LV BM5 Bildg+Pol Prüfungsfragen SS18

PRÜFUNGSFRAGEN ZUR LV: 190145
BM 5: BILDUNG UND POLITIK - BILDUNGSTHEORIE UND GESELLSCHAFTSKRITIK
SS18, Univ.-Prof. Dr. Erich RIBOLITS
1. Skizzieren Sie in wenigen Worten das Menschenbild des an Mündigkeit ausgerichteten Pädagogikverständnisses; gehen Sie dabei insbesondere auf das Argument ein, dass der Mensch, im Gegensatz zu anderen Lebewesen, das „Potenzial der Freiheit“ in sich trägt.
2. Charakterisieren Sie in aller Kürze den Unterschied zwischen der vormodernen, objektiven Sichtweise der Vernunft und der sogenannten instrumentellen Vernunft, wie sie sich im Zuge der Moderne herausgebildet hat. Erklären Sie dabei auch, in welcher Form instrumentelle Vernunft Grundlage der Konkurrenzorientierung der aktuell gegebenen Gesellschaftsordnung ist.
3. Im Text: „Warum Bildung bei der Überwindung der Machtverhältnisse nicht hilft, …“ wird ausgeführt,
dass die Bildungsidee sich einerseits aus dem Gedankengut der Aufklärung herleitet und andererseits Effekt der misslungenen bürgerlichen Revolutionen in Mitteleuropa war. Geben Sie in Stichworten die diesbezügliche Argumentation im Text wieder.
4. Wie wird im Text: „Warum Bildung bei der Überwindung der Machtverhältnisse nicht hilft, …“ die
Behauptung legitimiert, dass die sich in der Moderne durchgesetzte Vorstellung der Vernunft als
einem Verfahren, die Grundlage der in modernen Gesellschaften gegebenen Machtverhältnisse
darstellt?
5. Erklären sie was unter Tausch- und Gebrauchswert allgemein gemeint ist und wenden Sie die Begrifflichkeit auf die entsprechenden Erträge durch systematisches Lernen an. Stellen Sie die individuelle und gesellschaftliche Dimension des Tausch- und Gebrauchswerts von Bildung dar.
6. Skizzieren Sie die Konsequenzen, die Bernd-Kai Garese in seinem Text „Was nichts kostet, ist
nichts wert“ auf (universitäre) Bildung zukommen sieht, wenn sie verstärkt den „Gesetzen des Marktes“ unterworfen wird. Geben Sie die von ihm genannten Argumente für die Unvereinbarkeit von
marktorientierter und zur Kritik befähigender Bildung wieder.
7. In der aktuellen bildungspolitischen Diskussion wird häufig mit den Begriffen „Humanressource“ und
„Humankapital“ argumentiert. Erläutern Sie, was unter den Begriffen verstanden wird und in welcher
Beziehung sie zueinander stehen, sowie, welches Menschenbild ihnen zum Ausdruck kommt. Nehmen Sie dabei Bezug auf den ökonomischen Hintergrund der Begriffe.
8. Stellen Sie dar, in welcher Form das Herstellen von Chancengleichheit beim Bildungszugang einerseits zwar einen Fortschritt gegenüber dem Status quo darstellen würde und somit dem gängigen
Gerechtigkeitsverständnis entgegenkäme, die Tatsache der sozialen Ungleichheit in der Gesellschaft sich damit aber nicht reduzieren würde.
9. Mangelhafte soziale Gerechtigkeit im Bildungswesen zeigt sich daran, dass soziale Faktoren – die
keinen unmittelbaren Zusammenhang mit Leistungsfähigkeit und Leistungswilligkeit haben – die
Bildungskarriere Heranwachsender beeinflussen. Nennen sie den Bildungserfolg hierzulande stark
beeinflussende soziale Faktoren sowie die Folgen sozialer Ungerechtigkeit im Bildungswesen.
10. Nennen Sie die wesentlichen sozialen Faktoren, die hierzulande hinsichtlich sozialer (Un-)Gerechtigkeit im Bildungswesen wirksam sind sowie wichtige Auswirkungen derselben auf die Bildungsund Lebensverläufe von Abgänger/innen des Bildungssystems.
11. Begründen Sie die Aussage, dass in Österreich die soziale Herkunft sehr stark über die Bildungskarriere von Heranwachsenden entscheidet. Nennen Sie statistische Daten, an denen sich eine
entsprechende Korrelation zwischen sozialer Lage, beruflicher Position und Bildungsstand von Eltern mit den Bildungswegen und -erfolgen ihrer Kinder zeigt.
12. Begründen Sie anhand entsprechender Daten, warum man zu Recht sagen kann, dass die im 10
Lebensjahr zu fällende Bildungswegentscheidung – NMS oder AHS-Unterstufe – die Wahrscheinlichkeit des Maturierens eines Heranwachsenden in sehr hohem Maß präjudiziert.
13. Argumentieren Sie die Aussage, dass eine „höhere Ausbildung“ einen erhöhten Tauschwert am
Arbeitsmarkt bzw. ein verringertes Arbeitslosigkeitsrisiko bewirkt. Erklären sie, was mit diesem Konkurrenzvorteil passiert, wenn immer mehr Menschen höhere Bildungsabschlüsse erwerben.
