Volksinitiative Gerechte Sozialhilfe Wortlaut der Initiative: Die unterzeichneten Stimmberechtigten des Kantons St. Gallen erteilen dem Kantonsrat in Form der Einheitsinitiative nach Art. 43 der Kantonsverfassung vom 10. Juni 2001 folgenden Rechtsetzungsauftrag: Der Kantonsrat arbeitet unter Berücksichtigung der Gemeindeautonomie ein neues Rahmengesetz für die finanzielle Sozialhilfe mit folgenden Eckwerten aus: Materielles Existenzminimum als Grundlage; Eingliederung der Sozialhilfebeziehenden in den Arbeitsprozess als Priorität; Berücksichtigung der unterschiedlichen Lebenslagen bei der Ausgestaltung der finanziellen Unterstützung; Vermeidung von Schwelleneffekten; Ausrichtung von situationsbedingten Leistungen und individuellen Zulagen mit Obergrenzen; wirksames Sanktionssystem; straffe Rechtsmittelverfahren. ARGUMEMTARIUM Warum braucht es die Initiative? Arbeit muss sich lohnen Die heutige Sozialhilfe stützt sich auf die Richtlinien der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (SKOS), die neben dem Grundbedarf eine grosse Anzahl Zusatzleistungen beinhalten die dazu führen können, dass der Gesamtbetrag der Sozialhilfe einem nach oben offenen Einkommensersatz gleichkommt, der nicht mehr ihrem ursprünglichen Zweck als Überbrückungshilfe entspricht. Mit der Volksinitiative sollen Schwelleneffekte vermieden werden, damit sich Arbeiten lohnt, und die Priorität soll von der finanziellen Unterstützung auf die Eingliederung der Sozialhilfebeziehenden in den Arbeitsprozess durch wirksamere Bildungs-, Beratungs- und Integrationsmassnahmen gelegt werden. Die Anreize zu einer Ausbildung oder zu einer Erwerbsarbeit sollen für jene Sozialhilfebeziehenden verstärkt werden, die lediglich die obligatorische Schulzeit absolviert haben. Kein Giesskannenprinzip Die unterschiedlichen Lebenslagen sollen differenziert berücksichtigt werden. Für junge Erwachsene kann die Sozialhilfe bis zur Nothilfe degressiv ausgestaltet werden, für ältere ausgesteuerte Arbeitslose trägt sie ihrem früheren Erwerbseinkommen Rechnung. Für zugewanderte ausländische Staatsangehörige, die nicht während einer bestimmten Mindestdauer erwerbstätig waren, kann die Sozialhilfe bis auf die Nothilfe gekürzt werden. Die heutigen Sanktionsmöglichkeiten sollen verschärft und die Rechtsmittelverfahren verkürzt werden. 1 Gemeindeautonomie respektieren Der Kanton St. Gallen handelt autonom gegenüber den anderen Kantonen und dem Bund. Die Gemeinden setzen die finanziellen Leistungen fest und einigen sich auf die finanzielle Spanne, innerhalb welcher die Leistungen den lokalen Gegebenheiten angepasst werden können. Warum heisst die Initiative „Gerechte Sozialhilfe“? Das heutige System der Sozialhilfe enthält zahlreiche Ungerechtigkeiten: Der Grundbetrag der Sozialhilfe für junge Leute, deren Motivation zum Arbeiten klein ist und für ältere Ausgesteuerte, die ein ganzes Leben lang gearbeitet habe, dann arbeitslos und anschliessend Sozialhilfebezüger geworden sind, ist für beide gleich. Das ist ungerecht, denn damit wird Untätigkeit belohnt. Das Zulagensystem ist unübersichtlich und kennt keine Obergrenzen. Das führt dazu, dass praktisch alles von der Sozialhilfe finanziert werden kann: Vom Autobesitz über Ausgaben für Geschenke bis zu Ferienreisen. All dies kann dazu beitragen, dass sich manche Sozialhilfebezüger nicht besonders bemühen, sich wieder in den Arbeitsprozess einzugliedern. Die Sanktionsmöglichkeiten gegen Sozialhilfebezüger die keine Anstrengungen unternehmen, eine Arbeit aufzunehmen müssen verbessert werden, denn die heutigen Kürzungsmöglichkeiten sind nur symbolisch. Das ist ungerecht gegenüber jenen, die ernsthaft versuchen, wieder eine Arbeit zu finden. Wie sieht der Zeitplan für die Initiative aus? Die Frist für die Unterschriftensammlung läuft vom 23. November 2015 bis zum 22. April 2016. Insgesamt müssen 4000 beglaubigte Unterschriften von im Kanton St. Gallen stimmberechtigten Personen eingereicht werden, damit die Initiative zustande kommt. Die Volksabstimmung würde aller Voraussicht nach im November 2016 stattfinden. Bei einem JA der Stimmbevölkerung müsste der Kantonsrat anschliessend das heutige Sozialhilfegesetz gemäss den von der Initiative vorgesehenen Eckpunkten ändern. 2
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