Fragenliste zur LV

PRÜFUNGSFRAGEN ZUR LV: 190145
BM 5: BILDUNG UND POLITIK - BILDUNGSTHEORIE UND GESELLSCHAFTSKRITIK
WS 15/16, Univ.-Prof. Dr. Erich RIBOLITS
1. Skizzieren Sie in wenigen Worten das Menschenbild des an Mündigkeit ausgerichteten Pädagogikverständnisses; gehen Sie dabei insbesondere auf das Argument ein, dass der Mensch, im Gegensatz zu anderen Lebewesen, das „Potenzial der Freiheit“ in sich trägt.
2. Charakterisieren Sie in aller Kürze den Unterschied zwischen der vormodernen, objektiven Sichtweise der Vernunft und der sogenannten instrumentellen Vernunft, wie sie sich im Zuge der Moderne herausgebildet hat. Erklären Sie dabei auch, in welcher Form instrumentelle Vernunft Grundlage der Konkurrenzorientierung der aktuell gegebenen Gesellschaftsordnung ist.
3. Erklären sie was unter Tausch- und Gebrauchswert allgemein gemeint ist und wenden Sie die Begrifflichkeit auf den entsprechenden Ertrag durch systematisches Lernen an. Stellen Sie die individuelle und gesellschaftliche Dimension des Tausch- und Gebrauchswerts von Bildung dar.
4. Skizzieren Sie die Konsequenzen, die Bernd-Kai Garese in seinem Text „Was nichts kostet, ist
nichts wert“ auf (universitäre) Bildung zukommen sieht, wenn sie verstärkt den „Gesetzen des Marktes“ unterworfen wird. Geben Sie die von ihm genannten Argumente für die Unvereinbarkeit von
marktorientierter und zur Kritik befähigender Bildung wieder.
5. In der aktuellen bildungspolitischen Diskussion wird häufig mit den Begriffen „Humanressource“ und
„Humankapital“ operiert. Erläutern Sie, was unter den Begriffen verstanden wird und in welcher
Beziehung diese zueinander stehen. Erklären Sie, welches Menschenbild in den Begriffen zum
Ausdruck kommt, nehmen Sie dabei Bezug auf den ökonomischen Hintergrund der Begriffe.
6. Skizzieren Sie unter Bezugnahme auf den Text von Armin Bernhard: „Bildung als Bearbeitung von
Humanressourcen“, in Stichworten was unter dem Begriff »Entfremdung« verstanden wird, stellen
sie einen Zusammenhang zwischen dem Phänomen der Entfremdung und dem neoliberalen Menschenbild dar.
7. Stellen Sie dar, in welcher Form das Herstellen von Chancengleichheit beim Bildungszugang einerseits zwar einen Fortschritt gegenüber dem Status quo darstellen würde und somit dem gängigen
Gerechtigkeitsverständnis entgegen käme, die Tatsache der sozialen Ungleichheit in der Gesellschaft damit aber nicht reduziert werden würde.
8. Mangelhafte soziale Gerechtigkeit im Bildungswesen zeigt sich daran, dass soziale Faktoren – die
keinen unmittelbaren Zusammenhang mit Leistungsfähigkeit und Leistungswilligkeit haben – Einfluss auf die Bildungskarriere Heranwachsender haben. Nennen sie den Bildungserfolg hierzulande
stark beeinflussende soziale Faktoren sowie Folgen sozialer Ungerechtigkeit im Bildungswesen.
9. Nennen Sie die wesentlichen sozialen Faktoren, die hierzulande hinsichtlich sozialer (Un-)Gerechtigkeit im Bildungswesen wirksam sind sowie wichtige Auswirkungen derselben auf die Bildungsund Lebensverläufe von Abgänger/innen des Bildungssystems.
10. Begründen sie die Aussage, dass in Österreich die soziale Herkunft sehr stark über die Bildungskarriere von Heranwachsenden entscheidet. Nennen Sie statistische Daten, an denen sich eine
entsprechende Korrelation zwischen sozialer Lage, beruflicher Position und Bildungsstand von Eltern mit den Bildungswegen und -erfolgen ihrer Kinder zeigt.
11. Begründen Sie anhand entsprechender Daten, warum man zu Recht sagen kann, dass die im 10
Lebensjahr zu fällende Bildungswegentscheidung – HS oder AHS-Unterstufe – die Wahrscheinlichkeit des Maturierens eines Heranwachsenden in sehr hohem Maß präjudiziert.
12. Argumentieren Sie die Aussage, dass eine „höhere Ausbildung“ einen erhöhten Tauschwert am
Arbeitsmarkt bzw. ein verringertes Arbeitslosigkeitsrisiko bewirkt. Was passiert mit diesem Konkurrenzvorteil, wenn immer mehr Menschen höhere Bildungsabschlüsse erwerben?
