SWR2 Zeitwort

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SWR2 Zeitwort
22.03.1872:
Das Mauser Modell 71 wird erstes deutsches Reichsgewehr
Von Von Reinold Hermanns
Sendung: 22.03.2016
Redaktion: Ursula Wegener
Produktion: SWR 2016
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Autor:
Sich wechselseitig ins Visier zu nehmen, waren Franzosen und Deutsche seit jeher
gewohnt - nicht nur im redensartlichen Sinne, sondern auch waffentechnisch.
1870/71 kulminierte das im deutsch-französischen Krieg: Verlierer Frankreich, Sieger
Preußen, bzw. Deutschland. Folge war die deutsche Reichsgründung, proklamiert in
Versailles, also in der guten Stube des Unterlegenen.
Was erneut für „böses Blut“ sorgen musste. Und Anlass gab, sich vorzusehen: Nach
dem Krieg ist vor dem Krieg. Wichtig war den Preußen daher die Behebung eines
Missstandes, den man bei allem Triumph leidvoll zu spüren bekommen hatte: Das
französische Armeegewehr, ein einschüssiger Hinterlader, Modell Chassepot, war
dem deutschen Dreyse-Gewehr, ebenfalls einschüssiger Hinterlader, an Feuerkraft
wie Reichweite überlegen. Was es schleunigst wettzumachen galt. Das Angebot der
Brüder Paul und Wilhelm Mauser aus Oberndorf am Neckar kam daher zur rechten
Zeit. Sie entwickelten das M 71; „M“ für Mauser. Ein Modell, das der Flinte der
Preußenarmee, dem Dreyse-Gewehr, weit überlegen war. Oberndorfs Stadtarchivar
Andreas Kussmann-Hochhalter:
O-Ton von Andreas Kussmann-Hochhalter:
Der Vorteil des Mausermodelles gegenüber den bisher in Preußen gebräuchlichen
Dreyse-Gewehren war ne höhere Mündungsgeschwindigkeit, ne höhere Reichweite,
ne größere Durchschlagskraft des Projektils; man konnte auch schneller laden.
Autor:
Die Kugel des M 71 schaffte 440 Meter pro Sekunde. Und war damit - hurra!! - auch
dem Gewehr der Franzosen nun einen Tick voraus. Das sprach militärisch für den
Einsatz von M 71. Wichtiger aber noch war seine reichsweite Einführung aus
politischer Sicht: Ein Reich, eine Gesetzgebung, ein Gewehr…:
O-Ton von Andreas Kussmann-Hochhalter:
Technisch war’s jetzt nicht so sensationell. Ich denke, da ist die Bedeutung als
Reichsgewehr, als Standardwaffe für die kaiserliche Armee, diese militärpolitische
Entscheidung, etwas bedeutender.
Autor:
Vor der militärpolitischen Entscheidung standen diverse Tests an der preußischen
Militärschießschule in Spandau. Dann der Zuschlag für M 71, allerhöchst beglaubigt
durch Cabinetts-Ordre vom 22.März 1872, heute vor 144 Jahren:
Auszug aus dem Waffensammler-Kuratorium:
„Hiernächst haben Seine Majestät der Kaiser und König die Probe zu dem
Infanteriegewehr M 71 zu bestätigen und allergnädigst zu befehlen geruht, daß für
die Neubewaffnung der Infanterie der Armee dergleichen Gewehre angefertigt
werden...“
Autor:
Für die Brüder Mauser war dies ein Durchbruch – wenn auch zunächst nicht
finanziell. Mit Patentvergütung und Lizenzhonoraren knauserten die Preußen und
ließen M 71 vor allem in ihren eigenen Fabriken produzieren. Dennoch mauserte sich
im Laufe der weiteren Entwicklung auch die Firma Mauser. Vor allem aber auf dem
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Exportmarkt. Die Zeiten waren industrieller, internationaler und explosiver geworden
– das Geschäft mit dem Tod blühte auch damals schon:
O-Ton von Andreas Kussmann-Hochhalter:
Die Brüder Mauser waren gezwungen, sich Kunden im Ausland zu suchen, zuerst
Serbien, was sich kurz zuvor aus dem osmanischen Reich hat lösen können kurze
Zeit später dann 1887, das Osmanische Reich selbst, was dann über viele, viele
Jahre der wichtigste Auftraggeber für Mauser war, es hat sich später dann entwickelt
auch nach Nordeuropa, Südeuropa, auf den Balkan hin, nach Südamerika, nach
Asien hin, dass also bis zum 1. Weltkrieg Mauser absoluter global player war, einer
der größten Waffenexporteure der Welt.
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