Wirtschaft SPI 9137 1,4% STOXX 50 3621 4,8% Ausverkauf Der oberste Banker ist wütend auf die Politik Warum Modeläden ihre Filialen schliessen Das Interview — 34 Die Analyse — 31 DAX 11 492 4,1% Dow Jones 17 947 –0,4% EUR/CHF 1 .04 –0,2% USD/CHF 0 .93 1,4% Eidgenosse 10 J. 0,12 –7,69% Brentöl 6 2.8 USD –0,1% Gold Fr./kg 35 280 0,4% (im Wochenvergleich) Foto: Raffael Waldner/13photo SMI 9008 1,6% Patrick Odier 29 Minimale Ausfallrate bei Hypotheken in der Schweiz: Die Banken wollen Marge, nicht das Wohl des Hausbesitzers Guter Kunde, schlechter Zinssatz Nicht die Kreditwürdigkeit bringt Hauskäufern attraktive Hypozinsen – es ist ihr Verhandlungsgeschick Jürg Meier Zürich Der gesunde Menschenver- stand sagt: Je besser die Kreditwürdigkeit eines Hypothekarkunden ist, desto attraktivere Konditionen kann er bei den Banken oder Versicherungen herausholen. Bei Kreditinstituten sind solche Kunden schliesslich begehrt, weil bei ihnen das Ausfallrisiko dank der solideren Finanzierung geringer ist. Die Überlegung hat allerdings einen Haken: Sie ist falsch. Das belegt eine Erhebung des unabhängigen Hypothekarberatungsunternehmens Moneypark, an dem auch die Tamedia, Herausgeberin der SonntagsZeitung, beteiligt ist. Für die Studie analysierte Moneypark 3000 Hypothekarverträge mit einer Laufzeit von 10Jahren, die zwischen 2013 und 2015 angefragt oder abgeschlossen wurden. Ein eindeutiger Zusammenhang zwischen der Tragbarkeit, der Höhe der Belehnung und den offerierten Zinsen «konnte in der Analyse nicht belegt werden», schreibt Moneypark. Zwar wurden die über Moneypark abgeschlossenen Verträge durch die Berater des Unternehmens verhandelt oder nachverhandelt. Daraus resultieren im Vergleich bessere Angebote, dennoch zeigte sich zur Überraschung von MoneyparkChef Stefan Heitmann, dass die Bonität des Kunden die Höhe der Zinsen kaum beeinflusst. Tiefe Zinsen auch bei der zweiten Hypothek Um zu berechnen, ob der Erwerb einer Immobilie für die Käufer tragbar ist, wird eine Faustregel herangezogen. Sollte der Hypothekarzins auf 5 Prozent steigen, darf der Haushalt nicht mehr als 33 Prozent seines Bruttoeinkommens ausgeben, um die Zinsen, die Amortisation sowie Unterhaltsund Nebenkosten zu decken. Zu erwarten wäre, dass Kunden umso bessere Konditionen erhalten, je leichter sie diese Hürde überspringen. Doch gemäss der Untersuchung bezahlen Kunden, die auf einen hervorragenden Wert von unter 10 Prozent kommen, Richtig verhandeln Mit dieser Taktik kommt man an bessere Hypothekarzinssätze: – Mehrere Angebote einholen. – Zinstabellen im Internet bieten nur eine Orientierung. Die effektiv offerierten Zinssätze weichen stark davon ab. – Bei Hypotheken mit langen Laufzeiten sind Versicherungen oft attraktiver als Banken. Auch deren Angebote untereinander vergleichen, weil sie sich unterscheiden. – Falls möglich, unterschiedliche Belehnungshöhen offerieren lassen (zum Beispiel 78 statt 80 oder 75 statt 79 Prozent). Das kann einen grossen Einfluss auf den angebotenen Zinssatz haben. – Sich nicht zu früh mit einem besseren Angebot zufriedengeben, hartnäckig bleiben. – Es gibt eine Reihe von unabhängigen Beratern, die professionell Hypothekarangebote vergleichen. Darauf achten, dass diese eine breite Auswahl an Kreditinstituten haben. beinahe den höchsten Zinssatz. Kunden, die das Kriterium hingegen mit einem Wert von 33 Prozent nur haarscharf erfüllen, bezahlen weniger. Sie erhalten auch attraktivere Zinsen als jene Gruppe, die auf eine Tragbarkeit von 30 bis 32 Prozent kommt, also leicht solventer ist. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der zweiten für die Bonität entscheidenden Kennzahl, der Höhe der Belehnung. Banken und Versicherungen finanzieren üblicherweise höchstens 80 Prozent des Objektwertes. Ist ein Haus 1 Million Franken wert, sind das 800 000 Franken. 65 Prozent – in unserem Beispiel 650 000 Franken – ent fallen auf die erste, 15 Prozent oder 150 000 Franken auf die zweite Hypothek. Die zweite Hypothek ist teurer, weil die Banken diese gemäss Gesetz mit mehr Eigenmitteln unterlegen müssen. Zu erwarten wäre darum, dass Hypothekarkunden im Schnitt deutlich mehr bezahlen, sobald sie die Schwelle von 65 Prozent überschreiten. Auch die- se Annahme erwies sich als falsch: Die Gruppe, die auf eine Belehnung von 65 bis 69 Prozent kommt, bezahlte sowohl 2013 als auch 2014 Zinsen, die unter dem Jahresschnitt lagen. Erst ab einer Belehnung von 70 Prozent stiegen die Zinsen merklich an, wobei sie aber immer noch vergleichsweise tief lagen. Das Hypothekargeschäft ist für Banken fast risikolos Viele Kunden hätten die «naive Vorstellung», dass ihnen ihre Hausbank automatisch einen attraktiven Zinssatz offeriert, «weil man sich ja kennt», sagt Heitmann. Die Untersuchung belegt, dass die Banken jedoch die Trägheit vieler Kunden ausnützen – und dass es sich für alle Hauskäufer lohnt, hart zu verhandeln (siehe Kasten). Die von Moneypark festgestellten Unterschiede bei den Zinshöhen summieren sich rasch. Es gehe um «Tausende und oft Zehntausende Franken von Einsparungen über die gesamte Laufzeit der Hypothek», sagt Heitmann. Moneypark-Chef Stefan Heitmann sieht mehrere Gründe dafür, dass es keinen eindeutigen Zusammenhang zwischen der Bonität der Kunden und den angebotenen Zinssätzen gibt. Für Kunden, die nicht sehr solvent sind, bestehen Möglichkeiten, trotzdem gute Konditionen zu erhalten: Etwa wenn sie einwilligen, alle ihre Geldgeschäfte über die Hypothekarbank abzuwickeln. Der Hauptgrund für die Unterschiede ist laut Heitmann aber ein anderer: Das Hypothekargeschäft mit selbstgenutztem Wohneigentum ist für die Banken sehr risikoarm. Auch wenn Nationalbank und Experten immer wieder vor einer Immobilienblase warnen: Die Ausfallrate bei Hypotheken in der Schweiz ist minimal, die Finanzierungsregeln sind im Vergleich zum Ausland streng. Es lohnt sich darum für die Kreditinstitute nicht, mit attraktiven Angeboten um Kunden mit guter Bonität zu buhlen. Viel wichtiger ist es für sie, eine möglichst hohe Marge herauszuholen.
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