14. Entsprechende Untersuchungen weisen regelmäßig nach, dass die Bildungserträge von Männern
und Frauen in Österreich weit auseinanderklaffen. Stellen Sie Gründe für den bei gleichen qualifikatorischen Voraussetzungen bestehenden Unterschied in der Entlohnung von Frauen und Männern dar und benennen sie die Entlohnungsdifferenz größenordnungsmäßig.
15. Im Text: „Lernen um zu siegen – warum es immer sinnloser wird und trotzdem fortgeführt werden
muss“, wird behauptet, auch eine verstärkte Ausrichtung von (Aus-)Bildung an den von der Wirtschaft eingeforderten Fähigkeiten von Arbeitskräften, kann den rückgängigen Arbeitskräftebedarf
nicht stoppen, da dieser andere Ursachen hat. Stellen Sie dar, womit im Text der sich derzeit in
allen Industrieländern verringernde Bedarf an Arbeitskräften begründet wird.
16. Die Möglichkeit, menschliche Arbeitskräfte in weiten Teilen der Wirtschaft durch IKT ersetzen zu
können, wird im Text: „Lernen um zu siegen – warum es immer sinnloser wird und trotzdem fortgeführt werden muss“ als Grund genannt, dass Arbeitnehmer/innen mit traditionellen Einstellungen
und Qualifikationen zunehmend nicht gebraucht werden. Welche Haltungen, die von Arbeitsplatzsuchenden verstärkt erwartet werden, um Arbeitsplatzchancen zu haben, werden im Text genannt?
17. Was ist mit der Behauptung gemeint, dass sich die hierzulande gegebene Gesellschaftsformation
aktuell von einer „Disziplinargesellschaft“ zu einer „Kontrollgesellschaft“ wandelt und wie hängt dieser gesellschaftliche Umbruch mit dem Einfluss der Informations- und Kommunikationstechnologie
auf nahezu alle Lebensbereiche zusammen.
18. Was ist mit der Behauptung gemeint, dass normbezogene Tätigkeiten in der Arbeitswelt derzeit
zunehmend von IKT-Systemen übernommen werden und für Menschen nur mehr fallbezogene Tätigkeiten zu tun bleiben. Wie lassen sich die beiden Tätigkeitsbereiche charakterisieren und was ist
die Ursache der angesprochenen Veränderung.
19. Erklären Sie, warum das Abdrängen menschlicher Arbeitskräfte in den Bereich der fallbezogenen
Tätigkeiten ein verändertes Arbeitsethos der Arbeitskräfte erforderlich macht und skizzieren Sie
wesentliche Aspekte der geforderten neuen Arbeitshaltung.
20. André Gorz spricht im zur Verfügung gestellten Textausschnitt aus dem Buch: „Wissen, Wert und
Kapital“ im Zusammenhang mit den aktuellen Veränderungen der Arbeitswelt und den neuen Anforderungen an Arbeitnehmer von einer »totalen Mobilmachung«. Stellen Sie dar, was er damit
meint und skizzieren Sie seine diesbezüglichen Argumente.
21. Auf den Überlegungen Foucaults zur Disziplinargesellschaft aufbauend, stellt Deleuze im Text:
„Postskriptum über die Kontrollgesellschaften“ einen aktuell stattfindenden Übergang zur Kontrollgesellschaft dar. Skizzieren Sie in Stichworten Unterschiede, wie in den beiden Gesellschaftsformationen ein Verhalten der Gesellschaftsmitglieder erreicht wird, das den gegebenen Macht- und
Herrschaftsstrukturen entspricht.
22. In welcher Form kann zwischen der Forderung, dass Menschen verstärkt zum „Unternehmer ihrer
Selbst“ werden und für ihre Verwertung als Humankapital Verantwortung übernehmen sollen und
der Implementierung der Informations- und Kommunikationstechnologien in allen Bereichen der Arbeitswelt ein Zusammenhang hergestellt werden.
23. Erklären Sie, was mit der Aussage gemeint ist, dass systemadäquates Verhalten der Individuen in
der sich aktuell ausdifferenzierenden Kontrollgesellschaft vor allem durch das Prinzip permanenter
(unterschwelliger) Kontrolle und dem damit zunehmend gegebenen Bewusstsein von Menschen
erreicht wird, vor der „allgemeinen Sichtbarkeit“ nichts verbergen zu können.
24. Stellen Sie dar, mit welchen Phänomenen und Entwicklungen im Text, „Das Ende der Privatsphäre“
aus dem Buch „Post-Privacy“ von Christian Heller, die Aussage begründet wird, dass sich industrialisierte Gesellschaften zunehmend einem Post-Privacy Zustand annähern.
25. Stellen Sie Konsequenzen dar, die mit einer voranschreitenden Erosion der Privatsphäre und der
Erkenntnis zunehmend schwindender Möglichkeit des Schutzes vor „jederzeitiger Beobachtbarkeit“, in Bezug auf Bewusstsein und Verhalten von Menschen zu erwarten sind.