Erfahrungsbericht Name: A. S. Studiengang und -fach: B.A. Sozialwissenschaften Austauschjahr: SoSe 2015 Gastuniversität: Hacettepe Üniversitesi Stadt: Ankara Land: Türkei Aus Spam- und Datenschutzgründen wird die E-Mail-Adresse nicht im Internet veröffentlicht. Studierende der Universität Augsburg können diese auf Anfrage im Auslandsamt erhalten. Die Erfahrungsberichte werden von Studierenden verfasst und spiegeln nicht zwangsläufig die Meinung der Universität Augsburg wider. Für den Inhalt des Berichts ist der/die Verfasser/in verantwortlich. Das Akademische Auslandsamt behält sich vor, ggf. Änderungen vorzunehmen. „Why did you choose Ankara?“ Eine Frage, die mir während meines Erasmusaufenthaltes immer wieder gestellt wurde. Und zunächst scheint sie auch naheliegend, denn wer an ein Studienaufenthalt in der Türkei denkt, hat schnell Bilder von Sonne und Strand oder der Metropole Istanbul im Kopf. Ankara hat jedoch auch einiges zu bieten und einen kleinen Eindruck soll der folgende Erfahrungsbericht verschaffen. Zunächst gilt es jedoch noch die eingangs gestellte Frage zu beantworten. Zum einen sollte es mit dem Erasmusprogramm sein, damit der Reiseweg nicht zu lange wird. Abgesehen von diesem noch vagen Argument reizte vor allem die unter anderem durch den Islam geprägte Kultur. Und abgerundet wird dies von der Überzeugung, dass man an nahezu jedem Ort eine gute Zeit haben kann. Wo geht’s hin und was gab es zu erledigen? Der Platz in die Türkei war noch einer der möglichen Restplätze und so gab es für mich letztlich nur ein Dokument zu unterschreiben und schon konnte es losgehen. Zumindest fast, denn wie an Universitäten üblich galt es noch einige Unterlagen auszufüllen. Bei all dem gab es allerdings keine größeren Schwierigkeiten, unter anderem deswegen, weil die Koordinator_innen in Augsburg und Ankara immer gut zu erreichen sind und schnell und kompetent antworten. Für den Studiengang Sozialwissenschaften ist im Fall der Hacettepe Üniversitesi wichtig zu wissen, dass Politikwissenschaft (zum allergrößten Teil) auf Englisch, Soziologie jedoch ausschließlich auf Türkisch angeboten wird. Ein weiteres Thema bei einer Reise in die Türkei ist das Visum. Leider waren die Infos auf der Seite des Konsulates nicht aktuell und so habe ich Geld und Zeit investiert um in München ein Studierendenvisum zu beantragen. Das hat auch alles problemlos funktioniert, wäre aber nicht notwendig gewesen. Einfacher und günstiger ist es sich bei der Einreise ein Touristenvisum zu besorgen, da man sich unabhängig vom Visum in Ankara registrieren lassen muss. Von allen Erasmusstudierenden der Gruppe, die aus Deutschland kamen, wurde dies jedoch nur einer Person im Voraus gesagt. Die Information scheint also noch nicht sehr verbreitet zu sein. On rail and road Da ich mich aus Gründen der Klimagerechtigkeit dazu entschieden habe nicht mehr zu fliegen, stellt sich die Frage wie man am besten nach Ankara reist. Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten die Strecke zu bewältigen. So fahren von einigen Städten in Deutschland Busse in die Türkei, meine Option für den Hinweg war jedoch der Zug. Die Reise startete in Würzburg und führte über Wien, Budapest, Sofia und Istanbul nach Ankara. In der Türkei selbst ist es unglaublich einfach, vergleichsweise günstig und komfortabel mit dem Bus zu reisen. Es ist schon erstaunlich, wie unhinterfragt selbst innerhalb der Türkei geflogen wird. Den Rückweg bin ich vom Schwarzen Meer ab innerhalb von fünf Tagen zurück nach Augsburg getrampt. Das Trampen selbst war ziemlich einfach und bei insgesamt 15 Fahrten hat es mir einige interessante Gespräche und Erfahrungen ermöglicht. Sowohl der Zug als auch das Trampen haben neben dem Klimaaspekt den Vorteil, dass man die Strecke viel intensiver erleben und sich auf die Zeit einlassen kann. Leben in Ankara Bereits vor meiner Abreise konnte ich eine Wohnung in Ankara abklären. Diese WG fand ich über eine Facebookgruppe. Es gibt jedoch beispielsweise auch die Möglichkeit über Craigslist eine WG zu finden. Leider gab es mit der Türkischen Mitbewohnerin während dem Aufenthalt einige Probleme, sodass ich gemeinsam mit dem polnischen Mädchen und dem Libyer, die mit in der WG gewohnt haben, eine neue Wohnung suchen musste. Dies hatte jedoch auch den Vorteil, dass wir vom Stadtviertel Ayranci nach Bahcelievler umgezogen sind, was für meinen Weg zur Uni eine Zeitersparnis von 20 Minuten bedeutete. Grundsätzlich würde ich empfehlen eine Wohnung in der Stadt zu mieten, da der Campus weit außerhalb liegt und die Anbindung mit den