13. Entsprechende Untersuchungen weisen regelmäßig nach, dass die Bildungserträge von Männern
und Frauen in Österreich weit auseinanderklaffen. Stellen Sie Gründe für den bei gleichen qualifikatorischen Voraussetzungen bestehenden Unterschied in der Entlohnung von Frauen und Männern dar und benennen sie die Entlohnungsdifferenz größenordnungsmäßig.
14. Im Text: „Bekämpfung von Arbeitslosigkeit durch Qualifizierungsmaßnahmen?“ wird argumentiert,
dass die Behauptung, durch bedarfsgerechte Aus- und Weiterbildung von (potentiellen) Arbeitskräften ließe sich Arbeitslosigkeit bekämpfen, ein Element der Integrationsfunktion des Bildungswesens darstellt. Geben Sie wesentliche dabei verwendete Argumente wieder.
15. Was ist mit der Behauptung gemeint, dass sich die hierzulande gegebene Gesellschaftsformation
derzeit von einer „Disziplinargesellschaft“ zu einer „Kontrollgesellschaft“ wandelt und wie hängt dieser gesellschaftliche Umbruch mit dem Einfluss der Informations- und Kommunikationstechnologie
auf faktisch alle Lebensbereiche zusammen.
16. Was ist mit der Behauptung gemeint, dass normbezogene Tätigkeiten in der Arbeitswelt derzeit
zunehmend von IKT-Systemen übernommen werden und für Menschen nur mehr fallbezogene Tätigkeiten zu tun bleiben. Wie lassen sich die beiden Tätigkeitsbereiche charakterisieren und was ist
die Ursache der angesprochenen Veränderung.
17. Erklären Sie, warum das Abdrängen menschlicher Arbeitskräfte in den Bereich der fallbezogenen
Tätigkeiten ein verändertes Arbeitsethos der Arbeitskräfte erforderlich macht und skizzieren Sie
wesentliche Aspekte der geforderten neuen Arbeitshaltung.
18. André Gorz spricht im zur Verfügung gestellten Textausschnitt aus dem Buch: „Wissen, Wert und
Kapital“ im Zusammenhang mit den aktuellen Veränderungen der Arbeitswelt und den neuen Anforderungen an Arbeitnehmer von einer »totalen Mobilmachung«. Stellen Sie dar, was er damit
meint und skizzieren Sie seine diesbezüglichen Argumente.
19. Auf den Überlegungen Foucaults zur Disziplinargesellschaft aufbauend, stellt Deleuze im Text:
„Postskriptum über die Kontrollgesellschaften“ einen aktuell stattfindenden Übergang zur Kontrollgesellschaft dar. Skizzieren Sie in Stichworten Unterschiede, wie in den beiden Gesellschaftsformationen ein Verhalten der Gesellschaftsmitglieder erreicht wird, das den gegebenen Macht- und
Herrschaftsstrukturen entspricht.
20. In welcher Form kann zwischen der Forderung, dass Menschen verstärkt zum „Unternehmer ihrer
Selbst“ werden und für ihre Verwertung als Humankapital Verantwortung übernehmen sollen und
der Implementierung der Informations- und Kommunikationstechnologien in allen Bereichen der Arbeitswelt ein Zusammenhang hergestellt werden.
21. Erklären Sie, was mit der Aussage gemeint ist, dass systemadäquates Verhalten der Individuen in
der sich aktuell ausdifferenzierenden Kontrollgesellschaft vor allem durch das Prinzip permanenter
(unterschwelliger) Kontrolle und dem damit zunehmend gegebenen Bewusstsein von Menschen
erreicht wird, vor der „allgemeinen Sichtbarkeit“ nichts verbergen zu können.
22. Im Text „Jeder könnte, aber nicht alle können“ stellt Ulrich Bröckling gesellschaftliche Mechanismen
der Herausbildung des „unternehmerischen Selbst“ (enterprising self) dar. Wie schaut das Subjekt
aus, das laut Bröckling mit dem Subjektivierungsleitbild „unternehmerisches Selbst“ gefördert wird,
und welche gesellschaftlichen Mechanismen sind seiner Darstellung nach wirksam, um die Herausbildung desselben zu erreichen?
23. Stellen Sie dar, mit welchen Phänomenen und Entwicklungen die Aussage begründet wird, dass
sich industrialisierte Gesellschaften zunehmend einem Post-Privacy Zustand annähern und stellen
Sie Konsequenzen dar, die mit einem Verschwinden der Privatsphäre hinsichtlich des Bewusstseins
von Menschen zu erwarten sind.