale Bewegungen setzen die Notwendigkeit
verbindlicher Normen gegen das Credo von der freiwilligen CSR. Insbesondere die
Menschenrechte bieten einen Anknüpfungspunkt, um soziale Belange gegen
Wirtschaftsinteressen zu verteidigen. (…) Sie verlangen vom Staat, soziale, ökonomische
und kulturelle Voraussetzungen menschenwürdigen Lebens zu gewährleisten und
verpflichten ihn Individuen vor Menschenrechtsverletzungen durch Dritte zu bewahren.
(…)
Autor
Ein schwieriges Unterfangen. Denn bislang sind alle Versuche gescheitert, verbindliche
völkerrechtliche Vorgaben für transnationale Konzerne festzulegen. Das ist den Autoren
sehr wohl bewusst, ebenso wie der Verlust nationaler staatlicher Steuerungsfähigkeit in
Zeiten der Globalisierung.
Um ihr Ziel zu erreichen, verklagen sie regelmäßig Firmen wegen
Menschenrechtsverletzungen. Das erfüllt einen doppelten Zweck: Mit ihren Klagen
machen sie die Öffentlichkeit auf Missstände aufmerksam und helfen den Betroffenen. Die
Autoren schildern dem Leser ihren mühsamen Ansatz und erläutern die Fallstricke. Wegen
Verjährung lehnten Schweizer Gerichte beispielsweise Ermittlungen gegen Nestlé im Falle
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eines ermordeten kolumbianischen Gewerkschafters ab. Jüngst erst hat das ECCHR vier
Betroffenen eines Fabrikunglücks in Pakistan bei der Formulierung einer Zivilklage gegen
den Discounter KiK vor einem deutschen Gericht geholfen. Mit Blick darauf schreiben die
Anwälte:
Zitator
Es ist jedoch nicht absehbar, ob es der Argumentation folgen wird, die auf Präzedenzfällen
im pakistanischen und britischen Common Law verweist. Davon abgesehen wurde mit der
Klage schon einiges erreicht: Sie hat die Debatte darüber, welche rechtliche
Verantwortung deutsche und europäische Unternehmen für die Arbeitsbedingungen in
Zulieferbetrieben zu tragen haben, auf die politische Agenda gesetzt.
Autor
Hier wird die Doppelstrategie der Menschenrechtsanwälte deutlich, welche schon ihre
Vorbilder aus der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung geprägt haben, „no victory, but
success“, Erfolg statt Sieg. Eine verlorene Klage gilt als ein Beleg für lückenhafte Gesetze
und liefert insofern ein weiteres Argument für die politischen Forderungen. Die
Konzernklagen erfüllen für die Menschenrechtsanwälte insofern einen strategischen
Zweck. Sie versuchen das Recht gewissermaßen mit den Mitteln des Rechts fortzubilden,
um die Kluft zwischen völkerrechtlicher Konventionen wie der Allgemeinen Erklärung der
Menschenrechte und der Realität zu verkleinern. Dafür betreten sie juristisches Neuland
und versuchen, Staatsanwaltschaften für heikle internationale Ermittlungen zu gewinnen.
Und jetzt haben sie über ihre Arbeit und deren Hintergründe ein spannendes und
allgemeinverständlich geschriebenes Buch vorgelegt, von dem man nur hoffen kann, dass
es viele Menschen ermuntert, die Menschenrechte gegen Wirtschaftsinteressen zu
verteidigen. Der Essay schlägt einen gelungenen Bogen von der Entwicklung der
Globalisierung, mit der Zunahme der Konzernmacht und ihren Folgen für die
Menschenrechte, bis hin zu den konkreten Konzernklagen und praktischen
Umsetzungsschwierigkeiten sowie politischen Reformvorschlägen, um die
Menschenrechte gegenüber den Wirtschaftsinteressen zu stärken.
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