öffentlichen Verkehrsmitteln insbesondere am Abend schwierig ist. Wählt man eine Wohnung im Zentrum nimmt man zwar einen Weg zu Uni von etwa einer Stunde in Kauf, ist jedoch näher am Leben und den Möglichkeiten der Stadt. Das allgemeine Leben spielt sich schnell ein und es dauert nicht allzu lange bis die entsprechenden Läden für Obst, Gemüse etc. gefunden sind. Nahe bei der zweiten WG wurde immer freitags ein Markt abgehalten, was viel mehr Spaß gemacht hat als im Supermarkt einzukaufen. Die Türkische Küche hat eine Menge unterschiedlicher Gerichte zu bieten, ist jedoch vor allem für Fleischesser interessant. In Restaurants beschränkt sich die vegetarische Auswahl zumeist auf wenige Gerichte. Dabei sind ein paar Türkischkenntnisse durchaus von Vorteil. Auch wenn das Stadtbild Ankaras von Grautönen dominiert wird, so hat die türkische Hauptstadt dennoch einiges zu bieten. Neben ein paar sehenswerten Museen und einer guten Kunstausstellung im CerModern sind besonders die Konzerte erwähnenswert. Bei Interesse gibt es an jedem Wochenende die Möglichkeit auf (meist kostenlose!) Konzerte von Universitäten zu gehen. Daneben gibt es noch zusätzliche Veranstaltungen wie das International Jazz Festival bei dem einige sehr gute Gruppen auftreten. Im Bereich Kino gibt es auch einige Festivals wie das International Filmfestival bei dem spannende Filmbeiträge gezeigt werden. Es ist wirklich empfehlenswert sich mit dem Studierendenausweis eine Museumskarte ausstellen zu lassen. So zahlt man einmalig einen gewissen Betrag und hat dann in allen staatlichen Museen in der Türkei freien Eintritt. Kultur und Politik Der aller größte Teil der Menschen, die ich während der Zeit getroffen habe war ausgesprochen freundlich und hilfsbereit. Die Menschen erzählen gerne von sich und sind interessiert an der eigenen Person. Gerade hier ist es wichtig ein bisschen Türkisch zu sprechen. Die meisten Menschen sprechen nicht Englisch und auch wenn man den Alltag ohne Türkisch meistern kann, vereinfacht und verschönert es doch viele Momente wenn man zumindest einfache Dinge versteht. Unterhält man sich mit dem Menschen fällt schnell auf, dass Politik generell ein wichtiges Thema ist. Für mich war es sehr positiv und motivierend zu sehen, dass die Gesellschaft generell stärker politisiert ist. Die Bandbreite der vertretenen Meinungen ist viel weiter als man es aus dem „deutschen Alltag“ gewohnt ist. Ein weiteres Thema, das die Menschen bewegt, ist Religion. Eine Auseinandersetzung mit diesem Thema ist auf jeden Fall spannend und es gibt sehr viele schöne Moscheen. Sowohl die Gestaltung als auch die Atmosphäre machen einen Besuch lohnenswert. Ein anderer Aspekt aus dem Bereich Kultur und Politik ist die Polizei sowie die Überwachung, der man in Ankara kaum entgehen kann. Das Polizeiaufgebot in der Hauptstadt ist gerade im Zentrum enorm, es gab jedoch nie Probleme, wenn ich kontrolliert wurde. Auch finden sich im öffentlichen wie im privaten Raum viele Überwachungskameras. Selbst in Restaurants fällt es immer wieder auf, dass alle Bereiche gefilmt werden. An der Universität Wenn auch das Studium den Großteil meiner Zeit in Ankara bestimmt hat, so gibt es dennoch nicht allzu viel darüber zu berichten. Die Seminare, welche ich belegt habe waren sehr gut und wurden zum aller größten Teil auch auf Englisch abgehalten, sodass es nie ein Problem war dem Inhalt zu folgen. Die Dozierenden waren sehr nett und jederzeit hilfreich. Zudem haben sich die Seminare angeboten um Kontakt mit türkischen Studierenden zu knüpfen. Von der Hacettepe Üniversitesi wurden zwei Türkischkurse angeboten. Ein Kurs für Anfänger_innen und ein Kurs für Fortgeschrittene. Da ich in Augsburg bereits ein Semester Türkisch gelernt habe, bin ich in den zweiten Kurs gegangen. In diesem war das Niveau jedoch vergleichsweise hoch, sodass es nicht immer einfach war der Dozentin zu folgen. Generell bereichert es das Leben jedoch sehr Türkisch zu lernen. Was bleibt Rückblickend werde ich die Türkei sicher als ein vielfältiges Land mit interessanten und freundlichen Menschen in Erinnerung behalten. Auch wenn Ankara als Stadt nicht gerade schön ist, so hat dies jedoch den Vorteil, dass sie im Gegensatz zu beispielsweise Istanbul nicht sonderlich touristisch ist. Und zu den Vorzügen der Millionenstadt zählt das facettenreiche kulturelle Angebot aus dem man zu jeder Zeit schöpfen kann. Was abgesehen von all dem den Aufenthalt noch sehr angenehm gemacht hat ist die Tatsache, dass ich mich zu jeder Zeit sicher gefühlt habe.
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